1. Das Küssen ist nur ein Abwischen. – Pistor., V, 21; Simrock, 6121.
Oefters hat man nichts davon, als dass man sich hernach abwischen muss. »Die Weiber sagen: ein freundliches küssen sey nur ein abwischen; aber die einem den Mund erlaubt, die darf einem wol mit dem Leib dienen.« (Lehmann, 105, 26.)
Dän.: Et kys kand afviskes. (Prov. dan., 368.)
Holl.: Een kusje is geene zonde, maar een afvegen. (Harrebomée, I, 459a.)
Lat.: Quae sponte osculam dat, plus dare amanti parata est. (Lehmann, 105, 26.)
2. Die sich legt aufs Küssen, legt sich auch wol aufs Kissen. – Körte, 3647.
Engl.: Of bussing comes using. (Körte, 3647.)
3. Es ist was andres, Küssen oder Ohren abschneiden, sagte das Mädchen. – Hoefer, 686.
4. Es kusset mancher einen mit dem Mund vnd schlegt jhn mit der Faust an den Halss. – Henisch, 1024, 42; Petri, II, 284.
5. Ich kann das Küssen nicht leiden, sagte das Mädchen, wenn ich nicht dabei bin.
Holl.: Ik mag wel lijden, zei de meid, dat men mij kust, daar ik bij ben; anders zou ik het kwalijk nemen. (Harrebomée, II, 76a.)
6. Jeder küsst, was ihm gefällt.
Engl.: Every one as they like best, as the good man said, when he kiss'd bis cow. (Gaal, 1109.)
7. Kannst mek hinnen küssen, vorn kann eck't sülwenst, sä dat Mäken. (Hildesheim.) – Hoefer, 704.
8. Küss' mich am Ende des Rückgrats, wo der Buckel seinen ehrlichen Namen verloren hat, sagte die Fräule, da sie aus der Pension kam.
9. Küsse kein Mädchen und borge bei keinem Reichen Geld (willst du ohne Aerger leben in der Welt)!
10. Küssen is än Wînkôp (Weinkauf).
11. Küssen klebt nicht.
12. Küssen ohne Scheu zeigt nicht von Keuschheit und von Treu'.
13. Küssen, wo smekt dat? see de Maid. (Ostfries.) – Hauskalender, III; Hoefer, 715; Bueren, 783.
14. Küssen zeigt lieb an. – Gruter, III, 61; Lehmann, II, 324, 109.
Schwed.: Kyss är kiärleeks bodh. (Grubb, 434.)
15. Man kann keinen küssen, ohne ihm den Mund zu reichen. – Altmann V, 77.
16. Man küsst das Kind wegen der Mutter und die Mutter wegen des Kindes. – Gaal, 1061; Lehmann, 104, 15; Eiselein, 372.
Engl.: Many kiss the child for the nurse's sake. (Gaal, 1061.)
Lat.: Oscula nutrici pueri dant ejus amici. (Gaal, 1061.) – Puer osculatur propter matrem. (Binder II, 2687.)
[1734] 17. Man küsst keinem den Arsch um einer Ohrfeige willen.
18. Man küsst offt das kind von der Mutter wegen. – Franck, I, 87a; Latendorf, II, 21; Gruter, I, 57.
Seines Vortheils wegen thut man manches, was man sonst nicht thun würde. Auch die englischen Neger in Surinam sagen von einem, der aus diesem Antrieb handelt: Er küsst ein (aussatz-) krankes Kind der Freundin seiner Mutter wegen. Tunnicius (820): Men kusset dat kind umme der ammen willen. (Oscula praebantur puero nutricis amore.)
19. Man küsst oft die Hand, die man abhauen wollte.
Dän.: Han blotter sit hoved for det, som han ønskede at vaere afhugget. – Mangen kysser den haand som han saae gierne at være i albuen. – Man kysser ofte den haand han vilde afskaaven. (Prov. dan., 369.)
Schwed.: Man kysser offta dhen Hand, man giärna säge wara aff. (Grubb, 500.) – Man kysser dher offta handen, meener dher intet medh. (Grubb, 911.)
20. Mancher geht zu küssen aus und bringt Ohrfeigen nach Haus.
Engl.: Seek good and be ready for evil. (Gaal, 1746.)
21. Mancher kusst einen auff den Backen vnd schlägt jhn mit der faust in den Nacken. – Henisch, 1024, 46; Simrock, 6120; Sailer, 122.
It.: Sotto pretesto di bontà si esercita ben spesso la malizia. (Pazzaglia, 210, 2.)
22. Nach dem Küssen, dem Liebeslecken, folgen zuletzt die braunen Flecken. – Frischbier2, 2262.
23. 'S Küsse is ka Sünd und's Greife gibt ka Kind. (Hechingen.)
24. Vom Küssen geht's aufs Kissen. – Lohrengel, I, 689.
Die Russen: Wenn die obern Lippen der Dirne nicht mehr ziehen, wendet man sich an die untern. (Altmann VI, 478.)
Engl.: Free of her lips, free of her hips. (Bohn II, 46.)
25. Was man im küssen gibt, das behelt man vnuerschrt. – Lehmann, 105, 27.
26. Wenn man einem auf das Küssen erlaubt, ist er nicht weit vom Bett. – Gruter, III, 103.
27. Wer am besten küsst, das ist der Mann.
28. Wer nicht küssen mag, dem thut der Mund weh.
Böhm.: Koho mrzí libatí, říká: bolejí mĕ ústa. Čelakovsky, 75.)
29. Wer sich aufs Küssen legt, legt sich auch aufs Kissen (Bett). – Gaal, 1060; Simrock, 6118.
30. Wer zu viel küsst, hat bald ausgeküsst.
Holl.: Te veel kussen, verdrijft den lust. (Harrebomée, I, 42.)
*31. Er kann mich küssen, wo ich keine Nase habe.
*32. Er küsst das Kind der Amme wegen.
Holl.: Hij kust het kind om der zoogster wille. (Harrebomée, I, 405a.)
*33. Er küsst von vorn und kratzt von hinten.
Frz.: Il est doux par devant et traître par derrière. (Kritzinger, 249a.)
*34. Köss mi, wo ek gen Ogen häb. (Deutz.)
*35. Küsch a Veigele in Mursch aran, wirst du haben a ledernes Batele. (Jüd.-deutsch. Brody.)
Küss' ein Vöglein in Arsch hinein, so wirst du ein ledernes Beutelchen haben. Wird zu jemand gesagt, dem man nicht geben will, was er wünscht oder fordert.
*36. Küss' mich, da ich sitz'.
»Kum her vnd kiss mich, da ich sitz.« (H. Sachs, Kurtzweilige Fastnachtspiel, III, CCCLXV, 1.)
*37. Küss' mich, wo der Buck el ein End' hat. (Nürtingen.)
Diese Einladung ist in folgendem Gespräch sehr witzig ausgedrückt: Fischer: Ee do, Sandschöpfer, du host's ganze Johr fläschfarbne Strümpf on. Sandschöpfer (barfuss): »Dass muss wohr sey, Peter; i hab aber a justament su a fläschfarbana Housa; die a hab i schoa, so lang i auf der Welt bin, und is erst ee Louch drinn. Dortron konnst geb Aisicht nämen, so oft da willst.« (Sartorius, 218.)
*38. Küss' mich, wo ich schön bin. (Rottenburg.)
*39. Küss' mir den Buckel, aber wol unten. (Rottenburg.)
*40. Küss' mir den Buckel, wo die Haut ein Loch hat. (Rottenburg.)
*41. Küsse mich auf den Aermel. – Eiselein, 405.
[1735] *42. Küsse mich auf die lateinische Kunst. – Eiselein, 405; Klosterspiegel, 33, 9; Simrock, 6122; Braun, I, 2110.
Sollen die Mönche gesagt haben für: Ellenbogen 6.
*43. Küsse mir den Ellenbogen! – Fischart, Gesch.
*44. Küsst mer a Mund, wu mer furem Johre der Orss stund. – Robinson, 673.
*45. Lasse du das Küssen, so darf ich nicht wischen.
*46. Sie küsst ihm das Geld aus der Tasche und die Schindeln vom Dache.
Um die Habsucht käuflicher Frauenzimmer zu schildern, sagen die Aegypter: Sie küsst den Liebhaber und reisst ihm die Zähne aus. (Burckhardt, 163.)
47. Küssen und Lecken machen faule Flecken.
*48. Küss du mi in – Finger g'schnitten. (Ulm.)
Verhüllende Aufforderung im Sinne von Ellenbogen 6.
*49. Küss mir den Rücken, wenn er seinen ehrlichen Namen verliert. (Berlin.)
Buchempfehlung
Diese Blätter, welche ich unter den geheimen Papieren meiner Frau, Jukunde Haller, gefunden habe, lege ich der Welt vor Augen; nichts davon als die Ueberschriften der Kapitel ist mein Werk, das übrige alles ist aus der Feder meiner Schwiegermutter, der Himmel tröste sie, geflossen. – Wozu doch den Weibern die Kunst zu schreiben nutzen mag? Ihre Thorheiten und die Fehler ihrer Männer zu verewigen? – Ich bedaure meinen seligen Schwiegervater, er mag in guten Händen gewesen seyn! – Mir möchte meine Jukunde mit solchen Dingen kommen. Ein jeder nehme sich das Beste aus diesem Geschreibsel, so wie auch ich gethan habe.
270 Seiten, 13.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro