[292] Waffen, altdeutsch Wapen (hierzu Tafel »Entwickelung der Waffen« mit Text), Werkzeuge zur Schädigung des Feindes oder zum Schutze gegen feindliche Schädigungen (Trutz- und Schutzwaffen). Steine und Knüppel mögen die ersten W. gewesen sein. Über die weitere Entwickelung der W. s. beifolgende Tafel und die Artikel »Metallzeit« und »Steinzeit«. Die Ägypter trugen als Kopfschutz mit Metallplättchen besetzte Lederkappen, die Könige einen Metallhelm, einen mit Lederstreifen besetzten Rock, auch Panzerhemden von Krokodilhaut oder Lederhemden, dachziegelförmig mit Bronzeplatten besetzt, einen großen Schild mit Augenloch; das schwere Fußvolk einen kurzen Speer, Stabkeule, Streitaxt, kurzes Schwert, sichelartigen Krummsäbel (Khops), das leichte Fußvolk den Bogen; im sehr beliebten Kriegswagen standen zwei Mann, ein Bogenschütze und ein Wagenlenker, zugleich Schildträger. Bei den Assyrern, Persern, Medern etc. kämpften auch die Könige mit Pfeil und Bogen, später mit Wurfspieß und Streitaxt vom Streitwagen. Sie trugen, wie alle Krieger, einen Metallhelm oder Lederkappe, Linnenpanzer, später mit (sogar tauschierten) Eisenplatten benäht (Schuppenpanzer), auch stählerne Panzerhemden und -Hosen, kleine, runde Schilde mit Stoßspitzen. Sie führten Schwerter aus Bronze, Eisen, auch Stahl (Damaszener Arbeit), Lanzen, Streitkolben, Stachelkeule (Morgenstern), Streitäxte mit Doppelschneide, Schleudern. Berühmt war die babylonische Reiterei; die leichten Reiter trugen Linnenpanzer und führten Bogen, schweren Metallhelm, mit dem Eisenpanzer durch die Halsberge verbunden, Beinschienen, Schwert und Stoßlanze; auch die Pferde wurden gepanzert. Die Perser hatten auch eine Art Feldgeschütze, fahrbare Wurfmaschinen, und vorzügliches Belagerungsgerät an Wurfmaschinen, Sturmböcken (Widder), Sturmleitern, hohe Wandeltürme, sogar einen Brückentrain.
Bei den Griechen vervollkommten sich alle W., die Panzer zur wirklichen Plattenrüstung, Brust- und Rückenpanzer waren durch Schnallriemen verbunden, den Unterleib deckten Panzerflügel, die Schultern Schulterstücke; es gab auch Lederkoller, Schuppen- und Ringpanzer. An den Unterschenkeln saßen Beinschienen. Der Helm war vielgestaltig, der Schild anfänglich rund, später oval, erzumrandet, mit Schildnabel, auch Schildsprüchen. Hauptwaffe war der Speer, bis 2,5 m lang, als Stoß-, Wurf- und Riemen speer; der um den Speer gewickelte Riemen versetzte letztern beim Wurf in Drehung. Später erreichte der Spieß gegen 5 m Länge und wurde mit zwei Händen geführt; das zweischneidige Schwert war etwa 0,5 m lang. Den Bogen fertigte man aus Tiergehörn (Doppelbogen). Außerdem hatte man Horizontal- und Wurfgeschütze in verschiedenen Kalibern, erstere (Euthytona) schossen Pfeile, letztere (Palintona) warfen Steine; die Gastrapheten, eine Art großer Armbrust, dienten als Wallbüchsen, eine größere Art als schwere Geschütze (s. Kriegsmaschinen, mit Tafel). Die W. der Römerin der Kaiserzeit sind denen der Griechen ähnlich. Als Schutzrüstung diente ein Gurtpanzer aus Metallstreifen (lorica segmentata, Abbildung s. Lorica), Offiziere, Principes und asiatische Hilfsvölker trugen Schuppen- oder Kettenpanzer (s. Kataphrakten), der lederne Waffenrock wurde auf dem Rücken geschnürt. Der lederne, eng beschlagene (galea) wie der metallene (cassis) Helm hatte nicht, wie der griechische, ein Visier, dagegen Stirn- und Nackenschiene und Backenstücke (s. Helm, Fig. 16). Den rechten Unterschenkel deckten Beinschienen, später Lederstrümpfe, dann Bundschuhe und Hosen. Über den Schild s. d. Hauptwaffe ist das Schwert (gladius), seit Hadrian bedeutend länger, spatha genannt, bis ins 1. Jahrh. aus Bronze, dann aus Eisen. Nächst dem Schwert ist die charakteristische Waffe der Römer das Pilum, der Wurfspeer. Bogen, Pfeil und Schleuder wurden nur von Hilfstruppen (Kretern und Balearen) geführt. Die Reiterei führte Schwert und Lanze. Die Geschütze haben die Römer von den Griechen entlehnt.
Die Urwaffe der Germanen war die Framea (Celt), zum Wurf, Stoß und Hieb in gleicher Weise geeignet; aus ihr entwickelte sich die Streitaxt (s. d.) zum Schlag und Wurf, bei den Franken das Kriegsbeil, die Franziska, bei den Skandinaviern und in Norddeutschland der Streithammer. Die Wurfkeule, die Teutona oder Cateja der Goten, ist später als Morgenstern bei den Schweizern und Süddeutschen verbreitet. In andrer Richtung gingen aus der Framea der Speer, Angon (Angelhakenspeer, Wurfspeer mit Widerhaken), Ger, Spieß, Pike, Lanze, die eigentlichen Stoßwaffen, hervor, die auch geworfen wurden (Wurfspieß). Hierher gehört die Ritterlanze für den Kampf und das Turnier; die langgestielte Pike wird als Hiebwaffe zur Hellebarde, sie ist eine langgestielte Streitaxt, die als Sponton bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrh. im Gebrauch blieb; Abarten sind die Partisane, Korseke, Gleve etc. Der Streithammer erhielt später noch eine Spitze, als Panzerbrecher; der Streitkolben (s. d.) diente mit seinen scharfkantigen Platten oder Stacheln gleichem Zweck. Das Schwert, nachmals die Hauptwaffe der Deutschen, wurde zu Tacitus' Zeiten nur von den westlichen und nördlichen Völkern geführt und war ein zweischneidiges, spitzeloses Hiebschwert (sine mucrone) aus Eisen, Stahl, aus dem dann die schilfblattförmige, aber viel längere Spatha, ähnlich dem römischen Schwert (gladius), hervorging, die in Italien und Palästina den Namen der Deutschen schreckenvoll verbreitete. Wie die alten Germanen, sprangen auch noch während der Kreuzzüge Heerführer und Ritter vor oder in der Schlacht vom Pferde und kämpften mit dem Langschwerte, der Spatha, zu Fuß; im 15. Jahrh. wurde daraus der Zweihänder, der Flamberg (s. d.). Neben dem zweischneidigen wurde auch das einschneidige Hieb- und Stoßschwert, das lange Saxschwert und der Sax (Skramasax, ein Kurzschwert oder Kampfmesser) Lieblingswaffe der Sachsen; ersteres bis 1,5 m lang und[292] gegen 2,5 kg schwer, letzteres, 0,50,8 m lang, ward in ältern Zeiten neben der Spatha geführt und bei weiterer Verkürzung zum Messer und Dolch (s. d.), ersteres ein-, letzterer zwei- und mehr schneidig. Bogen und Pfeil erhielten sich bis ins Mittelalter, doch wurde der Bogen nie Kriegswaffe der Ritter, diese benutzten ihn nur zur Jagd; er war in Deutschland mehr Volkswaffe, in Franken und Bayern waren im 6. Jahrh. auch Giftpfeile im Gebrauch (s. Pfeilgift); in Frankreich war der Bogen beliebter, aber besondern Ruf hatten die englischen Bogenschützen. Anfang des 13. Jahrh. kam in Frankreich die Armbrust als Kriegswaffe in Aufnahme, etwas später in Deutschland und zwar zunächst bei den Städten in ihren Kämpfen gegen den Adel. Die erste Wandlung der alten W. beginnt etwa im 5. Jahrh. Das Fußvolk erschien mit Schild, Speer, Bogen und 12 Pfeilen, der Unfreie durfte den Speer nicht führen. Die Reiter mußten mit Schild, Lanze, Lang- und Kurzschwert, Bogen und Pfeilen versehen sein. An die Stelle der Framea trat der Speer, für das Kampfbeil und Franziska das Schwert und das Kurzschwert (Skramasax); die Bronze trat gegen das Eisen zurück und ist gegen Ende des 8. Jahrh. ganz verschwunden. Zu dieser Zeit trugen nur wohlhabende Ritter die Ringbrünne, die Krieger noch im 10. Jahrh. den Schuppenpanzer (lorica), ein Lederwams, dachziegelförmig mit Schuppen benäht, aber es war das gegitterte und geringelte Panzerhemd schon in Gebrauch gekommen (s. Rüstung), beide waren pfeilfest; auch bekettete kamen auf, und erst im 12. Jahrh. wurde das Ringhemd gebräuchlicher. Mitte des 13. Jahrh. traten Eisenplatten auf den Schultern, die Anfänge des Plattenharnisches, hinzu; an die Stelle des Glockenhelmes trat der Topfhelm (s. Helm, Fig. 11). Die nächste Wandlung in den W. vollzog sich nach den Kreuzzügen. Der Panzer wurde fester, und mit der Kunst des Eisentreibens traten in Deutschland um 1370 die Plattenharnische auf, die um 1500 ihre höchste Blüte erreichten. Die große Festigkeit der Schutzwaffen forderte wirksamere Trutzwaffen, es traten nun zum großen Schwerte der Streitkolben, Streithammer, Hellebarde, Lanze und die Armbrust (s. d.); aber gegen die Mitte des 14. Jahrh. traten auch schon die Feuerwaffen auf, die dann nach und nach alle Schutzwaffen von Mann und Pferd beseitigten, alle Fernwaffen (Bogen, Armbrust und die Kriegsmaschinen) verdrängten und die Nahwaffen auf Schwert, Säbel und Lanze beschränkten.
Von den Urzeiten an hat man die W. künstlerisch verziert, und für das spätere Mittelalter und in der Renaissancezeit bilden W eine reiche Fundgrube für das Studium des Kunstgewerbes (vgl. Degen und Schwert). Da die W. zu allen Zeiten als Ehrenschmuck des Kriegers wie jedes unbescholtenen Mannes galten, ihr Verlust daher als Schmach angesehen wurde, hat sich bei den alten Völkern, namentlich den Germanen, eine Symbolik der W. entwickelt, die tief in das Volksleben eingriff. Die Hasta (Speer) diente den Königen alter Zeit als Zepter, Zeichen der Herrschergewalt und der Gerichtsbarkeit (sub hasta), der Braut wurde bei der Vermählung mit der Hasta das Haar gescheitelt. Die Zusendung eines zerschnittenen Pfeiles galt bei den Schweden (noch im 8. Jahrh.) als Kriegserklärung und Einberufung der streitbaren Mannschaft (Heerpfeil), bei den Bayern das Hineinschießen eines Pfeiles in ein Gehöft als Fehdeerklärung. Vor allen W. ist das Schwert reich mit Symbolik umwoben, die auch durch die Kreuzform der Parierstange religiösen Charakter erhielt, daher bei der Eidesleistung das Schwert gleich dem Evangelium galt. Bei den alten Germanen war die Verleihung der W. ein feierlicher Akt, wodurch der heran gewachsene Knabe in die Reihe der wehrhaften Jünglinge aufgenommen ward. Hin und wieder war es auch Sitte, dem gefallenen Krieger die W. mit ins Grab zu geben oder sie mit ihm zu verbrennen, während anderwärts die W. der Väter auf die Söhne forterbten, um diese zur Nachahmung der väterlichen Tugenden anzuspornen. W. dienten auch oft zur Ausrichtung von Siegeszeichen (Trophäen, s. d.); bei den Römern wurden insbes. die W. feindlicher Feldherren in den Tempeln aufgehängt.
W. werden auch die verschiedenen Truppengattungen genannt (s. Truppen); danach sind Hauptwaffen. Infanterie, Kavallerie, Feldartillerie; Spezialwaffen: Fußartillerie, Pioniere, Train, Verkehrstruppen etc. Ordonnanzwaffen heißen die vom Staate zur Bewaffnung des Heeres eingeführten W.
Vgl. v. Peucker, Das deutsche Kriegswesen der Urzeiten (Berl. 186064, 3 Tle.); Specht, Geschichte der W. (das. 186976,2 Abtlgn.); Demmin, Die Kriegswaffen in ihrer historischen Entwickelung (1. Aufl., Leipz. 1893, und 2 Ergänzungsbände, 1893 u. 1896); Jähns, Handbuch zur Geschichte des Kriegswesens (mit Atlas, das. 187880) und Entwickelungsgeschichte der alten Trutzwaffen (Berl. 1899); Böheim, Handbuch der Waffenkunde (Leipz. 1890) und Meister der Waffenschmiedekunst vom 14. bis ins 18. Jahrhundert (Berl. 1897); die Handbücher der Waffenlehre von Wille (3. Aufl., das. 1905, 3 Bde.; Ergänzungsheft 1905), Berlin (2. Aufl., das. 1908), Weiß (das. 1907, 2 Tle.), Marschner (3. Aufl., Wien 190305, 2 Bde.), Korzen (Sammelwerk, das. 1904 ff.) u. a. und die Literatur bei den Artikeln »Handfeuerwaffen, Geschütz, Schwert, Schild«. Einige antike und mittelalterliche Schutz- und Trutzwaffen zeigen unsre Tafeln »Rüstungen und Waffen I-III« (Bd. 17). S. auch Waffengebrauch.
Ein internationaler Verein für historische Waffenkunde zur Förderung des Studiums der Waffengeschichte (Sitz in Dresden) wurde 1895 gegründet. Organ des Vereins ist die vierteljährlich erscheinende »Zeitschrift für historische Waffenkunde« (hrsg. von Böheim, Dresd. 1897 ff.).
Buchempfehlung
Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.
62 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro