Artikel in der Wikipedia: Gera
Faksimile
669. Gera.
669. Gera.

[667⇒] Gera, Hauptstadt des Fürstent. Reuß j. L., an der Weißen Elster, (1900) 45.634 (1905: 47.768) E., Garnison, Land-, Amtsgericht, fürstl. Schloß, Gymnasium, Realgymnasium, höhere Handelsschule; zahlreiche Fabriken (bes. Wollwaren und Kleiderstoffe), Spinnereien, Teppichwebereien, Appreturanstalten. Über dem Dorfe G.-Untermhaus das alte Residenzschloß Osterstein. – Die Herrschaft G. (Unterländischer Bezirk), 284 qkm, 61.425 E., seit Ende des 12. Jahrh. Besitztum einer eigenen Linie des vogteilichen Hauses (Reuß-G.), fiel 1550 an die plauensche Hauptlinie, bildete 1666 mit Saalburg wieder eine eigene Linie, fiel 1802 an die jüngern Linien Reuß-Schleiz und Reuß-Lobenstein-Ebersdorf, 1848 an erstere allein. – Vgl. Meißner (1893-95). [⇐667]

Quelle: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 667.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile
Faksimile

[619⇒] Gera, Stadt im Fürstentum Reuß j. L., Hauptstadt der gleichnamigen Herrschaft oder des unterländischen Verwaltungsbezirks, liegt im Tal der Weißen Elster, 189 m ü. M., und hat nach dem Brande von 1780 ein neues und schönes Ansehen erhalten, das jetzt durch Anlegung mehrerer neuer Stadtteile gehoben worden ist. Charakteristisch für den alten Stadtteil sind die hohen, fast immer mit Felsenkellern versehenen Häuser. G. hat 3 evangelische und eine kathol. Kirche. Bemerkenswert ist besonders das altertümliche Rathaus.

Wappen von Gera.
Wappen von Gera.

Außer dem Standbild des Grafen Heinrich Posthumus (gest. 1635) besitzt G. ein Denkmal Kaiser Wilhelms I., eine Bronzebüste des Komponisten Tschirch, ein Zabel- und ein Liebe-Denkmal und eine Bismarcksäule. Die Bevölkerung beläuft sich 1900 inkl. Garnison (1 Infanteriebataillon Nr. 96) auf 45,634 Seelen, darunter 1089 Katholiken und 170 Juden. Die Industrie ist sehr bedeutend. Obenan steht die Wollwarenmanufaktur (über 30 Fabriken) mit Fabrikation von Kammgarnstoffen, Kammgarnspinnereien, Stückfärbereien und Appreturanstalten. Bedeutend sind auch die Leder-, Tabak- und Zigarren-, insbes. aber die von Wien hierher verpflanzte Harmonikafabrikation. Außerdem besitzt G. ein Elektrizitätswerk, Maschinenbau und Eisengießerei, Wurst-, Handschuh-, Nähmaschinen- u. Wagenfettfabrikation, große Buch- und Steindruckereien und lithographische Anstalten, Bierbrauereien, zahlreiche Kunstgärtnereien mit starker Blumenzucht etc. Der lebhafte Handel, unterstützt durch eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 684,6 Mill. Mk.), durch die Geraer Gewerbebank und andre Geldinstitute sowie durch eine Handelskammer und ein Konsulat der Vereinigten Staaten Nordamerikas, befaßt sich außer mit den heimischen Erzeugnissen mit Landesprodukten, Mehl, Öl, Spiritus etc. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine elektrische Bahn. Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Leipzig-Probstzella, Weimar-G. u. a. Von Bildungs- und andern Anstalten hat G. ein Gymnasium (gegründet 1608), ein Realgymnasium, die Amthorsche höhere Handelsschule und Handelsakademie, eine Webschule, Baugewerkschule, Waisenhaus, Theater, ein Bezirksarmen- und Arbeitshaus etc. Die Stadt ist Sitz der Landesbehörden für Reuß j. L., eines Landratsamtes, eines gemeinschaftlichen Landgerichts für Reuß j. L. und den sächsisch-weimarischen Kreis Neustadt (für die fünf preußischen Amtsgerichte G., Hirschberg a. S., Hohenleuben, Lobenstein und Schleiz und die drei [⇐619][620⇒] weimarischen Amtsgerichte Auma, Neustadt a. Orla und Weida), eines Schwurgerichts und eines Hauptsteueramtes. G. gegenüber, am linken Ufer der Elster, liegt der Ort Untermhaus mit (1900) 6255 Einw., über diesem, am, Abhang des bewaldeten Hainbergs, das fürstliche Residenzschloß Osterstein (300 m ü. M.) mit vielen Kunstschätzen. Auf der gegenüberliegenden Höhe steht der Ferberturm mit prachtvoller Rundsicht.

G., in Urkunden Geraha, verdankt seine Entstehung wahrscheinlich den Sorben, gehörte seit 999 dem Stift Quedlinburg und wurde um 1200 den Vögten von Weida (s. Reuß, Fürstent.) überlassen, während die Lehnshoheit über G. 1358 an die Markgrafen von Meißen fiel. Im sächsischen Bruderkrieg ward G. 15. Okt. 1450 vom Landgrafen Wilhelm III. von Thüringen erstürmt und von den böhmischen Hifssvölkern des letztern niedergebrannt. Im Vertrag zu G. 1598 überließ Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg die fränkischen Fürstentümer seinen Stiefbrüdern. Am Osterfest 1639 wurde G. fast zur Hälfte von den Schweden verwüstet, ferner 1686 und 1780 durch große Feuersbrünste heimgesucht. – Die Herrschaft G., 240 qkm groß, war seit Mitte des 13. Jahrh. Besitztum einer Linie der spätern Fürsten von Reuß, fiel 1550 an die Plauensche Hauptlinie und wurde 1666 mit Saalburg einer Speziallinie zugeteilt, nach deren Aussterben (1802) die Herrschaft an die Fürstenhäuser Reuß-Schleiz und Reuß-Lobenstein-Ebersdorf fiel, welche die Regierung gemeinschaftlich führten, bis 1848 nach der Abdankung des letzten Fürsten von Lobenstein-Ebersdorf das Haus Schleiz in den Alleinbesitz der Herrschaft gelangte (weiteres s. Reuß). Vgl. F. Hahn, Geschichte von G. und dessen Umgebung (Gera 1855, 2 Bde.); Fischer, Die Stadt G. und ihre kommunalen Einrichtungen (das. 1878); »Urkundensammlung zur Geschichte der Herrschaft G. im Mittelalter« (hrsg. von Alberti, das. 1882); Meißner, Die Stadt G. und das fürstliche Haus Reuß j. L. (das. 1893–95). [⇐620]

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 619-620.
Lizenz: Gemeinfrei
Siehe auch:
Faksimile

[214⇒] Gera, 1) fürstlich reußische Herrschaft; umfaßt die beiden Ämter G. u. Saalburg; jenes grenzt an den preußischen Regierungsbezirk Merseburg, an das Herzogthum Altenburg u. den Neustädter Kreis des Großherzogthums Weimar; dieses liegt südlicher zwischen dem Schleizer, Greizer u. Lobenstein-Ebersdorfer Gebiet; beide sind gebirgig u. waldig; Flüsse: Elster u. Sebnitz; Regierung: G. war bis 1848 gemeinschaftlicher Besitz der jüngeren Linie des Hauses Reuß, als der Fürsten von Reuß Lobenstein-Ebersdorf u. Reuß-Schleiz, welche die jährlichen Einkünfte theilten; im genannten Jahre entsagte aber der Fürst von Lobenstein-Ebersdorf der Regierung, u. die Alleinregierung fiel dem Fürsten Reuß von Schleiz zu; 74 QM., 32,300 Ew., welche sich mit Holzcultur, Holzgewerben u. Fabrikation wollener u. baumwollener Zeuge beschäftigen; die Herrschaft hat auch eine erbohrte Salzquelle mit dem Salzwerk Heinrichshall; Einkünfte, Ausgaben, Militär etc., s.u. Reuß. 2) (Gesch. der Herrschaft), s.u. Reuß. 3) Amt darin, enthält die Herrschaft G. u. den größten Theil des Pöllwitzer Waldes. 4) Hauptstadt der Herrschaft, im Elsterthale, an der Elster, über welche oberhalb seit 1640 eine neue steinerne, u. unterhalb eine hölzerne Brücke führt; Sitz der Regierung, des Consistoriums u. des Amtes, seit dem Brande 1780 wieder aufgebaut, sechs Plätze, mehrere Vorstädte, drei Kirchen (außer der Johanniskirche, die seit dem Brande noch nicht aufgebaut ist) u. eine kleine Kapelle, fürstliches Palais, Rathhaus, Gymnasium, Schullehrerseminar, Musikalischer Verein, Bank (seit 15. Jan. 1856), Kleinkinderbewahranstalt, Zucht- u. Waisenhaus, zwei Hospitäler, Gasbeleuchtungsanstalt; viele Fabriken in Wollenwaaren, Tuch, baumwollenen Stoffen, Kutschen, Tabak, Seife, Wachstuch, Harmonikas, chemischen Producten etc.; großer Gewerbfleiß in Gerbereien, Töpfereien, Kunst- u. Schönfärberei, Bleichen, große Bierbrauerei; starke Getreidemärkte u. lebhafter Handel; zwei Buchhandlungen, eine Buchdruckerei, eine Steindruckerei. In G. erscheint auch eine eigene Zeitung. In einem der Gärten der Umgebung ist eine Mineralquelle. Vergnügungen: die Erholung, das Bad u.m.a.; Freimaurerloge: Archimedes zum ewigen Bunde; 12,500 Ew. Auf dem nahen Hainberge liegt das Schloß Osterstein, darunter das Dorf Unterm-Haus, in dem eine Porzellanfabrik u. wo der Sitz des Amtes ist. – G. (in Urkunden Geraha, auch Schworz, Goiska) ist wahrscheinlich eine sorbische Anlage; es gehörte früher den Grafen von Groitsch, u. Graf Wiprecht baute das Schloß G. (nachher das alte Schloß) u. erhob um 1086 G. zur Stadt. Angeblich 1080 hier Niederlage des Königs Rudolf durch Kaiser Heinrich IV. Im 12. Jahrh. wurde G. den Herren von Reuß gegeben, 1292 vertauschte jedoch Friedrich Tuta, Markgraf von Meißen, Schloß u. Stadt G. gegen Dresden, an Friedrich den Jüngeren. 1459 wurde G. von dem Landgrafen Wilhelm III. von Thüringen, welchen Heinrich von G. beleidigt hatte, nach langer Belagerung gestürmt, geplündert u. verbrannt; damals wurde auch das alte Schloß zerstört. 1605 stiftete Heinrich Postumus das Gymnasium. Früher war G. schon oft durch große Feuersbrünste (1450, 1639, 1686) betroffen, die größte war aber am 18. Sept. 1780, wo 31 öffentliche Gebäude u. 686 Bürgerhäuser abbrannten. 1830 kam es hier bei der Rekrutenaushebung zu einigen Excessen, s.u. Reuß (Gesch.) Vgl. Klotz, Beschreibung der Herrschaft u. Stadt G., Ronneb. 1817; Eisenschmidt, Geraische Brandchronik, ebd. 1817; Ferd. Hahn, Geschichte von G. u. dessen nächster Umgebung, Gera 1855, 2 Bde. 5) Nebenfluß der Unstrut; entspringt im Herzogthum Gotha am Fuß des Schneekopfes bei Mannebach in zwei Quellen, der östlichen od. eigentlichen u. der Wilden od. Kleinen G., theilt sich bei Erfurt in zwei Arme, die Wilde G., welche bei Gebesee, u. die Schmale G., welche bei Werningshausen mündet; sie nimmt die Spring, Wipper, Gramme, Apfelstädt, Jüchnitz u.a. auf. 6) (Klein- od. Neu- G.), Vorstadt von Luckenwalde. 7) Vorstadt von Pizzighetone in der Lombardei. [⇐214]

Quelle: Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 214.
Lizenz: Gemeinfrei
Faksimile

[59⇒] Gera, Reuß-Schleizʼsche Herrschaft aus der Enclave Gera und der Pflege Saalburg bestehend, etwas über 7 QM. groß mit 39000 E. – G., Stadt unweit der weißen Elster, Sitz der Landesbehörden, hat ein fürstl. Schloß und 13500 E., viele Fabriken für Wolle-, Baumwolle-, Seide- und Leinewaaren, Wachstuch, Porzellan, Steingut, Tabak, Hüte und Kutschen. In der Nähe das Dorf Unternhaus mit Porzellanfabrik. [⇐59]

Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 59.
Lizenz: Gemeinfrei

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon