[32] Malerei und Malerkunst wird diejenige bildende und schöne Kunst genannt, welche bestimmte, in der Natur oder nur in der Idee vorhandene Gegenstände mittels der Farben auf Flächen zu möglichst vollendeter Anschauung für das Auge zu bringen strebt. Sie hat es dabei nicht mit körperlichen Massen zu thun, wie die Bildhauerkunst, sondern vermag die Gegenstände blos dadurch auf der Fläche darzustellen, daß sie deren Umrisse nach den Gesetzen der Perspective darauf zeichnet, und die Zeichnenkunst ist daher die Grundlage derselben. Allein die Malerei trachtet zugleich darnach, ihren Kunstwerken in allen Theilen die naturgetreue Färbung zu geben und wird daher durch das Colorit oder die Farbengebung (s. Farben) über die Zeichnenkunst gestellt, ungeachtet sie nur als eine Zeichnung mit Farben zu betrachten ist, wobei aber Zeichnung und Colorit in der künstlerischesten Übereinstimmung für den beabsichtigten Zweck benutzt werden müssen. In Bezug auf das äußere Verfahren bei der Malerei wird dieselbe z.B. mit Rücksicht auf die Wahl, Zubereitung und Befestigung der Farben eingetheilt: in die Ölmalerei, wo ölige Stoffe die Farben auf der Fläche befestigen; in die Wachsmalerei oder Enkaustik (s.d.) und die ihr verwandte Glas-, Porzellan-, Email- und Schmelzmalerei, bei denen die Farben ebenfalls in die Fläche eingebrannt werden; in die Malerei mit Wasserfarben, d.h. die blos mit Wasser angemacht sind, wozu die Frescomalerei (s.d.), die Gouachemalerei, bei der die Farben wie gewöhnlich auf Papier oder Pergament aufgetragen und verwaschen werden und die Miniaturmalerei (s.d.) gehören; in die Pastellmalerei, bei der die erdigen Farben trocken mittels dazu bereiteter Farbenstifte auf das Papier gebracht werden. Man unterscheidet ferner nach Stoffen, Örtlichkeit und Bestimmung der bemalten Flächen: die Malerei auf Leinwand und Holz, welche vorzugsweise die Ölmalerei benutzt; auf Elfenbein, Papier und Pergament, die Tapeten-, Wand-, Decken- oder Plafondmalerei, die Decorationsmalerei (s. Decoration), die Stubenmalerei u.s.w., deren Ausübung aber häufig aufhört eine künstlerische zu sein. Hinsichtlich der vom Maler dargestellten Gegenstände werden unterschieden: die Historien- oder Geschichtsmalerei, welche die Darstellung geschichtlicher Begebenheiten, in geistlicher und weltlicher Beziehung, von Scenen aus dem Gebiet der Götterlehre, der Fabeln und Sagen, aus den Werken großer Dichter, allegorische Darstellungen und die Portrait- oder Bildnißmalerei insofern umfaßt, als sie merkwürdige Personen naturgetreu mit anbringt. Sonst ist die Portraitmalerei mehr als eine eigne Hauptgattung der Malerkunst zu betrachten, die nicht etwa blos nach knechtischer Nachahmung, sondern nach allerdings getreuer, aber lebensvoller und charakteristisch wahrer Darstellung des Originals streben muß, wenn ihre Werke künstlerische Bedeutsamkeit erhalten sollen. Überhaupt setzt man ins Fach der Geschichtsmalerei alle Darstellungen menschlicher Handlungen und Zustände, die sogenannten Charakterbilder, die eine oder mehre Personen in eigenthümlichen Lagen des Lebens darstellen; die Conversationsstücke, auf denen mehre nach dem Leben gemalte Personen meist zu einer Familiengruppe vereinigt sind; die Bambocciaden (s.d.), Darstellungen von Volksfesten, Wirthshausscenen und andern Zuständen des gemeinen Lebens. Eine andere Hauptabtheilung aus dem Gesichtspunkte der vorgestellten Gegenstände bildet die Landschaftsmalerei, wohin auch Ansichten oder Prospecte bestimmter Orte und Gegenden (daher Prospectmalerei), Seestücke und Hirtenstücke gehören. Die dritte Hauptgattung ist die Thiermalerei, welche eine untergeordnete Stufe einnimmt und weniger einzelne Thiere als das Charakteristische ihrer Gattungen im Zustande der Ruhe und im Zusammensein mit andern oder in Begleitung des Menschen malerisch aufzufassen hat. Als Unterabtheilungen unterscheidet man hauptsächlich Pferdemalerei, Vieh-und Jagdstücke. Endlich bildet die Darstellung von kleinern, leblosen Gegenständen eine vierte Hauptabtheilung, welche indeß von Manchen mit zur Landschaftsmalerei gezogen wird. Es gehören hierher die Blumen- und Obstmalerei (Blumen- und Fruchtstücke); die sogenannten [32] Stillleben oder die Darstellungen von allerlei kleinerm todten Wild, Fischen und Geflügel in malerischer Zusammenstellung mit Kraut, Kohl, Hausgeräthen und ähnlichen Dingen, und von zu malerischen und sonst bedeutsamen Gruppen vereinigten kleinern Gegenständen aller Art; die Malerei von Arabesken (s.d.). Diese vierte Gattung der Malerei wird auch oft zusammen mit den Darstellungen von Bauernhochzeiten, Jahrmärkten und Scenen aus dem niedern Volksleben als Genremalerei bezeichnet.
Die Künstler, welche die Malerei ausüben, werden Maler und die von ihnen hervorgebrachten Kunstwerke Gemälde genannt. Ein gutes Gemälde aber soll in wo möglich veredelter Auffassung die geschilderten Gegenstände nach ihrer charakteristisch eigenthümlichen Erscheinung mit irgend erreichbarer Treue zur allseitig vollendeten Anschauung bringen. Es sollen alle einzelnen Theile desselben mit einer solchen Übereinstimmung behandelt sein, daß sie bei der Betrachtung des Ganzen nirgend stören, sondern zum malerischen Ausdrucke und also auch zum Verständniß der dem Gemälde zum Grunde liegenden Idee harmonisch und wohlgefällig mitwirken. Auffassung, Anordnung und die höhere Bedeutsamkeit eines Gemäldes sind dabei Sache der geistigen Thätigkeit, die entsprechende Versinnlichung aber durch die malerische Darstellung die Aufgabe der künstlerischen Fertigkeit im Zeichnen, im Colorit und in Dem, was irgend für diesen Zweck benutzt werden kann. Die Meisterschaft in diesen zum Theil mechanischen Dingen ist daher zur Herstellung eines vollendeten und selbständigen Gemäldes ebenso unentbehrlich, wie eine dichterisch schaffende Einbildungskraft. Insofern man daher mit dem Ausdruck Gemälde den Begriff der charakteristisch-eigenthümlichen und ausführlichen Schilderung von Gegenständen, obgleich zunächst aus dem für das Auge verständlichen Gesichtspunkte versteht, wird derselbe auch im bildlichen Sinne auf Werke der Dicht- und Tonkunst angewendet, und man spricht von Tongemälden, von poetischen oder dichterischen Gemälden und nennt manche Dichtungen vorzugsweise malerisch. Ansehnliche Sammlungen von Gemälden heißen Gemäldegalerien (s. Galerie) und sind sehr wünschenswerth für Orte, wo Malerakademien oder Malerschulen bestehen, d.h. öffentliche Anstalten, in denen Unterricht in Allem ertheilt wird, was zur Bildung eines guten Malers gehört, damit die Schüler stets gute Muster in größerer Anzahl vor Augen haben. Unter Maler schulen versteht man aber auch die von berühmten Meistern unmittelbar gebildeten Schüler und spricht z.B. von der Schule A. Dürer's und anderer großer Künstler; im weitern Sinne bezeichnet man aber mit demselben Namen ganze Abtheilungen von Malern, welche durch bestimmte Zeiträume, gleiche nationale Herkunft und sehr ähnliche Manier in der Ausübung der Kunst vereinigt, in der Geschichte der Malerei bestimmte Abschnitte bilden.
Die Geschichte der Malerei wird überhaupt in die des Alterthums und die der neuern christlichen Zeit eingetheilt, von welchem Volke aber und zu welcher Zeit diese Kunst zuerst einigermaßen ausgebildet worden ist, läßt sich mit Bestimmtheit jetzt nicht mehr ermitteln. Den Griechen gingen darin jedenfalls die Ägypter voran, bei denen die Malerei durch religiöse Verhältnisse angeregt und bedingt wurde und von denen sich Malereien aus den frühesten Zeitaltern an den Wänden ihrer Tempel und Gräber, auf Mumiensärgen, Mumiendecken und Papyrusrollen erhalten haben. Die erstern sind zum Theil bemalte und mit Metallen und Farben ausgelegte, vertiefte Umrisse von Figuren; die Farben sind zwar glänzend, allein es sind deren blos sechs, nämlich: roth, blau, gelb, grün, weiß und schwarz, und sie wurden nicht naturgemäß angewendet, indem z.B. die Gesichter der Götter meist grün gemalt sind. Auch bei den Griechen, auf deren Bildung die Ägypter wesentlich einwirkten, ging das Bemalen von Bildhauerarbeiten der eigentlichen Malerei voraus, die sie jedoch, wie alle Künste, als ihre Erfindung in Anspruch nahmen, wozu der Schatten an der Wand und. das Umzeichnen desselben mit Kohle und Kreide die Anregung gegeben haben soll. Diese Umrisse wurden zunächst einfarbig ausgemalt, sodann Licht und Schatten durch Abstufung der Farben darin angedeutet und Überreste dieser einfarbigen Malerei sind in den sogenannten Vasengemälden (s. Vase) mit schwarzen, den Silhouetten ähnlichen Figuren auf ungefärbtem Grunde, auf unsere Zeit gekommen. Die erste griech. Malerschule scheint sich an der Küste von Kleinasien und auf den Inseln gebildet und von da weiter und auch nach den griech. Colonien in Italien und Sicilien verbreitet zu haben. In Griechenland waren zu Sicyon, Korinth, Rhodus und Athen die berühmtesten Malerschulen, übrigens aber Gemälde beiweitem nicht so zahlreich, als Werke der Bildhauerei, obgleich Tempel, Säulenhallen und andere öffentliche Gebäude damit geziert wurden. Gegen die Zeit Alexander's des Großen gelangte auch die Malerkunst auf die höchste Stufe und in jener Periode lebten die berühmten Meister Zeuxis, Apollodorus, Timanthes, Parrhasius, Eupompus, Pamphilus, Polygnotos, Apelles (s.d.), nach dem die Kunst aber in Künstelei, übertriebene Zierlichkeit und Seichtigkeit verfiel und selbst die Darstellung des Gemeinen nicht verschmähte. Unter den alten Bewohnern Italiens war die Malerkunst, die nach Unteritalien eingewanderten Griechen ausgenommen, den Hetruskern am frühesten bekannt; die Römer schenkten ihr wenig Theilnahme und selbst nachdem in Folge der Eroberung Griechenlands die trefflichsten Gemälde damaliger Zeit in Menge nach Rom gelangt waren, begnügten sie sich mit dem Besitz derselben und erwarben sich kein hervorragendes Verdienst um die Vervollkommnung dieser Kunst. Was in den Gräbern, Bädern und andern alten Gebäuden von Rom, Pompeji, Herculanum und andern Orten Italiens von Denkmalen der alten Malerkunst aufgefunden worden ist, sind meist musivische Arbeiten und Wandgemälde; daß dergleichen aber in den meisten neuausgegrabenen Häusern der verschütteten Städte sich befinden, scheint allerdings für die Beliebtheit derselben und dafür zu sprechen, daß es der mittelmäßigen Künstler in diesem Fache viele gegeben haben muß. Übrigens gebrach es den Alten zu sehr an Bekanntschaft mit den Hülfsmitteln, welche die Erfolge der neuern Malerei begünstigen helfen; in der Chemie waren sie fast ganz unerfahren, daher selbst die Behandlung der ihnen bekannten wenigen Farbestoffe höchst einseitig blieb. Daraus ist es denn auch hauptsächlich herzuleiten, daß die Malerei bei den Alten hinsichtlich ihrer Vervollkommung und Anwendung der Plastik wol stets untergeordnet geblieben ist, während diese in neuerer Zeit von ihr überflügelt wurde. Die Darstellungen [33] der Maler der Alten waren meist auf Gegenstände aus der Geschichte und Götterlehre und auf Thiermalerei beschränkt und die Landschaftsmalerei blieb ihnen beinahe ganz fremd.
Die Anwendung der Malerei auf christliche Gegenstände ward allgemein, seit im 4. Jahrh. das Christenthum die herrschende Religion im röm. Reiche wurde; dadurch aber, daß Konstantin der Große um dieselbe Zeit die kais. Residenz nach dem von ihm neuerbauten und mit zahllosen, aus Rom entführten Kunstwerken gezierten Byzanz verlegte, das nachher den Namen Konstantinopel erhielt, wendete sich auch die Kunst aus Italien dahin. Aus der hierauf erfolgenden fast gänzlichen Verschmelzung der röm. und griech. Malerei entstand nun die byzantinische, durch welche die neuere Malerkunst mit der ältern in Verbindung steht. Es waren jetzt zunächst die vielbegehrten Darstellungen aus dem Leben Christi und der Heiligen, worin die Künstler sich versuchten; bei dem Mangel an geeigneten Mustern und der Beschränktheit ihrer eignen Erfindungsgabe hielten sie sich dabei meist an die jüdische Nationalbildung und die Haltung berühmter Bischöfe. Dabei artete aber die heitere Weise der Alten in steife Geschmacklosigkeit aus und Gold- und lebhafte Farben erhielten vor künstlerischer Wahrheit den Vorzug. Als endlich der seit 726 im Morgenlande erhobene Bilderstreit (s. Bilderdienst) aller christlichen bildenden Kunst den Untergang drohte, suchten wieder viele griech. Maler eine Zuflucht in Italien, wo nach dem Untergange des weström. Reichs (476) die Herrschaft roher Völker zwar wenig von altröm. Bildung übriggelassen hatte, die Kunst aber gleichwol an Päpsten und Bischöfen Beschützer fand. Dies konnte aber die schon tief gesunkene Kunst vor dem allgemeinen Verfall der Zeit nicht retten und seit dem 9. Jahrh. wurden der Maler immer weniger und ihre Leistungen bis gegen den Anfang des 13. Jahrh. immer handwerksmäßiger. Um diese Zeit begann aber das selbständige Erwachen der Kunst in Italien und zwar zuerst der Malerei, die im Fortgange der Zeit während einer gewissermaßen abgeschlossenen Periode einen eigenthümlichen Charakter behauptete und daher den unterscheidenden Namen der ital. Malerei erhalten hat. Sie verfolgte im Allgemeinen die Darstellung des Schönen in den edelsten Formen und die Übertragung des auf das Ideale gerichteten Bestrebens der Künstler der Alten in die Malerei, welche in Italien jetzt so rasche und allgemeine Theilnahme fand, daß in vielen Städten, von den dort lebenden vorzüglichern Malern angeregt, sogenannte Malerschulen entstanden, deren man gewöhnlich vier: die florentinische, römische, venetianische und lombardische, als Hauptabtheilungen der ital. Malerei anführt. Die florentin. Schule wurde um 1280 von dem ältesten bedeutenden Meister der neuen Periode dieser Kunst, von Giovanni Cimabue, geb. 1240 zu Florenz, gegründet, welcher der Vater der neuern Malerkunst genannt worden ist, weil er seinen Gemälden zuerst richtigere Verhältnisse und mehr Leben und Ausdruck zu geben verstand, als seine Vorgänger. Sein Schüler Giotto, 1276–1336, welchen er aus einem Hirtenknaben zum Künstler erzog und der sich auch in der Bau- und Bildhauerkunst hervorthat, gesellte zu diesen Vorzügen noch die Anmuth der Darstellung; später gehörten Masaccio, geb. 1402, der eigentlich Tommaso Guidi hieß, Leonardo da Vinci, 1444–1519, Michel Angelo (s.d.) 1474–1564, Andrea del Sarto 1488–1550, zu den vorzüglichsten Zierden dieser Schule. Auch die röm. Schule schreibt ihren Ursprung aus den frühesten Zeiten der Kunst her und nennt schon vor 1300 den Maler Oderigi, der gleich mehren seiner Nachfolger hauptsächlich viele Handschriften mit Miniaturbildern zierte. Ihr Hauptsitz war Perugia im Kirchenstaate, wo es schon im 13. Jahrh. eine Malerzunft gab, und ihr auszeichnender Charakter, den ungekünstelte Natur, Adel der Form und einfache Frömmigkeit ausmachen, wurde besonders von Pietro Vanucci, von seinem Geburtsorte Perugino genannt, 1446–1524, vorbereitet. Er war der Lehrer des bald alle frühern Meister übertreffenden Rafael Sanzio von Urbino (s.d.), und von dessen zahlreichen Schülern zeichneten sich vorzüglich Giulio Pippi, genannt Giulio Romano, 1492–1546, Francesco Penni, 1488–1528, Giovanni Nanni, 1494–1564, Pietro Buonacorsi, 1500–47, Benvenuto Tisi und mehre Andere aus. Die venetian. Schule hielt sich vorzüglich an morgenländ. Muster und Andreas Murano, sowie die Brüder Giovanni und Gentile Bellino werden als ihre Begründer in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. genannt. Andrea Mantegna von Padua, 1431–1506, wo der Hauptsitz dieser Schule war, machte in derselben zuerst das Studium des Antiken geltend und übersiedelte sie später nach Mantua; die größten Meister derselben aber waren Tiziano Vercelli, gewöhnlich Tizian genannt, 1477–1576, sein Zeitgenosse Giorgione Barbarelli aus Castelfranco, 1478–1511, und Paolo Caliari von Verona, daher nur Paul Veronese genannt, 1532–88. Die lombard. Schule blühte seit dem 13. Jahrh. in vielen Städten von Oberitalien zugleich, ohne grade selbständig Bedeutendes zu liefern, und erst im 16. Jahrh. wurde Bologna (s.d.) davon der Hauptsitz. Zu den zahlreichen Künstlern derselben gehören der zugleich als Baumeister ausgezeichnete Bramante, 1444–1514; Francesco Raibolini, genannt Francia, der Zeitgenosse Rafael's; Antonio da Correggio (s.d.); Lodovico Carracci, 1555–1619, welcher mit seinen Neffen Agostino, 1557–1602, und Annibale Carracci, 1560–1609, wovon Letzterer der berühmtere ist, durch das vereinte Studium der besten Vorgänger, der Natur und der Antiken den zu seiner Zeit gesunkenen Geschmack wieder hob und indem der Unterschied der ältern Schulen immer mehr verschwand, der Stifter einer neuen wurde. Diese, sowie die Nachfolger des Michel Angelo Merigi oder Amerigi zu Rom, 1569–1609, meist Michel Angeloda Caravaggio genannt, welche blos die Natur nachahmten, ohne die künstlerisch veredelte Darstellung im Auge zu behalten, bezeichnen die von dieser Zeit an bemerkbaren beiden Hauptrichtungen der ital. Malerei. Unter den zahlreichen Schülern der Carracci gehören Guido Reni, 1575–1642, Francesco Albani, 1578–1660, Domenico Zampieri, genannt Domenichino, 1581–1641, zu den berühmtesten. Von den ebenfalls in früher Zeit gegründeten, aber durch weniger Selbständigkeit und Bedeutung für die Richtung der Malerkunst untergeordneten Nebenschulen waren die genuesische und neapolitanische die wichtigsten und die letztere hatte sich namentlich im 17. Jahrh. des als Landschaftsmaler und Dichter ausgezeichneten Salvator Rosa 1615–73, zu rühmen.
Auch in Deutschland entwickelte sich die Malerei, gleich [34] der ital., aus den Grundzügen der byzantin. Schule, indem durch griech. und ital. Meister diese Kunst frühzeitig so heimisch wurde, daß bereits im 13. Jahrh. die älteste deutsche Malerschule am Niederrhein und besonders in Köln blühte, daher sie die niederrheinische und die altkölnische, auch altdeutsche genannt wird, und im 14. Jahrh. ansehnliche Malerschulen in Breslau und Nürnberg bestanden. Die meisten Bilder aus dieser Zeit, wo auch in der Glasmalerei Kunstreiches geleistet ward, sind auf Goldgrund und von oft bewundernswerther Farbenpracht, leiden jedoch an Verzeichnungen. Daher wurden die Gebrüder van Eyck (s.d.) im 15. Jahrh. dadurch berühmt, daß sie dieser herkömmlichen Weise ganz entsagten und sie durch treue Nachahmung der Natur ersetzten. In diesem Geiste arbeiteten mit und nach ihnen Hans Hemling oder Memling, Mich. Wohlgemuth, Martin Schön und die Künstler des 16. Jahrh., Albrecht Dürer (s.d.), Holbein, Lukas Kranach, Schoreel und Andere, die man aber auch mit ihren Schülern als eine spätere deutsche Schule unterscheidet, welche vom 16. bis zum 18. Jahrh. reicht, aber wenig Originalität besitzt. Aus der altkölnischen ging um die Mitte des 15. Jahrh. die niederländ. Schule hervor, als deren Gründer gewöhnlich die Brüder van Eyck, wenn man diese aber zur deutschen Schule zählt, die Maler Israel van Meckenen und Bril angeführt werden, und die sich im Allgemeinen durch Streben nach Naturwahrheit und lebhaftes, wohlgefällig übereinstimmendes Colorit unterscheidet. Sie wird mach den Provinzen auch in die holländische und flandrische oder flamändische getheilt und zu den vorzüglichsten Malern der letztern gehören: Quintin Messis, 1450–1529; Mabuse, 1499–1562; Franz Vriendt, genannt Floris, 1520–70, mit dem Beinamen des flandr. Rafael; Peter Paul Rubens (s.d.), der zweite Begründer des Ruhms dieser Schule, und von der großen Zahl seiner Schüler I. Jordaens; Ant. van Dyk, 1599–1641, einer der berühmtesten Portraitmaler; Adrian Brauwer und Andere. Als Stifter der holländischen Schule wird Lukas von Leyden, 1494–1533, betrachtet; sie unterscheidet sich durch vorzüglich treue Darstellung von Naturgegenständen, allein man macht ihr die häufige Wahl unedler Stoffe zum Vorwurf. Unter ihre berühmtesten Maler werden gezählt: der Lehrer von Peter Paul Rubens, Engelbrecht Octav. van Veen aus Leyden, 1556–1634; Martin van Veen, genannt Heemskerk; der alle überragende Paul Rembrandt (s.d.); Gerhard Terburg, 1608–81; Hermann Swanevelt, 1620–90, der ausgezeichnetste holl. Landschaftsmaler; Gerhard Dow, 1613–80; Peter van Laar, Urheber der Bambocciaden; der berühmteste Pferdemaler Philipp Wouverman, 1620–68; Paul Potter, der berühmteste Thiermaler; der durch überaus zarte Ausführung seiner Gemälde ausgezeichnete Adrian van der Werff und Andere.
Außer den bisher angeführten Schulen unterscheidet man noch die franz., span. und engl., Manche lassen dagegen nur zwei Hauptabtheilungen, die ital. und die niederländ., gelten und zählen die Maler der übrigen je nach dem Charakter ihrer Werke zu einer von beiden. Die Künstler der ältern franz. Schule, welche im 16. Jahrh. mit Joh. Cousin, der vorzüglich schöne Glasmalerei lieferte, und Vouet begann, bildeten sich meist in Rom und an ihren Werken rühmt man die richtige Zeichnung. Zu ihren berühmtesten Meistern gehören N. Poussin, 1594–1664; Lebrun, 1619–90; der ausgezeichnete Landschaftsmaler Claude Lorrain, 1600–88, der eigentlich Claude Gelée hieß, aus Lothringen (franz. Lorrain) gebürtig und zuerst Gehülfe eines Pastetenbäckers war; Eustache Lesueur, 1617–55, und Andere. Die gesunkene Kunst zu heben, strebte im 18. Jahrh. Vien, allein die Revolution schien alle Hoffnung für die schönen Künste vernichten zu wollen; sein berühmtester Schüler, David, 1748–1825, wurde jedoch noch während der Schreckenszeit die Seele aller patriotisch künstlerischen Unternehmungen und das Muster der neuern franz. Schule, an der man jedoch das vorherrschende Suchen nach Effect tadelt. In Spanien war es Bartolomeo Esteban Murillos, 1618–82, welcher der Malerkunst einen nationalen Aufschwung gab, dessen Beispiel seine Schüler aber nur zu bald wieder verließen; die engl. Malerschule aber ist am wenigsten bedeutend und hat erst seit dem vorigen Jahrh. einige ausgezeichnete Künstler aufzuweisen, wie Sir Joshua Reynolds, 1723–92, Joseph Wright, West, den berühmten Portraitmaler Sir Thomas Lawrence, 1769–1830, und David Wilkie, geb. 1785; eigenthümlich ist den Engländern die charakteristisch-bedeutsame Caricaturmalerei, in der namentlich William Hogarth (s.d.) sich ausgezeichnet hat.
In der neuesten Zeit hat auch die Malerkunst einen neuen Aufschwung genommen, und den wichtigen Antheil, welcher Deutschland daran gebührt, wo die Kunst in Folge der Reformation und des dreißigjährigen Kriegs im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. völlig gesunken war, dankt es großentheils den eigenthümlichen Verdiensten eines Winckelmann und Rafael Mengs (s.d.). Großartige Malerakademien, zahlreiche Kunstausstellungen und Kunstvereine (seit 1823) sind eine nationale Quelle der Beförderung dieser Kunst geworden, während Italien mit seinen Werken berühmter alter Meister mehr die Stelle einer Akademie für die Künstler von ganz Europa einnimmt. Zu den ausgezeichneten neuern deutschen Malern zählt man Öfer, 1717–99; Graff, 1736–1813; W. Tischbein, 1759–1821; I. F. Weitsch, 1723–1803; Wilh. Friedr. Schadow, Director der Kunstakademie zu Düsseldorf; Overbeck aus Lübeck; Julius Schnorr, Heinr. Heß, P. Cornelius in München und von den jüngern Künstlern aus der düsseldorfer Schule besonders Lessing, einen Neffen des berühmten Schriftstellers Lessing, Hildebrand, Hübner und Andere.
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