1. Betriegen geschicht mit guten Worten. – Lehmann, 90, 18.
Lat.: Sub specie veri nos fallunt saepe severi. (Sutor, 561.)
2. Betriegen ist ehrlicher (feiner) als stehlen. – Lehmann, 89, 11; Simrock, 1003; Eiselein, 74.
Soll wol heissen: gewöhnlicher und etwas – anständiger.
Lat.: Si non vis falli, fugias consortia calvi. (Sutor, 340.)
3. Betrogen ist nit gestohlen. – Lehmann, 89, 12.
4. Betrügst du mich einmal, so traue ich dir nicht wieder. – Müller, 13, 3; Gaal, 197.
Sich einmal über gewisse Menschen und Dinge täuschen, verräth Uebereilung, Kurzsichtigkeit oder Schwärmerei; aber zum zweiten mal in den nämlichen Fehler verfallen, ist Dummheit.
5. Der nicht betrügen kann, der such' die Wüste. – Henisch, 351.
6. Der wird bald betrogen, der an nichts Böses denkt.
7. Die sich aufs Betrügen nicht verstehn, mögen in die Wüste gehn.
8. Es betreugt uns niemand mehr, als unsere eignen Gedanken. – Winckler, XIX, 12.
9. Es ist besser betrogen werden, als andere betrügen. – Henisch, 352.
10. Es kann keiner einen betrügen, man vertraue ihm denn. – Lehmann, II, 137, 69; Körte, 568.
11. Manchen betreugt sein Wahn. – Henisch, 352.
12. Sich selbst betrügen ist die leichtste arbeit. – Henisch, 351.
13. Vnversehens ist einer leicht betrogen. – Lehmann, II, 792, 118.
14. Wer andere betreugt, klage nicht über Untreu. – Winckler, XIX, 16.
15. Wer andere betrügt, ist oft selbst betrogen.
Engl.: He that seeks other to beguile is overtaken in his will. (Bohn, II, 393; Cahier, 4386.)
It.: Inganno trova inganno. (Pazzaglia.)
16. Wer andere betrügt, muss nicht über Untreu klagen.
17. Wer betrügen will, geht auf dem Bauche.
18. Wer betrügen will, macht der süssen Vorwort viel. – Henisch, 351.
It.: Chi ti fa carezze più che non vuole, o ti ha ingannato, o ingannar ti vuole.
Ung.: A szerfölött hizelkedö vagy megcsalt vagy meg akar csalni.
19. Wer betrügen will, pfeift süss.
20. Wer betrügen will, spinnt feine Fäden.
21. Wer betrügt, betrügt sich selbst. – Broma, II, 9.
22. Wer den andern betrügt, macht einen Sack, darin er sich selbst fangen wird.
23. Wer den letzten betrügt, ist Meister.
24. Wer dich einmal betrogen hat, dem traue dein Lebtag nie mehr. – Eiselein, 72; Simrock, 997.
It.: Chi t'ha ingannato una volta, sia maledetto: ma chi t'ha ingannato due, sia benedetto.
Lat.: Cavendum ab eo, qui semel imposuit.
25. Wer dich einmal betrügt, thut dir unrecht; wer zweimal, thut dir eben recht. – Simrock, 10747.
26. Wer ein andern betreugt, der macht einen Sack (ein Netz), darin er sich selbst wird fangen. – Lehmann, 90, 23; Sailer, 160; Simrock, 1000.
Endliche Folge des Betrugs. Das Vertrauen ist das grosse Lebensprincip aller Geschäfte, und die Betrüger in Geschäften betrügen sich selbst um ihre ganze Zukunft.
Frz.: Qui trompe, se trompe. – Qui veut tromper, est souvent trompé.
It.: Qui cerca d'ingannar, resta ingannato.
Lat.: Fumo pereat, qui fumum vendidit.
[345] 27. Wer einen betrügen kan, der ist der beste Man. – Henisch, 352.
28. Wer einmal betreugt, dessen Credit hat die Jungfrawschaft verloren. – Lehmann, 94, 86.
29. Wer gern will betrogen sein, der fehrt hin wie ein wildes Schwein. – Henisch, 353.
30. Wer mich einmal bedreügt, der soll mich nit mehr betrügen. – Henisch, 352; Tappius, 201a.
It.: Non ti fidar mai più di chi una volta t'inganni.
31. Wer mich einmal betreugt, den schilt ich, betreugt er mich zweimal, so dank ich ihm. – Henisch, 352.
32. Wer mich einmal betreugt, der thut mir vnrecht; wer mich zum andernmal betreugt, der thut mir eben recht. – Henisch, 352; Lehmann, 93, 73.
33. Wer mich einmal betrügt, dem verzeih' es Gott, betrügt er mich wieder, so verzeih' mir's Gott. – Siebenkees, 53; Simrock, 998; Körte, 566; Gaal, 197.
Zinkgref drückt denselben Gedanken so aus: »Wer einmal betrogen ist, mit dem ist Mitleiden zu haben; wer sich zum zweiten mal betrügen lässt, ist scheltenswerth; wer zum dritten mal, ist nicht zu bedauern, ist ihm auch als einem Narren nicht zu helfen.« Ebenso Lehmann, 91, 28.
It.: Chi è trovato una volta in froda, si presume, che vi sia sempre. (Gaal, 197.)
Lat.: Improbe Neptunum accusat, qui iterum naufragium facit. (Seybold, 232.) – Ne credas isti, semel a quo laesus abisti.
34. Wer mich einmal betrügt, den hole der Henker, wer mich zweimal betrogen, den segne der Himmel.
Lat.: Decipienti semel dii male faxint, faxintque bene, si bis idem me deciperit. (Campanus.) (Erasm., 526.)
35. Wer mich einmal betrügt, der hat mich immer betrogen. – Kirchhofer, 142.
36. Wer nicht betrogen sein will, vertraue niemandem. – Winckler, XIV, 67.
37. Wer nit betrogen wirt, der hat kein schaden. – Lehmann, 89, 3.
38. Wer nicht will betrogen sein, lasse sich weder mit Finanzer noch Wucherer ein.
Unsere Vorfahren brauchten das Wort Finanz nur im schlimmsten Sinne für böse Griffe und Kniffe zum Uebervortheilen, für betrüglichen Wucher und Schelmenwirthschaft.
39. Wer nicht will betrogen werden, der muss so viel Augen haben, als Haar auffm Kopf. – Lehmann, 90, 26.
40. Wer nicht will sein betrogen, der kauf' des Nachbars Rind und freie dessen Kind. – Steiger, 236; Kirchhofer, 198.
41. Wer tausent betreugt, den kan entlich einer wieder betrügen. – Henisch, 352.
42. Wer (be)triegen und finantzen kan, der ist ein weltgeschickter Mann. – Lehmann, 93, 66.
Und kommt zu Ehr' und Gut, dazu ihn Schalkheit fördern thut.
43. Wer will betrügen, legt zum Grunde eine krumme Lügen.
44. Wer zu betrügen sucht, wird betrogen.
45. Willst du nicht betrogen sein, so hüte dich vor bösem Schein. – Henisch, 352.
*46. Er betrügt wie Laban.
Laban gilt bei den Juden als Muster eines listigen und verschmitzten Menschen.
Jüd.-deutsch: Er besitzt das Remoes von Lowen. (Tendlau, 7.)
*47. He bedrügt keen Minsch, aber alle Welt. – Schütze.
Von einem scheinheiligen Erzbetrüger.
zu2.
Dän.: Bedraget er snart det samme som sliaalet. (Prov. dan., 52.)
zu11.
Dän.: Hvo som bedrager bedragenen bör hverken lvo eller straf. (Prov. dan., 52.)
zu12.
Und dieser Betrug wird auch nicht strafrechtlich verfolgt. Die Russen sagen: Es gibt keine Knute für die, die sich selber betrügen. (Altmann VI, 418.)
zu18.
Lat.: Dulcia praefatur, qui fallere praemeditatur. (Loci comm., 71; Binder II, 856; Gartner, 36.)
zu25.
Dän.: Hvo som bedrager dig een gang giör dig uret, bedragen dig anden gang giör han dig ret. (Prov. dan., 52.)
zu27.
Bei Tunnicius (674): De einen bedreigen kan, dat is de beste man. (Doctus inescandi iam collandatur ubique.)
zu31.
Dän.: Eengang bedragen bör at hi elpes anden gang lastes tre die holdes for en nar. (Prov. dan., 5.)
zu39.
Dän.: Man skal have öje paa hver finger, om man vil vaere ubedragen. (Prov. dan., 445.)
48. Bedréije jelt (gilt) néit. – Röttscher, 111.
49. Betriegen ist gemein, sicherlich, doch verbergens etlich meisterlich. – Loci comm., 208.
Lat.: Si non uis falli, fugias consortia calui. (Loci comm., 208.)
50. Betrügen im Haus und schinden im Stall, bringt Hof und Gewissen sicher zum Fall. – Willkomm, Der Bauer, S. 22.
51. Betrügen macht nur kurz Vergnügen.
Lat.: Falli miserum est imus non falli miserium. (Eiselein, 605.)
52. Der ist betrogen, der bauet auf den Regenbogen.
Mhd.: Man spricht: er werd vil dicke betrogen, wer zimbert ûf ein regenbogen. (Liederspiel, 243, 153.) – Dem würt zuo letst nüt anders me, dann das syn won jnn hatt betrogen, so er buot vff eyn regenbogen. (Narrenschiff, 92, 5.) (Zingerle, 120.)
53. Der ist leichtlich zu betriegen, so sich nicht versteht auffs liegen. – Loci comm., 71.
Lat.: Fallitur ex facîli, qui caret arte doli.
54. Der wird auch wol betrogen, der aller Aersche Aufgang weiss.
D.h. das Gras wachsen und die Mücken niesen hört. – Bei Tunnicius (1274): He wert ôk wol bedrogen de aller êrse upgang wet. (Fallitur interdum spectans sucrescere gramen.)
55. Diar ham bidreegh mal, mut eeder uüth a Bian. (Nordfr.) – Johansen, 81.
56. Ên wä(r)t bedraogn, wenn 'n de Dürns upt 'n Dansbodd'n besät, un 'n Acker up 'n Weg. (Altmark.) – Danneil, 299.
Auf den Acker kommt zuerst der Mistwagen hin, weshalb dort in der Regel die Früchte am besten stehen.
57. Von andern betrogen sein, thut weh; noch mehr schmerzt es, wenn man sich selbst betrogen.
Lat.: Grave decipi ab alio est, a se gravissimum. (Sailer, Sprüche, 152.)
[976] 58. Wen man einmal betrogen hat, der traut so leicht nicht wieder.
Lat.: Qui semeł est caesus falladi piscis ab hamo, omnibus unca cibis aera subesse putat. (Binder I, 1487; II, 2804; Philippi, II, 137; Seybold, 497; Kruse, 917.)
59. Wenn Sie mich betrügen wollen, müssen Sie auf der Kanzel sein, aber nicht auf einem Pferde, sagte der Bauer zum Pater, der ihm ein schlechtes Pferd verkaufen wollte.
60. Wer andre zu betrügen sucht, der erntet selbst des Truges Frucht.
It.: Chi ad altri inganni tesse, poco bene per se ordisce. (Giani, 844.)
61. Wer den andern betrügt, der will wieder betrogen werden. – Graf, 333, 323.
62. Wer gerne will betrogen sein, der darf nicht glauben, was wahr ist, sondern was jhm gelüstet. – Petri, II, 712.
63. Wer mich heute betrügt, den betrüg' ich morgen.
Böhm.: Oklamal-lis ty mne včera, já tebe dnes odvečera. (Čelakovský, 43.)
64. Wer sich nicht betrog, kann immer noch betrogen werden. (Braunschweig.)
65. Wer sich selbst betrügt, der ist am ärgsten betrogen.
Dän.: Den bedrages vaerst, som bedrager sig selv. (Prov. dan., 52.)
66. Wilt du nymmer betrogen werden, so getraw wenig menschen auff erden. – Werdea, B, iij.
*67. Sie haben mich betrogen von Hacke zu Nakke. (Niederlausitz.)
*68. Wer mich betrügen will, muss früh aufstehen. – Frischbier, I, 344.
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