[513] Dachstuhl, der tragende Teil eines Daches, die sogenannte Tragkonstruktion, das Dachgerüste. Nach dem Materiale, aus dem der Dachstuhl der Hauptsache nach besteht, unterscheidet man Holzdachstühle, Eisendachstühle und gemischte oder mit Eisen armierte Holzdachstühle. Für die Wahl des Materiales sind besonders maßgebend die Spannweite, die Feuersicherheit und der Kostenpunkt.
Für die Konstruktion eines Dachstuhls ist von besonderer Wichtigkeit die Dachform im allgemeinen, die Dachneigung, d.h. die Größe des Neigungswinkels der Dachflächen gegen den Horizont (s. Dach), die Dachbelastung, speziell ob der Dachstuhl außer der gewöhnlichen Dachlast (Eigengewicht, Schnee und Winddruck) auch noch eine andre Last zu tragen hat, z.B. eine Decke, eine Wand, und schließlich der Umstand, ob der Dachraum möglichst frei bleiben muß oder ob Konstruktionsteile ungehindert durchgelegt werden können.
Holzdachstühle.
Im allgemeinen wird jeder Dachstuhl aus einer Reihe von Dachbünden und Gespärren gebildet, die in Entfernungen, die durch die Unterstützung bestimmt werden, voneinander flehen und auf denen unmittelbar die Dachlattung bezw. die Dachschalung befestigt ist, die dann die eigentliche Dachdeckung (s.d.) trägt. Ein jeder Holzdachstuhl besteht aus einer mehr oder weniger großen Anzahl von Verbandstücken zumeist vierkantigen Hölzern , deren Namen, Zweck und Querschnittsstärken weiter unten folgen.
Als allgemeine Gesichtspunkte bei Anordnung der Dachstühle haben zu gelten: 1. Die Hölzer, besonders die tragenden, dürfen nur wenig geschwächt werden; 2. sie sollen in der Richtung ihrer Ebene vollkommen fest und unverschiebbar fein; 3. es ist ein guter Quer- und Längsverband anzustreben durch Anordnung von Balken, Spannriegeln und Zangen sowie durch Pfetten und Büge; 4. zur Beurteilung der Widerstandsfähigkeit ist eine Kräftezerlegung vorzunehmen und zu untersuchen, ob die Hölzer auf Zerreißen, Biegung oder Druck beansprucht werden; 5. man hat sich klarzulegen, welche Bewegung die Hölzer beim Einsturz machen und hiernach Vorkehrungen für die Standsicherheit zu treffen; 6. bei Anordnung des Dachstuhls ist Einfachheit der Verbände, Holzersparnis und ein gefälliges Aussehen anzustreben.
Der Dachbinder, Dachbund oder Bund, der aus der Gesamtheit der tragenden, nützenden und versteifenden Verbandhölzer besteht, soll im allgemeinen auf festen Mauern oder Pfeilern aufzuliegen kommen. Ist es nicht zu vermeiden, daß er auf eine Oeffnung trifft, so ist diese durch einen Wechsel (s.d.) zu entlasten. Die übliche Entfernung der Bünde, Bundweite, beträgt etwa 3,04,5 m und 6,0 m. Man unterscheidet: a) stehender Stuhl oder Bund bei senkrechter Unterstützung der Pfetten durch sogenannte Stuhlsäulenpfosten; b) liegender Stuhl bei Aufnahme des Drucks und Ueberleitung desselben durch schrägstehende Streben auf die Außenmauern, wobei eine Sprengung über dem Bundbalken entsteht. Die Anwendung dieser Verbandweisen ist abhängig von der Art der Grundrißanlage und der Zwischenunterstützungen des Gebäudes (durch Wände, Pfeiler u.s.w.) und von der Nutzbarmachung des Dachraums. Es folgen die Benennungen der Dachhölzer und ihre Funktionen.
1. Sparren (Sp) dienen zur unmittelbaren Aufnahme der Lattung oder Dachschalung (s.d.). Sie werden auf Biegung beansprucht und liegen daher hochkantig. Man unterscheidet: a) steigende oder stehende Sparren, die von der Traufe zum First laufen and bei den hohen und Heilen Dächern allgemein üblich sind; b) liegende Sparren, parallel zu Traufe und First, wie bei den italienischen bezw. antiken Dächern. Ihre freitragende Länge ist im Mittel 4,04,5 m (wagerecht gemessen 3,0 m) und soll 5,0 m nicht überschreiten; ihr Querschnitt = 12 × 16 cm, bei kleinen Weiten 10/13 cm, kann bei den steigenden Sparren gegen den First um ein geringes abnehmen. Hier werden diese in zusammengehörigen Paaren durch den Scherzapfen (s.d.), manchmal durch einfache Ecküberblattung (s. Ueberblatten) verbunden und verbohrt. Der seitliche Abstand der Sparren ist abhängig von der Belastung bezw. dem Deckmaterial (vgl. Schlußbetrachtungen) und kommt außerdem die Bundweite, Länge der Schalbretter oder Latten in Betracht, damit kein Verschnitt stattfindet. Gratsparren (s. Fig. 1) liegen in der Gratebene eines Walmdaches, während die Kehlsparren (s. Fig. 2) in der von den einspringenden Winkeln des Gebäudes ausgehenden Ebene (der Kehlebene) des Daches liegen. Diese beiden dienen zur Aufnahme der an ihnen endigenden Schifter oder Schiftsparren und Reiter (Reitsparren), die in einer Schmiege (s.d.) sich an sie anlehnen bezw. aufsitzen und mit Sparrennägeln befestigt werden. Zum Auflager der Sparren dienen:[513]
2. Die Pfetten (P), auf die sie durch Aufsatteln oder Aufkämmen (s.d.) aufgelegt und durch etwa 12 cm lange Sparren- oder Leistnägel befestigt werden. Die Stärke der Pfetten beträgt 15 × 18 cm bis 18 × 18 cm und geht ihre Richtung parallel mit Traufe und First. Nach der Höhenlage unterscheidet man a) Firstpfette (FP), die oberste, die zur Erhaltung einer schönen Firstlinie unentbehrlich ist; b) Mittel- oder Dachpfette, und c) Fußpfette, die unterste, die direkt auf dem Dachgebälke (bei alten Dachstühlen Saumschwelle) oder in neuerer Verbandweise auf dem Kniestock aufliegt. Zur Sicherung des Längsverbandes sollen die Pfetten aus möglichst langen, durchgehenden Hölzern bestehen, und dürfen Stöße nur auf den Bünden versetzt oder verschränkt stattfinden, d.h. nicht auf einem und demselben Bund. Von dem sicheren Auflager, der hinreichenden Unterstützung und Versteifung der Dachpfetten hängt Fertigkeit und Dauer des Dachstuhls ab.
3. Bundbalken (Bb), Binderbalken (Bundtram), Zugbalken, wagerecht in der Sparrenebene liegender, durch die ganze Weite des Dachstuhls von einer zur andern Umfassungsmauer des Gebäudes ununterbrochen durchlaufender Balken. Die Grundlage des Dachbinders bildend, hat er den Zweck, den Schub des Dachstuhls aufzunehmen, und wird deshalb auf Zug und Biegung beansprucht, daher hochkantig gelegt. Die Stärke geht je nach den Beanspruchungen von 13 × 16 cm bis 24 × 29 cm für Spannweiten von 520 m. Bei sehr großen Spannweiten kann der Bundbalken durch entsprechende Anordnung der Streben u.s.w. überflüssig bezw. durch eine eiserne Zugstange ersetzt werden.
4. Mauerlatte (ML), Mauerbank, auf der Hauptmauer der ganzen Länge nach aufliegend, dient zur Aufnahme der Bund- und Dachbalken, die aufgekämmt oder gedollt sind, sowie zur Uebertragung und Verteilung der Belastung auf eine möglichst große Mauerfläche Bei sehr schweren Dachstühlen und solchen von großer Spannweite kommen oft zwei parallel nebeneinander laufende Mauerlatten zur Anwendung. Der Querschnitt schwankt zwischen 9 × 12 cm bis 16 × 19 cm; sie liegen flachkantig.
5. Stuhlsäulen (StS), Pfosten von quadratischem Querschnitt, die auf die Bundbalken mit Zapfen gesetzt sind und die Dachpfetten tragen und unterstützen; ihre Stärke geht von 16 × 16 cm bis 21 × 21 cm.
6. Streben (Str), unter einem Winkel geneigte Hölzer zur Unterstützung der Pfetten und Uebertragung der Dachbelastung auf den Bundbalken. Deren Querschnitt schwankt von 16 × 21 cm bis 18 × 27 cm; sie sind wie auch 5. auf Druck beansprucht. Außerdem kommen vor;
7. Spannriegel (Spr), in halber Dachhöhe liegend, verbinden und versteifen die oberen Enden von 5. und 6. in wagerechter Richtung; sie bilden mit diesen einen festen Rahmen und fassen an ihren äußersten Enden die Sparren, mit denen sie verblattet und verschraubt sind. Ihre Stärke ist 15 × 18 cm bis 18 × 24 cm. Auf diesen oder auf den Dachpfetten aufgelegt sind die
8. Kehlbalken (Kb), wagerecht in der Sparrenebene und mit diesen verzapft oder in der Längsrichtung in der Höhe der Dachpfetten laufend. Sie bilden eine Balkenlage, die den Dachkammern als Decke und dem obersten Speicherraum als Fußboden dient. Ihr Querschnitt ist gleich dem der Sparren; auch sind sie auf die hohe Kante gelegt. Ihre Anwendung ermöglicht die Erstellung von windschiefen (s.d.) Dachflächen, ohne gekrümmte Pfetten.
9. Hahnenbalken (H), Hain- oder Spitzbalken, ein kurzer, bei dem Dachfirst angebrachter Riegel.
10. Zangen (Z), einfache oder doppelte, auf Zug, seltener auf Biegung beanspruchte Halbhölzer, dienen zum Zusammenhalten, z.B. Einhalten der Sparren gegen Hinausschieben.
11. Büge (B), Kopfbänder, kurze, unter 45° geneigte Hölzer, dienen zur Versteifung der Pfetten mit den Streben und Spannriegeln durch Bildung fester Dreiecke an den Knotenpunkten. Sie sind die schwächsten Hölzer der Dachbinder und kommen in der Stärke von 12 × 12 cm bis zu einer Länge von 1,501,60 m zur Verwendung. Ueber diese Länge hinaus sind sie 12 × 16 cm stark zu machen.
12. Hängesäulen (HS), einfach oder doppelt, kommen bei Dachstühlen mit Hängewerk (s.d.) vor; sie sind auf Zug beansprucht.
13. Windstreben (WS), Windrispen, dienen zur Versteifung der Sparren gegen Winddruck und Verstärkung des Längsverbandes. Sie reichen schräglaufend von den Sparrenfüßen gegen den Dachfirst durch und sind an der Unterseite der Sparren mit diesen verblattet.
14. Kniestock (KW), Kniewand, Drempelwand, eine Erhöhung der Stockmauer etwa um 0,501,50 m zum Zweck, die untere Auflage der Sparren von der Balkenlage unabhängig zu machen, und die bei alten Dachstühlen üblichen Aufschieblinge und den hierdurch entstehenden Leistbruch zu beseitigen, durch den der Abfluß des Regenwassers auf den Dachflächen gehemmt und eine baldige Schädigung der unteren Sparrenenden verursacht würde. Der Kniestock kann auch in Fachwerk ausgeführt werden und besteht dann aus Schwellen, Pfosten und Bügen, welche die Fußpfette tragen, die durch eine Zange mit der Strebe verbunden und festgehalten wird.
Die am häufigsten zur Anwendung kommenden Holzdachstühle sollen in nachstehenden Beispielen gezeigt werden und dabei die in vorstehender Besprechung der Verbundhölzer beigesetzten Abkürzungsbuchstaben zur Erklärung dienen. Wir unterscheiden: A. Pultdächer; B. Satteldächer mit Balkenlage; C. Freitragende Dachstühle; D. Dachstühle ohne Balkenlage; E. Hallendächer.
A. Pultdächer (s. Dach). Das Pultdach ist die älteste und einfachste Dachform und dient heute meist zur Ueberdachung von Seitenbauten. Es wird bis zu 3 m Weite aus Sparren gebildet, die auf den Unterstützungsmauern aufliegen, vorausgesetzt, daß diese stark genug sind, dem Schübe zu widerstehen. Bei einer Grenzmauer ist ein Auflegen des Daches nicht gestattet;[514] dieses wird nur angelehnt und durch Pfetten, die durch Pforten und Streben gestützt sind, getragen (Fig. 3), An großen Gebäuden, die einen nicht zu weiten Hof umschließen, kann das Pultdach dazu dienen, bei Hochführung der Außenmauern den Wasserablauf gemeinsam gegen den Hof zu leiten (Fig. 4). Bei landwirtschaftlichen Schuppen kann das Pultdach bis zu 10 m Breite zur Anwendung kommen (Fig. 5). Vordächer an Gebäuden (Klebedächer) sind an eingemauerten Tragsteinen aufzuhängen (Fig. 6) und durch feste Dreiecke zu stützen.
B. Satteldächer mit Balkenlage bedürfen bei ganz geringer Weite, d.h. bis 4,5 oder 5 m, einer Auflage der Sparrenpaare a) auf den Balken (Fig. 7, a) (das Fußende der Sparren geächselt), in welchem Falle keine Längsunterstützung durch Pfetten nötig, weil ein Aneinanderreihen von Gebinden (s. oben) besteht, oder b) auf Sattelschwellen (Fig. 7, b), wobei auch eine Firstpfette (oder Hahnenbalken H) anzuordnen wegen Ausgleitens der Sparren. Bei einer Gebäudelänge von 46 m kann die Unterstützung der Firstpfette durch die Giebel erfolgen; bei größerer Länge ist Zwischenunterstützung nötig und besteht diese in 1. Pfosten oder 2. einem Bock (Fig. 8, a), gebildet durch zwei Streben, wobei die Anordnung von Kreuzstreben vorzuziehen ist (Fig. 8, b).
Bei größerer Weite entstehen die sogenannten Stuhldächer (s. oben). Wir unterscheiden: a) einfacher stehender Stuhl mit Mittelpfosten und Kehlbalken (s. oben) auf jedes Sparrenpaar.
b) Doppelter stehender Stuhl (Fig. 9, a, b) mit zwei Pfosten, die durch Büge oder Streben gegen Verschieben zu sichern sind. Fehlt das Kehlgebälke, so sind die Sparren auf den Pfetten aufzusatteln. Liegt die Fußpfette auf dem Kniestocke auf, so ist sie durch eine Zange gegen Hinausschieben zu sichern.
c) Der liegende Stuhl hat den Vorteil den vorstehenden gegenüber, daß er die Anordnung des Speicherraumes freigibt und die gesamte Last des Daches auf die Außenmauern überträgt (Fig. 1012). Die Unterstützung der Firstpfette erfolgt durch einen Pfosten oder Streben vom Spannriegel aus. Die oberen Pfetten werden durch Büge von den Streben und Spannriegeln aus versteift und ihre freitragende Weite verringert. Bei den Dachstühlen mit von Balken bis First durchgehenden Streben (Fig. 12, b) (Tragsparren) und Kniestockanordnung sind die Büge nicht vorteilhaft, weil die Uebertragung der Last von den Pfetten auf die Streben unter starkem Winkel erfolgt, statt in Ebene, und so verstärkter Druck entsteht. In diesem Falle sind die Windstreben vorzuziehen ( s.a. Fig. 10, b). Hierher gehört auch das sogenannte gebrochene oder Mansard-Dach, so benannt nach dem französischen Architekten Fr. Mansard ( 1666),[515] der den hohen altfranzösischen Dächern die obersten spitzen Geschosse nahm und durch ein flacheres Dach ersetzte (Fig. 13), während der untere benutzbare Teil beibehalten wurde. Bei allen vorstehenden Dachstühlen war das Dachgebälk durch Zwischenwände unterstützt, wie bei Wohngebäuden, oder durch Pfosten getragen, wie bei landwirtschaftlichen Bauten. Soll aber der Dachstuhl außer der Eindeckung auch das Dachgebälke tragen, was eine starke Mehrbelastung bildet, so entstehen
C. Freitragende Dachstühle. Deren Tragsystem besteht je nach der Weite u.s.w. aus einem einfachen oder doppelten Hängewerk (s.d.) mit starkem Seitenschub, der auf den Bund- oder Zugbalken zu übertragen ist. Dabei bildet dieser einen Unterzug (s. Fig. 14), der die Balkenlage trägt und die Decke in Felder teilt. Soll aber die Deckenfläche eben ohne alle Unterbrechung durchgehen, wie z.B. bei Konzertsälen, so sind Ueberzüge (s. Fig. 15) anzuwenden, an denen die einzelnen Deckenbalken durch Schraubenbolzen aufzuhängen sind. Solche Decken sind anzuwenden über weiten Räumen, die keine Zwischenunterstützungen haben dürfen.
D. Dachstühle ohne Balkenlagen. Bohlendächer (Bogendächer) haben diesen Namen deshalb, weil die krummen Sparren dieser Dächer aus Bohlen oder Pfosten (von 48 cm Stärke) zusammengefügt werden. Man unterscheidet zwei Hauptarten:
a) System des Philibert de l'Orme (Fig. 16), aus dem 16. Jahrhundert flammend. Die Sparren bestehen aus ebenen, aber krumm zugeschnittenen, nach Art der Feigenkränze der hölzernen Wasserräder zusammengesetzten Bohlenstücken von 11/4-11/2 m Länge. Die einzelnen (gewöhnlich zwei bis drei) Brettlagen werden durch Holz- oder Eisennägel, bei besserer Ausführung durch. Eisenschrauben zusammengehalten.
b) System Emy (Fig. 17). Bei dieser 1819 erstmals vorgeschlagenen besseren Konstruktion bestehen die Sparren aus möglichst langen, zylindrisch gebogenen und in dieser Form (ähnlich wie die Blattfedern der Wagen) fest miteinander verschraubten Bohlen. Bei den Satteldächern mit Bogensparren sind im Innern anderweitige Konstruktionsteile nicht notwendig, höchstens vielleicht ein Zugband zur Aufnahme des Horizontalschubes. Die Bogenkonstruktion tritt dann innen zur unverhüllten Anschauung und wird häufig architektonisch sehr wirksam verwertet. Außen ist die Bogenkonstruktion jedoch zumeist durch ein ebenes Satteldach verkleidet, weil einerseits die Bogenform äußerlich keine besonders hübsche Ansicht gewährt, und anderseits die krumme Dachfläche, vornehmlich bei Eindeckung mit Ziegel und Schiefer, den Nachteil des Klaffens zur Folge hat. Außerdem ist die Ausführung solcher Bohlendächer sehr schwierig, weshalb sie auch teuer sind. Ein weiterer Nachteil liegt darin, daß ihre praktische Tragfähigkeit und Stabilität infolge der Zusammensetzung aus so vielen kleinen, dem Werfen und[516] Schwinden unterworfenen Teilen nicht mit jener Sicherheit vorher bestimmt (berechnet) werden kann, wie diejenige einer Konstruktion einfacherer Art.
Aus allen diesen Gründen werden Bohlendächer- die früher besonders zur Ueberdachung weiter Räume, wie Schuppen, Verkaufshallen, Theater, Kirchen u.s.w. vielseitigste Verwendung fanden in neuester Zeit nur in den seltensten Fällen angewendet, da man mit einer Eisenkonstruktion viel einfacher und billiger die Aufgabe lösen kann.
Polygonaler Ardantscher Dachstuhl. Die Nachteile der Bohlendächer wurden zuerst gründlich, sowohl wissenschaftlich als praktisch, von dem französischen Ingenieur Ardant nachgewiesen und hierbei konstatiert, daß Gespärre aus geraden Hölzern einen viermal so großen Biegungswiderstand besitzen als Bogengespärre von derselben Holzmasse. Ardant zog daraus den Schluß, es müsse möglich sein, gerade Gespärre so zu gestalten, daß ihre Innenform sich möglichst der Kreisbogenlinie anschließt und dadurch einen ebenso gefälligen Anblick gewährt wie die Bogengespärre. Er gab auch Formeln und Tabellen zur Berechnung solcher Dächer für die verschiedensten Ausführungsverhältnisse. Als Beispiel für die Konstruktion der Ardantschen Polygonaldächer geben wir die in Fig. 18 dargestellte, die durch ihre Einfachheit und die Durchbildung ihrer Knotenverbindungen als eine Normalkonstruktion gelten kann.
E. Hallendächer gehören ebenfalls, wie die Polygonaldächer, dem System der Dächer mit kombinierten Häng- und Sprengwerken an. Sie finden hauptsächlich beim Eisenbahnhochbau sowie bei industriellen Bauten Anwendung vornehmlich bei Bahnhofshallen, Güter- und Ladehallen, Wagenschuppen, Lokomotivremisen u.s.w. , bei denen es sich um freie Ueberdachung eines weiten Raumes handelt und auf Benutzung des Dachbodenraumes nicht reflektiert wird. Je nach dem speziellen Zwecke und den sonstigen Verhältnissen gibt es eine Unzahl von Konstruktionen. Man kann aber zwei Haupttypen unterscheiden: a) solche Hallendächer, bei denen nur ein Raum (eine Halle) überdacht wird; b) solche Dächer, wo an die eigentliche Halle beiderseits noch Flug- oder Schutzdächer von mehr oder minder weiter Ausladung sich anschließen, wie dies bei Güter- und Ladehallen der Fall ist.
In Fig. 19 und 20 sind diese Haupttypen durch zwei der Praxis entnommene Beispiele (im Querschnitt oder Profil und im Längenschnitt) veranschaulicht. Fig. 19 und 19a geben den von Moller entworfenen und ausgeführten (18,5 m weiten) Dachstuhl der Reitbahn in Wiesbaden, Fig. 20 und 20 a den Dachstuhl einer Ladehalle von 10 m Lichtweite der Halle.[517]
In neuerer Zeit werden an solchen Dächern sehr häufig die Zugbänder, Hängsäulen und die Knotenpunkte durch Eisenkonstruktionsteile ersetzt bezw. verstärkt (armiert). Vgl. die Artikel über Dach und die unten folgenden Abschnitte. Hier seien nur noch einige auf Holzdachstühle insgesamt bezügliche Daten mitgeteilt.
Die Dachneigung hängt vornehmlich von der Dacheindeckung ab. Tabelle I. gibt das Neigungsverhältnis für die gebräuchlichsten Deckmaterialien.
Die Entfernung der Dachgespärre hängt ebenfalls hauptsächlich von der Art der Dacheindeckung, außerdem aber von der Konstruktion des Dachstuhls ab, variiert jedoch überdies noch je nach den speziellen Ausführungsverhältnissen. Die in Tabelle II. gegebenen Werte werden ziemlich allgemein angenommen. Das Gewicht der Holzdachstühle setzt sich zusammen aus den Einzelgewichten der Lattung, der Besparrung und des eigentlichen Traggerüstes. Hierüber werden die abweichendsten Angaben gemacht. Wir halten uns im nachfolgenden an die auf sorgfältiger Berechnung einer großen Zahl häufig angewendeter Dachstühle beruhenden Daten, die in [3] angeführt sind. Alle Zahlenangaben beziehen sich auf 1 qm schiefe Dachfläche nicht Grundfläche oder Horizontalprojektion. Dachlattung. Das Gewicht derselben schwankt in sehr engen Grenzen, nur zwischen 6 bis 8 kg, also im Mittel 7 kg. Besparrung. Das Gewicht derselben liegt zwischen 12 bis 16 kg. Damit übereinstimmend ist das Gewicht der die Besparrung ersetzenden und die Schalung unmittelbar aufnehmenden Pfetten der reinen Pfettendächer. Die tragenden Teile des Dachgerüstes. Das Eigengewicht dieser Teile der Stühle, Hängewerke u.s.w. ist natürlich von der Art der Tragkonstruktion und von der Spannweite des Dachstuhls abhängig, deshalb sehr verschieden. Bei den nachfolgenden Angaben ist das Gewicht der Besparrung selbstverständlich ausgelassen. Stehende und liegende Stühle, samt allen Holzteilen bei Spannweiten von 7,515,0 m, wiegen 713 kg, einfache Hängewerke von 10,018,0 m 1218 kg, kombinierte Häng- und Sprengwerke bis zu 20 m 2024 kg, freitragende Dachbinder verschiedener Konstruktion von 10,018,0 m 2030 kg. Bei Konstruktionen der letzten Art ist das Gewicht pro Flächeneinheit begreiflicherweise sehr schwankend, und zwar wächst dasselbe nicht immer mit der Spannweite.
Literatur: [1] Gottgetreu, R., Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, 2. Teil, Berlin 1882. [2] Breymann, Allgem. Baukonstruktionslehre, Bd. 2: Konstruktionen in Holz, 6. Aufl., Stuttgart 1900. [3] Deutsches Bauhandbuch, Bd. 2: Aufbau, 5. Aufl., Berlin 1903. [4] Mothes, O., Illustr. Baulexikon, 3. Aufl., Leipzig 1881. [5] Wanderley, G., Handbuch der Baukonstruktionslehre, Bd. 1, 3. Aufl., Leipzig 1867. [6] Schmidt, O., Abriß des Hochbaues, Leipzig 1880. [7] Frauenholz, W., Baukonstruktionslehre für Ingenieure, II, München 1876. [8] Michel, J., Prakt. Baugewerkslehre, Wien 1870. [9] Ders., Theoretisch-prakt. Kompendium des Hochbaues, Wien 1881. [10] Hand, R., Oesterr.-ung. Bauratgeber, Wien 1894. [11] Gugitz, G., Neue und neueste Wiener Baukonstruktionen u.s.w., Wien 1881. [12] Moller, G., Beiträge zur Lehre von den Baukonstruktionen, Gießen. [13] Ardant, P., Theoretisch-prakt. Abhandlung über Anordnung und Konstruktion der Sprengwerke von großer Spannweite, deutsch von Kaven, Hannover 1879. [14] Emy, A.R., Lehrbuch der getarnten Zimmermannskunst, deutsch von L. Hoffmann, Leipzig 1860. [15] Hittenkofer, Neuere Dachbinder, 2. Aufl., Leipzig 1875. [16] Klasen, L., Handbuch der Holz- und Eisenkonstruktionen des Hochbaues, Leipzig 1877. [17] Menzel, C.A., Das Dach in seinen Konstruktionen, 2. Aufl., Halle 1884. [18] Landsberg, Th., Handbuch der Architektur, III. Teil, Bd. 2, 4. Heft: Dachkonstruktionen, Stuttgart 1897.
Weinbrenner.
Eisendachstühle und mit Eisen armierte Holzdachstühle.
Die ersten Verwendungen des Eisens und zwar vorwiegend des Gußeisens für die Ueberdeckung von Räumlichkeiten fanden in England und Frankreich statt zu Ende des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Seit jener Zeit wurde sowohl das Gußeisen wie auch das Schweißeisen entweder als hauptsächlichstes oder als untergeordnetes Baumaterial vielfach zu Dachkonstruktionen verwendet, die freilich meistens als Nachahmungen der bisher ausschließlich gebräuchlichen Holz- und Steinbauten in einem neuen, andre Formen erfordernden Material der für die Uebertragung der auftretenden Kräftewirkungen zweckdienlichen Querschnitte und der zweckmäßigen Verbindungen der Teile ermangelten. Erst nachdem seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das Schweißeisen infolge der Vervollkommnung der Walzwerke und der Walzverfahren immer leichter und in den für Bauzwecke vorteilhaftesten Formen käuflich wurde und damit das Gußeisen mehr und mehr und schließlich vollständig aus dem Bau der Brückenträger und Dachbinder verdrängte, entwickelten sich die rationellen Konstruktionen der neueren Zeit, die es ermöglichten, daß der Eisenbau auch auf diesem Gebiet sich den immer größeren Aufgaben gewachsen zeigte, welche die Entwicklung des Eisenbahn- und Ausstellungswesens u.s.w. zeitigte. Auch für kleinere Verhältnisse bietet der Dachbau in Eisen Vorteile, so daß gegenwärtig hölzerne Dächer hauptsächlich nur noch beim bürgerlichen [518] Wohnhaus verwendet werden. In erster Linie sind die Eisenbahnen auf Eisenbedachung angewiesen und Bahnsteige, Bahnhofshallen, Lagerhallen, Lokomotiv- und Wagenremisen, Werkstätten, aber auch Fabrikgebäude, Gasanstalten, Ausstellungsgebäude, Markthallen, Treib- und Palmenhäuser, Theater, Museen, Kirchen werden mit Vorliebe, die erstgenannten sozusagen ausschließlich mit Eisenkonstruktionen eingedeckt.
I. Aus Holz und Eisen gemischte Dächer. Immerhin haben sich in der Uebergangszeit auch eine Anzahl aus Holz und Eisen gemischte Bauformen ausgebildet, die sich durch Zweckmäßigkeit auszeichnen, jetzt noch Beachtung verdienen, und deren hier kurz gedacht werden soll. Sie gewähren den ganz aus Holz gebauten Dächern gegenüber den Vorteil größerer Leichtigkeit, auch bezüglich des Aussehens, bei verhältnismäßig geringem Preis gegenüber den ganz aus Eisen erstellten. Auf absolute Feuersicherheit muß freilich verzichtet werden, was jedoch oft zulässig ist, z.B. bei freistehenden Hallen. Die Zweckmäßigkeit in der Anordnung der Binder erfordert, abgesehen von der Wahl reiner Fachwerksformen, die Herstellung der gedrückten und gebogenen Teile aus Holz, der Bezogenen aus Eisen. Die Verwendung hölzerner Pfetten und Sparren gestattet bequeme Beteiligung der Einlattung und Verschalung Die Verbindung der hölzernen Teile geschieht durch Verzapfung oder mittels gußeiserner Schuhe, die zweckmäßig womöglich zugleich die dem nämlichen Knotenpunkt angehörige eiserne Strebe fassen. In Fig. 21, 21a und 22 sind zwei Dachbinder dieser Art dargestellt. Der erstere von der Bahnhofshalle zu Versailles gibt die Urform des Polonceau-Binders (vgl. weiter unten). Er zeigt zugleich dessen Entstehung aus zwei mit Eisen armierten hölzernen Balken, die schief gestellt und mittels einer horizontalen Zugstange verbunden sind. Die Pfosten sind hier aus Gußeisen gebildet, die schmiedeeiserne Spannstange mit einem Keil zum Zweck der Regulierung der Länge versehen. Fig. 22 stellt einen englischen Dachstuhl (s. später) dar, dessen gezogene Teile, mit Ausnahme des unteren Zugbaumes, der zugleich durch den Dachboden auf Biegen beansprucht ist, aus Rundeisen, dessen gedrückte aus Holz bestehen. Die Berechnung dieser Dächer bietet keine Eigentümlichkeiten, wenn sie, wie die vorgeführten, reine Fachwerke darstellen; sie hat dann nach der gewöhnlichen Fachwerkstheorie (s. Fachwerk) zu geschehen. Handelt es sich aber um Nachbildungen der unreinen statischen Gebilde alter Holzkonstruktionen, so wird die Berechnung umständlicher, oft sehr schwierig und unsicher. Einige Beispiele s. [8].
II. Eiserne Dachstühle. Die Vorteile der Dächer, deren Binder und Steifigkeitskonstruktionen ganz aus Eisen gebaut sind auch Dächer mit teilweiser Verwendung von Holz zu Pfetten, Sparren, Schalung und Lattung gehören hierher , bestehen in deren fast oder ganz vollkommenen Feuersicherheit; in der Leichtigkeit und Eleganz ihres Aussehens, verbunden mit großer Helligkeit; in der Schnelligkeit der Herstellung, wo solche erwünscht; in der Möglichkeit, auch sehr weite Räume ohne Säulenstellungen eindecken zu können, und in ihrer Dauerhaftigkeit.
Der äußeren Form nach kann man unterscheiden: 1. Satteldächer mit geraden oder gekrümmten äußeren Dachflächen, wozu auch Säge- oder Sheddächer gehören; 2. Pult- und Perrondächer; 3. Zelt- und Pyramiden- oder Kegeldächer; 4. Kuppeldächer, eventuell auch: Dächer mit einer, mit zwei und mit mehr Dachflächen, mit lotrechten oder schiefen (abgewalmten) Schmalseiten, mit Firsten oder mit Terrassen. Endlich unterscheidet man noch zwischen Pfettendächern und Sparrendächern, je nachdem die Dacheindeckung mit ihrer Lattung, Schalung u.s.w. entweder unmittelbar durch die normal zu den Bindern laufenden Pfetten oder aber durch die parallel zu denselben resp. deren Obergurtung laufenden Sparren getragen wird.[519]
Das innere Gerippe, das die Dacheindeckung zu tragen hat, besteht aus den Hauptbindern, die meist von Langseite zu Langseite des Gebäudes laufen und die Lasten auf die Mauerpfeiler derselben übertragen; den Neben- und Gratbindern, von denen die ersteren normal zu den Hauptbindern, die letzteren unter den Gräten des Daches nach den Ecken des Gebäudes laufen und die Dachlast zum Teil auf die Hauptbinder, zum Teil auf die Umfangsmauern abgeben; den Sparren und Pfetten, die in einfacher oder mehrfacher Anordnung, die Verschalung oder Lattung mit der äußersten Dachhaut tragen. Die Pfetten laufen horizontal über die Obergurtungen der Hauptbinder (Bindersparren), auf die sie die Dachlasten übertragen, die Sparren parallel der Obergurtung der Hauptbinder über oder unter den Pfetten. Je nachdem die Pfetten oder die Sparren unmittelbar die Dachhaut mit ihrer eventuellen Lattung oder Schalung tragen, spricht man von einem Pfetten- oder Sparrendach (s. oben). Neben diesen eigentlichen Tragkonstruktionen verschiedener Ordnung sind noch sogenannte Steifigkeitskonstruktionen notwendig, die sich nicht an der Uebertragung der vertikalen Lasten beteiligen, sondern ausschließlich den Zweck haben, die einzelnen Binder des Daches, die für sich allein keine Standfestigkeit besitzen würden, zu einem steifen Ganzen zu vereinigen. Als Prinzip ist hierbei festzuhalten, daß je zwei Binder zu einem Paar vereinigt werden, die einzelnen Paare aber voneinander unabhängig bleiben sollen, damit die durch Temperaturwechsel hervorgerufenen Längenänderungen der Steifigkeitskonstruktionen sich nicht über die ganze Längenausdehnung des Daches fortpflanzen und eventuell Schübe auf die Giebelmauern und schädliche Formänderungen in den Bindern hervorrufen. Die erste Absteifung bilden die Pfetten, die mit den Obergurten eines Binderpaares fest verbunden werden. Die zweite Absteifung bildet ein Windverband in der Ebene der Obergurten eines Binderpaares, der bei kleinen Dächern durch Verschalung und dichte Pfettung oft überflüssig gemacht wird. Die dritte Absteifung bilden Kreuzverbände zwischen den zwei Bindern eines Paares in lotrechten oder schiefen Ebenen, unter dem First, in der Nähe der Traufen, eventuell noch in Zwischenebenen je nach der Bedeutung des Daches. Zwischen je zwei Binderpaaren werden die Pfetten beweglich gestoßen mit Hilfe von Laschen und ovalen Löchern in den Pfetten; oft auch werden diese Stoßverbindungen auf die Binderobergurten selbst verlegt. Fig. 23 zeigt das Gerippe eines Dachstuhls mit zwei Binderpaaren, den zwischen denselben zweimal gestoßenen Pfetten und den andern erwähnten Steifigkeitskonstruktionen.
Die allgemeine Anordnung des inneren Gerüstes, die Wahl und Formgebung der Binder hängt von den Grundrißverhältnissen des zu überdeckenden Raumes, von der Art der Abdeckung, eventuell auch von ästhetischen Anforderungen ab. Die Grundrißform, namentlich die Lage der Traufen und der Mauerpfeiler als natürliche Auflagerpunkte der Binderfüße bedingt die Spannweite und Entfernung der Binder. Erstere macht man so gering wie möglich, indem man die Traufen, wenn irgend möglich, an die Langseiten des Gebäudes, die Binder parallel zu deren Schmalseiten legt. Die Entfernung der Binder wird überdies mit bedingt durch die Belastung der aufzunehmenden Pfetten, die Wahl des Fachwerksystems durch die Anzahl der Pfetten. Durch Anwendung von fachwerkartig ausgebildeten Pfetten, von Sparren, Sparrenunterzügen u.s.w. wird eine größere Entfernung der Binder ermöglicht, wenn es die Lage der Mauerpfeiler erfordert. Die Anzahl und Lage der Pfetten und Sparren ihrerseits ist bestimmt durch die Stärke der praktisch verwendbaren Profile in Verbindung mit dem Gewicht der Dachabdeckung und der äußeren Belastung (Schnee, Wind). Vom statisch-ökonomischen Standpunkt aus wird man für reine Nutzbauten Binder mit geraden Obergurten wählen, Binder mit gekrümmten Obergurten dann, wenn an die äußere Form ästhetische Anforderungen gestellt werden, wie bei Bahnhofshallen, Festhallen u.s.w. Soweit die innere Ansicht in Frage kommt, ist eine einfache, klare Gliederung mit möglichster Vermeidung störender Stabgewirre dem ästhetischen Eindruck günstig. Daneben ist die Anordnung der Lichtzufuhr von großer Bedeutung, vgl. S. 490, Oberlichter.
An speziellen Fachwerkformen können die meisten im Brückenbau üblichen Verwendung finden. Das Hauptaugenmerk ist darauf zu richten, im Gegensatz zu den alten Holzkonstruktionen statisch reine Systeme zu wählen (s. Fachwerk), die eine sichere Berechnung und damit knappe Abmessung der tragenden Teile, also richtige Verwendung des Eisens vom statisch-ökonomischen Standpunkte zulassen, was sowohl bei statisch bestimmten wie statisch unbestimmten Fachwerksformen der Fall sein kann. Allgemeine Regel ist, möglichste Ausnutzung der vorhandenen Konstruktionshöhe zu erstreben, weil mit dem Wachsen derselben die inneren Spannungen abnehmen; ferner ist Rücksicht auf die Stabilitätsverhältnisse der Umfangsmauern zu nehmen. Diese verbieten entweder jeden Horizontalschub und zwingen zur Wahl von Balkenträgern mit einerseits beweglichem Auflager oder vom Bogen mit Zugstange, oder aber, wenn der Bogen ohne diese gebaut werden soll, zur Wahl einer möglichst tiefen Lage der Binderfüße, eventuell zur Verstärkung der Mauern durch Strebepfeiler. Bezüglich der Auflager ist zu beachten, daß die Aenderungen der Temperatur, denen die Dächer im Wechsel von Tag und Nacht, Sommer und Winter unterworfen sind, auch Aenderungen in der Spannweite der Binder bedingen. Erreichen diese erhebliche Beträge, so könnte bei festliegenden[520] Enden sowohl das Mauerwerk wie auch die Eisenkonstruktion selbst schädliche Beanspruchungen erleiden, weshalb ein Binderfuß beweglich angeordnet werden soll. Dabei werden alle festen und alle beweglichen Auflager je auf eine Seite des Gebäudes gelegt, am zweckmäßigsten so, daß die vorherrschende Windrichtung die Binderseite mit dem festen oder beweglichen Auflager trifft, je nachdem die Stabilität der Mauern größer ist nach innen zu (bei Vorhandensein innerer Scheidemauern) oder nach außen zu (bei Hallen mit äußeren Anbauten). Je nach der Bedeutung des Daches und der Stärke der Umfangsmauern wird das bewegliche Auflager ein Gleitlager oder ein Rollen- resp. Stelzenlager mit oder ohne Kippvorrichtung sein. (S. Auflager und Auflager der eisernen Brücken.) Gleitauflager sind nur für kleine, leichte Dächer zulässig, bei denen die Binderfüße wegen der Gefahr des Abhebens durch Windstöße meist noch eine Verankerung mit dem Mauerwerk in lotrechter Richtung erhalten. Die Bogenbinder erhalten entweder gelenkförmige (Kipp-)Lager oder seltener feste Auflager. Die Längenänderung der Balkenbinder kann man zu 1/2000 der Spannweite annehmen, weniger oder mehr, je nachdem der innere Ausbau durch die Dachabdeckung besser oder schlechter gegen die äußeren Temperaturwechsel geschützt ist.
Ausführung der Eisenkonstruktionen. Im allgemeinen gelten die nämlichen Grundsätze wie im Brückenbau, es sind daher nur einige ergänzende Einzelheiten zu erwähnen. Verwendung finden die meisten im Eisenbau überhaupt üblichen Walzeisensorten, früher hauptsächlich in Schweißeisen, jetzt in Flußeisen. Die Obergurten der Binder, die auf Druck und Knicken zu widerstehen haben, werden für kleine Spannweiten aus ⊤-Eisen oder aus zwei Winkeleisen () zusammengesetzt. Für mittlere Spannweiten können zwei [-Eisen (][) oder vier Winkel ( ) passende Gurtquerschnitte liefern, auch der aus Siebblech, Winkeln und, wenn nötig, Kopfplatten zusammengesetzte ⊤-Querschnitt () der mit solchen wie auch der Kastenquerschnitt () selbst für ganz große Spannweiten reicht. Die letzteren Formen sind zudem imstande, Biegungsspannungen aufzunehmen, und eignen sich daher besonders, selbst für kleinere Dächer, wenn Pfetten noch zwischen die Knotenpunkte gelegt werden müssen. Um die hierdurch erzeugten Biegungsspannungen zu vermeiden, werden wohl auch die Obergurten der Binder für sich selbst wieder als Fachwerkträger mit naheliegenden Knotenpunkten ausgebildet. Für die Untergurten werden meist ebenfalls gespreizte Profile, in gewissen Fällen auch stehende oder, liegende Bandquerschnitte oder Rundeisen verwendet, letztere zwei Formen, wenn diese Teile für das Auge möglichst in den Hintergrund treten sollen, und natürlich immer nur dann, wenn in der Zuggurtung keine Druckkräfte auftreten können. Aus demselben Grund werden daher auch oft die Wind- und Querverbände aus Rundeisen ausgeführt. Für die Füllungsglieder werden, wenn sie nur gezogen sind, wie auch für kleines Gitterwerk, Flachbänder verwendet; meistens aber zieht man ebenfalls gespreizte Querschnitte vor von folgenden Formen:
Rundeisen ist für diese Teile nicht mehr üblich. Die Verbindung der einzelnen Teile geschieht in Europa gegenwärtig fast ausschließlich mittels Vernietung (s. Nietverbindungen); doch sind, namentlich in Süddeutschland, eine Anzahl schöner Hallendächer vorhanden, bei denen die Verbindungen nach Gerbers Bolzensystem ausgeführt sind. In Amerika werden meist Gelenkbolzenverbindungen angewendet. Die Füllungsglieder werden entweder unmittelbar an die Gurtungen genietet, namentlich wenn dieselben Stehbleche besitzen, oder die Vereinigung geschieht mit Hilfe von Knotenblechen. In beiden Fällen sind Gurten und womöglich auch Streben symmetrisch zur Kraftebene anzuordnen und sind ferner die Schwerachsen der Stäbe an jedem Knoten in einem Punkt zusammenzuführen, um Verbiegungsspannungen möglichst zu vermeiden. Von dieser Regel wird aus konstruktiven Gründen oft abgewichen, und es kann auch unbedenklich dort geschehen, wo die Streben keine oder nur eine geringe Teilkraft parallel zur Gurtung besitzen, was z.B. beim französischen Dachstuhl der Fall ist. Die Nietzahl zur Beteiligung der Knotenbleche und der Stäbe sowie zur Verbindung der aus verschiedenen Teilen zusammengesetzten Gurtungen, die Gruppierung der Nieten u.s.w. geschieht nach den im Art. Nietverbindungen gegebenen Regeln.
Auf die Ausbildung der Binderkonstruktionen braucht hier nicht näher eingetreten zu werden, soweit für dieselbe die allgemeinen Regeln des Eisenbaues maßgebend sind; es sollen nur einige eigentümliche Einzelheiten der Dächer besprochen werden. Diese finden sich namentlich bei den Knotenpunkten, die fast immer gleichzeitig zur Aufnahme der Pfetten ausgebildet werden, im besonderen bei den Firstpunkten und an den Binderfüßen, den Traufpunkten.
Fig. 2426 zeigen einen Zwischenknoten, First- und Traufpunkt eines Sparrendaches, dessen sämtliche Teile, auch Sparren und Latten, aus Eisen gebildet sind und das mit Falzziegeln[521] gedeckt ist. Die Pfetten flehen normal zur Dachneigung, alle Glieder des Binders bestehen aus doppelten Winkeleisen und sind mittels Knotenblechen verbunden. Fig. 27 und 28 stellen Zwischenknoten der Obergurtung, Fig. 29 den Firstpunkt von Sparrendächern mit hölzernen Sparren und Latten und lotrecht gestellten eisernen Pfetten dar. Die Gurten und Streben, wieder aus je zwei symmetrischen Querschnitten gebildet, sind durch Knotenbleche verbunden, auf welche Pfetten gelagert sind. Fig. 30 und 31 geben den Knotenpunkt eines Pfettendaches in Ansicht und Grundriß, welch letzterer den Anschluß der Windstreben zeigt. Der Gurtquerschnitt besteht hier aus Siebblech und Winkeleisen, auf denen die hölzernen Pfetten mit der Verschalung unmittelbar aufliegen. In den Fig. 3234 sind einige Knotenpunkte von Untergurtungen dargestellt. Fig. 32 entspricht den Bauformen von Fig. 2429, Fig. 33 zeigt einen einfachen stehenden, Fig. 34 einen ebensolchen liegenden Bandgurt, ersterer von einer Gasanstalt in Berlin (erbaut von Schwedler), letzterer von der Einsteighalle der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn Berlin (erbaut von Römer). In Fig. 35 ist noch ein doppelter stehender Bandgurt sichtbar. Von Auflagern ist in Fig. 26 ein gewöhnliches Gleitlager mit Verankerung des Binderfußes dargestellt, in Fig. 35 und 36 ein etwas vereinfachtes Kipp- und Rollenauflager, das für mittlere Spannweiten passend ist. Eine Platte (Fig. 37), auf die Unterseite des Binderfußes aufgenietet, greift mit seitlichen Ausschnitten in die Nasen des oberen Balanciere und verhindert dadurch Verschiebungen des Auflagers gegenüber dem Binder. Der Balancier, mit einer Nase an der Unterfläche versehen und aufs Mauerwerk statt auf die Rollen gestellt gedacht, bildet das feste Kippauflager des gegenüberliegenden Binderfußes. Weitere Mitteilungen über Auflager sind unnötig, da sie für große Dächer denen der Brücken entsprechen (s. Auflager).
Die Berechnung der eisernen Dächer erfolgt im allgemeinen nach den Regeln der rechnenden oder zeichnenden Statik, im besonderen nach der Theorie des vollwandigen Balkens bezw. Bogens oder nach der Theorie des Balkenfachwerkes bezw. Bogenfachwerkes (s. Balken, einfache und Balkenfachwerke, Bogen [Bogenträger] und Bogen, einfache). Es soll daher hier nur auf diejenigen Punkte eingetreten werden, in denen die Berechnung der Dächer derjenigen der Brücken gegenüber einige Eigentümlichkeiten aufweist, die hauptsächlich mit dem Vorhandensein schiefer äußerer Kräfte zusammenhängen. Bei den Belastungen ist zu unterscheiden zwischen einerseits dem Eigengewicht, das aus dem Gewicht der Dacheindeckung und demjenigen der Binder besteht, wozu eventuell das Gewicht aufgehängter Böden oder Decken kommt, und anderseits zwischen den zufälligen Lasten: Winddruck, Schneelast und eventuell Nutzlast der Wohnböden.
Ungefähre mittlere Gewichte von Dacheindeckungen für 1 qm schiefer Dachfläche sind:
Das Bindergewicht kann erst dem ausführlichen Projekt genau entnommen werden; für die erste Rechnung kann es eingeführt werden mit ungefähr 1520 kg für leichtere und 2030 kg für schwerere Dachstühle pro Quadratmeter Horizontalprojektion des überdeckten Raumes[522] ([4], S. 19). Uebrigens hängt das Bindergewicht zu sehr von Spannweite und Binderentfernung ab, als daß diese Werte alle vorkommenden Fälle einschließen würden. Ausgeführte Bauten zeigen zum Teil wesentlich höhere Gewichte [2], S. 268. Das Eigengewicht von Decken und Böden schwankt von 60 bis 450 kg/qm und ist jedesmal besonders zu ermitteln. Die Nutzlast für Böden und Decken kann angenommen werden zu
Um den Stößen der bewegten Lasten Rechnung zu tragen, werden diese Zahlen zweckmäßig noch erhöht, z.B. um 20 0.
Die Schneelast ist natürlich sehr verschieden in den verschiedenen Klimaten; für Mitteleuropa kann man sie zu 80 kg qm horizontale Grundfläche einführen.
Winddruck. Der Winddruck kann erfahrungsgemäß schief von oben nach unten wirken und wird daher unter einem Winkel β von 1015° zur Horizontalen geneigt angenommen. Er wird zerlegt in eine Teilkraft normal zur Dachfläche und in eine solche parallel zu derselben. Die letztere ist, abgesehen von etwaiger Reibung an der Dachhaut, ohne Einfluß auf die Belastung des Daches; die erstere berechnet sich für die Flächeneinheit der schiefen Dachfläche zu n = w · sin2 (α + β) (Fig. 38), wenn w den Winddruck auf die Einheit der normal getroffenen Fläche bedeutet. Die Teilkraft senkrecht auf die Dachhaut wäre nämlich w · sin (α + β), sie trifft aber auf eine im Verhältnis 1/sin(α + β) vergrößerte Fläche a'b'. Nach neueren Untersuchungen ist aber die Formel nicht einwandfrei (s. Winddruck). Den Normaldruck w nimmt man an zu 100150 kg qm im Binnenland und zu 250270 kg/qm in Küstengegenden. Endlich bleibt noch zu erwähnen, daß die Dachhaut und ihre Unterlagen eine konzentrierte Menschenlast zu 75 kg zu tragen imstande sein muß, um Schneeräumungsarbeiten und Reparaturen zu ermöglichen.
Sind alle Belastungseinheiten gegeben, so ermittelt man die der Entfernung der Binder und der Knotenpunkte entsprechenden, auf jeden dieser Punkte entfallenden Lasten. Man wird hierbei die lotrechten Lasten zusammenfassen, soweit dies möglich, den Wind aber gesondert behandeln. Für die Gurtungen kommt Totalbelastung durch Eigenlasten und Schneelast nebst Windbelastung auf die rechte bezw. linke Dachfläche in Frage. Bei den englischen Dachstühlen werden auch die Streben durch Totalbelastung am stärksten beansprucht; in den übrigen Fällen muß für die Streben hälftige Schneebelastung berücksichtigt werden, solange die Dachflächen eben sind. Nur bei ganz großen Dächern mit gebogenen Dachflächen, wo der Schnee beim Wegschmelzen auch Bruchteile einer Dachhälfte bedecken kann, unter Umständen auch bezüglich der Nutzlast angehängter Böden wird es nötig, für die Streben die ungünstigsten Belastungsfälle zu berücksichtigen (s. Hallendächer unter Dach, S. 491).
Abgesehen von diesen seltenen Fällen ist daher also die Berechnung der Dächer einfacher als diejenige der Brücken, denn nach Ermittlung der verschiedenen Belastungen erübrigt nur, für dieselben die Stützendrücke zu bestimmen, auf graphischem oder analytischem Wege in die Gurt- und Strebenkräfte zu zerlegen und die verschiedenen Kräftearten zu ihren Größt- bezw. Kleinstwerten zu vereinigen. Graphisch geschieht dies am besten mit Hilfe von Cremonaschen Kräfteplänen (s.d. und [8], S. 86 ff., [4], [9][11]), wo sich graphisch und analytisch durchgeführte Rechnungen vorfinden, die als Beispiele dienen können.
Die Ermittlung der Stützen- oder Auflagerdrücke weist nur insofern einige Besonderheiten auf, als die einwirkenden Lasten nicht fast ausschließlich lotrecht sind wie bei Brücken, sondern infolge des hinzutretenden Winddruckes schief mit verschiedenartiger Neigung.
Bei Balkenträgern mit korrekter Auflagerung ein Ende fest, das andre auf Rollen gleitend bestimmen sich auch für schiefe Lasten die Stützendrücke aus den bloßen Gleichgewichtsbedingungen (s. Cremonascher Kräfteplan, S. 481). Fehlt aber das Rollenauflager, so ist die Richtung der Stützendrücke nicht sicher bestimmbar; sie kann an dem Auflager, das verschiebbar ist z.B. demjenigen B der Fig. 39 , von der Lotrechten bis um den Reibungswinkel α abweichen, der für Eisen auf Eisen 1015° beträgt. Man wird die für die Beanspruchung des Trägers ungünstigste Lage des Stützendruckes B annehmen, wonach dann auch diejenige des festen Auflagers A gegeben ist.
Bei Sprengwerksträgern sind die Bogentheorien zur Ermittlung der Stützendrücke anzuwenden. Für den Bogen beliebiger Form mit drei Gelenken und den Parabelbogen mit zwei Gelenken sind die nötigen Andeutungen hinsichtlich horizontaler Kräfte unter Dach, S. 495 gegeben. Für den Kreisbogen findet man nach Keck [12] die Kräfteschnittlinie angenähert nach Fig. 40, indem man die Geraden AC, BD tangential in die Scheitellotrechte übergehen läßt. Für unstetige Formen der Sprengwerksträger mit weniger als drei Gelenken und solche mit stark wechselndem Trägheitsmoment müssen die allgemeinen Behandlungsarten der graphischen Statik zur Anwendung gelangen. Kennt man von vornherein die ungünstigste Belastungsart des Daches oder hat man überhaupt nur ganz wenige Belastungsfälle zu untersuchen, so geht man am besten[523] nach dem allgemeinen Arbeitsprinzip vor (s. [14] und [15]). Die Arbeit wird ziemlich umständlich, für kleinere Objekte hilft man sich daher gern mit Annäherungen.
Wenn man es nur mit wenigen schiefen Lasten oder aber mit Konstruktionen aus wenigen geraden Teilen bestehend zu tun hat, kann man die richtigen Stützendrücke oft am einfachsten durch Anwendung der allgemeinen Theorie der Elastizitätsellipse finden. Man teilt den Bogen in Elemente der Länge s, belastet deren Schwerpunkte mit den elastischen Gewichten g= s/EJ wo J = Trägheitsmoment des Querschnittes, E = Elastizitätsmodul des Baumaterials, und ermittelt deren Summe
Für den Bogen mit festen Auflagern (Fig. 41) bestimmt man ferner die Höhenlage 5 des Schwerpunktes O der
und die beiden Trägheitsmomente
und
womit auch die Halbmesser der Gesamtträgheitsellipse
und
gegeben sind. Denkt man sich nun das rechte Ende B festgehalten, das linke frei schwebend, so findet man die wagerechte und lotrechte Teilkraft H und V des linksseitigen Stützendruckes R und dessen Abstand r vom Mittelpunkt O aus der Bedingung, daß derselbe die Bewegungen dieses mit dem freien Ende A fest verbunden gedachten Punktes O wieder rückgängig mache, die er durch die Formänderung des durch die Last P beeinflußten Bogenteiles von B bis zum Lastangriffspunkt W erlitten hat. Es ist
Der Richtungssinn des Stützendruckes R ergibt sich aus der Ueberlegung, daß er selbst wie die Last P um den Antipol dieser letzteren bezüglich der Elastizitätsellipse des abgeschnittenen Stückes B W, aber in entgegengesetztem Sinne, drehen, dessen Lage sich leicht abschätzen läßt. Beim Bogen mit zwei Gelenken (Fig. 42) ist die lotrechte Teilkraft A des Stützendruckes direkt gegeben, A = P ∙ b : l, und die wagerechte Teilkraft H folgt aus
H ist einwärts gerichtet für einen positiven Wert des Zählers. In diesem bedeutet das erste Glied den linksgerichteten Teilbetrag der Horizontalbewegung des freischwebenden Endes A unter dem Einfluß des lotrecht aufwärtswirkenden Stützendruckes A, wird also mit abwärtsgerichtetem A negativ; das zweite Glied bedeutet den nach rechts gerichteten Teilbetrag der Bewegung des freischwebenden Endes A unter dem Einfluß der Last P auf den Bogenteil B W und kehrt sein Vorzeichen um, wenn P eine Bewegung von A nach links erzeugt.
Endlich, wenn nur ein Scheitelgelenk vorhanden ist (Fig. 43), so bestimmen sich die Teilkräfte V und H des durch das Gelenk gehenden Stützendruckes aus
In allen Fällen ist nach Bestimmung des linken Stützendruckes R1 in bezug auf Lage, Größe und Richtung auch der Stützendruck R2 gegeben durch die Bedingung, daß sich R1, R2 und P in einem Punkte schneiden müssen. Ausführlichere Begründung aller dieser Rechnungsarten und Anwendungen auf Perrondächer s. [13] und [14].
Erwähnung erfordern noch die Bogen mit Zugstangen CD in einer Zwischenhöhe zwischen Fuß und Scheitel; der eine Bogenfuß kann verschiebbar gelagert sein, wie in Fig. 45 angedeutet, oder aber beide Füße sind drehbar fest, oder sie sind endlich durch eine zweite Zugstange, die dann meist unter dem Boden liegt, miteinander verbunden. Die Stützendrücke bezw. inneren Spannungen bestimmen sich in diesen Fällen mit Hilfe des Arbeitsprinzipes. Ist nur die Zugstange CD von der Länge l' vorhanden (Fig. 44) und ein Bogenende auf Rollen Belagert, so ermitteln sich die Spannkräfte S der Stäbe dieses einfach statisch unbestimmten Systems aus der Formel S = So + Xa · Sa. Hier bedeutet So die Stabkräfte in dem durch Entfernung der Zugstange CD statisch bestimmt gemachten System für die Lasten P; Sa die Stabkräfte[524] für die alleinige Kraft Xa = +1 im Zugstab. Beide Kräftegruppen sind leicht durch Cremonasche Kräftepläne oder auf anderm Wege zu ermitteln. Xa endlich ist die für die Belastungen P wirklich auftretende Spannung in der Zugstange CD und bestimmt sich aus
worin die Summen sich über alle Stäbe erstrecken, Q die Länge eines Stabes geteilt durch seine mit dem Elastizitätsmodul multiplizierte Fläche, d.h. also
das nämliche für die Zugstange bedeutet. Die Kräfte Sa sind O für die Strecken unterhalb der Zugstange; rückt diese an den Fuß hinunter, so bleibt das Verfahren immer noch gültig; nur treten jetzt für alle Stäbe Kräfte Sa auf. Ist neben der Zugstange CD noch eine die Bogenfüße AB verbindende vorhanden, wobei natürlich ein Fuß auf Rollen gleiten muß, so wird in erster Linie durch Entfernen beider Zugstangen das System wieder statisch bestimmt gemacht und die Stabkräfte So für die äußeren Lasten P bestimmt; darauf werden die P = 0, Xa aber = + 1 angenommen, welcher Zustand wieder die Stabkräfte Sa; endlich wird Xb = + 1 angenommen, welcher Zustand die Kräfte Sb liefert. Dann rechnen sich die Gesamtkräfte jeden Stabes nach dem Ausdruck S = Sb + Xa Sa + Xb Sb, worin Xa und Xb die wirklichen Spannungen in den Zugstangen unter den Lasten P bedeuten, die aus den beiden Gleichungen sich finden:
Sind beide Bogenfüße drehbar fest gelagert, so wird das auf die Ausdehnung der unteren Zugstange sich beziehende Glied Xbl/E''F'' = 0. Der Einfluß der Temperatur kann auf dem nämlichen Weg gefunden werden; s. Fachwerke, statisch unbestimmte, und [15]. Handelt es sich um vollwandige Träger, so sind die Formänderungen der Achsen für die Belastungszustände P, Xa = 1 und Xb = 1 zu ermitteln (Fig. 45).
Haben die Obergurten der Binder noch Lasten (Pfetten) zwischen den Knotenpunkten aufzunehmen, so sind sie für die vereinigte Wirkung von Druck und Biegung zu berechnen.
Die Pfetten sind auf Biegen nach einer oder zwei Richtungen beansprucht. Für eiserne Dächer sind hölzerne Pfetten nur berechtigt, wenn eine Lattung oder Schalung unmittelbar auf diesen aufgebracht werden soll. In den übrigen Fällen sind für eiserne Dächer auch eiserne Pfetten vorzuziehen. Für schwache Pfetten genügen gleichschenkelige oder ungleichschenkelige , für stärkere werden , ⊏ und I-Eisen verwendet. Genügen Walzprofile nicht mehr, wie es bei großen Binderentfernungen und schweren Dächern vorkommt, so müssen zusammengesetzte Vollwandträger oder Gitterträger gewählt werden. Die Pfetten können lotrecht oder senkrecht zur Dachneigung gestellt werden. Letzteres ist vorteilhafter für nicht schwere, steile Dächer, auf denen der Schnee nicht mehr liegen bleibt und der Winddruck die wesentlichste Belastung ausmacht, ersteres für flache, schwere Dächer, bei denen die lotrecht wirkenden Lasten des Schnees und der Dachabdeckung überwiegen. Für Dächer mittlerer Neigung ist das -Eisen senkrecht zur Dachfläche und mit dem unteren Schenkel abwärts gerichtet meist das vorteilhafteste Profil, weil seine Hauptachse sich am meisten der Mittelkraft der Lasten nähert, die zwischen die Lotrechte und die Senkrechte zur Dachneigung hineinfällt. Beträgt die Dachneigung mehr als etwa 15°, so muß bei der Berechnung der Pfetten dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Richtung der Mittelkraft der Lasten nicht mit der Hauptachse des Profilquerschnittes zusammenfällt Man zerlegt am einfachsten die Mittelkraft nach den Richtungen der beiden Hauptachsen, für welche die Trägheitsmomente in den Tabellenwerken gegeben sind, und summiert deren Wirkung für die stärkst beanspruchte Faser. Behufs Entlastung der Pfetten vom Seitenschub parallel der Dachfläche kann dieser durch besondere Zugstangen, die durch die Stege der Pfetten gefleckt und mit diesen fest verbunden werden, nach den Firstpfetten übertragen werden, wo er sich für symmetrische Belastungen aufhebt; oder es kann eine Anordnung nach Fig. 45a getroffen werden, bei der das liegende ⊏-Eisen die Teilkraft parallel zur Dachfläche aufnimmt und auf die Binder überträgt. Eine derartige Anordnung kann bei schweren Dächern und hohen Pfetten auch aus dem Grund nötig werden, weil die Lasten nicht im Schwerpunkt des Profils, sondern in Kopfhöhe angreifen und in solchen Fällen ein nicht unbeträchtliches Torsionsmoment erzeugen.
Die Pfetten werden, wenn sie senkrecht zur Dachfläche flehen, meist einfach auf die Binder aufgenietet und noch, wenn es nötig erscheint, durch besondere Winkelstücke oder gebogene Blechstreifen gegen Kippen gestützt, wenn sie lotrecht flehen, meist an Knotenbleche angeschlossen. Beispiele finden sich im Art. Dach (Hallendächer). Wird die Binderentfernung zu groß, so verwendet man, wie schon erwähnt, statt Walzprofilen genietete Vollwandträger oder des leichteren Aussehens halber Fachwerkträger. Erwähnenswert und vorteilhaft sind die Gitterpfetten, die Schwedler bei den Hallenbauten der Berliner Stadtbahn anwendete. Es sind dies Doppelpfetten mit drei Gurtungen, einer geraden Druckgurtung aus einem Winkeleisen und zwei gekrümmten Zuggurtungen, aus Bandquerschnitt bestehend, die mit der ersteren durch[525] Gitterwerk zu zwei aufeinander senkrecht stehenden Fachwerkwänden verbunden sind. Die eine, in der Ebene der Dachfläche liegend, nimmt die Kräfte parallel zu dieser auf, die zweite steht senkrecht zur Dachfläche und nimmt die zu dieser senkrechten Lastkomponenten auf. Um nicht durch die Pfetten infolge von Längenänderungen durch Temperaturwirkungen seitliche Schübe auf die Binder auszuüben, müssen dieselben, am bellen zwischen den je paarweise zusammengefaßten Bindern, beweglich gestoßen werden, was mittels ovaler Löcher und Schraubenverbindungen erreicht wird.
Die Steifigkeitskonstruktionen werden in den seltensten Fällen so stark beansprucht sein, daß die Rechnung auf zulässige Spannung brauchbare Querschnitte ergeben würde; dieselben werden meist abgeschätzt, wobei der Grundsatz maßgebend ist, daß durch diese Konstruktionsteile alle Arten von Schwankungen und Schwingungen, also Formänderungen, verhindert werden sollen, was größere Querschnitte, als sie die Rücksicht auf die erlaubten Spannungen zuließen, rechtfertigt. Was die Bestimmung der Querschnitte der Binderglieder selbst betrifft nach Ermittlung der in ihnen herrschenden Zug-, Druck- und Knickkräfte, so sind vielfach abweichende Regeln und Vorschriften in Uebung (s. Dimensionenberechnung).
Zum Schluß soll noch eine Uebersicht über diejenigen Fachwerksformen gegeben werden, die am häufigsten für eiserne Dachbinder Verwendung finden.
Das einfache Satteldach (Fig. 46) findet für die kleinsten Spannweiten Verwendung; das Säge- oder Sheddach (Fig. 47) ist ein Satteldach mit ungleich geneigten Dachflächen, das Pultdach (Fig. 48) ist die eine Hälfte eines Satteldaches. Der englische Dachstuhl (Fig. 4951) besteht aus geradlinigen Streckbäumen und aus einer regelmäßigen Aufeinanderfolge von Füllungsgliedern. Er bildet ein reines und das denkbar einfachste Fachwerk und kann ohne Aenderung des Bildungsgesetzes für jede Spannweite benutzt werden. Der deutsche Dachstuhl (Fig. 52 und 53) ist eine Abart des englischen Stuhles und eignet sich nur für kleinere Spannweiten. Der französische Dachstuhl, nach seinem Erfinder auch Polonceau-Stuhl genannt (Fig. 5456), besteht aus zwei schief gestellten armierten Balken, die durch eine Zugstange miteinander verbunden sind. Durch Wiederholung der einfachen Armierung der ursprünglichen Form (Fig. 54) können statt eines drei (Fig. 55) und mehr Unterstützungspunkte für den oberen Streckbaum geschaffen werden (Berechnung s. Polonceau-Dachstuhl). In Fig. 56 (der Schwedlerschen Abart des französischen Dachstuhles) ist eine reichliche Anzahl von Stützpunkten durch Verwendung von Gittersparren erreicht. Der belgische Dachstuhl (Fig. 57 und 58) mit zwei Stützpunkten des oberen Streckbaumes ist eine Abart des französischen und eignet sich nur für mäßige Spannweiten. Fig. 59 zeigt einen Typus der Binderformen mit geradem oberen und gekrümmtem unteren Streckbaum, die vielfach Verwendung finden, da sich der innere Raum günstig ausnutzen läßt und zugleich die Eindeckung[526] eine einfache wird. Auf beiden Seiten sind nach einwärts fallende Pultdächer angehängt. Der Sichelträger (Fig. 60) ist die mit Vorliebe verwendete Form für Hallendächer. Beide Gurtungen sind gekrümmt, sei es nach Parabeln, Kreisbogen oder andern Kurven. Die Anordnung der Füllungsglieder ist sehr verschieden, ebenso die verwendeten Pfeilhöhen und die Stichhöhen der unteren Gurtung. Fig. 60 zeigt eine Form des Sichelträgers mit Pfosten und gekreuzten Streben. Auch der Parabelträger, in den der Sichelträger übergeht, wenn der untere Streckbaum geradlinig wird den oberen als nach einer Parabel gekrümmt vorausgesetzt , findet Verwendung, ferner der Halbparabelträger, bei dem die Streckbäume nicht in einen Punkt zusammengeführt sind, sondern an Endpfosten von bestimmter Höhe endigen. Vom Bogenträger sind hier zwei Formen gegeben. Fig. 61 Hellt einen Fachwerkbogen mit gekrümmten Gurtungen und einer Zugstange dar, die den Horizontalschub aufzunehmen hat; die lotrechten Hängestangen haben nur die horizontale Zugstange am Durchhängen zu verhindern. Fig. 62 endlich ist ein Bogen mit Punktauflagern, der zugleich Dach und seitliche Abschlußwände bildet. Mit Scheitelgelenk oder ohne ein solches wie hier wird diese Form mit großer Vorliebe für moderne Ausstellungsbauten verwendet.
Literatur: [1] Heinzerling, Der Eisenhochbau der Gegenwart, Heft 1, Aachen 1876, Heft 2, ebend. 1878. [2] Gottgetreu, Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen: Eisenkonstruktionen, 3. Teil, Berlin 1885. [3] Brandt, Lehrbuch der Eisenkonstruktionen, Berlin 1876. [4] Handbuch der Architektur, 1,1 b: Statik der Hochbaukonstruktionen, Darmstadt 1889. [5] Ebend., Raumbegrenzende Konstruktionen. [6] Scharowski, Musterbuch für Eisenkonstruktionen, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin 1892. [7] Tetmajer, Schmiedeeiserne Dächer, als Manuskript autogr., Zürich 1880. [8] Ritter, W., Anwendungen der graphischen Statik, 2. Teil, Zürich 1890. [9] Müller-Breslau, Die graphische Statik der Baukonstruktionen, 1. Teil, Leipzig 1887. [10] Weyrauch, Beispiele und Aufgaben zur Berechnung der statisch bestimmten Träger für Brücken und Dächer, Leipzig 1888. [11] Handbuch der Ingenieurwissenschaften: Brückenbau, 2. Aufl., Leipzig 1886 88. [12] Keck, W., Vorträge über Elastizitätslehre, Hannover 1893. [13] Schweizer. Bauzeitung, Bd. 32. [14] Müller-Breslau, Die neuen Methoden der Festigkeitslehre, Leipzig 1893. [15] Ders., Graphische Statik der Baukonstruktionen, Bd. 2, 1. Abt., Leipzig. [16] Förster, M., Die Eisenkonstruktion der Ingenieurhochbauten, 2. Aufl., Leipzig 1903.
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Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro