Kapverdische Inseln

[607] Kapverdische Inseln (Inseln des Grünen Vorgebirges), portug. Inselgruppe an der westafrikanischen Küste, 560 km vom Grünen Vorgebirge zwischen 14°45'–17°30' nördl. Br. und 22°30'–25°10' westl. L., besteht aus neun bewohnten Inseln nebst einigen Felseilanden (s. das Kärtchen) und ist 3795 qkm groß.

Situationskarte der Kapverdischen Inseln.
Situationskarte der Kapverdischen Inseln.

Die Inseln, die in zwei Gruppen zerfallen, eine nordwestliche über dem Winde (Barlavento) und eine südöstliche unter dem Winde (Sotavento), werden durch tiefe und sichere Kanäle getrennt. Sie sind hoch, auf einigen erheben sich sogar ansehnliche, fast beständig mit Schnee bedeckte Berge, so auf São Antão der 2200 m hohe Tope da Corõa (Pão[607] d'Açucar), auf Fogo der Pico (2970 m), ein noch tätiger Vulkan, der 1847 großen Schaden anrichtete. Die Inseln bestehen vorwiegend aus jungvulkanischen Gesteinen (Phonolithen und Basalten), unter denen aber auch (auf São Vicente, São Thiago und besonders auf Maïo) als Reste eines alten Festlandes Gneise und kristallinische Schiefer, ältere Kalksteine sowie Diorit, Syenit und Diabas hervortreten. Das Klima ist vom Dezember bis Juli heiß (Praya auf São Thiago: Jahrestemperatur 24,5°, Februar 22,2°, September 26,6°); im August beginnen die bis Oktober anhaltenden Winterregen, nach denen das ohnehin ungesunde Klima am gefährlichsten ist. Während der Regenzeit sind Tornados, Gewitterböen, häufig. Die trockne Jahreszeit herrscht beim Wehen des Nordostpassats. Gelegentlich werden die Inseln von Winterwinden überweht. Regenmenge: Praya 26 cm, Januar bis Juni fast regenlos. Zusammenhängende größere Wälder fehlen. Nur vereinzelte angepflanzte Kokos- und Dattelpalmenhaine sowie Kaffeeplantagen und Fruchtbäume sind sichtbar. An den Berghängen läßt sich eine tropische Region bis 500 m und eine gemäßigte bis 1500 m unterscheiden. Die erstere zerfällt in die Formation der geselligen strauchartigen Euphorbia Tuckeyana, zusammen mit Ficus Sycomorus und Gossypium punctatum wachsend, in die Gesträuchformation der endemischen Kompositen Nidorella Steetzii und N. varia, und in die Formation der Felspflanzen aus Lavendula rotundifolia, Campanula Jacobaea, Echium hypertropicum u. a. Die gemäßigte Region läßt zu unterst gesellige, meist endemische Sträucher von Kompositen aufkommen, wie Inula leptoclada und Conyza-Arten, denen weiter aufwärts meist eingewanderte Labiaten aus den Gattungen Rosmarinus, Ocimum und Lavendula folgen.

Die Kapverden gehören zur äthiopischen Region, besitzen aber, wie alle Inseln, eine Fauna für sich. Die Vogelwelt ist durch afrikanische Arten schwach vertreten, die Reptilien durch einen Gecko und einen Skink. Amphibien und Süßwasserfische sind dagegen nicht bekannt. Die Mollusken verteilen sich auf 7 Süßwasser- und 22 Landschnecken: sie kommen sämtlich in bedeutender Höhe über dem Meeresspiegel vor. Von den Insekten sind am besten die Käfer bekannt mit 272 Arten, von denen eine große Zahl den Kapverden eigentümlich, ein Teil identisch ist mit Formen von den Kanaren und Madeira, ein andrer mit solchen von Afrika und nur wenige mit europäischen Arten. Schmetterlinge sind selten, Hymenopteren weniger selten, die Fliegen sind durch Repräsentanten dreier Formen vertreten; besonders reich an Arten wie an Individuen sind die Orthopteren.

Die Bevölkerung betrug 1900: 147424 Seelen; nach einer Berechnung von Vasconcellos bewohnen

Tabelle

Die Felseneilande Branco und Razo (8 qkm) sowie Grande und Rombo (7 qkm) sind unbewohnt, Santa Luzia (28 qkm) hat nur 20 Einw. Die Portugiesen bilden nur einen geringen Bruchteil der Bevölkerung (etwa 1/20), die Hauptmasse Neger und Mulatten. Für jedes Kirchspiel besteht eine Knabenschule, für jede Insel eine Mädchenschule. Dazu gibt es noch eine Anzahl Gemeindeschulen und auf São Nicolão ein Seminarlyzeum. Die Sprache ist eine Mischung portugiesischer und afrikanischer Elemente. Bei dem geringen Umfang des Kulturbodens (ca. 303,000 Hektar) ist der Ackerbau unbedeutend, und der Ertrag an Reis, Mais, Hirse, Kaffee, Wein, Zuckerrohr, Tabak wird nicht selten durch Dürre und Heuschreckenzüge vernichtet. Den Hauptreichtum bildet der Viehbestand, der 1897 umfaßte: 3000 Pferde, 19,607 Esel, 387 Maultiere, 14,858 Rinder, 9441 Schafe, 39,532 Ziegen und 28,545 Schweine. Die Küsten sind reich an Fischen. Die Einfuhr bewertete 1900: 2,843,314, die Ausfuhr (hauptsächlich geschätzter Kaffee): 351,948 Milreis; der Schiffsverkehr wies 3841 Schiffe mit 4,787,000 Ton. auf. Die 27 Postanstalten beförderten 1900: 542,472 Briefsendungen. São Antão ist reichlich bewässert, fruchtbar, aber schwer zugänglich, doch bietet die Bai von Tarrafal einen guten Ankerplatz. Hauptort ist Ribeira Grande an der Nordostküste mit 4500 Einw. São Vicente ist 1000 m hoch, wasserlos und unfruchtbar, enthält aber den besten Hafen der Gruppe Porto Grande, ist Sitz eines deutschen Konsuls, Kohlenstation für zahlreiche Dampferlinien und Stützpunkt für transatlantische Kabel. São Nicolão ist dürr, wenig gesund, im Monte Gordo 1347 m hoch und hat zur Hauptstadt Ribeira Brava mit 4000 Einw.; der besuchteste Hafen ist aber Preguizo (Freshwater). Auf dem wegen seiner Risse und Sandbänke schwer zugänglichen, sandigen Boavista und auf Sal wird Salz in bedeutender Menge gewonnen, auf letzterm 23,000 Ton. jährlich. Sal ist Sitz eines deutschen Konsuls. São Thiago ist von Bergen erfüllt (Pico da Antonia 1800 m), aber in den Tälern fruchtbar; Praia an der Südostküste ist Hauptstadt der ganzen Gruppe, Sitz des Gouverneurs, aber sehr ungesund und hat 21,000 Einw. Maïo hat schroffe Steilküsten, kein Trinkwasser, aber große Salzlager. Fogo hat einen 2970 m hohen Vulkanhügel, den Pico, der 1841 einen großen Lavastrom bis zum Meer sandte, ist gesund, fruchtbar und reich an Schwefel und Bimsstein. Die Inseln wurden 1441 von den Genuesen Antonio und Bartolomeo di Nolli entdeckt und für Portugal in Besitz genommen; 1456 wurden sie von Cadamosto mit Ansiedlern besetzt, doch folgten ihnen nur wenige Portugiesen nach; man führte danach Negersklaven ein. Vgl. Dölter, Über die Kapverden nach dem Rio Grande und Futa-Djallon (Leipz. 1884) und Die Vulkane der Kapverden (Graz 1882).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 607-608.
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