Keller [4]

[422] Keller, 1) Jakob, so v.w. Cellarius. 2) Johann Balthasar, geb. 1638 in Zürich, Goldschmied u. Künstler in getriebener Arbeit Sein Bruder Johann Jakob (geb. 1635, st. 1700), der als Rothgießer im Dienste Ludwigs XIV. stand, rief ihn nach Paris u. bediente sich seiner Zeichnungen, wogegen er ihn die Gießkunst lehrte. Er wurde Aufseher des Zeughauses zu Paris u. st. daselbst 1702. Werke: Statuen in den königlichen Gärten, Reiterstatue Ludwigs XIV., aus einem einzigen Guß, 1792 zertrümmert. 3) Georg Victor, geb. 1760 zu Eretingen im badischen Schwarzwalde von katholischen Eltern, trat 1785 in den Benedictinerorden, erhielt den Ordensnamen Victor, übernahm das Lehramt der Kirchengeschichte u. des Kirchenrechts in seinem Kloster, wurde hierauf Pfarrer in Schluchsee im Schwarzwalde, später zu Wiesliken im Aargau, 1806 in Aarau, 1814 Dekan u. Pfarrer in Zurzach, 1816 in Geesenhausen u. 1820 in Pfaffenreiter bei Freiburg; er st. dort 1827 u. sehr: Ideale für alle Stände, Aarau 1818, 3. Aufl, ebd. 1831; Katholikon, ebd. 1824–1827, 2 Thle., 3. Aufl. ebd. 1832; Nachlaß, Freiburg 1830, 2 Bde.; Blätter der Erbauung u. des Nachdenkens, ebd. 1832, 2 Bde, 4) Karl, geb. 1784 in Dessau; Flötist in der Kapelle zu Berlin, ging mit Reichardt nach Kassel, war hier 7 Jahre, dann in Stuttgart u. Kammermusikus in Donaueschingen u. st. 1855 in Schaffhausen. K. componirte Vieles für sein Instrument u. Lieder u. Gesänge, die volksthümlich geworden sind, u.a. die Polonaise: Kennst du der Liebe Sehnen? u. das Lied von der Flasche (Helft Leutchen mir vom Wagen doch etc.). 5) Wilhelm Anton, geb. 1785 in Kassel, ging 1802 in Hannover zur Bühne, später auf die städtischen Theater nach Bremen, Magdeburg u. Leipzig, wurde 1817 dauernd bei der Hofbühne in Hannover engagirt u. gehörte derselben bis zu seinem Tode 1834 an; er zeichnete sich namentlich in Charakter- u. sein komischen Rollen aus. 6) Friedrich Ludwig K. von Steinbock, geb. 1799 in Zürich, studirte in Berlin u. Göttingen, wurde 1825 in seiner Vaterstadt Professor des Civilrechts, 1831 Präsident des Obergerichts u. Mitglied des Erziehungsrathes, 1830 Mitglied des Großen Rathes des Cantons u. 1832 u. 1834 zum Präsidenten desselben gewählt. Wiederholt fungirte er als Zürichscher Gesandter auf der Eidgenössischen Tagsatzung u. war mehrfach zu wichtigen politischen Commissionen berufen Mit der Revolution vom Jahre 1839 zog K. sich indessen mehr von dem politischen Schauplatz zurück u. war nur noch als Professor an der Universität thätig: 1843 wurde er Professor der Rechte in Halle u. 1847 in Berlin. In dieser neuen Stellung trat K. seit 1848 auch wieder in politischer Beziehung vielfach hervor, bes. seitdem er (1849) als Abgeordneter in die Kammer berufen wurde. Zum Geheimen Justizrath ernannt hatte er auch an der neueren Gesetzgebung Preußens Antheil; er schr. u.a.: De peculio, Göttingen 1825; Über Litiscontestation u. Urtheil, Zür. 1827; Semestria ad M. Tullium Ciceronem. ebd. 1842–50, 2 Bde.; Der römische Civilproceß u. die Actionen, Lpz. 1852. 7) Augustin, geb. 1805 zu Sarmenstorf im Aargau, studirte in Breslau, wurde 1831 Professor der Rhetorik in Luzern, 1834 Director des Lehrerseminars in Aarau u. bald auch Mitglied des Großen Raths. Er gewann großen politischen Einfluß u. wurde einer der extremsten Führer der radicalen Partei; er beantragte die Aufhebung der Aargauer Klöster 1841 u. die Vertreibung der Jesuiten 1844; er schr.: Die Aufhebung der aargauischen Klöster, Aarau 1841; Über Aufhebung u. Ausweisung des Jesuitenordens aus der Schweiz, ebd. 1844; außerdem Schulbücher für den Canton Aargau, Gedichte u. Reden; gab auch die Zeitschrift: Allgemeine schweizerische Schulblätter, Baden 1834–43 heraus. 8) Heinrich Adalbert, geb. den 5. Juli 1812 zu Heidelsheim im Württembergischen, studirte 1830–1834 in Tübingen Theologie u. 1834–35 Philologie in Paris, wurde 1835 Privatdocent der Romanischen u. Germanischen Literatur in Tübingen, ging 1840 auf sechs Monate nach Rom, wurde 1844 Professor der Deutschen Literatur, wie auch Oberbibliothekar in Tübingen, welches letztere Amt er bis 1850 bekleidete; er gab außer mehreren romanischen Literaturwerken heraus: Altdeutsche Gedichte, Tüb. 1846; Lieder Heinrichs v. Württemberg. 1849; Italienischer Novellenschatz, Lpz. 1851 f., 6 Bde; Fastnachtspiele, Stuttg. 1853; übersetzte auch mit Rapp den Shakespeare, ebd. 1843–-46, 37 Stücke, u. gab mit Notter sämmtliche Romane des Cervantes heraus, Stuttg. 1838–42, 12 Bde. 9) Gottfried,[422] geb. 1819 in Zürich, widmete sich anfangs der Landschaftsmalerei, ging Behufs weiterer Ausbildung in derselben 1840 nach Wien, wo er bis 1842 blieb; aber zurückgekehrt in seine Vaterstadt verließ er die Kunst u. gab sich ganz der Poesie u. literarischen Beschäftigung hin; mit einem Reisestipendium des Züricher Senats versehen, ging er im Herbst 1848 nach Heidelberg u. 1850 nach Berlin, wo er Philosophie u. das dramaturgische Fach studirte; seit Herbst 1855 lebt er wieder in Zürich: er schr.: Gedichte, Heidelb 1846; Neuere Gedichte, Braunschw. 1851; Der grüne Heinrich (Roman), ebd. 1854 f., 4 Bde; Die Leute von Seldwyla (Erzählungen), ebd. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 422-423.
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