Schmieden [1]

[901] Schmieden, die Formänderung der Metalle durch Hammerschläge (Eisenschmied, Kupferschmied, Goldschmied, Silberschmied), insbes. Arbeiten an glühendem Eisen und Stahl, die nach den Erzeugnissen als Messerschmieden, Hufschmieden, Nagelschmieden etc. verschiedene Zweige bilden. Im weitern Sinne rechnet man auch die Formänderung der glühenden Metalle durch Pressen zum S. Das Erhitzen erfolgt in Schmiedefeuern und Glühöfen. Das Schmiedefeuer (Schmiedeesse, Schmiedeherd, Fig. 1) besitzt an der Seite einer Brand- (Feuer-)mauer K eine viereckige Vertiefung F, die Feuergrube, zur Aufnahme der Kohlen (Holz- oder Steinkohlen).

Fig. 1. Schmiedeherd.
Fig. 1. Schmiedeherd.

In die Feuergrube mündet die in die Platte o geschobene Windform s (Form, Eckeisen), in welche die Düse eines Gebläses (Blasebalges, Zentrifugalventilators etc.) gesteckt wird. Ferner befindet sich bei A ein Gewölbe zum Aufbewahren von Brennmaterial, bei H ein Raum für die aus dem Feuer gerissenen Schlacken und bei L ein mit Wasser gefüllter Löschtrog. Zum Abziehen des Rauches dient der Rauchfang m mit dem Schornstein b. In größern Anlagen sind Feuer von allen Seiten zugänglich und für alle Arten von Schmiedearbeiten brauchbar. Sie bestehen dann (Fig. 2, S. 902) aus einer gußeisernen Herdplatte AA mit der Feuergrube F in der Mitte unter dem Abzugskamin K, dem Wassertrog W, dem Kohlenbehälter B und den Tragstützen C. Als Grube dient eine gußeiserne Schale F mit Windkammer a, aus der die Luft von der Leitung L durch einen Schlitz (Schlitzfeuer) von unten in das Feuer tritt. Der Schlitz kann durch eine Zunge b frei gemacht oder geschlossen werden, die mit dem untern Ende d an einem Hebel hängt, der von dem Arbeiter regiert wird. Die[901] in a gelangende Schlacke entfernt man durch Öffnen des Stutzens c in einen untergestellten Karren. Vielfach werden auch mehrere Feuer auf einer runden Herdplatte unter einem gemeinschaftlichen Rauchfang angebracht, der den Rauch dann oft nach unten in einen Kanal abführt, so daß für eine größere Anzahl von Feuern ein Schornstein genügt. Für Schmiedearbeiten auf Bauplätzen etc. sind die auf Rädern transportabeln sogen. Feldschmieden unentbehrlich.

Fig. 2. Freres Schmiedeherd.
Fig. 2. Freres Schmiedeherd.

In größerer stehen sie viereckigen nahme des Feuer F, ren Wasser-Schrank S Ausführung be- (Fig. 3) aus einem Kasten A zur Auf-Gebläses, dem dem ausschiebbatrog W, einem zum Aufbewahren von Werkzeugen etc. und einem kräftigen Schraubstock. Als Gebläse dient gewöhnlich ein von außen durch Fußtritt angetriebenes Flügelrad- oder Rootgebläse (s. Tafel »Gebläse«). Große Arbeitsstücke werden in Flammöfen (Glühöfen) erhitzt. Die gewöhnliche Schmiedehitze ist Rotglut, Schweißen fordert Weißglut. Die Hauptwerkzeuge des Schmiedes sind Hammer, Amboß und Zangen, sodann Setzhämmer, Gesenke, Durchschläge u. Abschrote und außerdem Lehren verschiedener Art.

Fig. 3. Feldschmiede.
Fig. 3. Feldschmiede.

Kleine Arbeiten werden von einem Arbeiter mit der Linken an der Zange festgehalten und mit der Rechten mittels des Hammers bearbeitet; größere bedürfen eines Schmiedes (Meisters) u. eines oder mehrerer Gehilfen (Zuschläger); der erstere wendet und dreht das Schmiedestück und gibt mit seinem Hammer die Stellen an, die von den Zuschlägern mit großen, mit beiden Händen geschwungenen Hämmern (Vorschlaghämmern) getroffen werden sollen. Große Schmiedestücke machen die Anwendung mechanischer Hämmer, namentlich der Dampfhämmer und Schmiedepressen (s. Hydraulische Presse), sowie besondere Transportvorrichtungen, z. B. Krane, erforderlich. Die von dem Schmied auszuführenden Hauptarbeiten sind: das Ausdehnen unter Verminderung des Querschnittes (Strecken), das Verkürzen unter gleichzeitiger Verdickung (Stauchen), das Biegen, Zerschneiden oder Einschneiden eines Schmiedestückes, Schroten (Abschroten, Durchschroten) und das Vereinigen getrennter Stücke (Schweißen). Das Strecken eines Schmiedestückes erfolgt durch Bearbeiten mit den schmalen halbrunden Bahnen des Hammers. Zum Stauchen, z. B. einer Welle an einer bestimmten Stelle, gibt man Schläge in der Richtung der Wellenachse, während das Arbeitsstück gegen den Amboß gehalten wird, oder man stößt sie gegen einen eisernen oder steinernen Klotz oder wendet die Stauchmaschine an. Das Biegen erfolgt auf der Amboßkante, dem Amboßhorn oder zum Biegen von Radreifen u. dgl. auf Biegmaschinen. Zum Abschroten benutzt man ein in dem vierkantigen Amboßloch zu befestigendes Werkzeug, das die Form eines Meißels mit nach oben gerichteter Schneide hat (Abschrot); man legt darauf das glühende Werkstück und schlägt es mit dem Hammer, bis es durchschnitten ist. Löcher erzeugt man durch Ein- und Durchtreiben eines Stielmeißels (Aufhauer) oder eines Dornes (Aufdornen), wobei das Arbeitsstück auf dem Lochring oder einem schweren, mit zahlreichen Löchern und Gesenken versehenen Gesenkstock aufliegt. Die Bildung von Ansätzen erfolgt auf der Amboßkante oder mit ausgesetzten Hämmern (Setzhämmer). Manche Gegenstände, soz. B. Schraubenmuttern, werden in Schmiedemaschinen geschmiedet, die aus einem festen Untergesenk und einem regelmäßig auf und nieder gehenden Obergesenk bestehen (Gesenkschmieden), auch mit unterliegend gebaut werden. Beim Kesselschmieden werden die beschnittenen, mit Nietlöchern versehenen und auf der Blechbiegemaschine gebogenen Bleche zusammengenietet und die Nietfugen behufs der Dichtung verstemmt.

Geschichte der Schmiedekunst.

(Hierzu Tafel »Schmiedekunst I-III«.)

Die Verarbeitung des Eisens wird schon in den ältesten Schriftquellen, wie in der Genesis und im Homer, erwähnt, und der Mythus bezeichnet Tubalkain (den Hephästos oder Vulkan der Hebräer) als den Erfinder des Schmiedens. Doch finden wir bei zahlreichen alten Völkern, die es im Guß und in der Ziselierung der Bronze zu bedeutender Fertigkeit gebracht hatten, keinerlei Eisenarbeiten, und Assyrer, Ägypter und Römer scheinen das Eisen nur zu einfachen Nutzformen und da angewandt zu haben, wo Bronze nicht hinreichende Festigkeit gewährte: bei Lanzenspitzen, Schwertklingen, Beilen, seltener zu Schlüsseln. Erst aus dem 11. und 12. Jahrh., als die Steinarchitekturen, besonders die Kirchen, sich mehrten, sind uns Beschläge von Türen und Gitter erhalten, bei denen das Eisen eine künstlerische Formengebung erfuhr, jedoch vorwiegend noch zum Schutze des Holzwerkes gegen gewaltsame Zerstörung diente. Die Kreuzfahrer lernten im Orient die Methode des Damaszierens sowie das Einlegen von Gold und Silber in Eisen und Bronze (Tauschieren) kennen. Eine reichere künstlerische Entwickelung nahm die Schmiede- und Schlosserarbeit unter dem Einfluß des Formenreichtums der Gotik. Das glänzendste Beispiel kunstreicher Schmiedearbeit bieten die Angelbänder an den Toren von Notre-Dame in Paris, die, im Anfang des 13. Jahrh. entstanden, einen sprühenden Reichtum an ornamentalen Blattformen und Tierfiguren entfalten. Im allgemeinen begnügte man sich mit einfachern Eisenbändern, die sich verzweigen und in Blättern oder Blumen endigen[902] (Tafel I, Fig. 12, 14, 17 u. 18). Auch die Gitter zeigen meist nur einfache ornamentale Motive, Voluten, Vierpässe oder einfache Blattformen, wirken aber gerade in dieser Beschränkung am eindrucksvollsten (Fig. 19, 21, 22 u. 23). Das Schloß wurde nach außen hin durch das Schlüsselschild (s. Schloß, S. 873, und Tafel I, Fig. 7 u. 8) oder durch einen größern kunstvollen Beschlag (Tafel II, Fig. 8) charakterisiert. Dazu kam der Türklopfer (s. d. und Tafel I, Fig. 5 u. 10), der namentlich in Italien eine reiche plastische Ausbildung erfuhr. Verglaste oder nicht ausgefüllte Öffnungen über den Türen, Fenster, auch Altane, dann Vorräume, Chöre, Kapellen etc. wurden durch Gitter abgeschlossen. Die Stiegen erhielten eiserne Geländer, Türme, Wimpergen, Giebel, eiserne Bekrönungen und Windfahnen (Tafel I, Fig. 6 u. 9). Ferner gaben Kronleuchter, Wandarme, Türgriffe, Roste (Fig. 2, 3, 4, 15 u. 16) den Handwerkern, namentlich in Deutschland, Gelegenheit, ihre Kunstfertigkeit zu beweisen. Das Eisen wurde in die zierlichsten Formen geschnitten, auch mit eingeschlagenem Linienornament oder aufgetriebenen Buckeln geschmückt, Beschlagarbeit gern durchbrochen und mit rot oder blau gefärbtem Papier unterlegt, feinere durch Verzinnen, gröbere durch roten Anstrich gegen das Rosten geschützt. Die Renaissance brachte ihre Formensprache auch auf diesem Gebiet zur Herrschaft, das gleichzeitig durch den Aufschwung, den die Waffenschmiedekunst im 15. und 16. Jahrh. nahm, eine Erweiterung durch die Einführung der Plattenharnische erfuhr. Die Plattner von Augsburg, Mailand u.a. O. belebten die großen Flächen der Harnische mit Tauschierung oder durch Ätzung, welche die Zeichnung glänzend stehen läßt, den Grund schwarz färbt; dieselben Verzierungsweisen übertrugen sich auf Waffen und auf Mobiliar, namentlich Truhen, Kassetten, kunstreiche Schlösser. Die monumentalen Werke der genannten Jahrhunderte zeigen den ganzen Phantasiereichtum jener Periode und die absolute Beherrschung des Stoffes, die beide auch die Barock- und Rokokozeit charakterisieren, die in einer überreichen Ornamentation das Metall bisweilen zu Leistungen zwingt, die dessen Wesen widersprechen (Tafel II, Fig. 1, 3, 5 u. 9). Meisterwerke der Kunst im kleinen sind die Schlüssel mit durchbrochener Arbeit (Fig. 2, 6 u. 10).

Der eigentliche Boden für die künstlerische Eisenarbeit blieb Deutschland, doch breitete sie sich über alle Länder des Nordens aus; weniger Neigung für sie zeigte Italien, wo außer den berühmten Fackelhaltern und Laternen des Palazzo Strozzi in Florenz von Niccolò Grosso (15. Jahrh., Tafel I, Fig. 13) und den zierlichen Kaminständern (Fig. 1), Dreifüßen u. dgl. venezianischer Arbeit und aus dem 17. Jahrh. wenig Hervorragendes gemacht worden ist. In Spanien schwingt sich die Schlosserkunst des 15. Jahrh. in den großen Gittern der Kathedralen zu ganz hervorragenden Leistungen auf (Fig. 20). In Frankreich wurden im 16. Jahrh. besonders kunstvolle Schlüssel, Schlösser, Riegel und Türklopfer hergestellt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrh., der Zeit Ludwigs XIV., nahm die Schmiedekunst im Schmuck der Profanarchitektur mit Gitterwerk einen ungeahnt glänzenden Aufschwung. Auch im bewegten Linienspiel des Rokoko entstanden prunkende Werke der Schmiedekunst (Tafel II, Fig. 3, 4, 7 u. 9). Aus der Blütezeit der Schmiedekunst sind noch folgende Werke hervorzuheben: der Brunnen vor dem Dom in Antwerpen (1490, dem Maler Quintin Massys zugeschrieben, s. Tafel »Brunnen«, Fig. 4), der Kronleuchter der Kirche zu Vreden in Westfalen (1489 von Gert Bulsinck daselbst), der eiserne Stuhl, den die Stadt Augsburg dem Kaiser Rudolf II. verehrte, jetzt in England (1574 von Thomas Rückers in Augsburg), das Gitter des Schönen Brunnens in Nünberg (1586 von Paul Köhn daselbst), in Eisen geschnittene Figuren in den Museen zu München, Berlin, Kopenhagen etc. von Gottfr. Leygebe (1630–83), die Gitter der Schlösser Belvedere in Wien und Schloßhof bei Preßburg, die Gitter der Place Royale in Nancy (1760 von Lamour daselbst) und der Schlösser in Würzburg und in Brühl.

Der Verfall der Schmiede- und Schlosserkunst begann mit der Zeit des ersten Napoleonischen Kaiserreichs und zeigte sich in dem Verkleiden und Übertünchen des Eisenwerkes an Türen, Möbeln etc. wie im Überhandnehmen der Gußarbeit. Der Verfall ging so weit, daß um 1840 ein französischer Architekt in ganz Paris keinen Schlosser fand, der imstande gewesen wäre, das einfachste Gitter zu schmieden. In den 1860er Jahren erfolgte wieder ein Aufschwung. Insbesondere hatte der Architekt Pfnor die Aufmerksamkeit der Werkstätten für Eisenkonstruktion auf die Muster der Gotik, der Renaissance und des 17. Jahrh. gelenkt. Die Portale der Cours d'honneur vor den französischen Hotels, die Gitter der Pariser Parke, die Gitter an den Bahnhöfen und für die Umfriedigung der Großen Oper, die Treppengeländer für die letztere etc. wurden im reichsten Stile der Hochrenaissance im Anschluß an die Loggienornamentik des Vatikans oder in den Stilrichtungen Ludwigs XIV. und Ludwigs XV. ausgeführt, wobei die Technik die schwierigsten Aufgaben bewältigte. Man begnügte sich nicht mit den überlieferten vegetabilischen Ornamenten, mit den gehämmerten Ranken, Blättern und Blüten und den phantastischen Spiralen, sondern man fügte auch Namenszüge und bildliche Darstellungen, wie Figuren und Köpfe, in das ornamentale System ein, um eine möglichst reine malerische Wirkung zu erzielen, die auch wohl noch durch Vergoldung, Ätzung und Tauschierung verstärkt wurde. – In England hat sich die Schmiedekunst auf Grund der mittelalterlichen immer lebendig erhalten. Wie hoch sie bereits in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Blüte stand, beweist unter anderm eine Publikation von Henry Shaw: »Examples of ornamental metal-work« (Lond. 1836), aus der hervorgeht, daß die Verwendung des Schmiedeeisens für architektonische und dekorative Zwecke eine außerordentliche Vielseitigkeit erreicht hatte. Da die schmiedeeisernen Arbeiten ursprünglich meist bei Kirchen und Schlössern in Anwendung kamen, hielt man sich an den spätgotischen Stil, der freilich stark modernisiert wurde. Daneben fand der antike Stil in jener steifen, gezierten Form Eingang, wie sie das erste Kaiserreich herausgebildet hatte. Allmählich entwickelte sich die Technik der Schmiedekunst in England zu einer solchen Bedeutung, daß auf der Wiener Weltausstellung von 1873 ein Tor von Barnard, Bishop und Barnards in Norwich als die Krone aller Schmiedearbeiten bezeichnet werden mußte. – In Österreich hat sich die Wiederaufnahme der Schmiedekunst aus dem kirchlichen Bedürfnis entwickelt. Sie trat daher zunächst in gotischen Stilformen auf, für die Ferstel und Schmidt Entwürfe lieferten. Die also wieder belebte Technik fand bald solchen Beifall, daß auch für die Profanbauten nach Arbeiten aus Schmiedeeisen Nachfrage gehalten wurde. Für diese Zwecke wurden die Vorbilder aus der italienischen und deutschen Renaissance geschöpft und danach neue Muster komponiert. – In Deutschland wurden die ersten Versuche, diese Technik neu[903] zu beleben, in Berlin gemacht und am erfolgreichsten durch Eduard Puls, der besonders auf die Muster der deutschen Renaissance zurückgriff und im Verein mit den hervorragendsten Architekten Berlins und durch seine umfangreiche Beschäftigung für Staats- und Kommunalbauten bald eine solche Wirksamkeit entfaltete, daß er 1877 eine große »Mustersammlung moderner schmiedeeiserner Ornamente« im Charakter der deutschen Renaissance herausgeben konnte. Das Eisen wird jetzt für kleinere Erzeugnisse geschwärzt oder blank poliert, verkupfert, vernickelt, verzinnt und vergoldet, graviert und tauschiert. Es werden sogar einzelne Teile, wie Blätter, Blumenkelche, Rosetten etc., aus Schmiedeeisen getrieben, und mit letzterm werden auch Kupfer, Deltametall (s. d.) und Aluminiumbronze verbunden. Für die Weltausstellung in Paris 1900 war als Glanzstück deutscher Schmiedekunst die Gruppe eines Adlers, der einen Drachen bezwingt, von der Firma Gebr. Armbrüster in Frankfurt ausgeführt. Dieses Werk wurde auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 noch übertroffen von einem Adler der gleichen Firma nach August Gaul (Tafel III, Fig. 3). Die Zukunft der Schmiedekunst liegt bei den neuen gewaltigen Eisenbauten, den Bahnhofshallen, Ausstellungshallen, Brücken u.a. Hier sind vor allem nicht nur die dekorativen, sondern die konstruktiven und tektonischen Elemente zu betonen. In der neuen Berliner Hochbahn wurden in dieser Richtung durch Bruno Möhring und Alfred Grenander völlig neue Möglichkeiten eröffnet. Während man früher eine Scheinarchitektur aus Eisen in den verschiedensten Stilarten aufbaute, sucht man jetzt die tektonischen Funktionen des Materials zu betonen. Es bildet sich ein einfacher Maschinenstil, der nur in praktischen Forderungen künstlerische Werte sieht. Möhring (Tafel III, Fig. 1 u. 2) und Grenander (Fig. 6 u. 7) haben hier Gitter und Träger mit einfachen, linearen, dem Material entsprechenden Bildungen und neuer, reizvoller Ornamentik geschaffen, die zum Gelungensten auf diesem Gebiete gehören und für die Weiterentwickelung der Schmiedekunst von größter Bedeutung werden. Grenander hat neuerdings die letztgebauten Bahnhöfe der Berliner Untergrundbahn, ferner Billettschalter, Zeitungskioske u.a. in diesen neuen Formen mit Kachelverkleidung ausgeführt. Besonders ist es ihm gelungen, neue Trägerformen auch für Beleuchtungskörper zu finden (Fig. 5). In ähnlicher Weise hat van de Velde schon vorher im Folkwang-Museum zu Hagen in Westfalen Träger und Gitter von großer Vollendung geschaffen. Für die Schmiedekunst eröffnet sich ein neues Gebiet in den Bekleidungsgittern der Fahrstühle, die besonders in den großen Warenhäusern mit Zuhilfenahme von künstlerischen Entwürfen zur Ausführung kommen. Da die Technik möglichst einfache Bildungen bedingt, so ist die augenblicklich herrschende Anschauung und ihre Lehre von einer einfachen praktischen Schönheit der Schmiedekunst besonders günstig. Es werden wieder die einfachen Motive der mittelalterlichen Kunst im Gegensatz zu den kompliziertern Bildungen der Renaissance, Voluten und Blattformen in sich wiederholenden Bildungen bevorzugt. Das Wesentliche für die Weiterentwickelung der Schmiedekunst liegt in der Aufnahme von wirklich künstlerischen Entwürfen, die von technisch geschickten Meistern ausgeführt werden. Hermann Obrist hat hier für eine Münchener Firma Beschläge für eine Truhe entworfen (Fig. 4). Auch in Gußeisen kommen neuerdings Künstlerentwürfe zur Ausführung, so in der Ilsenburger Gießerei solche von Alwin Müller.

Vgl. Daly, Motifs de serrurerie (Par.); Mathurin Jousse, Ouverture de l'art de serrurier (La Flèche 1650; neue Ausg., Par. 1874); Hefner-Alteneck, Eisenwerke oder Ornamentik der Schmiedekunst des Mittelalters und der Renaissance (Frankf. 1870); Raschdorff, Abbildungen deutscher Schmiedewerke (Berl. 1875–77, kleine Ausg. 1878); Ilg und Kabdebo, Wiener Schmiedewerk des 18. Jahrhunderts (Dresd. 1878–83); Fonteyne, Kunstschmiedearbeiten (2. Aufl., Berl. 1884); Ehemann, Kunstschmiedearbeiten aus dem 16.–18. Jahrhundert (das. 1884); »Die Schmiedekunst nach Originalen des 15. bis 18. Jahrhunderts« (das. 1884–87,100 Tafeln); Schmelzer, Einrichtung und Betrieb der Schmieden (Leipz. 1888); Walther, »Die Kunstschlosserei des 16., 17. und 18. Jahrhunderts« (Stuttg. 1888); Sales Meyer, Handbuch der Schmiedekunst (2. Aufl., Leipz. 1893); Feller, Schmiedekunst (2. Aufl., Düsseldorf 1890–92, 3 Bde.); Barberot, La serrurerie (2. Aufl., Par. 1894); Lessing, Vorbilderhefte aus dem königlichen Kunstgewerbemuseum in Berlin, Heft 9 u. 10 (Berl. 1889); Hoch, Technologie der Schlosserei, 3. Teil (Leipz. 1901); Brüning, Die Schmiedekunst seit dem Ende der Renaissance (das. 1902); Lüer, Kunstgeschichte der unedlen Metalle (Stuttg. 1904). Zeitschriften: »Gewerbehalle« (Stuttgart 1863–93); »Les métaux œuvrés« (Par.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 901-904.
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