1. Arznei führt nicht über das Lebensziel; sie dient dem, der's erreichen will.
2. Arznei gehört für die Kranken. – Eiselein, 42.
3. Arznei hilft nicht für allen Schaden. – Grimm, I, 576.
4. Arznei hilft, wenn Gott will, wo nicht, so ist's des Lebens Ziel. – Simrock, 589.
Oder auch ein Fehlgriff des Arztes.
5. Arznei ist galgenfrei. – Simrock, 586; Grimm, I, 576.
Aber Gift nicht.
6. Arznei ist oft schädlicher (ärger) als die Krankheit.
Holl.: Dat is een geneesmiddel, waar een paard van barsten zou. – Het geneesmiddel is erger dan de kwaal. (Harrebomée, I, 229.)
Poln.: Przykrzejsze czasem lekarstwo, niż choroba.
7. Arznei und Juristerei geben guten fetten Brei.
It.: La penna dell' avvocato è un coltello di vendemmia.
Lat.: Dat Galenus opes, dat Justinianus honores.
[150] 8. Arznei und Wein wollen zur rechten Zeit genossen sein.
9. Arznei, Zuckerei und Zauberei tödten die Leute ohne Scheu. – Fischart, Prakt.
10. Der gibt oft böse Arznei, wer umsonst heilen will.
11. Die Arznei in des Apothekers Flasche ist oft ein Dolch in Mörders Tasche.
It.: Una medicina è una spada dentro 'l bicchiere dello speziale.
12. Die Arznei kommt zu spat, wenn die Seuche vergiftet hat.
13. Die Arznei muss man sich ihres Nutzens wegen gefallen lassen.
14. Die Arznei wenig frumet, so dem Mann ze spat kumet. – Eiselein, 43.
15. Eine Arznei dient nicht für alle Schäden. – Simrock, 588.
16. Es ist eine böse Arznei, da der Natur etwas abgebt.
Lat.: Mala est medicina, ubi aliquid naturae perit.
17. Es ist keine bessere Arznei, als die, welche die Gesundheit erhält.
Dän.: Bedre den medecin som underholder sundheden end den purgation som fordriver sygdommen.
Frz.: La médecine qui entretient la santé vaut mieux que celle qui chasse la maladie.
18. Es ist keine bessere Arznei gegen Narrheit, denn einem den Kopf aufthun. – Pauli, 8.
Pauli erzählt von einem Narren, der dadurch curirt worden, dass man ihm den Kopf mit einem Stock – aufgethan. Man mag prüfen, ob dies gerade die beste Arznei gegen Narrheit ist.
19. Mit Arznei und Pillen kann (soll) man nicht den Hunger stillen.
20. Theuere Arznei hilft immer, wo nicht dem Kranken, so doch dem Apotheker. – Simrock, 587.
21. Theuere Arznei, reinigt sie nicht den Magen, so reinigt sie doch den Beutel.
22. Was die Arznei nicht heilt, das muss Eisen heilen.
So sagen die Aerzte. Riehl (Land und Leute) meint, für die Pathologie und Therapie in der Volkswissenschaft gelte derselbe Spruch.
23. Was soll die Arznei der Tochter, wenn der Mutter der Magen verdorben ist.
24. Wenn die Arznei am Leibe geht fehl, sucht man Arznei für die Seel'.
25. Wenn die Arznei auch verbraucht ist, der Löffel schmeckt noch lange danach.
26. Wer Arznei nimmt, meint, dass sie hilft.
27. Wer seine Arznei bei Weibern kauft, bezahlt sie mit dem Leben.
*28. Die Arznei vor dem Gifte nehmen.
Sich vertheidigen, ehe man angeschuldigt wird.
zu4.
Holl.: Wort gemandt siek, of krijgt hij pijn, eerst God en dan den Medicijn. (Cats, 312.)
zu6.
Böhm.: Nečekej z léků dlouhého vĕku. Čelakovský, 301.)
zu8.
Dän.: Laegedom gavner i tide, skader i utide. (Prov. dan., 372.)
Lat.: Temporibus medicina valet, data tempore prosunt, et data non apto tempore vina nocent. (Ovid.)
zu20.
Lat.: Empta solet care medicina plurimos juvare. (Frisius, Spiegel V.)
zu22.
Was Eisen nicht heilt, heilt Feuer.
zu28.
Engl.: To take physic before one be sick. (Bohn II, 174.)
29. Artzney ist offt gut, aber sie muss nicht zu streng sein. – Lehmann, 731, 31.
Lat.: Poena sit medicina non clades. (Lehmann, 731, 31.)
30. Artzney soll nicht grösser vnd abschewlicher sein als die Kranckheit. – Lehmann, 732, 63.
»Es lautet tyrannisch, wenn man sagt: Excessit medicina modum periere nocentes.«
31. Arznei dient das Leben zu erhalten, kann es aber nicht verlängern.
Dän.: Man bruger laegedom, ey for at overgaae Livets maal, men at naae det. (Prov. dan., 372.)
32. Arznei ist keine Speise, von der man leben kann.
Es wäre theures Brot, das man in der Apotheke kaufen müsste.
Dän.: Laegedom er ey mad ut leve ved. (Prov. dan., 372.)
33. Arznei wird Gift, wenn sie nicht das Uebel trifft.
Dän.: Medecin vel brugt det hjelper, men misbrugt det skader. (Prov. dan., 411.)
34. Arzneyen vnd Kräuter helffen nur, wenn Gott wil. – Herberger, Ib, 833.
35. Bittere Arzneien sind die wirksamsten. – Altmann VI, 491.
Dän.: Laegedom som bider meest, geenligen heeler best. (Prov. dan., 372.)
36. Die Arznei kommt zu spät, wenn der Kerl todt ist.
Im Niederdeutschen steht Kerl für Mann. Bei Tunnicius (1234): Arstedye kumt to late als de kêrl dôt is. (Vita defuncto sero medicamina fiunt.)
37. Die best artzney ist die gedult. – Ayrer, IV, 2587, 32.
38. Die grösste Artznei ist in essen vnd trinken. – Aventin, LXXVIb.
Empfiehlt Mässigkeit im Genuss.
39. Einerley artzney machet den einen gesund, den andern wund. – Petri, II, 181.
40. Es ist keyn ander artzney, lieb, wiltu geliebt seyn. (S. ⇒ Zauberei.) – Franck, I, 57a.
41. Man muss die Arznei nehmen nach der Krankheit.
Dän.: At tage sin bood som man sik sin bam; men der bliver en nar af paa det sidste. (Prov. dan., 82.)
42. Man sucht offt bey dem Artzney, der einen verwundt. – Lehmann, 48, 5.
43. Nach guter Artznei leckt man die Finger nicht.
Dän.: God laegedom slikker men ey gierne fingrine after. (Prov. dan., 72.)
44. Offt braucht man Artzney, die schädlicher ist als die Kranckheit. – Lehmann, 48, 12.
Lat.: Remedio a ipso vitium nascitur. (Lehmann, 48, 12.)
[826] 45. Welcher begeren will artzney, muss sein kranckheit bekennen frey. – Loci comm., 125.
Lat.: Non intellecti nulla est curatio morbi.
46. Wenig Arznei ist gut, wenn sie's thut.
Dän.: Brug laegedom til maade. (Prov. dan., 372.)
47. Wir verschreiben blos die Arznei, nehmen sie aber nicht ein, sagte der Arzt zu dem Fräulein, dem er das Heirathen empfohlen hatte und die ihn dann aufforderte, sie zur Frau zu nehmen.
48. Wo man viel Arznei verordnet, da müssen auch viel Kranke sein. – Philippi, Der vergrösserte Staat.
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