1. D' Kriesi händ Stiel, s' cha näh, wer will; d' Kriesi händ Stei, si g'höre nid eim allei. (Luzern.)
2. Die beste Kirschen fressen die Vögelein. – Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 150.
Würde es nicht thöricht sein, wenn sie sich die schlechtesten aussuchten?
3. Die Kirsche schmeckt sauer, wenn die Säge zu tief in den Baum gegangen ist.
4. Die letzten Kirschen sind oft noch theurer als die ersten. – Altmann VI, 492.
[1353] 5. Eine geschenkte Kirsche ist so süss wie eine gekaufte Pfirsche.
Die Russen: Die geschenkte Gurke hat den Werth einer gekauften Arbuse. (Altmann VI, 386.)
6. Eine Kirsche zieht die andere nach sich.
Ein Wort gibt das andere.
7. Gestohlene Kirschen sind süss.
Der Sinnlichkeit erscheint alles Verbotene in einem höhern Reize. Verbotene Bücher liest jeder gern.
Lat.: Dulce pomum, cum abest custos. (Faselius, 69.)
8. Grüne Kirschen werden auch roth (schwarz).
Holl.: Groene kersen worden rood. (Harrebomée, I, 396a.)
9. Kirschen essen ist herrlich, aber auf den Baum steigen ist gefährlich.
10. Je grösser die Kirsche, je grösser der Kern. – Altmann VI, 480.
11. Man muss die Kirschen erst reif werden lassen.
Holl.: Laat de kersen eerst wel rijpen. (Harrebomée, I, 396a.)
12. Man muss die Kirschen essen, wenn sie sind (sie dauern nicht).
Holl.: Eet kersen als ze ie geboden worden. (Harrebomée, I, 396a.)
13. Mancher isst wol gern Kirschen, aber Bäume will er nicht pflanzen.
Lat.: Ficus sunt avibus gratae, at plantare recusant. (Philippi, I, 155.)
14. Nach braunen (reifen, schwarzen) kirssen steigt man hoch. – Franck, I, 81a; II, 6a; Gruter, I, 60; III, 71; Petri, II, 485; Lehmann, II, 430, 9; Latendorf II, 23; Schottel, 1116b; Sutor, 185; Gaal, 1016; Eiselein, 378; Blum, 240; Bücking, 355; Sailer, 170; Siebenkees, 249; Simrock, 5697; Körte, 3411; Braun, I, 1860.
Für das, was wir gern haben wollen, wird keine Anstrengung gescheut.
Dän.: Sorte kirsbær ere de beste. (Prov. dan., 521.)
Holl.: De bruine kersen zijn de beste, de witte werpt men weg. – Naar bruine (rijpe) kersen keemt men hoog. (Harrebomée, I, 396a.)
It.: Il bruno il bel non toglie, anzi l'accresce. (Pazzaglia, 30.)
Lat.: Alba ligustra cadunt vaccinia nigra leguntur. (Virgil.) (Gaal, 1016; Sutor, 185; Philippi, I, 16; Seybold, 16.)
15. Nach rothen kersten versteigt man sich, nach schwarzen felt man sich gar zu tod. – Nas, 95a.
16. No de schwarze Kîrsche schtêcht em hî. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 334.
Damit schmeichelt man in Siebenbürgen den Brünetten.
17. Reife Kirschen abbrechen ist lustig, aber Stehlen gefährlich. – Eiselein, 378.
18. Um eine schwarze Kirsche steigt man höher 'nauf als um eine rothe.
Je schöner das Mädchen, desto mehr Anstrengungen werden gemacht, in dessen Besitz zu gelangen.
19. Vergiftete Kirschen bringen einen Herzog um. – Sailer, 132; Simrock, 4678.
Dies Sprichwort entstand im Jahre 1291, in welchem Herzog Friedrich, Sohn des Markgrafen Dietrich des Weisen, auf dem Schlosse Hirsenstein an der Elbe an vergifteten Kirschen starb.
20. Viel Kirschen fallen ab, ehe sie reif werden.
21. Vnreiffe Kirschen schmecken nicht. – Petri, II, 560.
22. Wenn die Kirschen abblühen fein, so blüht auch Getreid' und Wein. – Boebel, 90.
23. Wenn die Kirschen gut verblühen, wird der Roggen auch gut blühen. (Kreuznach.) – Boebel, 96.
24. Wenn die Kirschen reif sind, braucht man den Spatzen keinen Boten zu schicken.
Die Russen: Sind die Kirschen da, werden die Spatzen sich finden. (Altmann VI, 498.)
25. Wenn die Kirschen vorbei sind, schmecken sie noch einmal so gut.
Die Russen: Wenn man die Kirschen verloren hat, dann läuft einem erst das Wasser im Munde zusammen, wenn man ihrer gedenkt. (Altmann VI, 448.)
26. Wenn me Chirsi g'winnt (pflückt), so sell me- n-ungernohn (unten) -n-afoh. (Solothurn.) – Schild, 64, 95.
Vom natürlichen Entwickelungsgang.
27. Wer gern Kirschen isst, lernt bald (leicht) klettern.
Die Russen: Wer Lust genug nach den Aepfeln am Baume hat, dem wird das Kletternlernen nicht schwer werden. (Altmann VI, 456.)
[1354] 28. Wer gute Kirschen essen will, muss hoch steigen.
Holl.: Die kersen wil eten moet ze plukken, of geld geven. (Harrebomée, I, 396a.)
29. Wer Kirschen essen will, braucht in keinen Nussbaum zu schlagen.
Die Russen: Man braucht den Palmbaum eben nicht umzureissen, um die Datteln zu bekommen.
30. Wie die Kirschen blühen, so blüht auch der Wein. (Pfalz.)
31. Wie Kirschen und Beeren behagen, muss man Kinder und Sperlinge fragen. – Vossische Zeitung vom 14. Juli 1867.
32. Wo du von vielen Kirschen hörst, da bringe einen kleinen Korb. (Neugriech.)
*33. A d' Kriesi goh. (Luzern.)
Zu eines andern Schatz.
*34. Die Kirschen ausfressen und einem den Korb an den Hals hängen. – Luther's Tischr., 407b; Sander's Wb.; Wurzbach II, 215; Eiselein, 353; Reinsberg II, 30; Körte, 3411; Schiller, III, 35a.
So nannte Luther die Verheirathung eines Mädchens, das schon ein Kind gehabt, an einen andern, wie sie z.B. in Ugolini's Philogenia vorkommt. – Abhub der Tafel. »Die Herrn von W. wollten einen straffen, dass sein Frau zu früh in das Kindbett kommen wär; weil er aber unschuldig an der That, sondern andere die Kirschen gessen und ihm den Korb an den Hals gehenckt, liess man ihn gehen.« (Zinkgref, III, 358.) »Vnd efft du gelick ein Jungfrouwen Medelin werst, so ein Isern affwerpet (s. ⇒ Eisen 80) vnd einem den Kasseberen Korff an den Hals henget, also de selige D. Luther von solcken Susteren hefft plegen tho redende, so werstu gelicke wol by Brode vnd Gude blyven, vnd wat denn vnrein an Junckfraw Fuit wert syn, dat wert affwaschen de Elue vnd der Rhyn.« (Gryse, Bg. Q, 2.)
*35. Die Kirschen brechen.
In demselben Sinne wie Rosen brechen, für (verbotenen) Liebesgenuss. (Vgl. Grimm, V, 846.)
*36. Die Kirschen naschen und Gott mit Stielen bewirthen. – Parömiakon, 1957.
Die besten Kräfte für die Welt verbrauchen und an Gott denken, wenn die Welt für uns nicht mehr geniessbar ist.
*37. Er isst keine Kirschen, sie sind madig. – Reinsberg IV, 133.
Der Pechvogel.
*38. Er kann mehr als Kirschen essen. (Böhmen.)
*39. Er wird nicht eine Kirsche nehmen.
Nicht das Geringste veruntreuen. – »Hetten nit ein kirschen abgebrochen, wer nit gewest der schwäbisch bund.« (Soltau, I, 232.)
*40. Er würde um eine Kirsche seine Seele verschwören.
»Umb ain kerssen het er gesworn.« (Behaim, Wiener, 10, 31.)
*41. Mid dên îs's nid guad Keascht'n ess'n. (Niederösterreich.) – Frommann, III, 390, 14.
*42. Mit dem ist nicht gut Kirschen essen, er zählt an den Kernen.
*43. Sie hat gern zwei Kirschen an Einem Stiel.
»Eva und ihre Töchter haben gern zwei Kirschen an eim stiele.« »Die Weiber gern viel haben wollen und nicht ausschlagen zwo Kirschen an einem Stiel.« (Vgl. Grimm, V, 846.)
44. De erschte Kerschen gelden et Geld. – Geschräppels, 9.
45. Die Kirschen schmecken vom Baum am besten.
Lat.: Et magis adducto pomum deducere ramo, quam de caelata sumere lance juvat. (Philippi, I, 140.)
46. Es klettert niemand nach Kirschen, der nicht weiss, wie sie schmecken.
Aehnlich die Russen: Es sucht keiner einen im Arbusenfeld, der nicht weiss, wie Arbusen schmecken. (Altmann VI, 395.)
47. Grüne Kirschen werden roth, kleine Kinder werden grot.
Holl.: Groene Kerssen werden root, kleyne kinders werden groot. (Cats, 18.)
[1500] 48. Nach schwartzbraunen Kirschen steigt man gern hoch, und nach schwartzbraunen Augen siehet man gern. – Schade, Monatsblätter, VI, 111.
49. Wenn die Kirschen reif sind, muss man sie pflücken.
In ähnlicher Weise sagt der Araber von heirathsfähigen Mädchen: Die Datteln sind reif und der Gärtner wehret nicht, sie zu brechen. (Pers. Rosenthal, 198.)
50. Wo man von vielen Kirschen spricht, vergiss das Körbchen nicht. – Sanders, 59.
*51. Du sollst auch eine Kirsche haben, wenn sie werden reif sein. (Breslau.)
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