New York [2]

[866] New York (New York City), größte Stadt des Staates N. Y., eine eigne Grafschaft (New York [866] County) bildend. N. Y. ist die größte Stadt der Vereinigten Staaten von Nordamerika u. der westl. Hemisphäre überhaupt, nächst London der bedeutendste Handelsplatz der Erde, sowie nächst London u. Paris die größte Stadt der christlichen Welt. Die Stadt, auf der Insel Manhattan (s.d.) erbaut, liegt an der New York Bai, welche 51/2 QM. groß, vom Einfluß des Hudson River in den Atlantischen Ocean gebildet, durch mehre Inseln (die größte davon Long Island) vor den Meeresfluthen geschützt u. an allen Zugängen durch Forts vertheidigt wird u. den sichern Hafen von N. Y. bildet. Mit Ausnahme der von den Holländern erbauten, im Süden der Insel gelegenen, ziemlich engen u. winkeligen Altstadt (ursprünglich Neu Amsterdam genannt) ist N. Y. durchgehends regelmäßig u. gut gebaut. Unter den zahlreichen, schönen Straßen zeichnet sich namentlich Broadway aus, welcher, von der Battery im Südwestende der Stadt auslaufend, 80 Fuß breit in schnurgerader Linie nordnordöstlich nach dem Union Place führt; er ist größtentheils mit prachtvollen Gebäuden, eleganten Läden etc. besetzt, aber mehr der Tummelplatz des Luxus, als eigentliche Geschäftsstraße; das wirkliche Geschäftsquartier ist zu beiden Seiten des südlichen Theiles des Broadway in der Altstadt. Die am Südeingange von Broadway befindliche Battery ist ein großer, mit Parkanlagen, Alleen u. Bosquets geschmückter Platz mit prachtvoller Aussicht auf die Bai u. die belebteste Promenade der vornehmen Welt. Die größeren fremden (bes. englischen u. holländischen) Schiffe liegen meist am südöstlich gelegenen Theil der Stadt (am East River), die übrigen (bes. auch die Hamburger, Bremer u. Haver) Schiffe, sowie die Küstenfahrer u. Binnenlandfahrzeuge, im Süden des westlichen Theils (im Hudson River). Die öffentlichen Gebäude sind fast durchgehends höchst geschmackvoll; unter denselben zeichnen sich bes. aus: die neue Börse (the Merchants' Exchange) mit einer Porticus von 18 Ionischen Säulen u. einem von 8 Korinthischen Säulen getragenen Dome von 124 Fuß Höhe; das Vereinigte Staaten Zollhaus (Custom House) aus weißem Marmor, im Dorischen Styl nach dem Vorbild des Parthenon gebaut; das Stadthaus (City Hall), in gemischtem Korinthischem u. Dorischem Style gebaut; die Universität, im Englisch-Gothischen Styl; das Columbia College, das City Hospital, Barnum's Museum, die New York Bibliothek, die Astor Bibliothek u. das Astor House (1836 eröffnet, in Palaststyl aus Granit erbaut). Unter den Denkmälern zeichnet sich das 1849 begonnene Washington-Denkmal aus; es ist ein Obelisk, 500 Fuß hoch, an der Basis 55 QF., an der Spitze 33 QF., innen hohl, äußerlich mit Reliefs u. Gedenktafeln von allen Staaten geschmückt. N. Y. hatte 1853 254 Kirchen; die schönsten darunter sind: Trinity Church (im Gothischen Style erbaut), u. Grace Church (aus weißem Marmor). N. Y. hat 7 höhere Unterrichtsanstalten: Columbia College (1754 von König Georg II. als King's College gegründet), die New York University (1831 gegründet, mit Bibliothek u. Naturaliensammlung, auch damit eine Medical School verbunden), das New York College of Physicians and Surgeons (1807 gegründet), das New York Medical College (1851 gegründet), das College of Pharmacy, das General Theological Seminary of the Protestant Episcopal Church (1817 gegründet, mit Bibliothek), das Union Theological Seminary (1836 gegründet, von Presbyterianern geleitet, aber von Schülern aus den verschiedensten evangelischen Confessionen besucht, ebenfalls mit Bibliothek); außerdem noch eine höhere weibliche Erziehungsanstalt (Rutgers Female College), eine Handwerkerschule (Mechanics' College), zahlreiche Mittelschulen (Academies, Grammar Schools etc.), über 200 Volksschulen (Public, Common u. Free Schools etc.), darunter 111 unter Leitung der Public School Society; die bedeutendste unter den Freischulen ist die Free Academy, 1848 gegründet, welche den Charakter einer Hochschule, eines Colleges, einer Akademie u. einer Polytechnischen Schule in sich vereinigt. Von Gelehrten Gesellschaften sind die bedeutendsten: die Geographical and Statistical Society, die Historical Society, das Lyceum of Natural History, die Ethnological Society (sämmtlich mit Bibliotheken u. Sammlungen), ferner zahlreiche Missions- u. Bibelgesellschaften, Mäßigkeits-, Unions-, Antisklaverei-, Einwanderungsvereine u. sonstige religiöse, philanthropische u. dgl. Vereine u. Gesellschaften. N. Y. besitzt ferner viele große Hospitäler, Armen-, Kranken- u. Waisenhäuser, ein städtisches Irrenhaus, eine Taubstummen- u. eine Blindenanstalt, 5 Schauspielhäuser, Opernhaus, Italienische Oper (seit 1855), Circus, über 6000 Hotels, Gasthäuser, Restaurationen etc., 15 Marktplätze.

Die Industrie ist von großem Umfang (1850 gab es in N. Y. 3387 Fabriken u. Manufacturen); sie erstreckt sich auf Tuchweberei (Taurinotuch, Tuch aus Rindshaaren, zu Teppichen u. Überröcken), Baumwollen-, Gold-, Silber-, Eisen-, Sattlerwaaren, Spitzen, Hüte, Chocolade, Hanfzeug (aus einer Nessel Utica Whitlow), Leder, Lichte, Seife, Papiertapeten, Uhren, chemische Fabrikate, mathematische u. musikalische Instrumente, Maschinenbau, Kutschen, Glocken, Zucker, Spielkarten, Bier u. Branntwein; für den Schiffsbau sind 12 Werften (mit mehren Maschinenbauwerkstätten; sie lieferten 1858 193 Schiffe (darunter 92 Dampfschiffe). Der Handel in N. Y. ist der großartigste in ganz Nordamerika (1858: Ausfuhr: 80 Millionen Dollars; Einfuhr: 150 Millionen Doll.; die Zolleinnahme beträgt jährlich an 30 Millionen Doll.); sehr bedeutend ist die Schifffahrt, welche namentlich durch die sehr günstige Lage der Stadt u. den trefflichen, mit Docks versehenen, von dem fast stets eisfreien Hudson gebildeten Hafen, befördert wird; die Rhede wird von der geräumigen Hudsonbai gebildet; 9 Forts u. mehre Batterien vertheidigen Hafen u. Rhede; das Fort Tomkins steht auf Staten Island, das Fort Lafayette auf Long Island etc.; außer den zahllosen Kanalbooten u. Flußschiffen laufen jährlich gegen 4000 Schiffe (darunter über 200 Dampfschiffe) aus fremden Häfen in demselben ein, außerdem etwa 8000 Küstenfahrer, gegen 300 New Yorker Dampfschiffe durchschneiden die Binnengewässer u. das Meer nach allen Richtungen. Mit London, Liverpool, Hull, Havre, Greenock, Belfast, Hamburg, Bremen, Antwerpen, Carthagena, Vera Cruz, Charleston, Savannah, New Orleans, Mobile, Washington, Boston, Philadelphia, Baltimore, Norfolk etc. bestehen regelmäßige Packetboot- u. Dampfschifffahrtsverbindungen. Ebenso ist N. Y. durch Eisenbahnlinien mit allen bedeutenderen Städten des Staates N. Y. u. der benachbarten [867] Staaten verbunden. Ein Handelscollegium, mehre Handelsgesellschaften (für Dampfschifffahrt, Pelz- u. Kohlenhandel), über 30 Lebens- u. Feuer-, 10 See-Assecuranzgesellschaften, 53 Banken mit 46 Mill. Dollars Capital, Börse (New York Exchange) mit Lesecabinet u. andere Anstalten begünstigen den Handel wesentlich. Ferner ist N. Y. auch der Mittelpunkt des amerikanischen Buchhandels; es gibt über 50 Buchhandlungen u. über 50 Buchdruckereien; 1858 erschienen über 120 Zeitungen u. Zeitschriften. Man liefert sehr viel Nachdruck, englischer u. deutscher Werke. Eine eigene Buchhändlermesse besteht. N. Y. ist der Haupteinwanderungshasen, die Zahl der daselbst jährlich Ankommenden beträgt ungefähr 200,000 Köpfe. Die Stadt wird durch den am 14. Octbr. 1842 vollendeten Croton-Aquäduct mit Wasser versorgt; dieser ist 9 deutsche Meilen lang u. führt aus dem Flusse Croton auf einer 1500 F. langen Brücke über den Harlem River, durchschneidet mehre Thäler u. mündet, nachdem er 16 Tunnels gebildet, zu N. Y. in das 31 Acres haltende Empfangsreservoir, von wo aus das Wasser in das 386 QF. große Vertheilungsreservoir geführt wird. Der Aquäduct liefert täglich 50 Mill. Gallonen Wasser.

Die Bevölkerung von N. Y. ist ein buntes Gemisch aller Nationen; bei weitem vorherrschend sind Anglo-Amerikaner, dann folgen Iren, Deutsche, Engländer, Holländer, Schotten, Franzosen; Farbige verhältnißmäßig wenig. Anglo-Amerikaner, Deutsche u. Engländer gehören vorzugsweise dem Handelsstande u. der Industrie, Iren meist dem niederen Arbeiterstande an. Nach dem officiellen allgemeinen Census von 1850 betrug die Bevölkerung der eigentlichen City of New York 515,507 Ew., nach einer Specialzählung von 1855 war dieselbe auf 750,000 gestiegen; rechnet man Brooklin u. Williamsburg (beide auf Long Island), welche in geschäftlicher Beziehung mit N. Y. nur Eine Stadt bilden, hinzu, so belief sich 1860 die Gesammtbevölkerung auf mehr als 1,110,000 Ew. (worunter über 120,000 Deutsche). Das Leben in N. Y. hat sich ganz auf englische Weise mit Beimischung von etwas Holländischem gemodelt. Alles strebt dem Handel u. Gewinn nach, u. man muß sich vor Betrug sehr hüten; Bankerotte sind an der Tagesordnung u. fast straflos. Es gibt eine Menge Gauner, Diebe u. öffentliche Dirnen. In der politischen Gesinnung ist der New Yorker eifriger Republikaner. N. Y. ist in 20 Wachen od. Quartiere (Wards) eingetheilt; an der Spitze der städtischen Verwaltung steht ein auf zwei Jahre vom Voll gewählter. Bürgermeister (Mayor) u. ein Rath (Common Council), welcher aus zwei Collegien, dem der Aldermen u. der Assistant Aldermen besteht, in welche von jedem Ward je ein Mitglied jährlich gewählt wird. Die Stadt zerfällt in drei Polizeidistricte, jeder mit einem Polizeigericht (Police Court), 20 Patroldistricte, jeder mit einem Stationshaus, einem Capitän, zwei Lieutenants u. 20–30 Polizeidienern (Policemen), außer den untergeordneten Polizeimannschaften, insgesammt über 1600 Mann; das städtische Polizeidepartement kostet jährlich über 700,000 Dollars; an der Spitze der ganzen Polizei steht der Polizeipräsident (Chief of Police). Die Feuerordnung ist trefflich organisirt, die Stadt in 8 Feuerdistricte getheilt; bei Feuersbrünsten bezeichnet die Anzahl der Sturmglockenschläge das betreffende Ward. An der Spitze der Feuerwehr, welche über 2000 Mann stark ist, steht ein Oberingenieur (Chief Engineer) mit 10 Assistenten; unter ihm steht auch die Feuerpolizeiordnung (in Bezug auf Bauart, Etablissements, Beschädigungen durch fahrlässiges Umgehen mit Feuer etc.), Die städtischen Einnahmen betragen jährlich gegen 9 Mill. Dollars, die Ausgaben (einschließlich der für die von der Stadt unterhaltenen Schulen) über 8 Mill. Dollars, die städtsche Schuld über 13 Mill. Dollars; die städtische Miliz ist 50,000 Mann stark.

Die Stadt N. Y. entstand (s. unter N. Y. Staat) 1664 aus dem holländischen Fort Orange, welches zur Stadt Neu-Amsterdam erwuchs, welche die Briten besetzten. Die neue Stadt hatte 1697 nur 4300 u. 1756 13,000 Ew., wuchs aber 1790 bis auf 33,000,1800 auf 60,500, 1810 auf 96,400, 1820 125,700, 1830 227,000, 1836 300,000, 1840 350,000, 1850 515,507, 1855 750,000 Ew. Die Stadt N. Y. war im Nordamerikanischen Freiheitskriege (s.d.) für die Briten höchst wichtig u. deshalb Object der beiderseitigen Operationen. Anfangs (1776) von Lee u. Washington besetzt, spätes nach dessen Rückzug aus Long Island von den Amerikanern geräumt u. von Rochambeau 1789 durch Capitulation den Engländern übergeben, blieb sie in deren Gewalt bis 1783, wo sie sie für immer räumten. In dem Kriege der Vereinigten Staaten mit den Briten, 1812, blieb sie von Kriegsdrangsalen frei. N. Y. litt oft an Feuersbrünsten, die gefährlichste war den 16. Decbr. 1835, wo in der Altstadt, dem Wohnort der reichsten Kaufleute, 670 Häuser abbrannten; am 31. März 1842 abermals Feuersbrunst, welche 70 Häuser verzehrte; am 25. April 1845 brannte das Bowerytheater ab; vom 17.–19. Juli 1845 wieder großer Brand, 302 Häuser wurden eingeäschert; am 10. Sept, 1846 Brand des Niblo's Theaters. 1853–54 fand in N. Y. die große Industrieausstellung (s.d. S. 899) aller Nationen statt, deren eigens hierzu erbauter Krystallpalast am 8. Oct. 1858 abbrannte, Im October 1860 besuchte der Prinz von Wales auf seiner Rundreise durch Canada u. die Vereinigten Staaten auch die Stadt N. Y. u. wurde hier enthusiastisch empfangen. Vgl. Blunt, Strangers' guide, New York 1817; Hardie, Description of the City of N. Y., 1827; Grenne, A glance at N. Y., 1837; Pelz, N. Y. u. seine Umgebungen, New York u. Lpz. 1851; Mary Booth, History of the City ot N. Y., New York 1859.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 866-868.
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