[379] Baskische Sprache u. Literatur. I. Die Sprache der Basken trägt ein ganz eigenthümliches Gepräge u. ist von allen übrigen europäischen Sprachen radical verschieden u. zeigt in ihrem Organismus einige Ähnlichkeit nur mit den Indianersprachen Amerikas. Von den Basken selbst wird sie Euskara, Eskuara od. Esguera genannt, Sie ist der letzte Rest der alten Iberischen Sprache, wie sie von den verschiedenen Völkerschaften der Urbewohner der Pyrenäischen Halbinsel u. Aquitaniens in mehreren Dialekten gesprochen ward. Vgl. W. v. Humboldt, Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens (Berl. 1821) u. Dessen Gesammelte Werke (ebd. 1841), 1. Bd. Von dieser Altiberischen Sprache sind außer einzelnen Wörtern nur Orts- u. Personennamen, sowie manche Münzlegenden auf uns gekommen. Das neuere Baskisch wurde ehemals im ganzen Umfange des Baskenlandes gesprochen, hat aber allmählig den größeren Theil ihres Gebietes an das Spanische u. Französische verloren u. ist ziemlich zu einer bloßen Volksmundart herabgesunken, da alle Gebildeten auch das Spanische u. Französische sprechen. Man unterscheidet vier Hauptmundarten, die von Biscaya (Autrigonisch, nach den Autrigonen, den alten Bewohnern dieser Provinz), von Guipuzcoa (dem Vardulischen, nach den alten Vardulern) u. die von Ober-Navarra u. Alava, od. die Vasconische (nach den alten Vasconen) in Spanien, u. die Franz Französisch-baskische Mundart, mit den Nüancen von Nieder-Navarra, Soule (Soulitanisch) u. Labourd (Labourdanisch). Die B. S. wird mit latein. Buchstaben geschrieben, von denen ihr nur das v fehlt, wogegen sie das spanische ñ hat. Die Aussprache ist im Ganzen die spanische, doch mit einigen Abweichungen nach den Dialekten. Das Nomen hat kein Genus, aber einen Singular u. Plural, u. Casus, deren Zahl verschieden angenommen wird. Der Nominativ ist doppelt, im passiven od. neutralen Satze ohne Endung, wenn aber das Subject handelnd dargestellt wird, mit der Endung c. Der Genitiv hat verschiedene Endung, je nachdem das Wort eine Person od. eine Sache anzeigt, z.B.: guizon, guizonac Mensch, Genitiv guizonaren; etchea, etcheac Haus, Genitiv etcheco. Jeder Genitiv kann durch Anhängung eines a, aa wieder zum Nominativ werden: guizonarena nach der des Menschen. Man nennt dies ein Nomen des 2. Grades, von dessen Genitiv dann wieder ein Nomen des 3. Grades u.s.f. gebildet werden kann.[379] Der Dativ hat die Endung i, der Accusativ ist ohne Bezeichnung. Außerdem gibt es aber noch eine große Menge Endungen am Nomen, welche verschiedene Verhältnisse anzeigen u. welche man auch als Casus auffassen kann, z.B.: guizonaganic, guizonario vor dem Menschen, guizonagana zu dem Menschen, guizonaz durch den Menschen etc. Die Zahlwörter sind 1 bat, 2 bi, 3 hirur, 4 laur, 5 bortz, 6 sei, 7 zazpi, 8 zorci, 9 bederetei, 10 hamar. 20 hogoi; die höheren Zahlen steigen nicht nach Zehnern, sondern nach Zwanzigern, z.B.: 30 hogoi eta hamar (20 u. 10), 40 berrogoi (zweizwanzig), 60 hirur hogoi (dreizwanzig) u. s. s. Die Pronomina sind ni, nic ich, hi, hic du, zu, zuc sie, gu, guc wir, zuic, zuec ihr, hau dieser, hura jener. Die Conjugation ist der schwierigste u. eigenthümlichste Theil der baskischen Grammatik. Es gibt, genau genommen, nur 1 Conjugation, welche entweder regulär od. irregulär ist. Die reguläre wird durch Zusammensetzung mit dem Hülfszeitwort niz ich bin, dut ich habe (mir ist) gebildet. Die irreguläre ist einfach u. flectirt das Wort selbst. Die Conjugation entwickelt einen großen Formenreichthum, indem sie nicht nur 3 Personen u. 2 Numeri, ein Präsens, Präteritum u. Futurum, einen dreifachen Conditionalis u. Imperativ u. doppelten Optativ hat, sondern auch noch, je nachdem sich die Handlung auf eine der 3 Personen beider Numeri als Object bezieht, besondere Formen annimmt, ja auch Beziehung auf die angeredete Person anzeigt, z.B. niz ich bin, nuzu ich bin (wenn man mit einer Respectsperson spricht, die man mit Sie anredet), nuk ich bin (zu einem Mann gesprochen), nun ich bin (zu einer Frau gesprochen), nitzaizu ich bin Ihnen, nitzaik ich bin Dein (einem Mann), nitzaiñ ich bin Dein (einer Frau), nitzaizie ich bin euer, nitzaio ich bin ihm, nitzozu ich bin ihm (wenn man Jemand mit Sie anredet) etc. Eben so vielfältig wird hiz du bist, da er ist etc. verändert. Bei dem Verbum lut, ich habe, kommt noch eine zweite Beziehung auf ein entfernteres Object hinzu, z.B. dutut, ich habe sie, aber deitzat ich habe sie Dir, deitzot ich habe sie ihm etc. Jede dieser Beziehungen als besondere Conjugation genommen, gibt 206 Conjugationen. Jede Verbalform kann durch Anhängung eines n in ein Participium verwandelt werden, z.B.: maitetuten dogu wir lieben ihn, maitetuten dogun wir ihn liebende. Außer dem Activum besitzt die B. S. auch ein Passivum u. Causativum, sowie sie auch sehr reich an Ableitungsformen für das Nomen ist. In der Construction herrscht die größte Freiheit, da Alles durch Formen genau bestimmt ist. Der Anfang des Vater Unsers lautet: Aita gurea ceruetan zaudena, santificatua izan bedi zure icena, d.h. Vater unser Himmeln in du seiend, geheiligt seiend sei dein Name. Grammatiken von Larramendi, El impossibile vincido, Salam. 1729, n.A. von P. Zuazna, San Sebast. 1853; Harriet, Bayonne 1741; Lécluse, Toulouse 1826; d'Abbadie u. Chaho, Etudes grammaticales de la langue Euskarienne, Par. 1836; Blanc, Lyon 1854; Wörterbücher von Larramendi, San Seb. 1745, 2 Bde., n. Ausg von P. Zuazna, ebd. 1853; von Chaho, Par. 1856 ff., u. Saraberry, Vocabulaire de mots Basque Bas-Navarrais, Bay. 1856.
Von einer Literatur der Basken kann nur in beschränktem Sinne die Rede sein. Die wenigen Schriftsteller, die das Volk hervorbringt, bedienen sich meist der spanischen u. französischen Sprache. Die alten Urkunden in baskischer Sprache, die man angeblich zu Barcelona aufbewahrte, sind in den letzten Bürgerkriegen bei der Zerstörung der Klöster zu Grunde gegangen. Der reiche Liederschatz im Volke hat bis jetzt kaum Beachtung gefunden; hoch hinauf reichen von den wenigen bekannten ein Gesang auf den Cantabrischen Krieg unter Augustus, ein anderer auf die Schlacht Karls d. Gr. bei Roncesvalles. Eine Anzahl von Dantzas od. Liedern, womit noch jetzt die Basken ihre Tänze begleiten, hat Iztueta herausgegeben (Euscaldun anciñaco ta ara ledabicico etorquien, San Sebast. 1826; die Melodien vorher einzeln, in Guipuzcoaco dantza gogoangarrien condaira, 1. Bd. 1824); eine größere Sammlung hat Chaho versprochen. Sprüchwörter hat gesammelt Arn. Oihenart, Par. 1657, n.A. 1847. In neuester Zeit hat man in der Soule eine Anzahl von dramatischen Compositionen (Pastorales), sowie von satyrischen Dramen (Asto lastercae) u. Masqueraden (Cinsarrot) vorgefunden. Die Pastorale entnehmen ihre Stoffe theils der Bibel (Moses, Abraham, Nabuchodonosor), theils der Legende (St. Ludwig, Peter, Jakob, Rochus, Alexis, drei Märtyrer, Sta. Agnes Catharine, Helene, Engrace, Margarethe, Genoveva), theils der Mythologie (Bacchus) u. Geschichte der Alten (Astyages, Alexander d. Gr.), theils den altfranzösischen Chansons de Geste (Clovis, Deux pairs de France, Charlemagne, Les fils d'Ay mon, Godefroi, Thibaut, Richard de Normandie) u. anderen romantischen u. historischen Stoffen (Mustapha, grand sultan; Jean Caillabit; La Princesse de Hamatie; Jean de Paris; Jean de Calais; Napoleon I.). Die Verfasser dieser Stücke sind unbekannt; im Arondissement von Mauléon in der Soule werden deren noch gegenwärtig aufgeführt. Was sonst in B-r S. gedruckt ist, besteht meist in Religionsbüchern, namentlich Katechismen u. Erbauungsbüchern, größtentheils Übersetzungen, doch auch einiges Eigenthümliche, wie das Gueroco guero von Axular. Eine Übersetzung der Bibel ward schon durch Jean d'Albret veranlaßt (Larochelle 1571). Die Geschichtschreiber bedienten sich meist der französischen u. spanischen Sprache, wie Béla, Sanadon (Essai sur la noblesse des Basques, Par. 1785) u. Zamacola (Hist. de las naciones bascas, Auch 1818, 3 Bde.); Chaho (Hist. primitive des Euskariens-Basques, Par. 1855); nur Iztueta schrieb eine Geschichte von Guipuzcoa in B-r S. (San Sebast. 1847). Seit Anfang 1853 erscheint in Bilbao Yrurac-Bat, ein Wochenblatt in B-r S. Vgl. Zabala, Noticia de las obras vascongadas que han salido a luz despues de las que cuenta el P. Larramendi, San Sebast. 1856; F. Michel, im L'Athen. français (1854 u. 1855). Von patriotischen Basken liegen mehrfache, wenn auch sehr unkritische Versuche vor, ihre Sprache grammatikalisch u. lexikalisch zu behandeln. Dahin gehören für die baskischen Dialekte Spaniens die Grammatik u. das Lateinisch-spanischbaskische Wörterbuch des Jesuiten Larramendi (s. oben I.), die Apologia del Bascuense von Astarloa, Madr. 1303, das Alfabeto de la lengua primitiva, ebd, 1306, u. El mondo primitivo von [380] Erro ebd. 1815; für das Baskische in Frankreich außer den Grammatiken von Harriet u. Lecluse, bes. die Arbeiten von Chaho (s. oben I.), der u.a. ein umfassendes Wörterbuch begonnen hat. Prinz Louis Lucian Bonaparte beschäftigt sich mit zwei wichtigen Werken über die Geschichte u. Sprache der Basken.
Brockhaus-1809: Die Literatur · Die Sprache
Brockhaus-1837: Griechische Sprache und Literatur · Hebräische Sprache und Literatur · Römische Sprache und Literatur · Spanische Sprache, Literatur und Kunst · Niederländische Kunst, Literatur, Sprache und Wissenschaft · Schwedische Literatur, Wissenschaft und Kunst · Literatur · Englische Literatur · Deutsche Kunst, Literatur und Wissenschaft · Italienische Kunst, Literatur und Wissenschaft · Französische Kunst, Literatur und Wissenschaft · Sprache
Brockhaus-1911: Chinesische Sprache, Schrift und Literatur · Dänische Sprache und Literatur · Niederländische Sprache und Literatur · Norwegische Sprache und Literatur · Böhmische Sprache und Literatur · Isländische Sprache und Literatur · Irische Sprache und Literatur · Holländische Sprache und Literatur · Flämische Sprache und Literatur · Estnische Sprache und Literatur · Finnische Sprache und Literatur · Persische Sprache und Literatur · Syrische Sprache und Literatur · Tibetische Sprache und Literatur · Rumänische Sprache und Literatur · Schwedische Sprache und Literatur. · Spanische Sprache und Literatur · Angelsächsische Sprache und Literatur · Altnordische Sprache und Literatur · Portugiesische Sprache und Literatur · Türkische Sprache und Literatur · Provenzalische Sprache und Literatur · Hebräische Literatur · Indische Literatur · Illyrische Literatur · Italienische Literatur · Nordamerikanische Literatur · Niederdeutsche Literatur · Osmanische Literatur · Polnische Literatur · Neugriechische Literatur · Kleinrussische Literatur · Jüdische Literatur · Literatur · Kroatische Literatur · Griechische Literatur · Deutsche Literatur · Armenischer Literatur · Englische Literatur · Chinesische Literatur · Dalmatinische Literatur · Brasilianische Literatur · Französische Literatur · Arabische Literatur · Amerikanische Literatur · Altpreußische Sprache · Altslawische Sprache · Cornische Sprache · Altbaktrische Sprache
Herder-1854: Schwedische Sprache u. Literatur · Serbische Sprache und Literatur · Provenzalische Sprache und Literatur · Russische Sprache und Literatur · Syrische Sprache, Schrift, Literatur · Ungarische Sprache und Literatur · Vlämische Sprache u. Literatur · Tibetanische Sprache und Literatur · Türkische Sprache und Literatur · Chinesische Sprache, Schrift und Literatur · Holländische Sprache und Literatur · Arabische Sprache und Literatur · Armenische Sprache und Literatur · Neugriechische Sprache und Literatur · Polnische Sprache und Literatur · Portugiesische Sprache und Literatur · Niederländische Sprache u. Literatur · Persische Sprache und Literatur
Meyers-1905: Baskische Sprache und Literatur · Äthiopische Sprache und Literatur · Angelsächsische Sprache und Literatur · Afghanische Sprache und Literatur · Albanesische Sprache und Literatur
Pierer-1857: Baskische Provinzen
Buchempfehlung
Zwei weise Athener sind die Streitsucht in ihrer Stadt leid und wollen sich von einem Wiedehopf den Weg in die Emigration zu einem friedlichen Ort weisen lassen, doch keiner der Vorschläge findet ihr Gefallen. So entsteht die Idee eines Vogelstaates zwischen der Menschenwelt und dem Reich der Götter. Uraufgeführt während der Dionysien des Jahres 414 v. Chr. gelten »Die Vögel« aufgrund ihrer Geschlossenheit und der konsequenten Konzentration auf das Motiv der Suche nach einer besseren als dieser Welt als das kompositorisch herausragende Werk des attischen Komikers. »Eulen nach Athen tragen« und »Wolkenkuckucksheim« sind heute noch geläufige Redewendungen aus Aristophanes' Vögeln.
78 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro