[421] Dürer, 1) Albrecht, geb. am 20. Mai 1471 in Nürnberg; der größte deutsche Künstler älterer Zeit. Sein Vater, Albrecht, ein Goldschmied, stammte aus Jula in Ungarn; auch seinen Sohn erzog er als Goldschmied, brachte ihn aber, als derselbe höher strebte, 1486 zum Malermeister Mich. Wohlgemuth in die Lehre. Von 1490 an auf der Wanderschaft, war D. 1492 in Kolmar bei den Brüdern des verstorbenen Meisters Martin Schongauer; 1494 nach Nürnberg zurückgekehrt, wurde er Meister u. heirathete die Agnes Frey. Seitdem malte er, stach in Kupfer u. schnitt in Holz. Zu seinen frühesten Holzschnitten, in denen sich bereits die Fülle seiner künstlerischen Begabung offenbart, gehören die Illustrationen der Offenbarung Johannis. Doch fehlte es ihm in Nürnberg an großen Vorbildern u. geistiger Anregung, um sein Talent zur Blüthe zu bringen. Der Einfluß Willibald Pirkheimers, welcher 1497 von einer Kunstreise aus Italien zurückkehrte, hob D-s künstlerisches Streben. Ende 1505 ging er nach Italien, zunächst nach Venedig, von wo aus er über seine Erlebnisse u. Erfahrungen eine Anzahl auf unsere Zeit gekommener Briefe an Pirkheimer richtete. Das erste Bild, welches er dort malte, das Rosenkranzfest, für die deutsche Gemeinde bestimmt (jetzt im Prämonstratenser Stifte zum Strahof in Prag) erregte bei den Venetianern solche Bewunderung, daß ihm Ehrenbezeugungen u. Aufträge von den verschiedensten Seiten zu Theil wurden u. die Republik ihm ein Jahrgehalt von 200 Ducaten bot, wenn er sich in Venedig niederlassen wolle. Die Liebe zu seiner Heimath ließ ihn das Anerbieten ausschlagen. Einen anregenden Umgang fand er an dem schon betagten Giov. Bellini, während andere venetianische Künstler seine Art zu malen herabzusetzen suchten, trotzdem aber keinen Anstand nahmen, seine Gemälde zu copiren u. zu benutzen. Im Spätsommer 1506 verließ er Venedig, um über Padua nach Bologna zu gehen, wo er dem Studium der Perspective oblag. Von dort kehrte er noch im Herbst desselben Jahres nach Deutschland zurück, u. nun begann er in Nürnberg, wo er zum Rathsherrn erwählt wurde, eine eben so vielseitige wie rührige Kunstthätigkeit zu entwickeln. Nicht nur als Maler, sondern auch als Kupferstecher u. Holzschneider errang er weitverbreiteten Ruf. Rafael trat um 1514 zu ihm in freundschaftliche Beziehung u. sandte ihm 1515, als Gegengeschenk für ein in Wasserfarben gemaltes Selbstportrait, einige Handzeichnungen. Im Jahre 1515 wurde D. vom Kaiser Maximiljan, für den er sein größtes Holzschnittwerk: Kaiser Maximilians Ehrenpforte, ausführte, zum Hofmaler ernannt. Darauf fertigte er für den Kaiser die Randzeichnungen zu dessen Gebetbuche (herausgegeben von Stöger, München 1850) u. hielt sich 1517 am Hofe des Fürstbischofs von Bamberg, Georg III., auf. 1518 schmückte er nach den Angaben Pirkheimers das Rathhaus seiner Vaterstadt mit Wandgemälden (1620 von Weyser restaurirt). Nach dem Tode seines kaiserlichen Gönners unternahm D. eine Reise nach dem Rhein u. den Niederlanden, über welche er ein ausführliches Tagebuch führte. In allen Städten wurden ihm große Auszeichnungen zu Theil, u. bei der Kaiserkrönung zu Aachen wurde er durch Vermittelung des Erasmus von Rotterdam vom Kaiser Karl V. als kaiserlicher Hofmaler bestätigt. Nach Nürnberg zurückgekehrt, schuf er unter dem Einfluß, welchen die Meisterwerke der Niederländer auf ihn geübt hatten, in den folgenden Jahren noch viele bedeutende Werke. Die hervorragendsten derselben u. die letzten großen Gemälde D-s, an welche sich noch ein besonderes historisches Interesse knüpft, sind die zwei Bilder mit den lebensgroßen Figuren der Apostel Johannes, Petrus, Markus u. Paulus. D. schenkte sie dem Rathe der Stadt Nürnberg als ein Zeugniß seines protestantischen Sinnes. Dies war im Jahre 1526 um dieselbe Zeit, wo er mit Melanchthon persönlich befreundet wurde, nachdem er schon früher mit Hans Sachs, Pirkheimer u. A. für die reformatorischen Bestrebungen Luthers offen aufgetreten war. Jene beiden Bilder brachte später der Kurfürst Maximilian I. an sich, u. sie befinden sich jetzt in der Münchener Pinakothek. Trotz des angestrengtesten Fleißes gelang es D. nicht, eine freie, sorgenlose Existenz zu gewinnen, u. als er in späteren Jahren endlich sich aus drückenden Verhältnissen emporgearbeitet hatte, verbitterte ihm der Geiz seiner Frau die Freude am Leben. D. starb am 6. April 1528 u. liegt auf dem Johanniskirchhof in Nürnberg begraben. Erst die Nachwelt wußte das große Verdienst D-s um die Kunst zu würdigen u. ihn als den Begründer einer neuen Kunstepoche u. in ihm einen der größten u. vielseitigsten Meister in der bildenden Kunst zu ehren. Am 21. Mai 1840 wurde in Nürnberg sein ehernes Standbild (von Rauch modellirt, von Burgschmid gegossen) enthüllt, zu welchem am 7. April 1828 in Anwesenheit von mehreren hundert Künstlern aus allen Gegenden Deutschlands feierlich der Grundstein gelegt worden war. In seiner Kunst ist D. durch u. durch eigenthümlich u. deutsch. Seine Zeichnung zeugt von einem durch das glänzendste Talent unterstützten Studium der Natur, die er mit bewundernswürdiger Klarheit auffaßte u. mit der seltensten Treue wiedergab, weßhalb seine Bildnisse von hohem Werthe sind. In den Formen ist er, durch das Bedürfniß wahrer Charakteristik, in den niedrigeren Regionen festgehalten; das sogen. Idealschöne ist denselben fremd; in den Gewändern hängt[421] er sogar, bei aller Großartigkeit der Grundmotive u. Hauptmassen, an einer fast kleinlichen Verknitterung, durch die er entweder die Carnation zu heben, od. der etwas monotonen Färbung Wechsel zu geben versucht haben mag; nur gegen das Ende seines Lebens trachtete er einen größeren Styl anzunehmen. Seine Färbung ist glänzend, licht, durchsichtig, ohne starkes Helldunkel, wie er denn auch nur wenig modellirt; die Behandlung leicht u. flüssig u. überall die feste, geübte Hand zu erkennen, die mit Leichtigkeit u. Sicherheit schrieb, was der Kopf dachte, wie denn demgemäß seine Handzeichnungen zu dem Bewundernswürdigsten gehören, was die Kunst neuerer Zeiten aufzuweisen hat. Was von Ölgemälden von ihm existirt, ist meist wohl erhalten. Auch als Kupferstecher u. Holzschneider erscheint er groß, eben so sind seine kleinen Reliefs od. Statuetten in Holz od. Speckstein, sowie auch seine Medaillen trefflich. Hauptwerke, außer den oben erwähnten: a) Gemälde: 2 Bildnisse von sich, zu Florenz u. München; Die Marter der 10,000 Heiligen, jetzt im Belvedere in Wien; Anbetung der Könige, in Florenz; Die Dreifaltigkeit, jetzt im Belvedere in Wien; Geburt Christi mit Donatoren auf Seitenflügeln, in München; Der Tod der Maria, in der gräflich Friesischen Gallerie in Wien; Bildniß des Hieronymus Holzschuher, in Nürnberg; Die 4 Apostel als die 4 Temperamente, in der Pinakothek in München. b) Handzeichnungen, Kupferstiche, Holzschnitte: die Sammlung des Erzherzogs Karl in Wien hat an 100 Zeichnungen von D. Randzeichnungen zum Gebetbuch des Kaisers Maximilian 1515, in der Bibliothek in München (lithographirt 1808 in München); Die Offenbarung Johannis, Holzschnitt 1498; Die große Passion, die kleine Passion u. das Leben der Maria, drei große Folgen von Holzschnitten u. Kupferstichen 1511, das Beste, was. D. in dieser Art hinterlassen hat; Der Ritter durch Tod u. Teufel 1513, Kupferstich; Die Melancholie, desgl. 1514; St. Hieronymus, desgl.; Die Ehrenpforte Kaiser Maximilians, Holzschnitt; Der Triumphwagen Maximilians, desgl. c) Plastische Arbeiten: Die Predigt Johannis, Hochrelief im herzoglichen Cabinet in Braunschweig; Adam u. Eva, in Gotha; Die Geburt des Johannes, in Speckstein, im Londoner Museum, 1510; Maria auf dem Halbmonde, 1513 in Buchs, ganze Figur, in München; Medaille auf Luther 1525. d) Literarische Arbeiten: Underweysuug der messung mit dem zirkel und richtscheyt etc., mit zu gehörigen figuren in truck gebracht im jar 1525, kl. Fol., 89 Bl. (spätere Ausg. 1538, lat. Par. 1532, Nürnb. 1538, Arnheim 1604); Etliche underricht zu befestigung der Statt, schloß u. flecken, Nürnb. 1527 (lat. von Camerarius, Par. 1535, Arnheim 1603, u. Ausg. von v. Sydow, Berl. 1823; er stellt hierin ein eigenes Befestigungssystem auf); Hierin sind begriffen vier bücher von menschlicher proportion etc., 1528, 132 Blätter (lat. von Camerarius, Nürnb. 1532, 1534, Par. 1557); Opera, Arnheim 1604; Leben u. Werke, von I. Heller, Lpz. 1831; Über ihn schrieben ferner: L. Roth, Lpz. 1791; Weiße, ebd. 1819; Campe, Nürnb. 1828. Eine Sammlung von Nachbildungen seiner vorzüglichsten Holzschnitte erschien als Dürer-Album, herausgegeben von Kaulbach u. Kreling, Nürnb. 1857. 2) D. der Kleine, s. Andreani.
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