[922] Kürschner, zünftige Handwerker, welche nicht enthaarte, gehörig zugerichtete thierische Felle zu Pelzwaaren verarbeiten, als welche sie als Kleidungsstücke, Überzüge od. zu anderen Zwecken gebraucht werden können; die K. verfertigen z.B. Wildschuren, Pelzfutter, Pelzaufschläge, Pelzröcke, Pelzwämser, Pelzmützen, Pelzhandschuhe, Müsse, Boas, Palatins, Pellerinen, Fußsäcke, Schlittendecken etc. Sie müssen auch das Beizen u. Färben (dann Rauch- od. Zobelfärber) u. Zurichten des Pelzwerks verstehen; ferner sind sie zum Rauchhandel berechtigt, sie lernen 3 bis 4 Jahr, die Gesellen wandern, erhalten aber kein Geschenk; als Meisterstück müssen sie einen Mannspelz, eine Pelzmütze u. dergl. anfertigen. Meist sind die K. zugleich Mützenmacher. Die rohen (grünen) Felle werden ihnen besonders aus den kälteren Gegenden von Europa, Asien u. Amerika geliefert; darunter gehören namentlich die Felle der Marder, Zobel, Hermelin, Wiesel, Iltisse, Hunde, Füchse, Wölfe, Katzen, Luchse, Tiger, Panther, Leoparden, Bären, Dachse, Hafen, Kaninchen, Biber, Seeottern, Eichhörnchen, Schafe, Beutelthiere, Hamster, Maulwürfe, Murmelthiere, Hirsche, Rehe, Robben. Bei dem Verarbeiten der Felle werden dieselben, um sie zu erweichen, auf der Fleisch- od. Aasseite mit Wasser benetzt, oft auch förmlich in Wasser 10 bis 12 Stunden eingeweicht, mit Seifenwasser u. dann mit reinem Wasser ausgewaschen, mit besonderen Kardätschen auf der Wollseite gereinigt (Kardätschen, Auspökeln), wieder gewaschen, ausgefleischt u. bisweilen auf der Aasseite mit Gerstenschrot bestreut. Dann kommen sie 14 Tage in eine Salzwasserbeize, werden darin täglich umgewendet, hierauf getrocknet, angefeuchtet, mit dem stumpfen Pökeleisen gestrichen, mit Kreidepulver od. Mehl bestreut, auf dem scharfen Abfleischeisen abgezogen, gestreckt, kardätscht u. ausgeklopft. Dann werden die Bälge umgekehrt u. eingeschmalzt, d.h. die Fleischseite wird mit Öl, Butter od. Fett eingerieben u. die so eingefetteten Felle kommen in die Trampeltonne, ein starkes, oben offenes Faß, worin die (Fleischseite an Fleischseite eingeschichteten) Felle geschmeidig gemacht werden, indem ein Arbeiter mit bloßen Füßen auf denselben herumtritt (Trampeln). In neuerer Zeit wird das Trampeln durch eine wirkliche Walke ersetzt. Nun werden sie auf der Fleischseite mit scharfem Salzwasser (Schwellbeize), kleinere mit Kleienbeize bestrichen (Alaun wendet man nur bei denen an, wo die Haare leicht ausfallen), dann die Felle so eingelegt, daß allemal die Aasseite zusammenkommt, u. so überläßt man sie 10 bis 12 Stunden der Gährung. Noch feucht werden die Felle auf der Gerbebank von den anklebenden Beizeresten u. dem aufgelockerten Fette gereinigt (Abfleischen); dabei verwendet man das stumpfe Pökeleisen od. ein scharfes Ausstreicheisen od. Stoßeisen, dessen Schneide nach einem flachen Bogen gekrümmt ist. Häute großer Thiere, z.B. Bären, Wölfe etc. werden auch auf dem Rumpelbaum, einem runden, starken Baum; an dem einen Ende mit zwei Füßen u. daher schräg stehend, abgefleischt. Nach diesen Vorbereitungen folgt das Beizen od. das eigentliche Gerben der Felle; dasselbe ist ein unvollständiges Weißgerben, die Felle werden auf der Fleischseite ein od. mehrere Male mit einer lauen Auflösung von Alaun u. Kochsalz in Wasser bestrichen, das dabei gebildete Chloraluminium verbindet sich mit dem Hautgewebe u. macht es unveränderlich an der Luft. Nach dem Trockenen sind die Felle steif, faltig u. nicht weiß genug; sie werden deshalb mit Wasser befeuchtet od. mit nassen Sägespänen bestreut u. abermals getrampelt. Dann folgt das Läutern, d.h. die Reinigung der Haare u. die Befreiung derselben von überflüssigem Fett. Das Fett wird durch eine Bearbeitung mit Sägespänen (Treten) entfernt. Nachdem sie gedehnt (Strecken) u. gereckt sind, werden sie umgekehrt, die Haarseite mit[922] einem eisernen Kamm gekämmt, die Fleischseite mit Fett gerieben u. mit der vorher mit Sägespänen, Kleien, Häcksel u. dergl. bestreuten Haarseite nach außen in den Tret- (Wärme-) stock geschichtet; dies ist eine 4 Fuß hohe hölzerne Tonne, die statt des Bodens einen auf drei Füßen ruhenden kupfernen Kessel hat, unter welchem Feuer angemacht wird, in dieser Tonne werden die Pelze so lange getreten, bis sie rein von Fett sind. Sollte dies nicht ganz der Fall sein, so kommen die Felle in die Klär- od. Läutertonne, ein 4 Fuß langes Faß, inwendig mit vielen hölzernen Zacken, an beiden Seiten mit eisernen Zapfen u. einer Kurbel versehen, um in einem Zapfenlager über einem Kohlenfeuer herumgedreht werden zu können. In diesem Faß werden die zugerichteten Felle mit etwas, in der eisernen Gyps- (Kreide-, Sand-) pfanne erwärmtem Gypskalk, Kreide od. seinem Sand eine Stunde lang herumgeschüttelt u. so von der Fettigkeit gereinigt. Weißes Pelzwerk wird zum Schlusse mit Alabastermehl geläutert u. später mit schwefeliger Säure gebleicht. Billige Felle werden einfacher behandelt, auch wohl mit Lohe gegerbt. Die Felle werden hierauf mit Stäbchen ausgeklopft, mit der Fleischseite über ein scharfes Abfleischeisen gezogen u. wieder gekämmt. Ist die Farbe des Pelzes ungleich od. nicht schön, so wird er durch einen Anstrich gefärbt. Durch das Färben wird das Pelzwerk veredelt u. ihm oft eine moderne Schattirung ertheilt; es wird gelegentlich bei allen Pelzsorten angewendet. Werden nur die Spitzen der Haare gefärbt, so heißt es Blenden od. Streichen. Damit die Haare die Farbe fest annehmen, werden sie getödtet, d.h. das farbige Pigment, welches den Haaren ihre Farbe gibt, wird zerstört od. umgewandelt. Die Haare werden dazu mit einer Beize bestrichen, z.B. mit Alkohol, Äther, schwefeliger Säure, schwachen Laugen, Ammoniak. Das Fell wird zwischen den abwechselnden Anstreichen getrampelt, zuletzt getrocknet u. wieder haarig gerieben. Die Felle zu einem Pelz sortirt der K. nun nach Farbe u. Güte, die besten kommen zum Ausschlag od. zur Verbrämung; sie werden mittelst des Zuschneidemessers (einem Messer mit kurzer, breiter Klinge u. sehr kurzem, aufwärts gebogenem Griffe) zugeschnitten u. gezeilt, d.h. so zusammengenäht, daß sie eine Reihe (Zeile) von der Weite des Pelzes u. von der Höhe eines Felles bilden. Die Zeilen werden zusammengenäht, nach dem vom Schneider gefertigten Oberzeug zugeschnitten, u. an der Naht desselben befestigt; wird etwas Ganzes aus vielen kleinen Stücken zusammengenäht u. die Stücken so zugeschnitten u. angeordnet, daß sie gut zusammenpassen, so heißt dies Stückeln. Beim Zusammennähen ist darauf zu sehen, daß das Haar überall gleichen Strich, d.h. gleiche Lage habe, u. daß dieser in Kleidern abwärts falle, damit das Haar beim Tragen sich nicht sträube; auch soll der Strich die Naht decken; die Naht ist meist überwendlich. Bunte Teppiche werden oft aus Tafeln von Pelzmosaik hergestellt; solche Tafeln erhält man, indem man aus zwei od. mehr verschiedenfarbigen Pelzen gleichgestaltete Figuren ausschneidet u. in die so entstehenden Löcher die Ausschnitte aus den anderen Pelzen einsetzt. Vgl. Schmidt, Kürschnerkunst, Weimar, 130. Bd. des neuen Schauplatzes der Künste u. Handwerke; Modejournal für Kürschner, Hut- u. Mützenmacher, ebd. 184448; Geheimnisse der Pelzfärbekunst, Lpz. 1838; Pas Färben der Pelzwaaren, Quedlinb. 1843.
Brockhaus-1911: Kürschner [2] · Kürschner
Meyers-1905: Kürschner, Joseph · Kürschner
Pierer-1857: Kürschner [2]