1. Auss hohem Schloss kommt donnerschoss. – Henisch, 729, 12; Petri, II, 29.
Lat.: Saevum praelustri fulmen ab orco venit. (Henisch, 729, 13.)
[243] 2. Besser ein hölzern Schloss als eine offene Thür.
Dän.: Bedre en trae – laas end aaben dør. (Prov. dan., 53.)
3. Besser zehn Schlösser eider (als) ein Dalles (Armuth). (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Pflegt als Antwort zu dienen, wenn jemand sagt, dass der Arme vor Dieben sicher sei. Ich möchte dessenungeachtet lieber zehn Schlösser besitzen, als einmal arm sein.
4. Das Schloss, da Tugend wohnt, ist keinem nicht verschlossen; es nimmt zu sich hinein die Kleinen und die Grossen. – Gerlach, 294.
5. Das Schloss ist übel zu verwahren, dazu jedermann einen Schlüssel hat. – Winckler, IX, 98.
Ein Vater machte der Mutter seiner Tochter über den Fehltritt der letztern mehr Vorwürfe als der Tochter selbst, worauf die Mutter entschuldigend erwiderte: »Il n'est pas si facile, qu'on pense de garder une serrure à tout clef.« (Braun, Bibliothek des Frohsinns, Bd. 3, Hft. 2b, S. 270.)
Holl.: Het slot is niet wel te bewaren, daar elk eea den sleutel van draagt. (Harrebomée, II, 276a.)
6. Das Schloss zu Rochlitz (an der Mulde) steht auf lauter Marmor, der rochlitzer Wald auf Gold und der Galgen auf Silber. – Berckenmeyer, 306.
7. Die drei stärksten Schlösser auf Erden sind: Mailand ex marmora (aus Marmor) gebaut; Ofen ex saxo (aus Stein); Marienburg ex ligno (aus Holz). – Hesekiel, 58.
8. Drei Schlösser auf Einem Berge, drei Kirchen auf Einem Kirchhofe, drei Städte in Einem Thal ist ganz Elsass überall. – Pistor., III, 79; Simrock, 2031; Hesekiel, 12; Deutsche Romanzeitung, 1866, 40, 315.
Rappoltsweiler hat drei Schlösser auf einem Berge, Reichenweiler hat drei Kirchen an einem Kirchhof; und die drei kleinen Städte Kaisersberg, Ammerwihr und Kinsheim liegen in einem Thal. So lauten die Ortsnamen bei Hesekiel, anderweitig werden sie sehr verschieden und in Ermangelung eines vollständigen und richtigen Ortsanzeigers schwer auffindbar angegeben. Pistorius hat ausser Kaisersberg noch Ammersweyer und Reyersheim. Die Illustr. Zeitung (Nr. 1418, S. 175), welche das Sprichwort anführt, geht geographisch darauf nicht ein.
9. Ein geschleiftes Schloss ist bald wieder aufgebaut.
10. Ein gutes Schloss ist besser als das Gewissen eines Mönchs.
Span.: Mas vale vuelta de Ilave que conciencia de frayle. (Bohn I, 232.)
11. Ein offenes Schloss verführt auch eine ehrliche Hand.
Böhm.: Klíče do rnkou, k šibenici řebřík. (Čelakovsky, 144.)
Poln.: Klucze do rąk, drabkę na szubienicę. (Čelakovsky, 144.)
12. Ein Schloss an der Strasse muss gute Riegel haben.
Die Russen: Baust du ein Schloss an die Grenze, dann befestige es mit doppeltem Wall. (Altmann VI, 434.)
13. In alten Schlössern spuken am liebsten die Geister.
Die überhaupt da spuken, wo recht wenig Geist ist.
14. Je höher das Schloss (vnnd Berg) lag, je härter kam der Donnerschlag. – Gruter, III, 53; Lehmann, 282, 25; Petri, II, 393; Henisch, 728, 50; Zinkgref, IV, 336.
Die Russen: Je höher das Schloss, je näher dem Blitz. (Altmann VI, 499.)
Lat.: Magna cadunt, inflata crepant, tum facta premuntur. (Chaos, 956.)
15. Kein Schloss, man kann es mit goldenem Schlüssel öffnen. – Simrock, 9091a; Lohrengel, I, 409.
16. Kein Schloss so unbezwinglich ist, es wird gewonnen durch Geld und List. – Gaal, 642.
17. Kein Schloss war nie so starck gestellt, kam Gold hinein, es war gefellt. – Petri, II, 418.
18. Man kann ein Schloss nicht hüten, wozu jeder einen Schlüssel hat. – Lohrengel, I, 495.
19. Man macht keyn schloss für fromm leut. – Franck, I, 56a; Lehmann, II, 402, 26; Simrock, 9090; Körte, 5349.
Die Schlösser sind der Diebe wegen da.
[244] 20. Man muss keine Schlösser in die Luft bauen. – Hollenberg, I, 83; II, 42.
Wenn man aber sonst keinen Grundbesitz hat?
21. Man müsste viel Schlösser haben, wenn man allen (bösen) Menschen den Mund zuschliessen wollte. – Gaal, 1144; Simrock, 9091b; Müller, 51, 6.
Ung.: Nem lehet minden embernek a' száját bedugni. (Gaal, 1144.)
22. Mancher baut Schlösser in die Luft, der keine Hütte auf dem Lande bauen könnte. – Simrock, 9092; Körte, 5351.
Im Plattdeutschen: Mäncher but Schlösser in der Luft, di kên Schîthûs up'n Lann' bu'n künn. (Schlingmann, 1236.)
23. Nicht jedes Schloss ist eine Königsburg.
Aehnlich die Russen Altmann V, 87.
24. Schloss, Brücken, Kirchen, Berg und Brunnen, der König, Weiber, Wolle gespunnen, haben England das Lob der Schönheit gewunnen. – Deutsche Romanzeitung, III, 47, 867; Hesekiel, 51.
25. Schloss und Hütte ziert nichts als gute Sitte.
26. Schloss und Schlüssel macht man nicht für treue Finger. – Eiselein, 552; Simrock, 9091.
27. Schlösser, wu jeder Schlüssel nei passt, brett a jeder uf. (Oberlausitz.)
Jeder bringt dergleichen Schlösser auf.
28. Was nützt ein grosses Schloss, wenn der Hunger darin wohnt. (Wend. Lausitz.)
29. Was nützt mir das Schloss, wenn ich den Schlüssel nicht habe. – Altmann VI, 415.
30. Was soll ein Schloss dem armen Mann, der in einem Hüttlein wohnen kann. – Chaos, 380; Zinkgref, IV, 355.
31. Wenn das Schloss erbrochen ist, so springt die Thür selbst auff. – Lehmann, 431, 8.
»Wenn durch fullerey die gesundheit zerstört ist, so brechen krankheiten mit hauffen aus.«
Frz.: Château pris, ville rendue. (Cahier, 316.)
32. Wenn die Schlösser stürzen, gibt's viel Staub.
Aehnlich russisch Altmann V, 103.
33. Wenn man im prager Schloss die grosse Glocke läutet, so hört es der Bauer eine Stunde. – Parömiakon, 198.
Die Macht des Beispiels von oben.
34. Wo sind drei Schlösser auf einem Berg? Und wo ein Dorf im Graben? Und wo die Brücke höher als der Thurm?
Bezieht sich auf Meissen, wo das Schloss ein dreifaches ist, wo sich im Stadtgraben ein kleines Dorf hinzieht und die Schloss-(nicht die grosse Elb-)brücke höher als der Thurm der Stadtkirche liegt.
35. Zu jedem Schloss gibt's einen Schlüssel.
*36. Ein Schloss ans Maul legen. – Schuppius, Schriften, I, 795; Eiselein, 552.
*37. Ein Schloss auf einen bauen. – Grimmelshausen, Vogelnest, II.
Wie man jetzt sagt: Häuser. Grosses Vertrauen auf ihn setzen.
*38. Ein Schloss aufs Eis bauen.
Holl.: Kasteelen op het ijs bouwen. (Harrebomée, I, 384b.)
*39. Ein schloss in die lufft bawen. – Franck, I, 147b; Eyering, II, 172; Egenolff, 377b; Schottel, 1121a.
*40. Er hat ein Schloss vor dem Munde.
Frz.: Il a la langue liée.
*41. Er hat kein Schloss vor seinem Munde.
Holl.: Hij heeft geen slot in den mond. (Harrebomée, II, 276a.)
*42. Er will Schlösser in die Luft bauen und hat auf Erden kein Haus.
In Bedburg: Hä baut Schlösser en de Luet.
*43. Es ist ein Schloss an einem zerstörten Hause.
Wer sich unnöthige Sorge um Dinge macht, die der Erhaltung nicht werth sind.
*44. Etwas unter sieben Schlössern haben.
*45. Für men1 liegt og kê Schloss. – Robinson, 743; Gomolcke, 396.
1) Meinem Munde.
*46. Hinter Schloss und Riegel.
D.b. gefangen. Ueber die Gefängnisse des Mittelalters vgl. Steger in der Europa, Leipzig 1871, Nr. 16, S. 497; G.L. Kriegk, Deutsches Bürgerthum im Mittelalter, Frankfurt a.M. 1868.
[245] *47. Man darf keine Schlösser auf ihn bauen.
*48. Man dörfft keins schloss, wann iederman wer wie er. – Franck, II, 20b.
Ohne erklärenden Zusatz wird wol jeder diese Redensart dahin verstehen, dass man damit einen ehrlichen Menschen bezeichnen wolle; wenn man aber die Gesellschaft betrachtet, in der sie sich bei Franck a.a.O. findet, so musste sie damals in entgegengesetzter Bedeutung angewandt worden sein. Sie steht dort neben folgenden drei Redensarten: Er lugt, das niemand nicht hinein trag. Es trüg einer bei tag herauss, was er bedörfft. Wann er thür zuthut, so ist's hauss vbel verwart; mit denen sie den Sinn der lateinisch-griechischen: Lydus ostium claudit, verdeutschen soll. Diese aber wird wol nur von diebischen Leuten verstanden, weil die Lydier in dem Rufe standen, nie von einem Orte wegzugehen, ohne etwas mitzunehmen, wenn auch Erasmus (214) die Redensart: Ein Lydier verschliesst die Thür, lieber auf solche angewandt wissen will, welche sich ihrer Ausschweifungen wegen verbergen.
*49. Man hat ihm ein silbern (gülden) Schloss vors Maul gelegt. – Sailer, 299.
*50. Man muss ihm ein Schloss vor den Mund legen.
Holl.: Men zou hem een slot op den mond gooijen. (Harrebomée II, 276a.)
*51. Schloss und Schlüssel.
Von den durch C. Schulz in Herrig's Archiv (I, 85-89) gesammelten anreimenden Redensarten (s. ⇒ Sammt 11) füge ich hier als Fortsetzung folgende bei: Sand und See, Sang und Spiel, mit mir ist Spiel und Sang vorbei. Schach mit Schande büssen. Schaden und Scham. Âne schad und âne scham. Schade und Schande. Schad, Sünd und Schand. Schande, Schwachheit und Schad. Schade und Schelunge (Zwietracht). Schade und Schimpf. Schaden und schimperture (Schimpf). Schade und Schmerz. Schade und Schuld. Die schulde zu den schaden hân. Schade und Spott. Spot und schaden leiden. Schade und sünde. Sünde und schade. Schaf und schinder. Das ist schaf wie schinder (bleibt sich gleich), ob schinden oder geschunden werden. Schäfer und Schinder, schall und schellen, schall und scherz, in schimpf und in schallen, schall und schirm. Schall und schirm schenken (= beim Jagen geben), Weidmannsformel in einem Weidspruch. Schall und Schrei, mit schreien und schalle (Weidspruch). Stimme und schall, schiff und schalten (= Ruderstange) sal man bereiten. Scham und schande, scham und sünde, scharmützel und schumpfentiure, scharmützel, sturm und schumpenteure, scharwerk und scharwache (thun müssen), schande und schimpf, schande und schmach, schmachheit und schande, schande und spott. Schmach und schäntlich wort, schande und sunde, schatzung und schuld, ein schelm und ein schülle (= furchtsamer Mensch, Feigling), scherz und schimpf, spot und scherz, schiff und schirr (= Ackergebäude und Ackergeräthe), schiff oder schiuhût (holländisch schuyte), schiffern und spitzen (= splittern), schild und schirm, schild und schwert, schild und spêr, schild und spiess, schildknecht und schütze, ûz schilfe und ûz schoube (= Stroh), schimpf und spott, schinder und schnacken (so nannte das schweizer Landvolk die unter dem Dauphin Louis XI. gegen Basel ziehenden Armagnaken, Grimm, III, 786), schinken und schullern (eine ganze Speckseite; schlechtgewählte Tafelgerichte; ein Grobian, der Arme und Beine auf Tisch und Bänke hinstreckt). Schippen und spaten, schirm und schur, schirm und schutz, schützer, schirmer und märker, schlag und stich, schlag und stock, schlag und stoss, mit slegen und strichen, schlimm und schlemm, schloss und schlüssel, schloss und schrein, schloss und stadt, schmach und schmerz, schmach und spott, in sommer und in snê, snippensnapp (mit dem Holzschu machen, Narrenschiff), mit schrammen und mit schroten, schuler und ouch schotten (= Schüller und Mönche), schrank und schritt (Weidmannsausdruck für das verschränkte und ausgespreizte Abstehen der rechten und linken Fährte für den Schritt des Hirsches), schuld und sunde, schuss und stich, schwaere und sorge, schwaere und spott, schwank und stich, swarte und swil, sweiz und swin, swert und segen, schwert und speer, schwert und spiess, schwert und stange, stole und swert (= Priesterstola und Ritter), seele und seligkeit, seele und sinne, seil und segel, sig und sigenunft (tautologisch = sieg), sinn und sitte, weder sinn noch stimme. Für alle diese Redensarten sind von C. Schulz a.a.O. nicht nur mit ausserordentlicher Sorgfalt reiche Quellen, sondern auch viele Belegstellen angegeben. Die Fortführung der hier abgebrochenen Zusammenstellung wird einer folgenden Redensart beigefügt werden.
*52. Schloss vor den Mund!
Aufforderung zur Verschwiegenheit.
Frz.: Bouche close, bouche cousue.
*53. Schlösser in die Luft bauen. – Körte, 5350; Eiselein, 552; Sutor, 421.
Unausführbare Dinge hoffen und ausführen wollen.
Dän.: At bygge slotte i luften. (Prov. dan. 397.)
Frz.: Bâtir des chateaux en Espagne. (Kritzinger, 60b.)
Holl.: Kasteelen in de lucht bouwen. (Bohn I, 330; Harrebomée, I, 384a.)
[246] *54. Spanische Schlösser bauen.
Luftschlösser.
*55. Und wenn ich's hinter sieben Schlössern verbergen sollte.
*56. Vör mîn'm liggt uk kên Schlott. (Pommern.)
Vor meinem liegt auch kein Schloss. Antwort auf eine hoch- und plattdeutsche sehr gewöhnliche Einladung, welche gleichwol, wie Grimmelshausen sagt, kein Herrengebot ist. (S. ⇒ Ellenbogen 6.)
*57. Wenn ich's unter hundert Schlössern hätte. – Robinson, 199.
Ich würde es hervorsuchen, oder: es würde mir entrissen werden.
Holl.: Al zou ik het ook achter zeven sloten heenhalen. (Harrebomée, II, 276a.)
*58. Zu einem solchen Schloss gehört kein anderer Schlüssel. – Parömiakon, 1690.
59. Kein Schloss und kein Kloster ohne Geist. – Spindler, Bastard, I.
60. Schloss und Riegel erhalten (schaffen) viel Ruh im Haus.
Buchempfehlung
Camilla und Maria, zwei Schwestern, die unteschiedlicher kaum sein könnten; eine begnadete Violinistin und eine hemdsärmelige Gärtnerin. Als Alfred sich in Maria verliebt, weist diese ihn ab weil sie weiß, dass Camilla ihn liebt. Die Kunst und das bürgerliche Leben. Ein Gegensatz, der Stifter zeit seines Schaffens begleitet, künstlerisch wie lebensweltlich, und in dieser Allegorie erneuten Ausdruck findet.
114 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.
442 Seiten, 16.80 Euro