1. Böse Schäfer lieben bissige Hunde.
2. Böse Schäfer machen fette Wölfe. – Winckler, IV, 56.
3. Der Schäfer gehört zur Heerde.
Die Russen: Ohne den Schäfer machen die Schafe keine Heerde. (Cahier, 1901.)
4. Der Schäfer ist verdächtig, der beim Wolf Gevatter steht. – Simrock, 8824; Körte, 5243.
It.: Il pastor che loda il lupo, ha in odio la pecora. (Masson, 273.)
5. Der Schäfer leiht dem Hunde keine Zähne.
6. Der Schäfer lest sich mit der Schafwollen vnd Milch vergnügen vnd dass Schaf im fell bleiben, dass es fürter mehr Wolle vnnd Milch geben könne. – Lehmann, 678, 212.
7. Ein guter Schäfer schiert die Schafe nicht im Winter.
8. Ein Schäfer, der den Wolf lobt, liebt seine Schafe nicht. – Chaos, 292; Winckler, XIII, 82.
9. Ein Schäfer, der die Schafe zu Tode melkt, ist so schlimm als ein Wolf, der sie frisst. – Sprichwörtergarten, 318.
Ein Vormund z.B., der zwar das Vermögen seines Mündel gegen äussere Verluste sichert, es aber selbst an sich bringt, ist schlimmer als jeder andere Betrüger.
10. Es ist den Schäfern vmb der Schafmilch vnnd Wolle zu thun vnd nicht vmb die lust, dass sie die (Schafe) feist machen. – Lehmann, 657, 59.
11. Es ist nicht jeder ein Schäfer, der einen Stab trägt.
12. Faule Schäfer haben gute Hunde.
13. Frî man êrst, säd dei Schaper tau sinen Hund, sast den Stiert wol hangen laten. (Westf.)
14. Hat ein Schäffer wenig Schaf, so muss er sie wegen armuth desto offter melcken vnd scheren. – Lehmann, 678, 210.
15. Ich gäb' einen guten Schäfer, sagte jener, ich lehne mich wohl an; aber einen guten Hund müsst' ich haben. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 286.
16. Jeder Schäfer lobt seine Keule. – Gaal, 1351.
»Lobet ein anderer Schäfer seine Keule, so weiss er von der seinigen noch Besseres zu sagen.« (Keller, 150a.)
17. Jeder Schäfer schiert auf eigene Weise, aber er schiert.
18. Jeder Scheper laewt sine Küle, un wen se oek 99 Krimminge het. (Neumark.) – Engelien, 219, 80.
19. Jedwieder Schaafer lobt seine Koile. – Robinson, 73; Gomolcke, 464; Frommann, III, 243, 55.
20. Jera Schepa truft sin Kül. (Ukermark.)
Jeder nimmt sich darbietende Vortheile für sich in Anspruch.
21. Kein Schäfer ist fromb (redlich), er hab denn Haar auff der Zungen. – Luther's Werke, VI.
22. Man kann nicht Schäfer und Schaf zugleich sein.
Lat.: Ardua res, regi carum simul esse gregique. (Binder I, 82; II, 229; Owen, IV, 1, 45; Philippi, I, 40; Seybold, 35.)
23. Neunundneunzig Schäfer, hundert Betrüger. – Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 14.
24. Schäfer legen die schuld auff die Wölff, wenn sie die Schaff gestolen. – Lehmann, 181, 14.
[71] 25. Schäfer seynd nichts werth, die jhre Schaf anfeinden. – Lehmann, 657, 66.
26. Schäfer und Schinder sind Geschwisterkinder. – Eisenhart, 93; Estor, I, 427; Hertius, III, 3; Hillebrand, 39; Eiselein, 543; Reyscher, V, 198; Körte, 5242; Körte2, 6545; Pistor., VII, 3; Simrock, 8823; Graf, 43, 131; Braun, I, 3756.
Im Plattdeutschen: Scheper un Schinner sind Geschwisterkinner. (Schlingmann, 1220.) Dies Sprichwort hat nur rechtliche Gültigkeit bis zum Erscheinen der Reichspolizei-Ordnungen des 16. Jahrhunderts gehabt, durch welche die Schäfer für ehrlich erklärt wurden. Seit dem Erscheinen derselben konnte von einer rechtlichen Verwandtschaft der Schäfer und Schinder nicht mehr die Rede sein. (Vgl. Reyscher, Zeitschrift für deutsches Recht, Leipzig 1841, Bd. 5, Hft. 2, S. 198; Otto Beneke, Von unehrlichen Leuten, Hamburg 1863, S. 13.) Wie es im Mittelalter eine Standesehre gab, so waren wiederum gewisse Beschäftigungen und Berufsarten ehrlos, so z.B. seit Aufnahme des römischen Rechts der Scharfrichter. Wie in Deutschland früher einzelne Berufsarten für unehrliche gehalten wurden, so war dies im alten Rom noch im grössern Umfange der Fall, wo das Handwerk überhaupt nicht besonders in Ehren stand. Eine Anzahl bürgerlicher Beschäftigungen wurden als Schelt- und Schimpfwörter gebraucht. In besonders wegwerfender Weise nennt Cicero die Schuster, Gürtler, Ruderknechte und Lastträger. Eigentliche Gewerbe gab es indess nur wenige, die den, der sie betrieb, zu schimpflichem Vorwurf gereichen konnte. Merkwürdigerweise gehörten darunter die Graupenmüller (alicarius). Aber theils ist das Mahlen überhaupt in der ältern Zeit eine Straf- und Zwangsarbeit für die Sklaven gewesen, theils haben sich in jenen Mühlen gemeine Dirnen herumgetrieben. Auf erklärlichere Weise ist der »Maulthiertreiber«, mulio, zu einem Schimpfnamen geworden. Sueton erwähnt, dass Vespasian's Finanzen nach seiner afrikanischen Statthalterschaft so zerrüttet gewesen seien, dass er durch allerlei Handelsgeschäfte, wahrscheinlich mit Sklaven und Zugthieren, denselben aufzuhelfen bemüht sein musste. Infolge dessen sei er vom Volke mulio genannt worden. Aber schon früher führte diesen Titel der Günstling Cäsar's, Ventidius Bassus, der von einem Wagen- und Maulthierlieferanten sich zum Consul aufschwang. (Vgl. Römische Schimpfwörter, im Ausland, 1872, Nr. 8.)
27. Schäfer, welche die Wölfe rühmen, lieben selten ihre Schafe.
28. Schaper Lulei stinkt as en ful Ei, singet de Jungens. (Göttingen.) – Schambach, I, 339; Hoefer, 503.
Schäfer Faulenzer stinkt wie ein faules Ei. Viel gebraucht, um von der Faulheit abzumahnen.
29. Schäper un Schinder sint Swester-Broierkinder. – Schambach, II, 352.
Sie sind Schwester-Bruderkinder, d.i. Vettern. Beide martern, dieser Menschen, jener Schafe.
30. Schepker un Schinder sind Sister- un Bröerkinner (oder: sünd Schwesterkinner). – Bueren, 1054; Deecke, 12; Hauskalender, I.
Die Gewerbe beider galten früher, wie oben bemerkt, für unehrlich, wie denn auch beide in dem Rufe stehen, allerlei geheime Künste zu verstehen. Schon sehr früh zählte man die Schinder zu den verächtlichen Leuten, und später hielt man sich für berechtigt, auch diejenigen mit gleicher Verachtung zu behandeln, welche sich mit Arbeiten abgaben, die sich nur für einen Schinder schickten, wozu besonders das Abdecken gehörte, das die Schäfer bei ihren verreckten Schafen verrichteten. Die Kinder der Schäfer hatten daher mit den Kindern der Schinder dasselbe Schicksal, nämlich von den Zünften ausgeschlossen zu sein. Die fortgeschrittene Bildung hat diese Gesetze längst beseitigt.
31. Schlechter Schäfer, fetter Wolf.
Frz.: A mauvais berger, loup engraissé. (Cahier, 971.)
32. Unner'n Schêper un sinen Köter is doch ên Unnerschêd. – Dähnert, 399.
Man muss doch die Leute ansehen und einen Unterschied machen.
33. Was hilft dem Schäfer das Schreien, wenn der Wolf mit dem Schafe fort ist.
Auch zweckmässige Mittel müssen, wenn sie wirksam sein sollen, zur rechten Zeit angewandt werden.
34. Wenn der Schäfer ein Wolf ist, wohin sollen sich die Schafe flüchten! – Parömiakon, 1386.
35. Wenn der Schäfer will, muss der Hund beissen.
36. Wenn man hundert Schäfer bringt, soll man gleich den ersten nehmen. (Rottenburg.) – Birlinger, 640.
[72] 37. Wenn sich der Schäfer verirrt, dann sind die Schafe verloren.
Holl.: Als de herder doolt, doolen de schapen. (Bohn I, 297.)
38. Wenn sich der Schäffer mehr vor seinen Schaffen als vorn Wölffen muss fürchten, so mag er sich wol mit eim Regiment hund verwahren. – Lehmann, 846, 54.
39. Wenn sich die Schäfer um die Weide zanken, haben es die Hunde besser als die Schafe.
40. Wer den Schäfern den Lohn schmälert, der kürzt den Schafen die Wolle.
41. Wer söck als Schöpperke utgöfft, mot ok als Schöpperke fahre. – Frischbier2. 34.
*42. De Schäper hött. (Iserlohn.) – Woeste, 89, 174; Firmenich, III, 188, 104.
Es stehen Flockenwolken am Himmel.
*43. Dem Schäfer die Keule abkaufen. (S. ⇒ Katze 695.)
Wird in dem Sinne gebraucht: etwas da kaufen, wo es am theuersten ist, obgleich der Schäfer wol wohlfeiler sollte verkaufen können als der Fleischer.
Böhm.: Chtíti na kočce kosmatice, a na psu mečhury. – Kupovati od dĕvčat hedbávi. (Čelakovsky, 171.)
*44. Ich war egen (oder: gewiss) am Schafer de Koile abkêffen. – Gomolcke, 573; Robinson, 121; Frommann, III, 244, 111.
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