Hase [4]

[856] Hase, 1) Karl Benedikt, Philolog, geb. 11. Mai 1780 in Sulza, gest. 21. März 1864 in Paris, studierte seit 1798 in Jena und Helmstedt, ging 1801 nach Paris, erhielt daselbst 1805 eine Anstellung an der Bibliothek und ward 1816 Professor der griechischen Paläographie und des Neugriechischen an der Schule der orientalischen Sprachen, 1824 Mitglied der Akademie der Inschriften, 1830 Professor der deutschen Sprache und Literatur an der Polytechnischen Schule, 1832 Konservator der Handschriften der Bibliothek, 1852 Professor der vergleichenden Grammatik an der Universität. Ein hervorragender Kenner des Griechischen, der Paläographie und der byzantinischen Geschichte, war er Mitarbeiter an der neuen Ausgabe von Stephanus' »Thesaurus graecae linguae« (Par. 1831–65, 9 Bde.) und lieferte Ausgaben von Leo Diakonus (Par. 1819; neu bearbeitet in der Ausgabe der Byzantiner, Bonn 1828), von Lydus' »De ostentis et de mensibus« (Par. 1823), des Valerius Maximus (das. 1822–23, 2 Bde.) und des Sueton (das. 1828, 2 Bde.). Seine »Briefe von der Wanderung und aus Paris« gab O. Heine (Leipz. 1894) heraus. Vgl. Guigniaut, Notice sur la vie et les travaux de Ch. B. H. (Par. 1867).

2) Karl August von, protest. Kirchenhistoriker, geb. 25. Aug. 1800 in Niedersteinbach bei Penig, gest. 3. Jan. 1890 in Jena, studierte in Leipzig, von da wegen Teilnahme an der Burschenschaft verwiesen, in Erlangen und hatte sich bereits 1823 als Privatdozent der Theologie in Tübingen habilitiert, als er in eine neue Untersuchung wegen seiner Teilnahme an der Erlanger Burschenschaft geriet und 10 Monate auf der Festung Hohenasperg zubringen mußte. 1829 Privatdozent zu Leipzig, wurde er 1830 außerordentlicher,[856] 1836 ordentlicher Professor in Jena. 1883 trat er in den Ruhestand. Gleichzeitig wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt und in den Adelsstand erhoben. Seine Theologie erstrebt die Ausgleichung des kirchlichen Christentums mit der modernen Bildung, wobei im Gegensatz zur Orthodoxie auf das religiöse Bewußtsein des Subjekts, im Gegensatz zum Rationalismus auf die historische Bedeutung der christlichen Kirche das Hauptgewicht gelegt wird. Wir nennen von seinen Schriften: »Des alten Pfarrers Testament« (Tübing. 1824); »Lehrbuch der evangelischen Dogmatik« (Stuttg. 1826; 6. Aufl., Leipz. 1870); »Gnosis« (das. 1826–28, 3 Bde.; 2. Aufl. 1869–70); »Hutterus redivivus, oder Dogmatik der evangelisch-lutherischen Kirche« (das. 1828, 12. Aufl. 1883), welches Werk ihn in eine lang dauernde literarische Fehde mit Röhr verwickelte, worauf sich die »Theologischen Streitschriften« (das. 1834–37) beziehen; »Das Leben Jesu« (das. 1829, 5. Aufl. 1865); »Kirchengeschichte« (das. 1834, 11. Aufl. 1886; Volksausgabe 1900); »Die beiden Erzbischöfe« (das. 1839); »Neue Propheten. Jungfrau von Orléans, Savonarola, das Reich der Wiedertäufer etc.« (das. 1851, 2. Aufl. 1860–61); »Jenaisches Fichte-Büchlein« (das. 1856); »Franz von Assisi« (das. 1856); »Das geistliche Schauspiel« (das. 1858); »Handbuch der protestantischen Polemik gegen die römisch-katholische Kirche« (das. 1863, 7. Aufl. 1900); »Caterina von Siena« (das. 1864); »Geschichte Jesu« (das. 1876, 2. Aufl. 1891); »Des Kulturkampfes Ende« (das. 1879); »Rosenvorlesungen kirchengeschichtlichen Inhalts« (das. 1880). Von seiner »Kirchengeschichte auf der Grundlage akademischer Vorlesungen« konnte er selbst noch den ersten Band herausgeben (Leipz. 1885, 3. Aufl. 1901), die Herausgabe des zweiten und dritten besorgte G. Krüger (das. 1890–92, 2. Aufl. 1895–97). In »Ideale und Irrtümer« (Leipz. 1872, 5. Aufl. 1894) gab er eine Selbstbiographie bis zur Übersiedelung nach Jena, die nach seinem Tode durch Herausgabe der »Erinnerungen an Italien in Briefen an die künftige Geliebte« (das. 1891, 3. Abdr. 1896) und der »Annalen meines Lebens« (das. 1891) ergänzt wurde. Seine »Gesammelten Werke« (Leipz. 1890, 12 Bde.) enthalten auch die »Vaterländischen Reden und Denkschriften« (1891) und die »Theologischen Zeit- und Streitschriften« (1892). Vgl. R. Bürkner, Karl von H., ein deutscher Professor (Leipz. 1900). – Hases jüngster Sohn, Oskar von H., geb. 15. Sept. 1846, Teilhaber des Verlagsgeschäfts von Breitkopf u. Härtel in Leipzig (s. Härtel 1), schrieb eine wertvolle Monographie zur Geschichte des Buchhandels: »Die Koberger« (2. Aufl., Leipz. 1885).

3) Konrad Wilhelm, Architekt, geb. 2. Okt. 1818 in Einbeck, gest. 29. März 1902 in Hannover, studierte auf der Polytechnischen Schule in Hannover, dann in München unter Gärtner und bildete sich auf Reisen durch Italien, Frankreich, Deutschland und die Niederlande weiter. 1849 wurde er Lehrer der Baukunst am Polytechnikum in Hannover und später königlicher Baurat und Geheimer Oberbaurat. 1894 trat er von seinem Lehramt zurück. H. war einer der begabtesten und energievollsten Vorkämpfer für die Wiederbelebung des gotischen Stils. Anfangs versuchte er sich besonders in Restaurationen, so der Godehardi- und der Michaeliskirche in Hildesheim, der Nikolaikirche in Lüneburg etc. Hierauf erbaute er das Museum in Hannover, die Christuskirche daselbst, die Fassade des Gymnasiums Andreanum und das Postgebäude in Hildesheim sowie das Schloß Marienburg bei Nordstemmen, das zu den schönsten modernen Profanbauten gotischen Stils gehört. Auch restaurierte er das gotische Rathaus in Hannover. Er gab heraus: »Sammlung von Zeichnungen ausgeführter Kirchen, Schulgebäude und Privatbauten« (Hannov. 1873–76, 10 Lfgn.); »Die Gräber in der Schloßkirche zu Quedlinburg« (mit F. v. Quast, Quedlinburg 1877) und war auch an der Herausgabe der »Mittelalterlichen Baudenkmäler Niedersachsens« (Hannov. 1856) beteiligt.

4) Karl Alfred von, prot. Theolog, Sohn von H. 2), geb. 12. Juli 1842 in Jena, wurde 1868 Hofdiakonus in Weimar, 1870 Felddivisionspfarrer, 1871 Divisionspfarrer in Hannover, 1876 Militäroberpfarrer und Konsistorialrat in Königsberg i. Pr., 1889 Garnisonpfarrer und Hofprediger in Potsdam, 1893 Konsistorialrat in Breslau und 1896 dort ordentlicher Honorarprofessor, 1904 Oberkonsistorialrat. Er veröffentlichte: »Lutherbriefe« (Leipz. 1867); »Wormser Lutherbuch« (Mainz 1868); »Sebastian Franck von Wörd, der Schwarmgeist« (Leipz. 1869); »Die Bedeutung des Geschichtlichen in der Religion« (das. 1874); »Herzog Albrecht von Preußen und sein Hofprediger« (das. 1879); »Die Hausandacht« (in Zimmers »Handbibliothek der praktischen Theologie«, Gotha 1891); »Unsere Hauschronik. Geschichte der Familie H. in vier Jahrhunderten« (Leipz. 1898); »Die psychologische Begründung der religiösen Weltanschauung im 19. Jahrhundert« (Berl. 1901) u. a.

5) Konrad, s. Dasypodius.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 856-857.
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