[573] Thurn, ein altes angesehenes, aus Italien stammendes u. daselbst della Torre genanntes Geschlecht in Österreich, welches mit den Fürsten von Thurn u. Taxis gleiche Abstammung hat. Der Stammvater war: 1) Ariprand de la Tour, ein fränkischer Ritter, welcher aus dem souveränen Hause Frankreich stammte u. sich 1095 mit Eurilla, Erbtochter des souveränen Grafen von Valsassina (am Comersee), vermählte. 2) Martino I. della Torre, Sohn des Vorigen, regierender Graf von Valsassina u. der Riviera di Como, folgte dem Kaiser Konrad III. in das Heilige Land u. st. 1147 in sarazenischer Gefangenschaft. 3) Pagano II., Enkel des Vor., lebte um 1230, nahm in der Schlacht bei Rocca d'Adda gegen Kaiser Friedrich II. den Sohn desselben, König Enzio, gefangen; von seinen sieben Söhnen wurden sechs Stifter besonderer Hauptlinien, nämlich Ermano Stifter der 1849 im Mannesstamme erloschenen Hauptlinie Thurn-Valsassina-Hofer, Napoleone (Herzog von Mailand u. unter Rudolf von Habsburg Reichsvicar der Lombardei) der Hauptlinie Thurn-Valsassina von Villalta u. Spessa, Salvino Thurn-Valsassina-Como-Vercelli, Caverna Thurn-Valsassina in Verona, Francisco Thurn-Valsassina; der Enkel des Letzteren, mit Namen Lamoral I., ließ sich 1313 in dem Gebiet von Bergamo nieder, erhielt den Beinamen Tassis (Taxis), u. von ihm stammen die Fürsten, Grafen u. Freiherren T., Taxis u. Valsassina in Deutschland, zu Mantua u. Innsbruck, sowie die im Mannesstamme erloschenen Schweizerlinien von St. Gallen, Bludegg u. Wardegg ab. Endlich stiftete Pagano III., der sechste Sohn Pagano's II., eine Hauptlinie, welche aber schon 1330 ausstarb.
I. Thurn u. Valsassina blüht in folgenden Linien: A) Hauptlinie T.-V. von Villalta u. Spessa; dieselbe wurde 1533 als gräflich anerkannt u. in den reichsgräflichen Stand erhoben; seit 1666 führt das älteste Mitglied derselben den Titel Obersterblandmarschall in der gefürsteten Grafschaft Görz u. Gradisca, Erblandhofmeister in Krain u. Obersterblandsilberkämmerer in Kärnten; sie zerfällt in drei Unterlinien: a) Erste Linie von Villalta (T.-Villalta-Spessa); jetziger Chef: 4) Graf Ludwig, Sohn des 1846 verstorbenen Grafen Anton, geb. 30. Octbr. 1805, Obersterblandmarschall in Görz u. Gradisca etc., Rittmeister in der Armee, ist seit 1850 mit Francisca geb. Freiin Degrazia von Podgozdam vermählt; sein älterer Sohn Ludwig ist 1855 geboren. b) Linie von Spessa, in Görz; gegenwärtiger Chef: 5) Graf Clemens, Sohn des 1823 verstorbenen Grafen Leopold, geb. 15. Juli 1808. c) Zweite Linie von Villalta, in Udine; Chef: 6) Graf Lucio Sigismondo, Sohn des 1812 verstorbenen Grafen Fabio, geb. 26. Octbr. 1808, vermählt seit 1837 mit Therese geb. v. Boschetti. B) Hauptlinie T.-V.- Como-Vercelli, 1541 in den Reichsgrafenstand erhoben u. 1660 mit der Erblandhofmeisterwürde in Krain u. der Windischen Mark u. der Erblandmarschallwürde in der gefürsteten Grafschaft Görz beliehen; theilt sich noch in drei Linien: a) Bleiburger Linie, in Kärnten, welche die Descendenz des 1646 geb. u. um 1700 verstorbenen Franz Ludwig begreift; dermaliger Chef: 7) Graf Georg, Sohn des 1790 verstorbenen Grafen Franz Joseph, geb. 3. Januar 1788, Besitzer der Herrschaft Bleiburg, pensionirter Feldzeugmeister u. Mitglied des Herrenhauses des Reichsraths auf Lebenszeit; ist seit 1833 mit Emilie geb. Gräfin Chorinsky vermählt; sein ältester Sohn Georg, geb. 1834, steht in österreichischen Militärdiensten. b) Plankenstein-Gratzer Linie, in Steyermark, umfaßt die Descendenz des 1643 geb. u. um 1700 gest. Ferdinand Felix; jetziger Chef: 8) Graf Cäsar, geb. 29. März 1786, Besitzer der Herrrschaften Lehen u. Gradisch in Steyermark u. der Herrschaft Plankenstein Gratzer Antheils, ist österreichischer Hauptmann u. unvermählt. c) Radmannsdorfer Linie in Krain od. die Descendenz Johann Karls (geb. 1645, starb um 1710); Chef: 9) Graf Hyacinth, Sohn des 1859 verstorbenen Grafen Vincenz, geb. 22. April 1818, besitzt die Herrschaften Radmannsdorf u. Wallenburg, ist Secretär bei der Statthalterei zu Kaschau in Ungarn. C) Hauptlinie T.-V. in Verona, deren Chef ist: 10) Graf Luigi, seit 1825 mit Hyacintha geb. Gräfin Gaspari vermählt. D) Hauptlinie T.-V. u. Taxis, in Tyrol, welche von Francesco gestiftet wurde u. 1621 den Reichsgrafenstand erlangte; Chef: 11) Graf Joseph Thaddäus, Sohn des 1834 verstorbenen Grafen Alexander, geb. 23. April 1794, Herr der Herrschaften Sterzing in Tyrol u. Neuhaus in Oberösterreich, ist Obersthof- u. Generalerblandpostmeister in Tyrol u. seit 1837 mit Victoria geb. Freiin v. Gumppenberg-Prennberg-Pöttmes vermählt. E) Der Nebenzweig in der Schweiz, welcher von der Hauptlinie in Tyrol abstammt, von Guido Sohn Francesco's, gestiftet wurde, 1718 den Reichsgrafenstand u. 1676 die Erbmarschallwürde des Stifts St. Gallen erhielt, der Ritterschaft des Cantons Donau einverleibt war, hat zum einzigen noch lebenden männlichen Mitgliede: 12) Grafen Anton, geb. 1790.
[573] II. Thurn u. Taxis. Merkwürdig sind: 13) Roger I., Lamorals Urenkel, ging nach Deutschland, wurde 1450 vom Kaiser zum Ritter geschlagen u. richtete die erste Post in Deutschland ein. 14) Franz, Sohn des Vor., richtete 1516 die erste Reitpost von Brüssel nach Wien ein u. wurde Generalpostmeister; s.u. Post S. 418. 15) Bernhard, legte mehre Postcurse in Deutschland u. einen durch Tyrol nach Italien an u. wurde 1545 vom Kaiser Karl V. als Herzoge vom Burgund zum niederländischen u. Reichsoberpostmeister ernannt; s. ebd. 16) Lamoral von Taxis, wurde vom Kaiser Ferdinand I. als Reichsoberpostmeister bestätigt u. 1608 in den deutschen Reichsfreiherrenstand erhoben; er st. 1612. 17) Lamoral, Sohn des Vor, war der erste, welcher 1615 das Generalreichspostamt als Mannslehen übertragen bekam, welches Kaiser Ferdinand II. auch in ein Weiberlehen verwandelte; er wurde 1621 Reichsgraf u. st. 1628. 18) Lamoral Claudius Franz, Sohn des Vor., u. 19) Eugen Alexander, Sohn des Vor.; der Letztere wurde, nachdem die Herrschaft Braine le Chateau, mit welcher er 1680 beliehen worden war, zum Fürstenthum erhoben worden war, von dem König Karl II. von Spanien 1681 in den spanischen Für stenstand u. 1686 vom Kaiser Leopold I. in den deutschen Reichsfürstenstand erhoben; er st. 1714. 20) Fürst Anselm Franz, Sohn u. Nachfolger des Vor., geb. 1679 u. st. 1739. 21) Fürst Alexander Franz. Sohn u. Nachfolger des Vor., geb. 1694; vom Kaiser mit der Würde eines Principalcommissärs beim Reichstage bekleidet, verlegte er seine Residenz nach Regensburg, erhielt die Erhebung seines reichslehnbaren Reichsgeneralerbpostmeisteramtes 1744 zu einem Reichsthronlehen, wurde 1754 in den Reichsfürstenrath eingeführt u. starb um 1770. Von seinen beiden Söhnen, Karl Anselm u. Maximilian Joseph, stammen die beiden jetzt blühenden Linien ab: A) Ältere Linie, mit dem Titel: Fürst von T. u. Taxis, Fürst von Buchau u. zu Krotoszyn, gefürsteter Graf von Friedberg-Scheer, Graf zu Valsassina, Marchthal, Neresheim etc. Wappen: ein quadrirter Schild mit Mittelschild. Daserste u. vierte Feld hat einen rothen Thurm in Silber, dahinter zwei Lilienscepter schräg gekreuzt; das zweite u. dritte einen rothen Löwen mit blauer Krone in Gold; das Mittelschild hat einen silbernen gehenden Dachs in Blau; Schildhalter sind zwei Löwen, oben ist der Fürstenhut; die Devise ist: Perpetua fide. Besitzungen: a) das Fürstenthum Buchau, bestehend aa) aus Stadt u. Damenstift Buchau, den Ämtern Buchau, Ober-Marchthal, Ober-Sulmetingen, Scheer u. Neresheim etc. u. mehren Weilern im Württembergischen, 121/2 QM. begreifend, u. bb) aus dem Amte Ostrach u. Straßberg, 13/4 QM., in Hohenzollern-Sigmaringen; b) das Fürstenthum Krotoszyn im preußischen Großherzogthume Posen, 103/4 QM.; c) die Herrschaften Donaustauf, Wöhrt, Zaizkosen u. Laberweinling, Wiesent, Sulzheim etc., in Baiern, 31/2 QM.; d) die Herrschaften Chotieschau, Chraustowicz, Richenburg u. Kolchumberg in Böhmen, 5 QM.; e) die Domänen des ehemaligen Fürstenthums T. u. Taxis in Hennegau, u. f) die Herrschaften Meran u. Schlanders in Tyrol. Zusammen mag das Fürstenthum über 100,000 Ew. umfassen. Residenz: Regensburg. Gründer dieser Linie ist: 22) Karl Anselm, Sohn u. Nachfolger des Vor., geb. 2. Juni 1733, war auch Principalcommissär beim Reichstage, kaufte 1785 die reichsunmittelbaren Herrschaften Friedberg, Scheer, Dürmentingen u. Bussen, welche zu einer gefürsteten Reichsgrafschaft erhoben wurden u. wegen deren er Sitz u. Stimme auf der Fürstenbank des Schwäbischen Kreises erhielt; im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 erhielt er das ehemalige gefürstete Damenstift Buchau. die Abteien Marchthal u. Neresheim u. einige Ämter, Herrschaften u. Weiler als Entschädigung für den verlorenen Postertrag am linken Rheinufer, als eigenes Fürstenthum übertragen u. st. 13. Novbr. 1805. 23) Fürst Karl Alexander, geb. 22. Febr. 1770, war mit der Prinzessin Therese Mathilde Amalie von Mecklenburg-Strelitz, Schwester der Königin Luise von Preußen, vermählt u. wie sein Vater k. k. Geh. Rath u. Principalcommissär beim Reichstage bis zu dessen Auflösung. Durch den Wiener Congreß erhielt er ansehnliche Entschädigungen für die verlorenen Posteinkünfte in dem jetzigen Rheinpreußen, Baiern etc. zugesagt u. dafür von Preußen 1819 das Fürstenthum Krotoszyn im Großherzogthum Posen. Er st. 15. Juli 1827. Gegenwärtig ist Chef dieser Linie: 24) Fürst Maximilian, Sohn des Vor., geb. 3. Novbr. 1802; vermählt seit 1839 in zweiter Ehe mit Mathilde Sophie, Tochter des Fürsten Joh. Aloys III. von Öttingen-Spielberg; Erbprinz aus erster Ehe mit Wilhelmine geb. v. Dörnberg (st. 1835) ist Maximilian, geb. 28. Septbr. 1831. B) Jüngere Linie, deren Chef in Prag residirt; Stifter: 25) Prinz Max. Joseph, Halbbruder von T. 22), geb. 29. Mai 1769, war k. k. Generalmajor u. vermählt mit Eleonore geb. Prinzessin zu Lobkowitz; er st. 15. Mai 1831. 26) Prinz Karl Anselm, ältester Sohn des Vor., geb. 18. Juni 1792, folgte seinem Vater in den Besitzungen, stand in württembergischem Militärdienste u. starb als Generalmajor u. böhmischer Oberlandeskämmerer 25. Aug. 1844. 27) Prinz Karl Theodor, Bruder des Vor., geb. 17. Juli 1797 in Prag, wurde schon im ersten Lebensjahre vom Kurfürsten Karl Theodor von Pfalzbaiern zum Oberstinhaber des fürstlich Thurn u. Taxischen Familienregiments ernannt u. begann im Sommer 1814 seine wirkliche militärische Laufbahn bei einem Chevauxlegerregiment, war 1815 Wredes Adjutant u. erhielt nach dem Feldzuge die Stelle als Commandeur seines in Ansbach stehenden Regiments. Er bekleidete diesen Posten bis 1830, wurde Generalmajor u. Brigadier in Würzburg, 1838 Generallieutenant u. Divisionär u. 1848 bei der Eintheilung der Armee in zwei Armeecorps zum Commandanten des zweiten ernannt. 1849 commandirte er das baierische Corps in der Pfalz, wo er nach der allgemeinen Entwaffnung bald die Ruhe u. Ordnung wieder herstellte, u. deckte beim Rückzug der badischen Insurgenten von Waghäusel gegen Manheim am 21. Juni den Rheinübergang. Im August 1850 wurde er zum General der Cavallerie u. im Octbr. zum Commandanten der 25,000 Mann Bundestruppen ernannt, welche am 1. Novbr. in Kurhessen einrückten (s. Hessen-Kassel S. 335). Seit der Rückkehr aus Hessen hat der Fürst als Commandant des ersten Armeecorps seinen Sitz in München. Er ist seit 1846 Wittwer von Juliane geb. Gräfin v. Einsiedel. 28) Prinz Friedrich, Bruder des Vor., geb. 4. Septbr. 1799, k. k. Feldmarschalllieutenant, Inhaber des 50. Infanterieregiments u. Militärcommandant von Linz, st. 17. Januar[574] 1857. Jetziger Chef dieser Linie ist: 29) Prinz Hugo, ältester Sohn von T. 26), geb. 3. Juli 1817, ist Herr der Herrschaften Dobrawitz u. Lauezin u. des Gutes Wlkawa in Böhmen, sowie österreichischer Major u. Reichsrath u. seit 1845 vermählt mit Almeria geb. Gräfin Belcredi; sein älterer Sohn Prinz Egmont ist 1849 geboren.
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro