1. Besser ein Fenster aus, als ein ganzes Haus, sagte der Propst, da man ihn warnet, er werde sich blind saufen. – Fischart, Gesch.; Hoefer, 861.
2. Besser ein Fenster auss, als ein Haus ein. – Lehmann, 84, 13; Simrock, 2334.
Von geringem Schaden.
3. Besser ein Fenster verlieren (verdirbt), als das Haus. – Winckler, XI, 84; Lehmann, 371, 112.
4. De Fensters, de gôt inlüchten, lüchten ôk gôt ût. (Ostfries.) – Bueren, 239.
5. De Finsters, de ûtlucht't, möt ok wedder inluchten. – Eichwald, 513.
Lat.: Gratia gratiam rependere.
6. Ein Fenster auf, macht gesunden Lebenslauf.
Empfiehlt reine Luft fürs Schlaf- und Wohnzimmer. Fremde Sprichwörter sagen auch, welche Fenster.
Lat.: Fenestram aperi ab oriente et aquilone, meridianam et occiduam claude. (Bovill, III, 16.)
7. Es ist besser ein Fenster, denn ein Aug aussgeschlagen. – Henisch, 1069.
8. Fenster brechen alle von selbst. (Baiern.) – Simrock, 2385; Körte, 1348; Mayer, I, 51.
Es will niemand die Schuld eines zerbrochenen Fensters auf sich nehmen.
9. Fenster nass, die Wolken lass; die Fenster trocken, die Wolken locken. (Eifel.) – Schmitz, 174, 67.
10. Gemalte Fenster machen die Stube nicht hell. – Scheidemünze, II, 183.
11. Grosse Fenster, grosse Scheiben.
12. Grosse Fenster zieren 's Haus. (Köthen.)
Von grossen Augen.
13. Je grösser die Fenster, je stärker das Licht. – Scheidemünze, I, 3635.
14. Je mehr die Fenster schwitzen, je trüber ist die Stube. – Scheidemünze, II, 242.
15. Kick ens an der Finster erûs, wann doh geine Kopp häss. (Köln.) – Weyden, II, 8.
Holl.: Men kan niet uit het venster kljken, als men geen hoofd heeft. (Harrebomée, II, 368.)
16. Meine Fenster sind gross, mit dir allein werde ich sie nicht zustopfen. (Lit.)
17. Offt im Fenster und vorm Spiegl stehen, vil geredt und wenig gethan, da ist nicht das Fätt daran. – Sutor, 409.
18. Stopfe fünf Fenster (Sinne) zu und dein Haus wird erleuchtet werden. – Winckler, X, 18.
Wir müssen für diese Erleuchtung danken; denn der Geist hat keine Erkenntniss, die er nicht durch die Thore der Sinne erhält, wie dies schon Aristoteles ausgesprochen und noch früher Eva erkannt hat.
19. Wenn das Fenster springt, macht der Glaser neue Scheiben. – Scheidemünze, I, 2726.
20. Wenn deine Fenster gefrieren, schilt nicht den Nachbar.
21. Wenn die Fenster Scherben bekommen, fallen die besten Trümmer auf den Glaser (oder: lacht der Glaser).
22. Wer trübe Fenster hat, dem erscheint alles grau.
23. Wo man die Fenster nicht gut verwahrt, steigen leicht Diebe ein.
Empfiehlt, die Augen vor Ehrendieben zu bewahren.
24. Zerbrochene Fenster zeigen zerbrochene Gläser.
*25. Da guckt man nicht drum zum Fenster 'naus. (Meiningen.)
*26. Das Fenster, so der Mawer oder Zimmermann gelassen. – Mathesy, 140b.
*27. Dem z' lieb guck i net zum Fenster 'naus. (Nürtingen.)
*28. Durch ein hänfen Fenster sehen.
*29. Durchs Fenster eingehen.
Auf Umwegen zum Ziel gelangen.
*30. Ein Fenster öffnen.
Gelegenheit zu etwas (im übeln Sinne) geben.
*31. Einen zum Fenster herein erstechen. – Kirchhofer, 146.
Von machtlosen oder hohlen Drohungen.
[980] *32. Entweder durch das Fenster oder durch die Thür.
Eins von beiden; es ist kein anderer Ausweg, kein Mittel.
*33. Er hat das Fenster immer unterm Halse. – Lausitzer Magazin, XXX, 252.
Von einem, der immer im Fenster liegt.
*34. Er hat das Fenster zerschlagen und ich habe Brocken (Glas) in meinen Sack gethan.
Ich habe aus seinem Schaden Vortheil gezogen.
Frz.: Chercher chape-chute. (Lendroy, 312.)
*35. Etwas zum Fenster hinauswerfen.
Zweck- und nutzlos verschwenden, vergeuden.
*36. He hett Finster un Dören los. (Kiel.) – Schütze, I, 317.
Ist sehr offenherzig.
*37. Im mittlern Fenster stehend, kitzelt er die am Hintern, welche am obern Fenster sitzen und beschimpft durch unanständige Töne die am untern. – Burckhardt, 479.
Von denen, welche sowol die Leute über als unter sich mit Gemeinheit und Schamlosigkeit behandeln.
*38. Macht's Fenster auf, lasst sie hinaus. (Nürtingen.)
Umschreibend für: Das ist eine Lüge.
*39. Machts Fanster uf, doss de Lîgen naus kinnen. – Frommann, III, 416, 599.
*40. Sie hoan em traffliche blooe Fanster gemacht. – Gomolcke, 895; Robinson, 212.
Er hat Prügelspuren, Schlagmale im Gesicht.
*41. Ut hoge Finsters kiken. – Eichwald, 512.
Aus hohen Fenstern sehen. Hochmüthig sein.
42. Aus geschliffenen Fenstern sehen oft ungeschliffene Leute.
»Oft geschieht's, dass in Palästen winzig kleine Leute stehn, dass auf glatten Marmorsälen unpolirte Leute gehn, und dass aus geschliffnen Fenstern ungeschliffene Leute sehn.«
43. Es sein noch gar viel Fenster, wo wir nicht auss'n g'schaut haben. – Wurth, 20.
44. Fenster hinausschlagen darf man, aber nicht hinein. (Böhmen.)
45. Schaut Eine gern zum Fenster 'naus, hüt' dich, die ist nicht für das Haus.
46. Wo so kleine Fensterla sind, muas mer se in Acht neahma. – Michel, 282.
Wo Kinder zugegen sind, muss man seine Reden sehr sorgfältig abwägen.
*47. Bei de fenster seyn. – Herberger, I, 640.
D.i. weder kalt noch warm.
*48. Einem blaue Fenster machen. – Simplic., III, 289.
*49. Er hat nur ein Fenster.
Ist einäugig.
*50. Er trifft das Fenster, so der Mewer oder Zimmermann gelassen. – Mathesy, 140b.
Wer sich gern aus dem Staube macht, wenn es zur That kommt. (S. ⇒ Löwenherz 1.)
*51. Sein doch die Fanster gefruren wie de geharnschte Männer. – Frommann, III, 411, 420.
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