[129] Asien, einer der fünf Erdtheile, welcher nebst Europa und Afrika die alte Welt bildete, ist im N. durch das Eismeer, im O. durch den großen Ocean, im S. durch das indische Meer und im W. durch das rothe Meer, die Erdenge von Suez, die es mit Afrika verbindet, durch das Mittelmeer, das Marmormeer, die Straße von Konstantinopel und das schwarze Meer begrenzt. Die Landgrenze zwischen Europa und A. bildet das Uralgebirge, der Uralfluß, der kaspische See, der Terek und Kuban. Der Flächengehalt A.'s wird zu 700,000–900,000 ! M. angenommen, je nachdem man die Grenze zwischen A. und Europa bestimmt. Es gehören dazu die Lakediven, die Malediven, Ceylon, die Andamanen und die nicobarischen Inseln im indischen Meere; die großen Sundainseln: Sumatra, Java, Borneo und Celebes, die kleinen Sundainseln: Bali, Sumbava, Flores u.s.w. und die Molukken zwischen dem indischen Meere und dem großen Ocean; die Philippinen, die chines. und japan. Inseln, die Kurilen und Aleuten im großen Ocean, und Neu-Sibirien, Nowaja Semlja und Spitzbergen im Eismeere; außerdem mehre Inseln an den Küsten Kleinasiens im Mittelmeere. Unter allen Erdtheilen hat A. die vollkommenste und natürlichste Bildung. In der Mitte desselben erhebt sich ein hoher Gebirgskranz, welcher einen gegen 400 Meilen langen und 100 Meilen breiten Kessel, die 6000–8000 F. hohe und rauhe Wüste Gobi, auch Schamo, d.h. Sandkörner, und Chanhai, d.h. Sandmeer genannt, einschließt. Den Westrand dieses Gebirgskranzes bildet das Belurgebirge und der Hindu-Kusch, welcher eine Höhe von 20,000 F. erreicht; den Südwestrand das Himalayagebirge, zu welchem der etwa 23,000 F. hohe Kedarnath und der 26,340 F. hohe Dhawalagiri oder weiße Berg, der höchste bekannte Berg unsrer Erde, gehört; den Südostrand das Kulkun-, den Nordostrand das Amur- und den Nordwestrand das Altaigebirge. In Nordasien erheben sich die Uralgebirge, welche die Westgrenze der sibir. Niederung bilden; das Jablonoi- und Stanowoigebirge im O. der sibir. Steppen, und die Gebirge von Kamtschatka mit vielen noch zum Theil thätigen Vulkanen, unter denen der Kiutschi eine Höhe von 18,800 F. hat. In Vorderindien erhebt sich an der Küste von Malabar das Gatesgebirge, welches eine Höhe von 13,000 F. erreicht, und das Vindhyagebirge. Das Hochland Iran, welches östl. von Tigris beginnt und sich bis zum Indus gegen 300 Meilen weit erstreckt, wird im O. von dem indopers. Gebirge, das mit dem Hindu-Kusch zusammenhängt und zu welchem die Salomonskette mit dem 12,800 F. hohen Salomonsthron gehört, im N. von dem Elbursgebirge und im SW. von dem Zagrosgebirge umgeben. Zum armen. Gebirge gehört der Ararat, ferner ein Gebirgszug, der von den Quellen des Araxes und Euphrat bis zum Kaukasus läuft, der Antitaurus und der Taurus. Der Libanon zieht sich mit seinem zackenlosen, bis 9000 F. hohen Rücken längs der syr. Küste von Tripoli bis Tyrus. Der Sinai und Horeb, beide el Tor, d.h. Berge aller Berge genannt, erheben sich auf der Halbinsel zwischen der Meerenge von Suez und Akaba.
Unter den Wüsten A.'s ist die obenangeführte Gobi die größte; in der Mitte derselben befindet sich der Lopsee, der den Fluß Jarkand aufnimmt; zahlreiche Steppenflüsse verlieren sich in ihrem Sande. Die Wüste Sind zwischen Multan, Delhi und dem Meerbusen von Kutsch ist etwa 110 Meilen lang und 80 breit. Die Wüste Kerman in der zum Theil sandigen und holzigen Hochebene von Iran erstreckt sich von N. nach S. gegen 50 und von O. nach W. 60 Meilen; in ihr ist der Zarehsee, welcher den Hirmend aufnimmt. Die tatar. Wüste in der großen Bucharei erstreckt sich von Khorasan's Bergen nördl. bis zum untern [129] Jaxartes. Die syr.-arab. Wüste ist östl. vom Euphrat begrenzt und zieht sich südl. weit nach Arabien hinein.
A.'s Hauptströme sind: der Euphrat und der Tigris, die sich beide vereint in den pers. Meerbusen ergießen und im armen. Gebirge ihre Quellen haben; der Indus oder Sind, der zwischen dem Himalaya und Mustag entspringt und auf der Westküste Vorderindiens mündet; der den Indiern heilige Ganges, welcher auf dem Himalaya entspringt und in den bengal. Meerbusen fließt. Der Euphrat, Indus und Ganges treten jährlich über ihre Ufer und befruchten dadurch die Umgegend. In den großen Ocean ergießen sich auf der Ostseite Hinterindiens der Siam und Mai-Kiang; aus China der Yantsekiang oder blaue Strom nach einem Laufe von 650 Meilen, und der Hoangho oder gelbe Strom nach einem Laufe von 570 Meilen; aus der Mandschurei der Amur und aus Sibirien der Anadyr. Dem Eismeere fließen die Lena, der Jenisei und der Ob zu. In das schwarze Meer ergießt sich der Kuban und in das Mittelmeer münden mehre kleinere Flüsse, wie der Sarabat, Mindar, Karasu und andere. Der größte Binnensee A.'s ist das kaspische Meer, welches 6000 ! M. einnimmt, schwach gesalzen ist und keine Ebbe und Flut hat; in ihn ergießt sich der Ural, die Wolga, der Terek und Kur. Der Aralsee ist 1100 ! M. groß und nimmt den Gihon und Sihon auf; außer den genannten sind der Balkaschsee, der Urmia- und Wansee, das todte Meer, welches den Jordan aufnimmt, der Zareh- und Lopsee, der Tengrisee in Groß-Tibet und der Koko-Nor oder blaue See in China die bedeutendsten Binnenseen.
So bietet A. den mannichfaltigsten Wechsel hoher Berge und Bergebenen, sowie ausgedehnter und bedeutender Vertiefungen der Oberfläche dar; der Süd-und Ostrand hat, wo die Bewässerung nicht fehlt, den fruchtbarsten Boden, aber ungeheure Wüsteneien breiten sich im Hoch- und Tieflande aus; die Steppen Hochasiens, Persiens, der Tatarei, Arabiens und Syriens sind nur spärlich von Nomaden bevölkert und in den endlosen Morastflächen Sibiriens, wo weite Strecken stets von Eis erstarrt sind, leben ärmliche Fischervölker. Das Klima ist in A. sehr verschieden; im Allgemeinen aber, mit Ausnahme von Südasien, rauher als das europ. in gleichen Breitengraden. Überhaupt lassen sich die klimatischen Verhältnisse in fünf Regionen eintheilen. Die mittlere, welche alle Länder des chines. Reichs umfaßt, ist bei langem Winter großer Kälte ausgesetzt, während im Sommer, namentlich in den Sandwüsten, eine unerträgliche Hitze herrscht. Die südl. Region, Indien und die Länder jenseit des Ganges, durch die Berge Tibets und Yun-nan vor den kalten Nordwinden geschützt und von mehren großen Flüssen bewässert, hat eigentlich nur zwei Jahreszeiten, die trockne und die nasse oder die Regenzeit, wo dann die Flüsse aus ihren Ufern treten, und ist die fruchtbarste unter allen. Die nördl. Region umfaßt das ganze asiat. Rußland im N. der Centralhochebene, ist im Allgemeinen, mit Ausnahme einiger wenigen Landstriche, die, durch örtliche Umstände begünstigt, eines minder strengen Klimas genießen, nur selten von der Eisdecke frei, welche fortwährend Flüsse und Boden bedeckt. Die Ostregion umfaßt die Mongolei und Mandschurei, welche durch ihre nordöstl. Lage, durch die ansehnliche Erhebung des Bodens und die Nachbarschaft mit Nordasien in einer gemäßigten Zone vielleicht die kältesten Landstriche der Erde enthalten, sowie das eigentliche China, dessen Klima wenig veränderlich, aber beiweitem kälter ist. als das in andern Ländern unter gleichen Graden. Die westl. Region, welche durch das kaspische, schwarze und mittelländ. Meer, den pers. Meerbusen und das rothe Meer begrenzt wird, ist durchgängig heiß.
Auch in Hinsicht seiner Producte ist A. sehr mannichfaltig. Das Mineralreich liefert: Diamanten in Indien und andere Edelsteine im birman. Reiche, auf Ceylon, im asiat. Rußland, in China, Persien u.s.w., Gold, Silber, Platina, Zinn, Kupfer, Eisen, Blei, Steinkohlen im chines. Reiche und Salz, vorzüglich Steppen- und Boisalz; das Pflanzenreich: vorzügliche Gewürze, am meisten in Indien und auf den Inseln, als Muscatnüsse, Kardamomen, Zimmt, Gewürznelken, Pfeffer, Betelpfeffer, Ingwer, köstliche Balsame, verschiedene Gummi- und edle Holzarten, Sago, Reis, Kaffee, Thee vorzüglich in China, Zucker, Indigo, Baumwolle, Opium, Aloe, Rhabarber, Kampher, Mastix und alle Arten Südfrüchte. Sibirien hat die ärmlichste, Indien die üppigste und mannichfaltigste Pflanzenwelt; dort findet sich nur die Fichte, die Birke und wenig anderes Gesträuch, hier die Cocos-, Dattel-, Sago-, Areka- und andere Palmen, der Pisang, der Mangobaum, der Banianenbaum, der vielgebrauchte Bambus und eine Menge der schönsten Gesträuche und Blumen. Vorzüglich reich ist A. in seinem Thierreiche; die ungeheuern Wälder Nordasiens nähren zahlreiches Pelzwild, als Zobel, Schwarzfüchse, Fischottern, Hermeline, Bären u.s.w.; Tibet hat eine Gattung Schafe mit ganz vorzüglicher Wolle; auch lebt dort der Büffel mit einem seidenartigen Schweife und eine Ziegenart, aus deren Wolle Kaschmirs Bewohner die feinsten Shawls weben; in Hochtibet und an der Wüste Gobi findet man die europ. Hausthiere im wilden Zustande: das Pferd, klein, mit dickem Kopfe, feurigem Auge und kurzer Mähne, den Esel, das Dschiggetai oder den Maulesel, feingebaut und mit hirschartigem Halse, und den Hund; Persien erfreut sich der flüchtigen Gazelle; ausgezeichnet schöne Pferde und das Kameel, das Schiff der Wüste genannt, sind vorzüglich in Arabien heimisch; Indien nährt den Elefanten und das Krokodil und Sibirien und Kamtschatka das Rennthier und eigenthümliche Hundearten. Auch der Löwe, Tiger, Panther, die Hyäne, der Schakal, Argali, Steinbock, Orangutang und zahlreiche Affenarten, die Brillenschlange und eine Menge anderer Schlangen und Schildkröten, ferner Strauße, Papageien, viele andere Vogelarten und zahllose Insekten leben in diesem Erdtheile.
Die Anzahl der Einwohner beträgt ungefähr 488 Mill., sodaß auf eine Quadratmeile etwa 610 Menschen kommen. Die Bewohner, in zahlreiche Stämme getheilt, gehören drei verschiedenen Racen an; zur kaukasischen Race gehören die westlichern Völker diesseit des Ob, des kaspischen Meeres und des Ganges oder der eigentlich kaukasische Stamm: die Georgier, Mingrelier, Lesgier und Tscherkassen; der indischpers. Stamm: die Hindus, Afghanen, Kurden, Perser, Beludschen, Osseten, Armenier; und der arab. Stamm, zu welchem außer den Arabern, Türken, Turkomannen und Usbeken die Nogaier, Kirgisen, Baschkiren und verschiedene andere tatar Völkerschaften gerechnet werden. Zur mongol. Race gehört der Stamm der eigentlichen Mongolen, der Kalmücken und Buräten, der Stamm der Chinesen, Tibetaner und Hinterindier, der Stamm der Japanesen und Koreaner und verschiedene [130] sibir. Stämme, die Samojeden, Jakuten, Kamtschadalen und Aleuten. Die malaiische Race zählt ebenfalls mehre Stämme auf Formosa, Malakka und den benachbarten Inseln. Juden und Armenier leben zerstreut in den verschiedenen Theilen A.'s; von den Europäern sind am zahlreichsten Griechen und Russen angesiedelt, dann Engländer in Ostindien; auch gibt es verschiedene franz., portug., dän. und holländ. Niederlassungen. Wie die Stämme, so sind auch die Sprachen zahlreich und sehr verschieden und man zählt über 180 verschiedene Mundarten, welche noch jetzt in A. gesprochen werden; weitausgebreitet ist besonders die arab. Sprache.
A. gilt für den ersten Sitz des Menschengeschlechts; aus dem Schoße Mittelasiens, von Tibets glücklichen Höhen oder von Kaschmirs herrlichen Thälern aus hat sich dasselbe über die ganze Erde verbreitet; A. ist das Land der ältesten Gesittung; am frühsten finden wir da die Völker in Staaten geordnet und auf dem Wege der Bildung; vor Jahrtausenden schon hatten die Hindus, Perser, Chinesen und Babylonier Religionssysteme aufgestellt, Wissenschaften begründet und wichtige Entdeckungen gemacht; allein als A. gleichsam den ersten Anstoß zur Fortentwickelung des Menschengeschlechts gegeben, erstarrte sein Leben und der Kreis seiner Kenntnisse wurde abgeschlossen, sodaß es jetzt weit hinter Europa zurücksteht. Die verbreitetsten asiat. Religionen sind: die buddhistische, zu welcher sich die Bewohner Hinterindiens, Tibets, der Mongolei, der Mandschurei, Chinas, Japans u.s.w. bekennen; die braminische, welche unter den Hindus herrscht, und die mohammedan., die in Kleinasien, Arabien, Syrien, Persien u.s.w. die zahlreichsten Anhänger hat. Schon seit der frühesten Zeit bekennen sich mehre Stämme, wie die Armenier, zur christlichen Religion. In Nordasien ist der Schamanen- und Lamadienst verbreitet. Die Bewohner sind theils Nomaden und Fischervölker, wie in Nordasien und den Hoch- und Steppenländern, theils Landbauer, wie in den fruchtbaren Gebieten Kleinasiens, Indiens und Chinas. Manche Zweige der Industrie, wie Weberei, Stickerei, Färberei, Verfertigung von Metall-, Holz- und Lederwaaren werden in den Städten der Chinesen, Japaner, Indier, Perser und Türken betrieben, und in der Baukunst stehen die genannten Völker den Europäern nicht nach. Starker Handel, vorzüglich mit den Landeserzeugnissen, findet in allen Theilen A.'s statt; allein der Seehandel ist größtentheils in den Händen der Europäer und der Land- und Binnenhandel kann nur durch Karawanen betrieben werden.
Die Form der asiat. Regierungen ist seit Jahrtausenden die despotische, nur unter den herumwandernden Hirtenvölkern besteht die patriarchalische Verfassung; unter einigen Stämmen herrscht strenge Aristokratie; unter den meisten aber behaupten die Priester großes Ansehn und Macht.
A. zerfällt in folgende Staaten und für sich bestehende Gebiete: das chines. Reich, zu welchem China, die Mandschurei, Mongolei, Turfan, Tibet, Lahdak, Butan und Korea gehören; das Reich Siam; Sind; Sindia und Turkestan, zu welchem Bokhara, Kokan, Khiwa, Balk und Turkomanien gehören; Persien; Afghanistan; Anam; Arabien; Beludschistan; Birma; Lahore oder die Länder der Sickhs, zu dem auch Kaschmir gehört; Laos oder Shan; Nepal und Malakka; die Besitzungen der Briten: Bengalen, Madras, Bombai, Assam, das Land der Garrows u.s.w.; die asiat. Türkei; das asiat. Rußland; die Gebiete der Holländer auf Java, Sumatra, den Molukken u.s.w. und die kleinern Besitzungen der Franzosen, Spanier, Portugiesen und Dänen, zum Theil auf dem Festlande, zum Theil auf den Inseln. Außer diesen Reichen und Gebieten gibt es noch mehre freie, durch eigne Fürsten beherrschte asiat. Inseln, wie z.B. Japan.
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