Sachsen [2]

Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien und Königreich Sachsen. I. (Karten)
1561. Sachsen.
1561. Sachsen.
Deutsches Reich. II. (Karten) 1. Germanien im 2. Jahrhundert n. Chr. 2. Deutschland nach der Völkerwanderung am Ende des 5 Jahrh. 3. Deutschland zur Zeit der sächs. u. fränk. Kaiser im 10 u. 11 Jahrh. 4. Deutschland nach dem 30jährigen Krieg. 5. Deutschland zur Zeit Napoleon I. im Jahre 1812. 6. Deutschland zur Zeit des Deutschen Bundes von 1815 bis 1866
Deutsches Reich. II. (Karten) 1. Germanien im 2. Jahrhundert n. Chr. 2. Deutschland nach der Völkerwanderung am Ende des 5 Jahrh. 3. Deutschland zur Zeit der ...

[583] Sachsen, Königreich, zum Deutschen Reich gehöriger Bundesstaat und fast in dessen Mitte gelegen, 14.993 qkm [Karte: Brandenburg etc. I und I, 4, 5, 6]. Bodengestaltung. Das Land dacht sich vom Elster- und Erzgebirge [583] an der böhm. Grenze (Fichtelberg, höchster Berg S.s, 1213 m) und dem zu den Sudeten gehörigen Lausitzer Gebirge östl. von der Elbe (Lausche, 796 m) allmählich nach N. zur Tiefebene (Leipzig) ab; nördl. parallel dazu reicht das Sächs. Mittelgebirge von Glauchau bis über Döbeln hinaus, zwischen beiden das Erzgebirgische Becken von Werdau über Zwickau und Chemnitz nach Hainichen. Rechts an der Elbe entlang zieht von der böhm. Grenze bis nach Pirna das Elbsandsteingebirge (Sächs. Schweiz). Flüsse. S. gehört fast ganz zum Stromgebiet der Elbe, deren im Lande entspringende Nebenflüsse Schwarze Elster, Spree, Freiberger und Zwickauer Mulde, Weiße Elster mit Pleiße (zur Saale) außerhalb S.s zu ihr fließen. Bodenkultur. Das Land ist reich an Ackerland (über 70 Proz. landwirtschaftlich benutzt; 20 Proz. der Bevölkerung treiben Landwirtschaft und Viehzucht) und Waldungen [s. Beilage: Deutschland], überall gut angebaut, liefert Getreide (Pegau, Lommatzsch), Obst, Beeren (in der Lößnitz), auch Wein (im Elbtal). Hauptprodukte des sehr bedeutenden Bergbaues: Steinkohlen (im Plauenschen Grunde, bei Zwickau, Oelsnitz), Kupfer, Blei, Eisen, Zinn (Altenberg) und Silber (Freiberg, Scharfenberg); über 30 Mineralquellen (Bad Elster). Bevölkerung. 1900: 4.202.216 (1905: 4.502.350) E. [s. Beilage: Deutschland]. Die geistige Kultur des Landes wird gepflegt von Volksschulen, Lehrerseminaren (20), Lehrerinnenseminaren (2), Realschulen (32), Kadettenkorps (Dresden), Realgymnasien (12), Gymnasien (18) etc., einer Universität (Leipzig), je einer Technischen und Tierärztlichen Hochschule (Dresden), Bergakademie (Freiberg), Forstakademie (Tharandt); ferner bestehen 1 Hochschule für Musik (Dresden), Landw. Institut (Leipzig), königl. Gewerbeakademie mit Maschinenbauschule (Chemnitz) und zahlreiche andere Fachschulen. Die Industrie ist sehr entwickelt und beschäftigt 58 Proz. der Bevölkerung; wichtigster Zweig Textilindustrie; ferner Rauchwaren, Maschinen, Fahrräder, Klaviere und musikal. Instrumente, Taschenuhren, Papier, Porzellan und Steingut, Spielwaren, Zigaretten, Buch-, Noten- und Kunstdruck etc. Mittelpunkt des bedeutenden Handels (Rauchwaren, Borsten, Getreide, Produkten etc.), besonders des Buchhandels ist Leipzig (2 Engrosmessen, 1 Buchhändlermesse). Schiffahrt auf der Elbe bedeutend; sehr dichtes Eisenbahnnetz (1903: 3148 km Staatsbahnen, davon 422 Schmalspurbahnen, 41 km Privatbahnen).

Verfassung und Verwaltung. Staatsform die konstitutionelle Monarchie nach der Verfassung vom 4. Sept. 1831 mit Abänderungen und Ergänzungen durch Gesetze von 1849-96; die Krone erblich im Mannsstamm der Albertinischen Linie (s.d.) des Gesamthauses Wettin. Die königl. Familie ist katholisch. Die Ständeversammlung besteht aus der Ersten Kammer (47 Mitglieder) und der Zweiten Kammer (82 durch Wahlmänner gewählte Mitglieder). Im Bundesrat hat S. 4 Stimmen, im Reichstag 23 Abgeordnete. Oberste Verwaltungsbehörde das Staatsministerium aus 6 Ministerien. Landeseinteilung in 5 Kreishauptmannschaften: Bautzen, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Zwickau; jede in Verwaltungsbezirke (unmittelbare Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz und 27 Amtshauptmannschaften). Kirchliche Verhältnisse. Landesherrliche Kirchengewalt über die evang. Kirche in den Händen der in Evangelicis beauftragten Staatsminister, Landeskonsistorium in Dresden; reform. Konsistorien in Dresden und Leipzig; apostol. Vikariat mit dem kath. Bischof und dem apostol. Vikar an der Spitze; israel. Kultus dem Kultusministerium unterstellt. Budget für 1904 und 1905 in Einnahme und Ausgabe 333,845 Mill. M.: Direkte Steuern 51,454, Zölle und Konsumsteuern 4,956; königl. Haus 3,55, Etat der Staatsschuld 41,3 Mill. M. Staatsschuld 1. Jan. 1905: 1045,2 Mill. M. Die sächs. Armee bildet das 12. und 19. Armeekorps [s. Beilage: Deutschland]. Wappen zeigt Abb. 1561; Landesfarben: Weiß und Grün. Orden: Hausorden der Rautenkrone, Militär-, St.-Heinrichs-, Verdienst-, Albrechts-, Sidonien-, Maria-Anna-Orden [s. auch Beilage: Orden].

Geschichte [Karten: Deutsches Reich II, 4, 5 u. 6]. Das Königr. S. entstand aus dem Kurfürstent. Sachsen, das seine Grundlage in der Mark Meißen (s.d.) hatte, die 1088 an das Haus Wettin kam und seit 1127 in dessen erblichem Besitz blieb. Auf Konrad (1123-56) folgten Otto der Reiche (1156-90), Albrecht der Stolze (1190-95), Dietrich der Bedrängte (bis 1221) und Heinrich der Erlauchte (bis 1288), der 1242 das Pleißnerland und 1264 Thüringen erwarb, aber durch Teilung zwischen seinen Söhnen Albrecht dem Entarteten (Thüringen), Dietrich (Osterland mit Leipzig) und Friedrich (Dresden) einen langen Bruderkrieg erregte, bis sein Enkel Friedrich der Gebissene (1310-24) das Land wieder vereinigte. Auf Friedrich den Ernsthaften (1324-49) folgten seine Söhne Friedrich der Strenge, Balthasar und Wilhelm gemeinschaftlich, bis Friedrich 1381 starb, worauf sein Sohn Friedrich der Streitbare das Osterland, Balthasar Thüringen, Wilhelm Meißen erhielt. Friedrich (1381-1428) erlangte 1423 mit dem Hzgt. S. (s. Sachsen, Volksstamm) die sächs. Kur. Ihm folgte Kurfürst Friedrich der Sanftmütige (1428-64), der, anfangs mit seinem Bruder Herzog Wilhelm gemeinsam regierend, diesem 1440 das ihnen zugefallene Thüringen überließ. Der hierüber ausbrechende Bruderkrieg (1445-51) hatte den Prinzenraub (s.d.) zur Folge. Friedrichs Söhne teilten, nachdem sie 1482 Thüringen geerbt, 1485 so, daß Kurfürst Ernst (1464-86) Thüringen (Ernestinische Linie, s.d.), Herzog Albrecht Meißen (Albertinische Linie, s.d.) erhielt; das Osterland ward zwischen beiden geteilt. Auf erstern folgten Friedrich der Weise (1486-1525), Johann der Beständige (1525-32), Johann und Friedrich der Großmütige (1532-47), der 1547 durch die Wittenberger Kapitulation Kur und Land an Herzog Moritz aus der Albertinischen Linie verlor. In der letztern war auf Albrecht 1500 Georg der Bärtige, 1539 Heinrich der Fromme, 1541 Moritz gefolgt. Dessen Nachfolger als Kurfürsten waren: 1553 August, 1586 Christian I., 1591 Christian II., 1611 Johann Georg I., der die bis 1746 wieder erloschenen Seitenlinien Weißenfels, Merseburg und Zeitz stiftete, 1656 Johann Georg II., 1680 Johann Georg III., 1691 Johann Georg IV., 1694 August (Friedrich) der Starke, der wegen seiner Wahl zum König von Polen (August II.) 1697 zum Katholizismus übertrat, 1733 Friedrich August II. (als König von Polen August III.), der seit 13. Mai 1744 und dann im Siebenjähr. Kriege auf Seite Österreichs stand, 1763 (6. Okt. bis 17. Dez.) Friedrich Christian, 1763-68 der Administrator Xaver während der Minderjährigkeit Kurfürst Friedrich Augusts III. (1768-1827); dieser trat, 1806 mit Preußen bei Auerstedt und Jena von den Franzosen geschlagen, im Frieden zu Posen 11. Dez. 1806 dem Rheinbund bei, und S. wurde zum Königreich erhoben. Kurfürst Friedrich August, als König Friedrich August I., erhielt 1807 das Großhzgt. Warschau. Als Verbündeter Napoleons in Leipzig 1813 gefangen, mußte er nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses im Frieden mit Preußen 18. Mai 1815 an dieses die nördl. Hälfte von S., zusammen 20.230 qkm mit 864.305 E. abtreten und auf Warschau verzichten. Sein Bruder und Nachfolger Anton (1827-36) berief infolge der durch die Begünstigung der Katholiken und prot. Mucker hervorgerufenen Unruhen 1830 seinen Neffen Friedrich August zum Mitregenten und gab 4. Sept. 1831 eine Verfassung. Unter Friedrich August II. (1836-54) veranlaßte die Auflösung des meist aus demokrat. Elementen bestehenden Landtags, der die sofortige Anerkennung der Reichsverfassung forderte, 3. Mai 1849 einen Aufstand in Dresden, der erst 9. Mai mit preuß. Hilfe unterdrückt wurde; danach erfolgte 1850 die Beseitigung der 1848-49 eingeführten liberalen Reformen. Unter Johann (1854-73) trat wieder eine freiere Richtung hervor; doch führte die föderalistische und antipreuß. Politik unter Beusts Leitung zur Verbindung mit Österreich im Deutschen Kriege von 1866 (s.d.), durch den S. seine Militärhoheit, diplomat. Vertretung, das Post- und Telegraphenwesen teilweise oder ganz an Preußen abtreten und dem Norddeutschen Bund beitreten mußte. Auf Johann folgte 1873 sein Sohn Albert in der Regierung. Die Vermehrung der Sozialdemokraten im Landtage führte 1896 zur Einführung einer neuen Wahlordnung im Sinne des preuß. Dreiklassensystems. Nach Alberts Tode folgte 1902 sein Bruder Georg und diesem 1904 sein Sohn Friedrich [584] August III. in der Regierung. – Vgl. Wuttke (Volkskunde, 2. Aufl. 1903), Gebauer (Volkswirtschaft, 3 Bde., 1893), Pelz (1904), Wünsche (1906), Zemmrich (1906); geschichtliche Werke von Böttiger (2. Aufl. 1867-73), Gretschel (2. Aufl. 1862-63), Kaemmel (1889).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 583-585.
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