1. A Sau thuet an Granssa, wan 's baroan vabeigeht. (Oberösterreich.)
Gegen die, welche, ohne zu grüssen, bei andern vorübergehen: »Sogar eine Sau grunzt, wenn sie vorbeigeht.« Der Bauer hält das Grüssen für etwas, was sich für den Menschen zieme. Der oberösterreichische Bauer grüsst, indem er mit den Worten: »Grüss dich Gott, Freund, Nachbar u.s.w.« ihm die rechte Hand reicht, die seine drückt und schüttelt. Der Kuss ist ihm fremd; nur in Augenblicken der höchsten Freude kommt das Halsen vor, indem jeder von beiden seine Arme um den Hals des andern schlägt und Haupt und Antlitz an seine Brust zieht. Höchstens kleine Kinder busse, geben einen Kuss (einen Busserl); die etwas grössern müssen schon das »schan Handel« (das schöne, d.i. rechte Händchen) reichen. (Baumgarten.)
2. A Suw un en Amma (Ammann) behalt immer de Namma. (S. ⇒ Bürgermeister 4.) – Eiselein, 103.
3. An Säuen fehlt es nicht, wenn der Teufel aus Besessenen fährt.
4. Aus einer kleinen Sau wird bald eine grosse.
Abraham a Sancta-Clara (Judas der Erzschelm), der
[6] das Wort gebrauchte, dachte dabei an die Save. »Diese Sau«, sagt er, »hat kein Maul, lebt nicht, und frisst doch viel. Da beisst sie hier ein Stück Acker hinweg, dort eine Reihe Wiesen, anderwärts ein gross Gestedte, an einem andern Ort ein halbes Dorf. Wo diese Sau entspringt, ist sie so klein, dass ein einjähriges Kind darin tändeln kann, wie in einem Badewandel ....Die Menschen sein mehrentheils gesittet und gesint wie dieser Fluss Savus. Keiner wird auf einmal eine grobe Sau, sondern er fängt an von kleinen Fehlern u.s.w.«
5. Aus einer Sau zeucht man keinen Zelter.
6. Bai sik unner da Süege menget, de maut li'en, dat se 'ne turbelt (zerren). (Iserlohn.) – Woeste, 76, 283.
7. D' Säu gelte nie, was sie werth sind. (Luzern.)
Entweder zu viel oder zu wenig.
8. D' Säu hei eidwederes strauig oder guldig Stile. (Solothurn.) – Schild, 99, 11.
Je nach der Kartoffelernte werden die Schweine sehr billig oder sehr theuer.
9. D' Sou sticht de Küng. – Sutermeister, 136.
10. Das heisst Säu geschwemmt, sprach der Teufel, und er ersäufte einen Wagen voll Mönche. – Fischart, S. Dominici Leben, 1571; Hoefer, 1042; H. Kurz, VIII, 142.
11. Dass die Säue werden geschlacht, das hat ihr Muthwille gemacht. – Petri, II, 59.
12. Dat kann wol möglich 'n oll Sau sin, säd' Meyersch, un harr 'n Biern bi de Klöten. (Mecklenburg.) – Hoefer, 752.
Bei Schlingmann (489) lautet das Sprichwort: Dat kann unmöglich 'ne Su sin, söä' de oll Frû, don har se' 'n Bie'r bie de Klöten.
13. Der die Saw heimführt, der darff vor schimpff nicht sorgen. – Lehmann, 704, 6.
14. Der eine mästet eine Sau, der andere Schweine.
Böhm.: Dávnĕj jednu svini krmívali; a nyní i s prasaty. (Čelakovsky, 364.)
15. Der faulsten Sau die grösste Winkelwurst. – Eiselein, 540.
16. Der faulsten Sau gehört der faulste Apfel. – Fischart, Trostb., in Kloster, X, 683.
17. Der faulsten (feistesten, grössten) saw gehört alweg der grösst dreck. – Franck, I, 26a; II, 60a u. 129a; Gruter, I, 14; Eyering, I, 448; Henisch, 745, 69; Franck, Chronik, CXXXIb; Grimm, II, 1356, 8; Simrock, 8738; Körte, 5188; Lohrengel, I, 145; Masson, 256; Braun, I, 3729.
In der Schweiz: Die fülst Suu überchunnt da gröst Dräck. (Sutermeister, 136.) »Die feistest saw wil allezeit den besten Dreck haben zur beut.«
Holl.: Aan de vuilste zeug komt de grootste drek toe. (Harrebomée, II, 499a.)
Lat.: Diues semper hiat, pars maior ut sibi fiat. (Loci comm., 15.)
18. Der faulsten Saw wird offt die grosse Mohren. – Petri, II, 87.
19. Der fetten Suge schmêrt man nich den Balg. (Lippe.) – Firmenich, I, 269; hochdeutsch bei Simrock, 8758.
20. Der fülste Suu die beste Eichle. – Sutermeister, 136.
21. Der Sau gehören keine Muskaten. – Simrock, 8739.
22. Der Sau ist im Koth am wohlsten.
Lat.: Sus magis in eoeno gaudet, quam fonte sereno. (Binder II, 3257; Loci comm., 11; Neander, 312.)
23. Der Sau ist's nicht viel um das Baden.
24. Der Sau lässt Gott keine Hörner wachsen.
Böhm.: Dobře že svinĕ rohův nemá. – Nedal pán bůh svini rohy aby netrkala. (Čelakovsky, 101.)
25. Der Sau sind Träber lieber als Rosen.
Frz.: Truie aime mieux bran que roses. (Bohn I, 60.)
Holl.: De zeug heeft liever draf dan rozen. (Harrebomée, II, 499a.)
26. Der Sauen Leben ist ein Requiem, ihr Tod ein Gaudeamus. – Körte, 5194.
27. Der schlimmsten Sauen seynd die besten Eicheln, dem bösesten Hund die besten Beiner.
Lat.: Ignavis fortuna favet. (Chaos, 273.)
28. Di Sau keft me' net im Soack. (Henneberg.) – Frommann, II, 411, 133.
29. Die erstgeborne Saw saugt den ersten Dutten, vnd so fort die ander den andern. – Lehmann, 188, 16.
[7] 30. Die fette Sau weiss nicht wie der magern zu Muthe ist.
31. Die fetteste Sau will allzeit die grössten Rüben fressen.
32. Die feulste Sau wirt die gröst. – Nas, 231a.
33. Die gröbeste Sau erwischt die gröst Möhre vnd der gröst Ochs die gröste Ehre. – Herberger, Hertzpostille, I, 562.
34. Die loseste Sau, die beste Möhre. (Altenburg.)
»Die lîste Sau, die besste Mîre.« Spricht die Ansicht aus, dass es dem schlechtesten Menschen oft am besten gehe, dass er das meiste Glück habe.
35. Die mit Säuen umgehen, schweineln gern.
36. Die satte Sau denkt nicht der hungrigen.
Bei Tunnicius (237): De sade söge en denket nicht der hungergen. (Jeiuni meminit nunquam porcellus obesus.)
37. Die Sau auf der Mast leert den Trog mit Hast.
Holl.: De stille zeug eet al den draf op. (Harrebomée, II, 499a.)
38. Die Sau, die man nicht füttert, kann die Ferkel nicht nähren.
Dän.: Gold so var aldrig grijse god. (Bohn I, 371.)
39. Die Sau erschrickt vor keinem (fürchtet keinen) Dreck.
Holl.: De zeug ziet geen' drek aan. (Harrebomée, II, 499a.)
40. Die Sau fand, die Magd band.
»Die Stadt Calbe an der Saale besitzt (oder besass?) eine grosse Glocke, die Bramme genannt, von der man eine alte, wiewol ungegründete Tradition hat, dass dieselbe ein Schwein auf einer naheliegenden Drischstätte solle ausgegraben und eine Magd, nachdem sie dieselbe etwas aus der Erde herausstehend gesehen, mit ihrem Schurtzseil, damit sie nicht wieder hinuntersinken möchte, gebunden und gehalten habe, bis andere, um dieselbe herauszubringen, hinzugekommen. Daher der gemeine Mann also gereimt: Die Sau fand, die Magd band.« (Haynecker's Chronica, 39b.)
41. Die Sau findet die Eichel so gut wie der Eber.
Dän.: En soe finder saa snart et egerne som en galt. (Prov. dan., 166.)
42. Die Sau findet eher einen Dreck als ein Goldstück (oder: eine Perle). – Körte, 5187.
43. Die Sau findet man in Mist und Stroh.
44. Die Sau findet überall ihr Land.
45. Die Sau frisst die Eicheln ungeschält.
46. Die Sau frisst die Eicheln unterm Baume auf, ohne aufzusehen, wo sie herkommen. – Sailer, 329.
Von undankbaren Menschen.
47. Die Sau geht dem Gestank nach.
Dän.: Soen lugter strax det som stinker. (Prov. dan., 163.)
48. Die Sau geht nie schneller als zum Troge. – Altmann VI, 405.
49. Die Sau gehört nicht ans Spinnrad.
»Vnd ist all ding also verkert, das auch die Sau hat spinnen glert.« (Waldis, IV, 44, 29.) Wie der lautenschlagende Esel, so ist die spinnende Sau sprichwörtlich. So erzählt Reinsberg (V, 154): Am Thor von Hedsin sah man ehemals das Bild einer Sau, welche spann, mit der Unterschrift: »Wenn die Franzosen erst Hedsin gewonnen, hat diese Sau ihren Flachs abgesponnen.«
Lat.: Graculo cum fidibus nihil. (Gellius.) (Binder I, 617; II, 1241.)
50. Die Sau gibt nicht Wolle als ein Schaf. – Eiselein, 540; Simrock, 8733; Braun, I, 3733.
51. Die Sau gibt weder Milch noch Wolle.
52. Die Sau grunzt anders, wenn der Metzger kommt.
»Vnd die Saw, so sonst allzeit grummt, schreyt anders, wenn der Metzger kummt.« (Fischart, Flöhh., in Kloster, X, 772.)
53. Die Sau hält sich gern zum Koth.
»Wie ein Saw wület stets im koth, ist nicht werdt, das sie ehre hat.« (Waldis, II, 76.)
54. Die Sau hebt die Metten an. – Brandt, Nsch., 72.
Wo Gemeinheit herrscht. »Vorauss wann prasser z'sammen kommen, so hebt die Saw die Metten an, die Primzeit ist jm Eselthon, die Tertz ist von Sant Grobian« u.s.w. (Kloster, I, 613.)
55. Die Sau ist am liebsten im Dreck.
56. Die Sau ist das Beste am Schweinskopf. – Eiselein, 540; Simrock, 9740.
[8] 57. Die Sau ist das kunstreichst vnd meisterlichst thier; so die ein alten Dreck isst, macht sy einen jungen darauss. – Haupt, III, 29.
58. Die Sau ist gern im Drecke, der Ochs begnügt sich mit Stroh.
Bei Tunnicius (222): De söge is gêrne in dem Drecke, de os lyt (begnügt) sik mit stroe. (Sus coeno gaudet, pinguescit stramine taurus.)
59. Die Sau lässt das Wühlen nicht.
60. Die Sau legt sich nach der Schwemme wieder in den Koth. – Simrock, 8729.
61. Die Sau macht jetzt viel jungen. – Brandt, Nsch., 72.
Gemeinheit und Unsitte greifen um sich. »Die Sauw hat jetzt allein den tantz, sie helt das Narrenschiff beim schwantz, das doch gross schad auff Erden wer, ... aber die Saw macht jetzt viel jungen.« (Kloster, I, 612.)
62. Die Sau muss Haare lassen. – Eiselein, 540; Simrock, 8726.
63. Die Sau muss ihre guten Tage mit der Haut bezahlen. – Eiselein, 290.
64. Die Sau singt nicht wie ein Zeislein. – Eiselein, 540; Simrock, 8734.
Lat.: Sus Minervam (docet, monet). (Eiselein, 540.)
65. Die Sau sticht den König. – Simrock, 8753.
66. Die Sau stirbt von keinem unsaubern Troge.
67. Die Sau trägt nicht Wolle wie ein Schaf. – Masson, 76.
68. Die Sau wälzet sich nach der schwemme wider im Koth. – 2 Petri 2, 22; Eiselein, 540; Petri, II, 142; Schulze, 291; Zehner, 240.
Böhm.: Bláto líbí se svini. (Čelakovsky, 26.)
Lat.: Sus in volutabro coeni. (Hanzely, 135.) – Sus lota redit ad volutabrum. (Eiselein, 540.)
69. Die Sau wälzt sich lieber im Mist als im Bach.
Dän.: Soen er helst i søle. (Bohn I, 398.)
70. Die Sau weiss nicht, wovon sie fett wird. – Simrock, 8737; Braun, I, 3730.
71. Die Sau wird gekraut, bis sie liegt, dann gibt man ihr den Stich.
72. Die Säue essen, ist genug; sollte einer ihre Speisen auch essen, würde er gar zur Sau.
73. Die Saue wühlen im Dreck, geben aber dennoch guten Speck.
74. Die Saw find ehe Koth vnd Mist, den ein stück Goldes. – Petri, II, 142.
75. Die Saw fragt nicht nach Majoran, noch der Heher nach der Geigen. – Henisch, 1189, 3; Petri, II, 142.
76. Die Saw fragt nur nach den Kleien. – Henisch, 1189, 5; Petri, II, 142.
77. Die saw ist ein saw vnd bleibt ein saw. – Tappius, 27b; Franck, II, 22a; Lehmann, II, 130, 180; Gesner, I, 966.
78. Die saw muss die trauben zahlen. – Franck, I, 52b; Gruter, I, 21; Simrock, 8721.
79. Die saw legt sich nach der schwemm wider ins kat. – Franck, II, 43b.
80. Die Saw meistert Gott. – Petri, II, 142.
81. Die Saw soll nicht Muskaten essen, dieweilen sie Karspulen findet. – Henisch, 948, 36; Petri, II, 142.
Karspüle = Spülicht, Aufwasch, was aus dem Karn, Küchengefässe und Schüsseln gespült wird. (Vgl. Grimm, V, 231.) »Du bist ein grober Himmel, die saw soll nit Muscat essen, dieweil sy karspul finde.« (Friesen, Bl. XV.) »Ein saw am liebsten ist im Dreck, dass darin sie biss an die ohren steck.«
82. E Sau und en Amme b'haltid eisder der Name. (Luzern.) – Schweiz, II, 24, 13.
83. E Saw reucht ein treck vber neun Zäune. – Gruter, III, 77; Lehmann, II, 572, 4.
84. Ehe du die wilde Sau greifst am Ohr, sieh dich vor!
85. Ein Saw bleibt ein Saw, wann sie gleich ein güldenen ring an der Nasen trüg. – Eyering, II, 169.
[9] 86. Ein Saw frist nicht von jhrem Speck. – Lehmann, 251, 23.
Von einem Geizhalse, dessen Vermögen andere verzehren.
87. Ein Saw gibt weder Milch noch Woll. – Lehmann, 521, 23.
88. Ein Saw helt sich gern zum koth. – Lehmann, 859, 4.
89. Ein Saw ist am liebsten im Dreck. – Lehmann, II, 130, 179.
»Ein saw am liebsten ist im dreck, dass sie drin biss an die ohren steck.« (Loci comm., 11.)
Lat.: Sus magis in coeno gaudet, quam fonte sereno. (Loci comm., 11.) – Sordibus imbuti nequeunt dimittere sordem. (Anon.) (Binder II, 3184.)
90. Ein Saw ist lieber im schlamm, denn im frischen Wasser. – Henisch, 1246, 38; Petri, II, 222.
91. Ein Saw lässt die Perlen liegen vnd frisst ein Dreck dafür. – Theatrum Diabolorum, 543a.
92. Ein Saw sol keine Taube seyn vnnd ein Kuckuk keine Nachtigall. – Petri, II, 222.
93. Ein Saw wältzt sich im Koth, wann sie schon ein güldenes Halssband anhette. – Lehmann, II, 572, 6.
94. Ein Saw, wenn sie ein Dreck findt, so frisst sie jhn oder wület drinn, oder weltzt darin. – Lehmann, 791, 10.
»Also der Verleumder.«
95. Eine alte Sau kann ebenso gut eine Eichel finden als ein junger Eher.
Dän.: En soe kan saa vel finde et agern, som en galt. (Bohn I, 366.)
96. Eine blinde Sau findet auch wol eine Eichel. (Eifel.) – Schmitz, 186, 46.
In der Schweiz: E blinde Sau findt au a Eichle.
97. Eine fette Sau ist besser als ein fettes Pferd. (Altenburg.)
Ansicht der altenburger Bauern.
98. Eine folle Saw weiss nicht, wie es der hungerigen zu muthe ist. – Gruter, III, 29; Lehmann, II, 151, 77; Petri, II, 147.
Lat.: Qui satur est pleno laudat jejunia ventre, et quem nulla premit sitis est sitientibus asper. (Sutor, 378.)
99. Eine hungrige Sau kommt ungerufen zum Troge.
Die Russen: Eine hungrige Sau braucht man nicht zum Troge zu peitschen. (Altmann VI, 406.)
100. Eine langsame Sau kriegt nie einen warmen Bissen. (Steiermark.) – Sonntag.
101. Eine Sau auf Mast ist ein hungriger (theurer) Gast.
Holl.: De stille zeug eet al den draf op. (Bohn I, 307.)
102. Eine Sau bleibt eine Sau.
Frz.: Aux cochons la merde ne put point. (Kritzinger, 452b.)
103. Eine Sau, die in gutem Naschspeck (Aspect) gestochen wird, gibt guten Schmerlaib. – Fischart, Gesch.
104. Eine Sau gehört auf einen Misthaufen.
105. Eine Sau ist 'ne Sau und bleibt 'ne Sau und taugt zu keiner Krügerfrau. – Frischbier2, 3214.
106. Eine Sau ist voll, sagte der Kutscher; sind sie alle voll, so fahren wir. – Eiselein, 540; Simrock, 8747; Hoefer, 663.
Zur Schilderung einer Saufgesellschaft.
107. Eine Sau kehrt gern beim goldenen Lamm ein.
Von Heuchlern.
108. Eine Sau lässt sich wol satteln, aber nicht reiten.
109. Eine Sau liegt nirgend bass, denn feucht, ein Dreck sie vor Violen reucht. – Kirchhof, Wendvnmut, I, 223.
110. Eine Sau schnappt alles auf, was man ihr vorschütt. – Facet.
111. Eine Sau soll nicht die Taube lehren wollen ein Körnlein essen.
112. Eine Sau träumt gern von Träbern.
Frz.: Toujours truye songe bran. (Bohn I, 59.)
[10] 113. Eine Sau verklagt niemand, wenn sie ihn auch beschmuzt.
Man kann nichts anderes von ihr erwarten.
114. Eine Saw frisst ihre eigne Jungen. – Oec. rur., 452.
Verrath verzehrt sich selber.
115. Eine'1 wiara Sau, ausse wia-r-a Frau; eine' wia-r-a Frau, ausse' wia-r-a Sau. (Tirol.) – Frommann, VI, 38, 15.
1) Einher, herein, im Eingange, Anfange, und ausse dagegen: heraus, auswärts, Ausgang. Zur Charakteristik des launenhaften Monats April, der, wenn er schön, wie eine Frau beginnt, wie eine Sau endet und umgekehrt.
116. Einer Sau frommt kein Bad. – Altmann VI, 401.
117. Einer Sau hilft das Baden nicht. – Kirchhof, Wendvnmut, I, 408.
118. Einer Suw ist bass in der Lachen, als läge sie in eitel Rosen. – Eiselein, 540.
119. Ene Sû blöfft ene Sû, on wenn se bet Möddag liggt. (Memel.) (S. ⇒ Jude 24.)
120. Es dienet kein Saw in den Würtzkram, noch ein Esel zum Harpffenschläger. – Theatrum Diabolorum, 396a.
121. Es ist der Sau niene wöhler als im Dreck. (Bern.) – Schweiz, II, 248, 4.
122. Es ist der Saw leicht gut genug. – Petri, II, 258.
123. Es ist eine böse Sau, die ihre eigenen Ferkel frisst. – Simrock, 8741; Körte, 5195.
Dän.: Det er et slem soe, som æder sine grise. (Prov. dan., 512.)
Lat.: Qui propriae domui non prodest, pessimus ille. (Binder II, 2797; Seybold, 187.)
124. Es ist genug, dass man die Säw isset, solt einer jhre Speiss auch essen, würde einer gar zur Saw. – Gruter, III, 32; Lehmann, II, 154, 128; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 71.
125. Es ist keine Sau so schmuzig, sie findet einen Eber, der sie küsst.
Aehnlich russisch Altmann VI, 483.
126. Es ist kein Saw so alt, es trewmet jhr des Jahres wol einmal von der kleien. – Petri, III, 6.
127. Es ist keiner Saw nie besser, sie lig dan im Koth. – Lehmann, 399, 27.
128. Es ist nit not, das man die sauw schirt, man pfluckt oder sengt sy doch wol. – Gesner, I, 16; Tappius, 130b; Lehmann, II, 135, 47; Braun, I, 3734.
129. Es ist um die Säue geschehen, wenn man Teufel austreibt.
130. Es nimmt nicht jeder die rechte Sau beim Ohr.
Dän.: Det er ikke enhver som veed at tage den rette so ved øret. (Bohn I, 360.)
131. Es stirbt keine Sau an einem unsaubern Troge. – Simrock, 8792; Kritzinger, 452b.
Lat.: Nulla unquam sus ex sordibus suis periit. (Binder I, 1233; II, 2293; Seybold, 391.) – Setigerum pecus ob sordes non interit ullum. (Binder II, 3098; Buchler, 353.)
132. Es taugt nicht, dass ein Saw will ein Taube lehren ein Körnlein rein essen. – Henisch, 948, 66; Petri, II, 300.
133. Fünf Söu gend au nün Site und e Zane1 mit Würst derzue. – Sutermeister, 136.
1) Zaine = Korb, geflochten aus Ruthen, Gerten, d.i. Zainen oder Tainen in der mösogothischen Mundart. (Stalder, II, 468.)
134. Für Sew hört sprew. – Nigrinus, Inquisition, 98.
135. Für solche Säue gehört solch Wildpret. – Luther's Werke, VII, 128b.
136. Gehe in aller Säue Namen, so frisst dich kein Jude!
137. Hängt die Sau 'n Geldsack an, grüsst »schöne Frau« sie jedermann.
138. I bin au koiner Sau vom Ars g'fallen, sagte der Bauer, da sich einer mit seiner Abkunft vom Schulmeister rühmte. – Kainis, 16.
[11] 139. Ich hab's schon einer andern Sau versprochen, sagte jener, als einer zu ihm sagte: Kannst mich im Arsche lecken. – Birlinger, 657.
140. Ich war der Sau ihr Engel, sagte das alte Weib, da hatte sie dem Nachbar das Schwein aus dem Feuer gerettet.
141. In eine Saw gehöret nicht anders denn Trebern. – Petri, II, 404; Eiselein, 540.
142. In solch Sew gehören solch Trebern. – Petri, II, 406.
143. Je fauler saw, je grösser dreck. – Franck, Paradoxa, 26a.
144. Je gütlicher man den Sewen thut, je neher sie der Schlachtbanck sind. – Petri, II, 392.
145. Je läufiger die Sau, desto besser motzt sie sich. (Rott-Thal.)
Motzen = sich breit machen. Von Eitelkeit.
146. Je schlimmer d' Sou, desto besser d' Eichle. – Sutermeister, 136; hochdeutsch bei Simrock, 8752.
147. Jede Sau geht zu ihrem eigenen Troge.
Engl.: Every sow to her own trough. (Bohn II, 133.)
Span.: Cada carnero de su pié cuelga.
148. Jede Sau hat ihren Martinstag. – Simrock, 8722; Körte, 5191; Braun, I, 3728.
149. Jede Sau nennt ihre Ferkel schön. – Altmann VI, 411.
150. Jede Sau soll bei ihrem Troge bleiben.
151. Junge Sew zerreissen die Seck gern. – Petri, II, 411.
152. Kein saw sich wol von traben mest, ob sie gleich zunimmet vnd wechst.
Lat.: Sus male pingue scit cum furfure, sed bene crescit. (Loci comm., 11.)
153. Kraue die Sau bis sie liegt, dann gib ihr den Stich. – Eiselein, 540; Simrock, 8724.
154. Leufft die Saw, so bleibt der Trog. – Petri, II, 437.
155. Lobe die Sau und sie legt sich in den Koth.
Aehnlich russisch Altmann VI, 437.
156. Man braucht die Sau nicht zu scheren, weil man sie brühen und sengen kann. – Eiselein, 540; Simrock, 8725; Körte, 5193.
157. Man macht oft die Sau fetter als sie ist.
Das vergrössernde Gerücht oder übertriebene Lob.
158. Man mot kenner fetten Sue den Ers (mit Speck) schmêrn. (Lippe.)
Keinem geben, woran er selber Ueberfluss hat, namentlich keinem Reichen schenken.
159. Man muss der Sau keine Perlen anhängen.
160. Man muss der Saw ein knebel ins maul geben. – Lehmann, 386, 13.
161. Man sattle eine Sau, es wird kein Zelter draus.
162. Man siehets der Sau an, die sich an einer Schulwand gerieben hat.
Von äusserst oberflächlicher Bildung. »Vor Zeiten war ein Sprichwort: Man sihet's einer Sau an, die sich einmal an einer Schulwand gerieben hat.« (Herberger, II, 167.)
163. Man sol nicht Sew zum Artzt schicken, Rath für Kranke zu holen. – Petri, II, 468.
164. Man verklagt kein Saw, die einen besudelt. – Lehmann, 701, 45; Eiselein, 540; Körte, 5192; Masson, 288.
Bei Einleitung von Injurienprocessen zu beachten.
Lat.: Non est remedium adversus sycophantae morsum. (Eiselein, 540.)
165. Mann macht offt die Saw feister als sie ist. – Lehmann, 300, 7 u. 490, 30; Petri, II, 458.
166. Me mott keiner fetten Suege den Balg (Bauch, Wanst) smearen. (Westf.)
167. Me sell kei Sou zuethum halt, dänn me heb en Söustâl, het de Chüferheiri g'seit. – Sutermeister, 39.
168. Me sell vor ere feiste Sou ehnder der Huet abzieh', als vor 'me Rothsherr. (Solothurn.) – Schild, 101, 25.
[12] 169. Mei Sau es sât, bann de Scholze sei sât es, womme hêmtreib. (Henneberg.)
Meine Sau ist satt, wenn Scholzen seine satt ist, wollen wir heimtreiben. Wird zur Beschämung gesagt, wenn es jemand beim Essen laut aufstösst.
170. 'Ne blinne Suege finnt ok wannär 'ne Jäcker (oder: en Eckerten). (Grafschaft Mark.) – Woeste, 66, 26; für Soest: Firmenich, I, 348, 6; für Düren: Firmenich, I, 482, 18.
171. 'S ist e Sou voll; wann alli voll sind, so ch'an i fahre, sagte der Kutscher. – Sutermeister, 64.
172. Sau, hier hast du dein Ferkel, wie jener sprach, da er auf dem Zotenberge (Zobten) auch einen Stein in den grossen Haufen warf. – Holtei, Eselsfresser, I, 173.
173. Säue sind Säue und bleiben Säue. – Simrock, 8720.
174. Säuen weicht man gern aus.
175. Säw essen Eicheln, vnnd wissen nicht, was der Eichbaum ist. – Lehmann, 903, 43.
176. Säw han Chorreck an vnd hinden lang Zwibelsäck dran. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 79.
177. Saw im Bad, Pfaff im Rath, Hund in der Kirchen sind nie nütz gewesen. – Mathesy, 264b.
178. Säw riechen bald, was stinckt. – Schrader, 59; Lehmann, 506, 52; Steffens, Volkskalender (Leipzig 1859), S. 36.
179. Säw sind doch Säw, und niemand will sich gern mit Säwen besudeln. – Oec. rur., 449.
180. Schicke die Sau mit einem rothen Jäcklein aus, sie bringt es grau nach Haus.
181. Schickst du die Sau auch nach Gastein, sie kommt zurück als Schwein.
182. Sew fressen die Eicheln vnnd sehen nimmer nach dem Bawm, da sie herunter fallen. – Petri, II, 521.
183. Sewe gehören in Koth, da ist jhnen wol. – Petri, II, 521.
184. Sewe wülen nur den Kot auff vnd fahen die Rosen nicht im Garten. – Petri, II, 521.
185. Soll die Saw würst vnd speck geben, so muss man sie stechen (schlagen) vnd brüen. – Lehmann, 306, 30.
186. Spring alle Säue no, es frisst di de kein Jud. (Solothurn.) – Schild, 93, 398.
Schimpf gegen Unsittliche.
187. Vnd wenn man einer saw (auch) ein guldin stuck anzuge, so legt sie sich doch mit ynn dreck. – Agricola II, 621; Franck, II, 22a; Tappius, 27b.
Mhd.: Si wellent, daz daz iht witze sîn, swer rôtez golt under diu swîn werfe und edel gesteine, des freuent si sich doch kleine, si waren ie für daz golt der vil trüeben lachen holt, da bewellent si sich inne. (Wigalois.) (Zingerle, 137.)
188. Von der Sau lernen die Ferkel grunzen.
189. Vor den Säuen soll man nicht die Borsten des Kehrbesens loben.
Aehnlich russisch Altmann VI, 443.
190. Wann de Süege satt sint, dann stülpet se den Truog ümmen. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 78, 323.
191. Wann de Sûge den Trog ümstott (umgestossen) hef, de Fierken 't antêrste entge'len müötet. (Münster.) – Frommann, VI, 428, 98; Lyra, 24.
192. Wann man der Saw am stall klopfft, so kröcht sie. – Lehmann, 250, 15.
»So erschrickt ein Geitziger, wann man gelt von jhm begehrt; geht's ans Geld, so geht's ans Leben.«
193. Wann man die saw kitzelt, so legt sie sich in dreck. – Franck, I, 127b; Lehmann, II, 830, 76; Schottel, 1141b; Sailer, 386; Simrock, 8727; Winckler, I, 17; Körte, 5189.
»Will«, nach Sailer, »die grobe Liederlichkeit und die liederliche Grobheit schildern.«
Holl.: Als men de zog in den nek kittelt, gaat zij in het slijk liggen. (Harrebomée, II, 499.)
194. Wär will der fetten Söge den Ârs smären. – Schambach, II, 585.
Man soll denen, die schon überreichlich besitzen, [13] zu ihrem Ueberflusse nicht noch hinzufügen; es sei dies so überflüssig, als wenn man einer fetten Sau den Arsch schmiere.
195. Was die Sau im Judenhause, das ist ein Confessionist in Spanien.
196. Was die Sau umwühlt, müssen die Ferkel entgelten. – Henisch, 1070, 3.
Lat.: Patres comederunt uvam accerbam et dentes filiorum obstupescunt.
197. Was die Sau verbrochen, am Säulein wird's gerochen. – Eiselein, 540; Simrock, 8743; Graf, 170.
Holl.: Wat de zeug doet, moeten de biggen ontgelden. (Harrebomée, II, 499b.)
Lat.: Quod sus peccavit, succula saepe luit. (Philippi, II, 146; Eiselein, 540; Binder I, 1521; II, 2902; Gartner, 162; Loci comm., 163; Seybold, 513.)
198. Was die Saw verschuldet, das muss dz ferklein büssen. – Henisch, 571, 65; Petri, II, 589.
»Das ferckle offt entgelten muss, so die saw hat verdient ein buss.«
199. Was die Saw wület, das entgelten die Fercklein. – Petri, II, 589; Henisch, 1070, 3.
200. Was nützt der gebadeten Sau ein Spiegel, sie wälzt sich doch wieder im Koth.
Aehnlich russisch Altmann VI, 406.
201. Was soll der Sau ein goldenes Halsband.
202. Was soll eine Sau am Spinnrad.
»Was soll e Sû am e Spinnrad? « (Sutermeister, 91.) »Und ist all ding also verkert, das auch die Saw hat spinnen glert.« (Waldis, IV, 45.)
Lat.: Nihil sui cum fidibus. (Binder I, 1118.)
203. Was soll einer Sau Konfekt, der Winkel Knoblauch besser schmeckt. – Kirchhof, Wendvnmut, I, 175.
204. Was thut eine Sau am Spinnrocken.
Holl.: Wat maakt de zeug aan het spinrokken. (Harrebomée, II, 499b.)
205. Was versteht eine Sau vom Safran!
Holl.: Wat weet eene zeug van saffran eten. (Harrebomée, II, 499b.)
206. Wat bât (nützt) der Sau e golden Halsband. (Köln.) – Weyden, II, 7.
207. Wat de Saeg wol vör Fârken krist! säd' de Swînjung, as de Paster anfüng, em tô vermânen. (Hamburg.) – Hoefer, 974.
208. Wat de Sû woilt, mötet de Fickeln entgellen. – Schambach, II, 410.
Die Kinder müssen für das büssen, was die Aeltern verschuldet haben, wie die Ferkel das entgelten müssen, was die Sau gewühlt hat.
209. Wat de Suh vabroaken hätt, dat mütt dat Färken entgelten. (Ukermark.)
210. We me d' Su chützlet, so leit si si in Dräck. – Sutermeister, 132.
211. Wei sik mang de Suege misket, mot ligen, dat se ne tobbelt.
Oder towwele = zupfen, zausen.
212. Wenn auch die Sau einen reinen Mantel besudelt, so bleibt doch der Mantel ein Mantel und die Sau eine Sau.
213. Wenn d' Sou gnueg het, gheit si der Kübel um. – Sutermeister, 133.
214. Wenn die alte Sau Hörner hätte, risse sie alles zusammen. (Kreis Nimptsch in Schlesien.)
215. Wenn die Sau aus der Schwemme kommt, legt sie sich wieder in den Koth.
216. Wenn die Sau den Trog umgestossen hat, so legt sie sich dazu.
Holl.: Als het varken den trog omsmijt, valt het er zelf bij neer. (Harrebomée, II, 358a.)
217. Wenn die Sau eine Pfütze hat, sucht sie keine Quelle.
Böhm.: Svinĕ když kalištĕ mají, na čistou vodu nedbají. (Čelakovsky, 215.)
218. Wenn die Sau gebadet ist, legt sie sich wieder in den Koth.
Holl.: De gewasschen zeug wentelt zich in het slijk. (Harrebomée, II, 499a.)
219. Wenn die Sau gemästet ist, kommt ein Speckschneider (Wurstmacher), der sie schlachtet.
[14] 220. Wenn die Sau in den Spiegel sieht, so grunzt sie.
Aus Wohlgefallen über ihre schöne Gestalt.
Lat.: Sus sui pulcher. (Hanzely, 25.)
221. Wenn die Sau satt ist, wirft sie den Trog um. – Masson, 338.
Böhm.: Syté prase vĕchtem hra. (Čelakovsky, 167.)
Holl.: Als de zog zat is, dan werpt zij den trog om. (Harrebomée, II, 499.)
222. Wenn die Sau träumt, so ist's von Träbern.
Holl.: Als het varken droomt, is het van draf. (Harrebomée, II, 358a.)
223. Wenn die Säue fliegen könnten, so wären sie das beste Federwildpret. – Florini, V, 104b.
224. Wenn die Saw geschlacht ist, so geneust man jhr am besten. (S. ⇒ Leute 1066.) – Lehmann, 251, 24.
Wenn der Geizige todt ist, wird sein Vermögen den Seinen erst nützlich.
225. Wenn die Saw mit einem Fuss vorüber kompt, so folgt sie bald mit dem Rüssel hinnach. – Petri, II, 646.
226. Wenn die Saw voll ist, so knickt sie. – Fischer, Psalter, 601c.
227. Wenn e Sou g'wohnt isch z' nuele1, so isch 's ere nit liecht abz' thue. (Solothurn.) – Schild, 68, 133; Sutermeister, 133.
1) Nühlen, nüelen, in Schaffhausen: nulen = mühlen, vernülen = verwühlen. (Vgl. Stalder, II, 245.) – Dass Leidenschaften schwer zu unterdrücken sind.
228. Wenn eine reiche Sawe kirret, so lauffen die andern alle zu. – Petri, II, 653.
Bei Mathesy (79b) mit dem Zusatz: »Denn es kartet sich in der Welt mit einem Reichen viel anders, denn mit einem Armen.«
229. Wenn eine Sau dreizehn Junge wirft, so muss eins fasten.
Scheint folgenden Ursprung zu haben. Als ein Bischof mit noch elf Geistlichen bei einer reichen Tafel sass, trat ein armer Landgeistlicher herein, der den Bischof sprechen wollte. Nachdem er an dessen Stuhle stehend sein Anliegen vorgetragen hatte, fragte ihn noch einer der Gäste, was es Neues im Dorfe gebe. »Nichts«, antwortete der Pfarrer, »als dass eine Sau dreizehn Junge geworfen hat.« – »Das ist nicht möglich«, sagte ein anderer, »sie hat ja nur zwölf Zitzen, wie macht es denn das dreizehnte?« – »Wie ich«, antwortete der Pfarrer, »es sieht zu, indess die andern fressen und saufen.«
230. Wenn eine Sau Federn hätte und über einen Zaun fliegen könnte, sie wäre das adligste Federwild. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 64.
»Gewiss, wenn einer derselben ein paar im Leib hett, sie würden jhm den Magen besser verdauen, als etlich und zwanzig Sester voll Rohrspätzlein.«
231. Wenn eine Sau grunzt, so fangen alle an zu grunzen. – Altmann VI, 484.
232. Wenn einem ein Saw den Mantel besudelt, so ist das ein Recept, dass mans läst trucknen vnd aussreiben. – Lehmann, 701, 53.
233. Wenn einem eine Sau über den Weg läuft, bedeutet es nichts Gutes.
Wenn sie ins Haus oder in die Küche liefe, wäre es besser.
234. Wenn ich eine Sau bin, sagte Schmudelliese, so mache Schinken aus meinem Arsch.
Holl.: Ben ik een varken, zei caatje, zoo eet spek van mijn' aars. (Harrebomée, II, 358a.)
235. Wenn man der Sau Junge Ferkel heisst, schimpft man sie nicht.
Die Russen: Der Sau Kinder können Ferkel sein. (Altmann VI, 424.)
236. Wenn man die Sau sattelt, wird deshalb kein Zelter daraus. – Eiselein, 540; Simrock, 8730; Körte, 5186; Masson, 11.
237. Wenn man die Sau von ihrem Miste (Lager) treiben will, so krochzet sie. – Winckler, VIII, 113.
238. Wenn man die saw auch in gold kleidet (oder: wenn man sie auch schwemmt), sie legt sich dennoch in den koth. – Agricola II, 621; Guttenstein, I, 135; Blum, 447; Körte, 5190; Simrock, 8728.
Der Schmuzige kann sein neues Kleid keinen Tag tragen, ohne es befleckt zu haben. Dar Lasterhafte kehrt bald zu dem Schlamme zurück, dem er sich eben erst entzogen hatte.
Dän.: Var soen en klæd i gylden-stykke, legger hun sig da i skarnet. (Prov. dan., 517.)
[15] 239. Wenn man die Saw gleich badet, so will sie doch wieder in den koth. – Henisch, 170, 75; Petri, II, 664.
240. Wenn man Eine Sau schlägt, laufen alle zusammen.
241. Wenn man einer sau gleich ein güldin stück anzög, so legt sie sich doch darmit in den Dreck. – Petr. 2; Egenolff, 243b; Gruter, I, 69; Petri, II, 663; Gesner, I, 966; Oec. rur., 450; Körte, 5190.
Böhm.: Strč na svini i zlatohlav, předce svini zůstane. (Čelakovsky, 269.)
Holl.: Wanneer men eene zeug een gouden kleed aantrok, zoo lag zij toch midden in den drek. (Harrebomée, II, 499b.)
242. Wenn man einer Saw ein Perlen Borten auff Rüssel bünd, so wüllt sie doch in Koth. (S. ⇒ Affe 40.) – Heyl, 450.
243. Wenn man ruft: Sau, so meint man das Schwein.
Bei Tunnicius (1154): Als men röpt: söge, so meint man dat swyn. (Sus dum vociferant, cupiunt discedere porcos.)
244. Wenn sich die Sau im Strassenkoth gewälzt hat, badet sie sich in einer Lache.
Aehnlich russisch.
245. Wenn sich Saw vnd Esel zum Lewen gesellen, so müssen sie wol mit auff Jagd ziehen, aber der Lew nimpt den Vortheil allein. – Petri, II, 673.
246. Wer hier der Sew hütet, der muss dort der Böcke hüten. – Petri, III, 14.
247. Wer mit Säuen umgeht, der schweinelt. – Chaos, 931; Parömiakon, 336.
248. Wer wird der Sau eine Spitzenhaube aufsetzen.
Holl.: Eene zeug moet men geene goeden huif opzetten. (Harrebomée, II, 499a.)
249. Wer wird die Sau scheren, man sengt sie wol.
Lat.: Nihil sui cum fidibus. (Seybold, 351.)
250. Wer wird eine feiste Sau schmieren!
»Also hat sichs jetzt vmbgekehrt, das man ein feiste saw noch schmert.«
Lat.: Hic mos est genti, panis praebetur habenti. (Loci comm., 45.)
251. Wie die Sau grunzt, so grunzt auch das Ferkel.
252. Wie die Sau ist, so ist ihr Gestank.
253. Wie die Sau, so der Stall.
254. Wir wollen lieber die Sau essen, als dass sie uns frisst. (Altenburg.)
Sagt man, wenn das Futter zum Mästen weg ist und das Geld zum Kaufen fehlt.
255. Wo die Sau sich wälzt, da verliert sie Haare (Wolle u.s.w.).
Die Finnen: Wo das Rennthier sich wälzt, da bleibt das Haar. (Bertram, 58.)
256. Wo die Säue die Perlen mustern, muss man seine Schmucksachen wahren.
257. Wo d'r Säu vel send, do fält ät Gespöles (Spülicht) dönn. (Düren.) – Firmenich, I, 483, 81; für Köln: Weyden, IV, 16.
258. Wo viel Säue sind, wird das Gespül dünn. – Simrock, 8746.
259. Wozu die Sau scheren, da man sie brühen und sengen kann!
*260. A Sau durchs Kraut laufe lau. – Michel, 254; Nefflen, 451.
Bei Bereitung von Sauerkraut Schweinefleisch und Schmalz nicht sparen.
*261. A Sau haben. (Oberösterreich.) – Baumgarten, I, 84.
*262. A Sau machen. – Baumgarten, I, 84.
*263. A Sögg lep wegh mä tha Tâp. (Amrum.) – Lappenkorb; Haupt, VIII, 351, 9; Firmenich, III, 4, 46.
Die Sau lief weg mit dem Zapfen. Will sagen: dem Wirth, der selbst mitsäuft, hilft seine Wirthschaft nicht. Ohne Zapfen, leert sich das Fass, und er bemerkt es nicht.
Holl.: De zeug is met den tap gaan loopen. (Harrebomée II, 499a.)
*264. Also juckt man die San. – Körte, 5196h.
Man kraut sie mit der einen Hand und mit der andern schlägt man sie todt.
*265. Also muess men die Säu und Esel krönen. – Nas, 270b.
[16] *266. Ar fätte Sau a Oarsch schmîrn. (Oesterr.-Schles.) – Peter, 443.
Einem Reichen Geschenke machen.
Lat.: Alcinoo poma dare. (Juvenal.) (Faselius, 10; Wiegand, 458.)
267. As de Söge in't Jüdenhus kamn. – Eichwald, 1783.
268. Bleib jede Sau ob ihrem Trog. (Nürtingen.)
Schuster, bleib bei deinem Leisten.
*269. D' Sau gibt, Vater, gib du.
In Schwaben, wenn man bestimmt, wer zuerst die Kosten auszulegen hat.
*270. Da ist's als gäbe man einer Sau eine Muskatennuss. (Nürtingen.)
Sie tritt sie auch in den Koth.
*271. Da man die Sau brühen und sengen kann, wer wird sie scheren.
*272. Das gäb' ich um keine goldene Sau. (Wien.)
Was theuer und selten.
*273. Das hört die Sau lieber als Orgelspielen.
Holl.: Dat hoort de zeug liever dan op het orgel spelen. (Harrebomée, II, 499a.)
*274. Das ist der Sau vor den Arsch, zu giessen. – Frischbier2, 3213.
Ist ungeniessbar.
*275. Dat es, as wamme der Suege en güllen Halsband ümme däud. (Iserlohn.) – Frommann, V, 163, 160.
*276. Dat is mit em, as wenn de oll Säg sichten hürt. – Schiller, II, 7.
Sofort ist er da, in der Hoffnung, dass auch für ihn etwas abfallen könne. Schon Gryse (Spegel, Bg. Ddd 3) sagt: »Bald darna teidt un horket de Altarpape alse ene Söge, de sichten höret.«
*277. Dat öss under oller Sû. – Frischbier2, 3217.
*278. Dau kommt koi wild Sau draus. (Ulm.)
*279. De ôl Su frett Fladen. (Tilsit.) – Frischbier2, 3218.
Wenn jemand mit sich und seinen Verhältnissen ohne Grund prahlt.
*280. Der hat die Sau beim rechten Ohr gefasst.
Ein gewisser Dr. Thomas Cranmer, Lector der Theologie zu Cambridge, befand sich eines Tags zu Waltham, wo Heinrich VIII. auf der Jagd übernachtete, mit dem Staatssecretär Gardiner und dem Almosenier Fox in Gesellschaft. Man sprach von der Ehescheidungsgeschichte des Königs. »Ich wüsste dem Könige wol zu rathen«, sagte Cranmer. »Wie?« erwiderte Gardiner lebhaft. »Er dürfte«, antwortete Cranmer, »sich nur an die auswärtigen Universitäten wenden, und ihr Gutachten einholen. Erklären diese seine Verbindung mit Katharina für erlaubt, so werden seine Gewissenszweifel natürlich wegfallen; sollten sie aber die Verbindung einem göttlichen Gesetze zufolge für unerlaubt halten, so würde der Papst sich fügen müssen, weil eine päpstliche Dispensation das nicht legalisiren kann, was Gott verboten hat.« Als Gardiner dem Könige den Vorschlag überbrachte, rief dieser freudig aus: »Der hat die Sau beim rechten Ohr gefasst.«
*281. Der hat Sau. (Tübingen.)
*282. Der kann der Saw den Sattel recht aufflegen. – Nigrinus, Vorr. 37.
*283. Der Sau am Bauche kratzen.
» ... Er wolt auch nit lenger ohn Blasen schwimmen, sondern sahe jhm auch vmb ein Ruckenkrawerin vmb, auff das er eine hett, die der Saw vnden am Bauch kratzte.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 129.)
*284. Der Sau am Schwanze hängen. – Narrenspiegel.
Sich pöbelhaft betragen.
*285. Der Sau einen Knebel ins Maul geben.
Des Zornigen, Rohen, Wüthenden Ausbrüche abwehren oder ihnen ein Hinderniss in den Weg legen.
*286. Der Sau einen Pelz anziehen. – Braun, I, 3732.
*287. Der Saw ein beltz anlegen. – Henisch, 181, 11; Eiselein, 540.
*288. Der Saw einen Kleppel anlegen. – Herberger, I, 766.
*289. Die Sau anbinden.
*290. Die Sau aufdringen (wegschenken). – Murner, Schelm., 42.
Von Zudringlichkeiten pöbelhafter Natur.
*291. Die Sau begiessen.
Im Essen, besonders im Trinken über das Mass gehen, sich zum Thier machen.
*292. Die Sau bei den Ohren fassen (halten).
Schwed.: Han håller son i örett.
293. Die Sau Leim Ohr nehmen. (S. ⇒ Sauglocke.) – Eiselein, 541.
[17] *294. Die Sau geht in alten Letten. – Lindermayr.
Von jemand, der in den alten Fehler des Trunks zurückverfallen ist.
*295. Die Sau hat das Oel umgestossen.
Von zwei Bauern, die einen Process miteinander hatten, schenkte der, dessen Sache gerecht war, dem Advocaten einen Krug mit Oel, der andere einen Ochsen. Dieser gewann den Rechtsstreit, und man sagte, der Ochs habe das Oel umgestossen.
Böhm.: Rozlila svinĕ žbán oleje. (Čelakovsky, 361.)
*296. Die Sau im Aermel heimtragen. – Brandt, Nsch., 75.
Mit Schande davongehen. »Wer schiessen wil, der lug vnd triff, denn thut er nicht die rechten griff, so scheusst er zu dem Narrenschiff. Wer schiessen will vnd fehlt des rein, mag tragen die Saw im Ermel heim.« (Kloster, I, 630.)
Lat.: Ille suem grunnientem id est stultum mugientem scissis portat manicis. (Eiselein, 540.)
*297. Die Sau im Kessel jagen. – Narrenspiegel, 1.
Von denen, die »ihr Rath und Richten allein auf ihren Vortheil richten«.
*298. Die Sau im Sack kaufen.
*299. Die Sau kaufen. – Murner, Schelm., 42.
Sich auf Pöbelhaftigkeiten einlassen, mit Groben verkehren.
*300. Die Sau läuft in der Frucht. (S. ⇒ Schaf, ⇒ Schwein, ⇒ Wind und ⇒ Wolf.)
*301. Die Sau stehlen und die Füsse ins Spital schicken. – Winckler, XVIII, 84.
*302. Die Sau will Putzmacherin werden.
Lat.: Sus Minervam docet. (Hanzely, 13; Philippi, II, 207.)
*303. Die Sau wird den Bürzel in die Höhe recken.
Zorn der Gemeinheit. »Ich hab' den Papst mit den bösen Bildern sehr erzürnt; o, wie wird die Sau den Bürzel in die Höhe recken.« (Schaltjahr, II, 118.)
*304. Die Sau wird ihm in den Aermel schrigen.
*305. Die Säue sind im Blumengarten.
Lat.: Fontibus apros, floribus austrum. – Sus per rosas. (Eiselein, 540.)
*306. Die Säue über den Hirten setzen.
Verkehrte, ungereimte Ordnung.
*307. Die Säue zum Heu treiben.
»Muntre dich auf Kindstreck, treib die Säw widerumb zum Häv.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 234.)
*308. Die saw hat den wein vmbgestossen. – Tappius, 34a.
*309. Die Saw in den Kessel stossen (treiben). – Brandt, Nsch., 2; Eiselein, 340.
»Wer sich auff gewalt im Rhat verlesst, vnd hengt sich wo der Wind herblesst, derselb die Sauw in Kessel stösst.« (Kloster, I, 238.) Simrock bemerkt zu der Redensart: Die Sau in den Kessel stossen, erkläre ich mir so: Obgleich die Sau schon todt ist, wenn sie in den Kessel kommt, wo sie gebrüht, d.h. mit siedendem Wasser begossen wird, damit die Borsten sich abschaben lassen, so scheine sie hiermit doch erst völlig hingerichtet, weil nun nichts weiter übrigblieb, als sich in ihre Hinterlassenschaft zu theilen u.s.w. Ein Zweites ist dann die bildliche Anwendung auf ein hülf- und schutzloses Gemeindeglied, das abgethan, d.h. völlig zu Grunde gerichtet und seiner Güter beraubt werden soll, und ein Drittes erst der Name eines Kinderspiels, das die zu erklärende Redensart schon voraussetzt. (Vgl. Simrock, Seb. Brant's Narrenschiff, ein Hausschatz zur Ergetzung und Erbauung, Berlin 1872, S. 318.)
*310. Die saw inn rosen (oder: in briel) jagen. – Franck, II, 47a.
*311. Die saw ist ein apotecker worden. (S. ⇒ Kuh 519.) – Franck, II, 47a; Körte, 5196.
*312. Die Saw krönen. – Murner, Schelm., 23.
Zoten reissen, Unflätereien treiben, sich ungebührlich betragen. »Grobianus heisst ein Schwein, der nichts kann, denn ein Unflat sein; von dem in Worten, Werken, Bärden, die Sau im Stall gekrönt muss werden, vnd vnser Loss (Sau) so adlich schetzt, das er sie auf ein küssen setzt.« » ... (Beim Mahl sucht er) das best von allen stucken vnd achtend nit vor wem es lige, als die Saw thut in der stige vnd lass ein röüptzen, das es kracht.« (Kloster, I, 856.)
*313. Die Saw macht sich bunt. – Nigrinus Inquisition, 711.
*314. Die Säw scheren. – Lehmann, 817, 14.
*315. Die Saw schreit im Aermel. – Brandt, Nsch., 75.
Er wird Schimpf und Schaden davon haben. Von denen, die nach etwas streben, das zu erreichen sie nicht fähig sind. »Das einer denn ist so ein Geck vnd weiss, das er nichts gwinnet gar vnd dennoch dahin ziehen dar vnd da versuchen auch sein heil, ich nem sein zerung für sein Theil. Die Sauw wirt jm in Ermel schreien.« (Kloster, I, 629.)
[18] *316. Die Saw sticht.
»Bei dem Wein ist nicht gut spielen, es gibt oft böse Karte, mancher rümpft sich und die Saw sticht.« (Mathesy, 215a.)
*317. Die Saw verkauffen. – Murner, Schelm., 42.
Unanständige Reden führen. Von denen, die den Frieden und die Ehrbarkeit einer Gesellschaft durch Händel stören u.s.w., beleidigen, sich grob und unziemlich benehmen. »Wa ein ehrlich gesellschaft ist, schimpfleich vnd züchtig zugerüst, noch find man dennocht einen man, der die saw verkauffen kan, dadurch ein gantz geselschafft muss gross schande tragen oder buss.« (Kloster, I, 879.)
*318. Die Saw wil den Dokter lehren.
Lat.: Sus cum Minerva certamen suscipit. (Philippi, II, 207.)
*319. Die saw zu feysst machen. – Franck, II, 82a; Körte, 5196e.
*320. Die Sew vbern Hirten setzen. – Lehmann, 817, 14.
*321. Die Suw muss Haar lon.
*322. Die unrechte Sau beim Ohr fassen (nehmen).
»Zum Henker, Majestät«, sagte ein Major zu Coventry nach einem Siege über die Spanier, zur Königin Elisabeth, »diesmal nahm der König von Spanien die unrechte Sau beim Ohr.«
Engl.: To take a wrong sow by the ear. (Bohn II, 178.)
*323. Die wilde Sau am Ohr fassen. – Eiselein, 540.
*324. Dös weiss koi Sau. (Ulm.)
*325. Ein grobe Saw empfangen. – Wurstisen, Basler Chronik, XCI.
*326. Ein reiche Saw.
»Wie die Bergleut reden, vnd grosser Herr.« (Mathesius, Sarepta, CLXIa.)
*327. Ein saw machen. – Mathesius, Sarepta, CLV.
*328. Eine bairische Sau.
Lat.: Boeotica sus. (Apostol., V; Binder II, 347.)
*329. Eine Sau (mit etwas) aufheben. (Baiern.) – Klein, II, 101; Parömiakon, 307.
Eine Ungeschicklichkeit, einen Fehler begehen, einen schimpflichen Erfolg haben, in ein Laster fallen.
*330. Eine Sau davon tragen (gewinnen). – Murner, Vom luth. Narren; Lehmann, 697, 3.
Eine arge Niederlage erleiden, eine Schlappe erhalten, Schaden davontragen. »Wir soltens haben bass besunnen, wir han ein grobe suw gewunnen.« – »Ir habt nit vil der eer erjagen, als ir die suw habt dannen tragen.« (Murner, Vom gr. luth. Narren, in Kloster, X, 142 u. 149.)
*331. Eine Sau zu Acker führen.
*332. Eine todte Sau schinden.
»Was? Hab ich eine todte Saw geschunden, dass mir keiner keine bringt?« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 147.)
*333. Einem eine gute Saw geben. – Luther's Tischreden, 420.
Ihn derb schimpfen.
*334. Einer fetten Sau das Loch schmieren.
Ale Abweisung, wenn jemand etwas verlangt, das er selbst im Ueberfluss besitzt.
*335. Einer Sau die Leier lehren wollen.
*336. Einer Sau eine Perlenschnur ummachen.
Lat.: Feli crocoton dares. (Seybold, 177.)
*337. Einer Saw einen Beltz anlegen. – Melander, 592.
Einem Unwürdigen Ehre erzeigen.
*338. Er bekommt die Säue zu hüten.
Er wird viel Aerger, Hudelei und Schererei damit haben.
*339. Er dunckt sich wahrhafftig keine Sau zu sein. – Grimmelshausen, Vogelnest, II; Simplic., I, 297.
Nämlich nichts Geringes.
*340. Er dünket sich keine Sau unter anderer Leute Ferkeln zu sein.
»Er ist von eingebildeter Weisheit biss obenan erfüllet und düncket sich, was die Wissenschaft anbelanget, keine Sau unter ander Leut Ferkel zu sein.« (Köhler, 155, 11.)
*341. Er hängt einer Sau ein golden Halsband an. (Nürtingen.)
*342. Er hat die Sau. (Altbaiern.)
Von jemand, der, weil er zu spät kommt, das Beste versäumt und das Schlechteste erhält. Es ist nämlich in Altbaiern Sitte, dass bei Hochzeiten, nachdem das Brautpaar aus der Kirche gekommen ist, ein Wettlauf, Braut- oder Schlüssellauf genannt, für die jungen Burschen veranstaltet wird, wobei verschiedene Ziele gesteckt werden und für jedes derselben ein Preis bestimmt wird. Von dem letzten Läufer heisst es: »Er hat die Sau«, und er wird demzufolge mit Schweineschweifchen verziert. (Vgl. Schmeller, II, 501-502; III, 99-100, 177; Grenzboten, 1860, Hft. 2, S. 261.)
[19] *343. Er hat eine grosse saw davon getragen. – Schade, II, 34.
*344. Er hat eine Sau (Klex) gemacht.
Ein Versehen, hat sich geirrt, ist gestolpert u.s.w.
Frz.: Il a fait une bevûë. (Kritzinger, 68b.)
*345. Er hat eine Sau von Glück. – Frischbier2, 3215.
*346. Er hat eine todte Sau geschunden.
Ist verachtet.
*347. Er he e wüesti Suu bi im ig'metzet. – Sutermeister, 78.
*348. Er hett e gueti Sou g'egee, er frisst alles. – Sutermeister, 62.
Er hätte eine gute Sau gegeben, er frisst alles.
*349. Er hört die schwarze Sau läuten. – Parömiakon, 2595.
Von jemand, den sein Gewissen zum Bekenntniss eines begangenen Unrechts drängt. Abraham a Sancta Clara (Bescheidessen) erzählt die Entstehung der Redensart so: »Ein Schneidergeselle hatte seinem Meister Tuch veruntreut, aber dies hartnäckig geleugnet. Als kurz darauf der Sauhirt bei dem Hause vorbeitrieb, kam eine schwarze Sau an das Haus des Schneiders und rieb sich so, dass zufällig die Klingel berührt wurde, welche in die Stube des Schneiders führte. Der Geselle sah herunter, bemerkte das Läuten, hielt die Sau für den Teufel, und erschrak darüber so, dass er sogleich dem Meister seinen Diebstahl eingestand.«
*350. Er ist bei den Säuen in die Schule gegangen.
Der Unsaubere, Unflätige.
*351. Er ist mit einer sau durch die schul gelauffen. (S. ⇒ Schulmeister.) – Gruter, I, 29; Eyering, II, 356; Schottel, 1120b; Binder II, 9; Simrock, 9271; Körte, 5196.
Holl.: Met de zeug door ééne school loopen. (Harrebomée, II, 499b.)
*352. Er ist mit einer Saw vnd Affen einmal durch die Schul geloffen. – Eyering, III, 370.
*353. Er ist von N., wo der Brävst e Sou g'stole hät. – Sutermeister, 50.
*354. Er kann keine Saw satteln. – Mathesy, 62a.
*355. Er kehrt als Sau gern beim goldenen Lamm ein. – Spörer, Kirchweihpredigt.
*356. Er kriecht der Sau in den Arsch wegen des Schmers.
»Die erste Schell des Gelt-Narren ist, die Reichen Kautzen ... sie begehen alle schandt und laster; allein damit sie gelt und gut bekommen, vnd dörfften solche der Saw in ars schlieffen von wegen des schmers.« (Geiler, Nsch., in Kloster, I, 679.)
*357. Er will der Sau ein Ohr abhauen und trifft den Schwanz.
*358. Es hat eine blinde Sau eine Eichel gefunden.
*359. Es ist der saw leicht gut gnug. – Franck, II, 81b.
*360. Es ist eine Sau am Spinnrad.
*361. Es ist eine Sau in der Judenschule. – Körte, 5196g.
*362. Es ist eine wüste Sau.
Lat.: Graculo cum fidibus nihil. (Seybold, 202.)
*363. Es ist manchmal eine Sau im Kartenspiel.
*364. Es mag niemand die saw kauffen. – Murner, Schelm., 42.
Im Umgange mit pöbelhaften Leuten findet man keinen Gefallen. »Wann niemants die saw kauffen wil, so gend sie die wolfeil dan, das der kauff muss für sich gan, vnd hand auch weder rast noch ru, ehe schancktens eine die saw darzu.« (Kloster, I, 879.)
*365. Es steht ihr, wie der Sau ein Strohhut.
Von denen, die etwas ohne allen Anstand thun, die, aller Bildung bar, fein erscheinen wollen, sagten die Alten: Die Sau tanzt. Sus saltavit Diogene. (Erasmus, 16.)
*366. Geh in aller Säue Namen, so frisst dich kein Jude. – Eiselein, 540; Simrock, 8736.
*367. Gleich den Säuen, die zweimal käuen.
»Die wollen wir achten gleich den Sewen, die eine speiss offt zweimal kewen.« (Waldis, III, 99.)
*368. Hei geit keiner scheiwen Suege ut dem Weage. (Marsberg.) – Firmenich, I, 321, 18.
Er fügt sich in die Umstände.
*369. Hier zog die Sau den Zapfen aus.
Holl.: Hier trekt de zeug den tap uit. (Harrebomée, II, 499a.)
*370. I bin au koiner Sau vom Arsch g'fall. (Ulm.)
*371. I möcht uff der Sou zum Land usryte. (Solothurn.) – Schild, 93, 399.
Ausruf, wenn etwas nicht zum Aushalten ist.
[20] *372. Ich bin auch nicht auf der Sau dahergeritten.
Um zu sagen, dass man ebenso von guter ehrlicher Abkunft sei, wie der andere. Man hat dafür auch die Redensarten: Ich bin auch nicht auf dem Miste gefunden, von der Strasse gekehrt, hinter dem Zaune aufgelesen.
*373. Ich will lieber eine Sau am Stricke zu Acker führen.
»Wann ihr je gen Gemint sollen ziehen, wolten jhr lieber ein Ganss reuten oder eine Saw am strick zu äcker führen?« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 247.)
*374. Koin Sau fragt darnach.
*375. Koin Sau kommt 'naus. (Ulm.)
*376. Küsse mir die Sau auffs pacem unterm Pirtzel. – Luther's Werke, VIII, 94.
*377. Lat di de Sû anrennen. (Goldapp.) – Frischbier2, 3219.
*378. Lauf in aller Söue Namen. – Sutermeister, 23.
Schnöde Abfertigung. (S. ⇒ Reise 42.)
*379. Macht mir keine Sau in die kunst. – Ayrer, I, 206.
*380. Me möcht jo uf der Sou fort. – Sutermeister, 25; Eiselein, 540.
Ausdruck verzweifelnder Rathlosigkeit.
*381. Meine Saw ist wider kommen.
»Frewet euch mit mir, denn mein Groschen ist gefunden, meine Saw ist wider kommen.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 124.)
*382. Mit den Säuen zu dem Markte gehen.
»Die gern schendiren oder die mit den Säuen zu Marckt gehen.« (Fac., 481.)
*383. Nun ist ihre Sau fett.
Holl.: Dan is hunne zeug vet. (Harrebomée, II, 499a.)
*384. Sardanapalische Säue.
»Als Schimpfwort für Menschen.« (Coler, 498b.)
*385. Sau, du musst dich reiten lassen.
*386. Sau habe(n).
Tübinger Studentenausdruck für: Glück haben; dagegen s. ⇒ Ochsen.
*387. Sau heisst meines Vaters Schwein. – Frischbier2, 3216.
Wenn eine Arbeit beendet ist und man mit dem zufriedenen »So« schliesst, das in einigen Gegenden »sau« gesprochen wird.
*388. Sau, in d' Brenten. (Schweiz.)
*389. Seine Sau wäre (dann) feist. – Sendbrief von der Messkrankheit.
Zu ergänzen: wenn das geschähe.
*390. Sie ist eine wahre Sau.
In Wien sagt man auch von einer sehr schmuzigen weiblichen Person: Land-, Generalsau.
Frz.: Elle est toujours faire comme quattre oeufs. (Kritzinger, 487a.)
*391. So muss die Saw das Gloch (Gelag) bezahlen. – Eyering, I, 484.
*392. So saw so, friss gar auss. (S. ⇒ Ueberbleiben.) – Franck, II, 47b u. 112a.
*393. Solchen Säuen gehören solche Träber.
*394. Spring alle Sôue noh. (S. ⇒ Reise 42.) – Sutermeister, 23.
*395. Wan haben wir miteinander die Sau g'hüet? (Oberösterreich.) – Hochdeutsch bei Simrock, 8749.
Um widerwärtige Vertraulichkeit zudringlicher Personen zurückzuweisen.
*396. Wegen meiner sand (sind) d' Sau Schweiner. (Rott-Thal.)
Mich berührt es nicht, es geht mich nichts an, es ist mir gleichgültig, wenn man die Säue auch Schweine heisst.
*397. Wie die Sau durch einen Rübenacker gehen. – Körte, 5196a.
*398. Wie die Sau zum Troge gehen.
Nämlich, geht er zum Tische, unrein, ohne Gebet, ohne Mass zu halten im Genuss. »Das wir nicht wie die Sew hingehen in saufferey vnd vollem frass, sondern soll halten rechte mass.« (Waldis, I, 72.)
Holl.: Als de zog tot den trog. (Harrebomée, II, 499.)
*399. Wie die Säue grunzen (knurren) beim vollen Troge.
Holl.: Als de varkens knorren bij den vollen trog. (Harrebomée, II, 358a.)
*400. Wiera Sau um an Groschen. (Oberösterreich.)
401. Die Sau weiss sich nicht in ein guldenes Halsband zu schicken. – Polit. Schimpf und Ernst, 95.
402. Für eine Sau ist es auch nicht geschrieben, sagte der Einjährige, als ihm der Lieutenant den Bericht abnahm und schalt: das kann keine Sau lesen.
403. Was versteht die Sau vom Gebetbuch.
*404. Da kennt sich keine Sau aus.
Bei Sachen, bei denen man die Geduld verliert.
*405. Davon wird kein Sau feist weren. – Ayrer, V, 3013, 13.
*406. Der ist noch über die rothen Säue.
In Schlesien, um einen schlauen, durchtriebenen, betrügerischen Menschen zu bezeichnen.
*407. Die Sau ist im Korn. (Unterinnthal.) – Heber, 32.
*408. Do möcht' mer uf de Sau davon ungesattelt durchgehen. (Schwaben.)
*409. Er hat eine Sau aufgehoben.
Er hat sich in übeln Ruf gebracht (blamirt).
*410. Er muss die Saw heimtragen. – H. Sachs, XX, 1.
In dem Sinne: das Bad austrinken.
*411. Es ist, als wenn eine blinde Sau eine Eichel findet.
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