1. Es wird nichts so leicht vergessen, als eine Schuld.
Schwed.: Glöm dir aer guldin (accommodamento) öre. (Reuterdahl, 444.)
[1545] 2. Es wirt nicht eh vergessen, dann bewisner gnad vnnd wolthat. – Franck, II, 118a.
3. Ich will dir's vergessen, sagte der Schwabe, aber Jokeli, denk' du daran. – Hoefer, 970.
Ein schottischer Häuptling, dem Tode nahe, wurde vom Priester mit Trost berathen, der ihm vorstellte, wie unchristlich die Rachsucht sei, die so tief in ihm sitze. »Verzeiht euren Feinden« setzte er hinzu, »denn Gott spricht: Mein ist die Rache, ich will vergelten.« »Ach, das ist ein süsser Bissen für den Sterbenden«, sagte der Kranke mit einem tiefen Seufzer, »ja, ich verzeihe meinen Feinden.« Dann wandte er sich zu seinem anwesenden Sohne: »Hol' dich der Teufel, Donald, wenn du ihm vergibst.« Darauf starb er. (Witzfunken, IV, 226.)
4. Ich will's vergessen, aber, Jakob, denk' du daran. – Braun, I, 4732.
»Ick will 't vergöäten, awer Jakob, denk du dran.« (Schlingmann, 1387.)
5. Jeder nur zu leicht vergisst, dass er allein nicht jeder ist. – Steiger, 458; Simrock, 5219; Körte, 3154.
6. Jez ha-n i bigosslig vergässe, z' Mittag z' lüte, het de Sigerist g'seit, wünn 's au niemer g'hirt hät. – Sutermeister, 39.
7. Keiner vergisst sich selbst.
Lat.: Suam quisque rem meminit. (Seybold, 583.)
8. Man kann wol vergessen, wie alt, aber Runzeln und Tod kommen gar zu bald.
Dän.: Glemmer han som tæller, saa glemmer ikke han som rynker. (Prov. dan., 242.)
9. Man vergisst bald, was man nicht gern thut.
10. Man vergisst nichts schneller als Wohlthaten, und merkt nichts länger als Beleidigungen und Uebelthaten.
Dän.: Intet glemmes snarere end vel gjort, intet huskes længere end ilde gjort. (Prov. dan., 242.)
11. Man vergisst nichts so bald als Wohlthaten. – Simrock, 11763.
Frz.: Morceau avalé n'a plus de goût. (Gaal, 1734.)
Lat.: Intercidit gratia beneficii. – Nemo accepta beneficia calendario inscribit. (Gaal, 1734.)
12. Man vergisst viel Leid in vierundzwanzig Stunden.
Lat.: Dies adiniet aegritudinem. (Terenz.)
13. Niemand vergisst, wo was zu holen ist.
14. Vergessen ist das beste Recept gegen Verlust.
Lat.: Perisse quod vides, id ducas perditum. (Binder II, 2557; Lehmann, 793, 16.)
15. Vergessen ist die beste Arznei wider Gewalt und Unrecht.
Lat.: Injuriarum remedium est oblivio. (Philippi, I, 199.)
16. Vergessen ist ein gut Pflaster auf erlidenen Schaden vnd Vnruh. – Petri, II, 566.
Dän.: Forglemmelse er lægedom for uret. (Prov. dan., 178.)
17. Vergessen ist für schaden gut. – Franck, I, 144b; Lehmann, II, 788, 42; Simrock, 10849; Braun, I, 4731; Körte, 6237.
Lat.: Dimidium omittendarum est oblivio rerum. (Binder II, 794; Seybold, 297.)
18. Vergete is de Smart un lüstig is min Hart. – Eichwald, 1750.
19. Vergiss des Uebels, so bist du genesen. – Simrock, 10850.
20. Vergiss nicht alte Bräuche, sondern alte Misbräuche. – Steiger, 405.
21. Was man nicht vergessen will, daran muss man oft gedenken.
Lat.: Saepe recordari medicamine fortius omni. (Philippi, II, 162.)
22. Was man vergessen, kann man nicht essen, sagte der Kapitän, als er ohne Brot (Butter) in See fuhr.
Holl.: Dat is vergeten, zei Kapitein Schrijver, en hij voer zonder boter in zee. (Harrebomée, I, 381b.)
23. Wenn das Vergessen nicht wär', so lebten tausend Unglückliche nicht mehr.
It.: L' oblio è il rimedio dell' ingiurie. (Pazzaglia, 176, 1.)
24. Wer vergisst zuzuschliessen, der hat vergessen, dass man stehlen kann.
Dän.: Han glemmer tit der lukke skal, han glemmer ei der stiele vil. (Prov. dan., 242.)
25. Wohl dem, der vergisst, was doch nicht zu ändern ist.
[1546] 26. Zu vergessen, ist wohl gethan, was man nicht erlangen kann.
Dän.: Best at glemme det man ei kand faae. (Prov. dan., 242.)
*27. Er hat mehr vergessen, dann jhener kann. – Franck, II, 60a; Braun, I, 4736.
*28. Er hat schon mehr vergessen, als wir alle wissen. – Mayer, II, 112.
*29. Er hat sich vergessen. – Frischbier2, 3897.
Unschicklich aufgeführt.
*30. Er hat vergessen, dass er geheirathet hat, und geht wieder aufs Heu schlafen.
Böhm.: Zapomnĕl, że se oženil, i lezl zase spat na seno. (Čelakovsky, 502.)
*31. Er vergisset den Löffel im Munde. – Mathesy, 204b.
*32. Er vergisst den i-Punkt nicht.
Er ist selbst in Kleinigkeiten pünktlich.
Frz.: Il met les points sur les i.
*33. Er vergisst, wie er heisst.
Böhm.: Zapomnĕl na to jako na smrt'. (Čelakovsky, 519.)
Dän.: Al glemme hvad man heder. (Prov. dan., 242.)
*34. Er wird noch vergessen, ob er einen Kopf hat.
*35. Es ist vergessen und in Wind geschlagen. – Eiselein, 617.
Lat.: Irrita dii superi ventis haec omnia tradant. (Eiselein, 617.)
*36. He vergitt noch Büxen un Wamms. (Holst.) – Schütze, IV, 302.
Alles, sogar das Naheliegende und Nöthigste.
*37. Ich hoas zu Stê-Tude1 vergossen. – Gomolcke, 518.
1) Ich habe die Redensart weder je gehört, noch den Ausdruck irgend in einem alten schlesischen Schriftsteller gefunden, glaubte ihn aber doch nach Gomolcke hier mit aufführen zu müssen. In der Pfeiffer'schen Sammlung schlesischer Sprichwörter (Frommann, III) findet sich die Redensart nicht.
*38. Was vergesse; i hätt bald g'seit g'schisse, oder verblinke: i hätt bald was g'seit. (Ulm.)
39. Hä hät miehr vergöäten, ass wi weiten. – Schlingmann, 1396.
40. Sie haben sich selbst vergessen, sagte der Student, als ihn der Professor den grössten Esel nannte.
41. Vergessen Sie nicht, dass ich Ihnen Geld schuldig bin, sagte der Schuldner zu seinem Gläubiger, als dieser ihn an die Zahlung erinnert und dadurch seine Eitelkeit verletzt hatte.
42. Vergessen und Vergeben macht freundlicher das Leben.
43. Wenn einer etwas vergessen hat, so kommt er bald einmal wieder. (Köthen.)
In dem Sinne, dass, wenn ein abgereister Gast einen Gegenstand zurückgelassen hat, dies seine baldige Wiederkehr bedeutet.
*44. Es ist in vergess gestellt. – Der Nassauische Lorbeerkrantz oder Triumphwagen, Leyden 1612.
In dem Sinne: es ist Gras darüber gewachsen.
Buchempfehlung
Die neunzehnjährige Else erfährt in den Ferien auf dem Rückweg vom Tennisplatz vom Konkurs ihres Vaters und wird von ihrer Mutter gebeten, eine große Summe Geld von einem Geschäftsfreund des Vaters zu leihen. Dieser verlangt als Gegenleistung Ungeheuerliches. Else treibt in einem inneren Monolog einer Verzweiflungstat entgegen.
54 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro