Meeresfauna

[534] Meeresfauna (hierzu Tafel »Meeresfauna I« mit Deckblatt und Tafel II u. III mit zwei Deckblättern und Erklärungsblatt). Die Tierwelt des Meeres ist durch das Vorhandensein ganzer Tiergruppen ausgezeichnet, die im Süßwasser und auf dem Lande gänzlich fehlen, so die Radiolarien, Korallen, Röhrenquallen, Stachelhäuter, Sternwürmer, Tintenschnecken, Manteltiere. Andre, wie die Cölenteraten und Schwämme, kommen zwar im Süßwasser vor, sind aber doch vor allem Meeresbewohner. Einige Tiergruppen, wie z. B. die Tausendfüßer und Amphibien, fehlen im Meere. Von volkswirtschaftlicher Bedeutung sind die Seesäuger (Wale, Robben), Fische, Korallen und Perlmuscheln; geologisch wichtig sind die ein Kalkskelett besitzenden Foraminiferen (Kreidetierchen) und die Kieselschalen absondernden Radiolarien (Strahlinge), deren zu Boden sinkende Skelette am Meeresboden mächtige Ablagerungen bilden. Für die Verbreitung der M. ist die Temperatur ein maßgebender Faktor; so sind die riffbauenden Korallen beschränkt auf einen Meeresgürtel, innerhalb dessen die Wassertemperatur nicht unter 20° sinkt; so entwickelt sich auf und an den Korallenriffen zugleich ein ungemein artenreiches tierisches Leben. In kältern Zonen ist der Artenreichtum geringer, dagegen treten hier oft einzelne Arten (Fische, kleine Krebse) in ungeheurer Individuenzahl auf. Ein Heruntergehen des Salzgehalts des Meerwassers unter ein gewisses Minimum bedeutet für die meisten Tiere den Tod, während ein höherer Salzgehalt, wie er sich in bestimmten Meeren findet, keinen wesentlichen Einfluß ausübt. Eine Anzahl Meerestiere können auch im Süßwasser leben; viele Fische (z. B. Lachs) wandern jährlich zur Laichablage vom Meer in die Flüsse, während andre (Aal) hierzu von den Flüssen in das Meer hinabgehen; manche Arten Meerestiere haben sich auch allmählich dem Süßwasser angepaßt und sich daselbst im Laufe der Zeit zu Varietäten und neuen Arten umgewandelt (s. Reliktenfauna). Viele Meerestiere besitzen die Fähigkeit zu leuchten, besonders Urtiere, Hohltiere, Manteltiere, Krebse, Würmer, Fische. Das hauptsächlich in den tropischen Meeren prachtvolle Phänomen des Meerleuchtens verdankt seine Entstehung hauptsächlich dem Leuchttierchen (Noctiluca), den Feuerwalzen (Pyrosoma) und verschiedenen Krebsen. In der Verteilung der Meerestiere lassen sich fünf Zonen unterscheiden, die arktische und antarktische Zone, nördliche gemäßigte und südliche gemäßigte Zone und die dazwischen liegende tropische Zone; innerhalb dieser großen Reiche rufen dann Strömungsverhältnisse und die Trennung der Meere durch Kontinente oder ihre Verbindung durch Archipele eine Verschiedenheit der Fauna hervor. Im Nördlichen Eismeer (Nordpolarregion, s. Kärtchen, S. 535) zeigt sich ein Vorherrschen der Seesäugetiere und Flohkrebse, welch letztere den erstern zur Nahrung dienen. Unter jenen sind der grönländische Bartenwal, der Finnfisch, Narwal und das Walroß charakteristisch. Der Nordatlantische Ozean (nordatlantische Region) ist das Reich der Schellfische und Heringe; im Mittelmeer herrschen Lippfische vor, sonst sind noch Barsche, Schollen, Thunfische, Sardinen und Sardellen aus der reichen Fischfauna hervorzuheben; außerdem finden sich zahlreiche Kopffüßer, Schnecken, Muscheln, Polypen (Edelkoralle), Badeschwämme. Im tropischen Teil des Atlantischen Ozeans (atlantische Region) findet man neben Pottfischen und Delphinen pflanzenfressende Sirenen, in der Nähe der westindischen Inseln kommen die großen Seeschildkröten vor. Zahlreiche Mollusken, darunter Pteropoden, ferner Kruster, Medusen und Salpen locken fliegende Fische an. Bei den Bahamainseln und Antillen gibt es auch riffbildende Polypen. Der Indische Ozean ist das Reich der Hydriden (Seeschlangen) und Kegelschnecken; von Säugetieren ist der Dugong am bezeichnendsten, von Reptilien die Riesenschildkröten. Eine reiche Fischfauna, vor allem zahlreiche Mollusken (Nautilus, Perlmuschel, Riesenmuschel), Strahltiere und Korallentiere sind weitere Eigentümlichkeiten dieses Meeres, das mit dem tropischen Stillen Ozean einigermaßen übereinstimmt (indopazifische Region), vom Atlantischen Ozean jedoch bedeutend abweicht (daher der große Unterschied der Fauna des Roten und des Mittelmeers). Im nördlichen Stillen Ozean herrschen unter den Fischen die Panzerwangen vor; im nördlichsten Teil sind einige Robben sowie Seelöwen und Seebären bemerkenswert. Der tropische Stille Ozean ist das eigentliche Reich der Korallen und Holothurien; Robben und Sirenen fehlen fast ganz, nur Pottfische und antarktische Wale werden bisweilen angetroffen. Zahlreiche Fische, darunter Flugfische, Doraden, große Haifische, ferner mannigfache Mollusken sind charakteristisch. An die indopazifische Region schließen sich die schmale westamerikanische Region, die japanische und die australische Region an. Der südliche Teil des Ozeans ist bedeutend ärmer an Tieren als der nördliche; aber selbst im hohen Meere werden hier Schwärme von Quallen, Pteropoden und kleinen Krustern angetroffen. In der Nähe der Küsten leben große Robben und Wale, darunter der kosmopolitische Pottfisch, ferner zahlreiche Mollusken und Kopffüßer; die Fische sind durchweg von denen der nordischen Meere verschieden. Im antarktischen Meer (Süd polarregion) herrschen wieder Wale und Robben vor; doch sind auch zahlreiche Fische vorhanden, die wieder eine übergroße Menge niederer Geschöpfe voraussetzen. Zu allen diesen Tieren gesellen sich endlich noch in allen Meeren die Vögel, die wohl den größten Teil ihres Lebens über dem Wasser verbringen und sich von Seetieren nähren, aber durch das Fortpflanzungsgeschäft stets an das Land gefesselt sind. Die mannigfachen eigenartigen Existenzbedingungen, unter denen die Meerestiere leben, führen zur Unterscheidung[534] dreier großer Gruppen in der M.: Küstenfauna, Tiefseefauna und pelagische Fauna.

Die Küstenfauna besteht zum großen Teil aus festsitzenden oder kriechenden Formen, wie Schwämmen, Aktinien, Polypenstöckchen, Echinodermen, Würmern, Muscheln, Nacktschnecken und beschalten Schnecken, Moostierchen und Seescheiden; hierzu kommen Fische, höhere Krebse, Tintenfische und Quallen sowie Urtiere. Zur Küstenfauna gehören auch die riesigen Bänke der Austern, Miesmuscheln, Herzmuscheln sowie die Korallenbänke mit der ganzen reichen, ihnen eigentümlichen Tierwelt. Viele Küstentiere sind durch kräftigen Bau und feste Schalen ausgezeichnet, um der Gewalt der Wellen widerstehen zu können. Da die Verbreitung der Küstentiere nach der Tiefe zu eine sehr verschiedene ist, wird die Küstenfauna in mehrere Zonen zerlegt. Die Litoralzone liegt innerhalb des Ebbegebiets; der Laminarienzone, so genannt nach einer für sie charakteristischen, in großer Masse auftretenden Alge und das Gebiet von 10–20 Faden umfassend, gehören die Muschel- und Korallenbänke an.

Kärtchen der tiergeographischen Meeresregionen (Küstenfauna).
Kärtchen der tiergeographischen Meeresregionen (Küstenfauna).

Mit der ebenfalls nach Algen benannten Korallinenzone schließt in der ungefähren Tiefe von 50 Faden die Küstenfauna ab. In den kältern Zonen beginnt hier die Tiefenfauna, und es tritt eine teilweise Vermischung ein, während in den wärmern Meeren die Tiefenfauna erst in größerer Tiefe beginnt, so daß zwischen den Grenzen beider Gruppen eine ziemlich tierarme Zone liegt. Die vertikale Verbreitung der Küstenfauna ist von dem Eindringen des Lichtes abhängig, dessen Strahlen bei zunehmender Tiefe rasch absorbiert werden. Da auch die horizontale Verbreitung der Küstentiere viele Verschiedenheiten zeigt, unterscheidet man nach Analogie der zoogeographischen Distrikte ozeano- oder thalassographische Distrikte. Für die horizontale Verbreitung der Küstenfauna fällt die erste Rolle den Meeresströmungen zu; während zwar die Küstentiere im erwachsenen Zustand tiefe Meeresstrecken nicht zu überschreiten vermögen, können die frei schwimmenden Larven an andre Küsten getrieben werden. Je früher dies geschieht, desto günstigere Bedingungen sind für die Verbreitung der Küstenfauna gegeben. Bei größerm Reichtum eines Meeres an Inseln ergibt sich auch eine gleichartigere Küstenfauna. Vgl. nebenstehendes Textkärtchen.

Die Tiefenfauna oder Tiefseefauna besteht überwiegend aus festsitzenden oder kriechenden Formen der verschiedensten großen Abteilungen des Tierreichs (Benthos); zu ihnen mögen noch solche Tiere, wie etwa Fische, gerechnet werden, welche die nächste, über dem Meeresboden gelagerte Wasserschicht schwimmend bevölkern, allein diese können bis zu einer gewissen Grenze auch höhere Wasserschichten durchstreifen. Die beifolgende Tafel I: »Tiefseefauna«, zeigt einige charakteristische Tiefentiere; von Fischen die Gattungen Stomias (Fig. 3), Malacosteus (Fig. 4), Saccopharynx (Fig. 5), Eustomias (Fig. 6), unter den Krebsen Lithodes (Fig. 18), Pasiphaea (Fig. 2), Palaemon (Fig. 19), Epizoanthus auf Pagurus (Fig. 15) und Pentacheles (Fig. 10), von Echinodermen Seesterne (Archaster, Fig. 11; Hymenaster, Fig. 22), Schlangensterne (Brisinga, Fig. 12), Seeigel (Echinocyamus, Fig. 14), Holothurien (Peniagone, Oneirophanta, Benthodytes, Fig. 16, 13 u. 9), Seelilien (Pentacrinus, Fig. 21), verschiedenartige Hohltiere, wie Mopsea, Epizoanthus, Chitonactis, Hydrallmania, Umbellula (Fig. 1, 15, 17, 7 u. 8) und Glasschwämme (Euplectella, Fig. 20). Bei der in der Tiefe herrschenden Ruhe besitzen die Schnecken und Muscheln im Gegensatz zu ihren Verwandten an der Küste zerbrechliche und dünne Schalen; Formen mit langem, dünnem, zerbrechlichem Leib und Gliedmaßen, wie die Asselspinnen, erreichen eine ungewöhnliche Größe. Bei dem Mangel des Lichtes in der Tiefe zeigt sich eine Reduktion der Sehorgane bis zum vollständigen Schwund der Augen. Dafür gelangen Tastorgane, wie Borsten, Haare u. dgl., zur Ausbildung. Viele Tiefentiere, besonders Fische, besitzen auffallend große Augen, doch kommt ihnen gewöhnlich zugleich Leuchtvermögen zu (Tafel, Fig. 3, 4 u. 6). Infolge des Lichtmangels sind die Tiefseetiere teils bleich, wie die[535] Höhlentiere, teils zwar lebhaft, aber in bestimmten Tönen gefärbt. Es finden sich räuberische und solche Tiere, die sich von den in die Tiefe gesunkenen pflanzlichen und tierischen Resten nähren. Bezüglich der horizontalen Verbreitung der Tiefseetiere besteht die Vermutung, daß diese in Zonen, die sonst tiergeographisch verschieden sind, eine gleichartigere sein mag, indem in den kalten Tiefenwässern eine weitere Verbreitung der Tierformen ohne trennende Grenze stattfinden kann. Bezüglich der vertikalen Verbreitung ergab sich aus den Resultaten der verschiedenen Expeditionen und besonders der deutschen Tiefsee-Expedition, daß die Meerestiere in den oberflächlichen Schichten, bis etwa 500 m Tiefe, ihre reichste Entfaltung zeigen, und daß sie an oder dicht unter der Oberfläche wiederum am stärksten gehäuft sind. Aber auch weiter hinab, bis gegen 2000 m, herrscht ein vielgestaltiges Leben, und gerade da finden sich die meisten Repräsentanten einer eigentümlichen pelagischen Tiefseefauna; allerdings können auch Tiere, die sonst die Oberfläche bewohnen, wie die Salpen, gelegentlich in diese Regionen hinabsinken. Die größern Tiefen sind nur äußerst spärlich bevölkert, während anderseits freilich die Arbeiten mit dem Schließnetz den Beweis geführt haben, daß auch sie nicht ganz unbelebt sind; noch aus 5000 m Tiefe wurden kleine Kopepoden, Ostrakoden, Sergestiden und Radiolarien zutage gefördert. Fast scheint es, als ob in den Tropen die tiefern Regionen spärlicher besiedelt wären als in der kalten Zone, was sich vielleicht dadurch erklären ließe, daß die reiche pelagische Tierwelt der letztern eine bessere Ernährung auch der in der Tiefe lebenden Tiere erlaubt. In der vertikalen Verbreitung lassen sich gewisse Grenzen nachweisen. Bei einer Tiefe von etwa 2500 Faden, wo der Globigerinenschlamm seiner allmählichen Auflösung verfällt, beginnt die Tiefseefauna zu verschwinden; die obere Grenze der Tiefseefauna, ihr Beginn, wurde schon oben erwähnt. Innerhalb dieser weiten bathymetrischen Region von 50 oder 90 Faden bis 2500 Faden läßt sich eine weitere Grenze bei 500 Faden nachweisen, indem ein Teil charakteristischer Tiefentiere bis zu dieser Tiefe ihre Hauptentwickelung erreicht, während andre Abteilungen erst jenseit der 500-Fadenkurve eine Rolle spielen. Die unterhalb 500 Faden liegende Region der Tiefseetiere wird auch Abyssus- oder Abyssalzone genannt. Auch für die vertikale Verbreitung der Tiefentiere ist die Bodenbeschaffenheit vielfach maßgebend, indem mit dem Verschwinden des gröbern Detritus auch viele Tiere verschwinden, die sich auf diesem ansiedeln. Dies gilt besonders von Korallen und Brachiopoden, die nebst den Seelilien für die erste Tiefenzone charakteristisch sind; in der zweiten spielen Stachelhäuter, besonders die merkwürdige Familie der Tiefseeholothurien, eine Hauptrolle. Im Gegensatz zu dieser charakteristischen Entwickelung in bestimmter Tiefe haben andre Tiergruppen, wie Muscheln, Schnecken, Moostiere, Würmer, eine große bathymetrische Energie, indem sie von der Küste aus bis in große Tiefen hinab sich finden. Sehr selten nur hat jedoch ein und dieselbe Art eine ausgedehnte bathymetrische Verbreitung; wie mit dem Aufhören der Küstenfauna und dem Beginn der Tiefenfauna andre Arten erscheinen, so wechseln auch mit zunehmender Tiefe die Arten, Gattungen und häufig selbst die Familien. Die Formen größerer Tiefe zeigen oft in ihrer Organisation embryologische Charaktere und dokumentieren sich dadurch als entwickelungsgeschichtlich ältere Glieder des Stammes, wie sich auch in größern Tiefen Arten und Gattungen finden, die sich eng an ausgestorbene Formen anschließen und in der heutigen Lebewelt keine Verwandten besitzen.

Die pelagische Fauna (v. griech. pelagos, »das hohe Meer«) setzt sich aus frei schwimmenden Organismen zusammen und umfaßt Angehörige verschiedenster Abteilungen. Infusorien, besonders die den Vorticellen verwandten Tintinnen, Dinoflagellaten, Noktiluka, Radiolarien (Gollozoum, Tafel III, Fig. 13; Thalassicolla, Fig. 17) und Foraminiferen, vertreten die Urtiere; von den Hohltieren sind die prachtvollen Quallen pelagisch, z. B. Cotylorhiza (Tafel II, Fig. 1), Periphylla (Fig. 10). Charybdaea (Fig. 11), Dipleurosoma (Fig. 15), Phialidium (Fig. 18), ferner die Röhren- oder Schwimmpolypen (Röhrenquallen), z. B. Velella (Fig. 2), Physalia (Fig. 3), Stephanophyes (Fig. 13), sowie die Rippenquallen, z. B. Beroë (Fig. 7), Deïopea (Fig. 19). Von den Stachelhäutern leben nur die Larven pelagisch, und man findet diese im Gegensatz zu den ausgebildeten, radiär gebauten Tieren als bilateral symmetrisch gestaltete, höchst zarte und durch feinste Wimperhaare sich bewegende Jugendformen der Seesterne, Schlangensterne, Seeigel und Seewalzen (Tafel III, Fig. 21 u. 22) frei an der Oberfläche schwimmend; nur ganz ausnahmsweise ist dies auch bei den ausgebildeten Tieren der Fall, so bei der Pelagothuria (Tafel II, Fig. 4). Auch die Würmer sind hauptsächlich in ihren Jugendformen, d. h. als Larven, pelagisch; von ausgebildeten Ringelwürmern trifft man Tomopieriden und Alciopiden an der Oberfläche (Alciopa, Tafel II, Fig. 9), dagegen leben regelmäßig daselbst die Pfeilwürmer (Sagitta, Tafel III, Fig. 18), viele Rädertiere, einige Strudelwürmer (Planocera) und die Larven der Enteropneusten (Larve von Balonoglossus, Tafel III, Fig. 23). Einen großen Prozentsatz der pelagischen Tiere liefern die Krebstiere. Weitaus am zahlreichsten sind die Ruderfüßer vertreten (z. B. Setella, Tafel III, Fig. 8; Calocalanus, Fig. 9 u. 11; Copilia, Fig. 10; Oithona, Fig. 14; Sapphirina, Fig. 19 u. 20), ferner von den Muschelkrebsen besonders eine Familie (die Halocypriden); von den Cladoceren, Kumazeen und Asseln nur wenige Arten; von den Flohkrebsen die Hyperideen (z. B. Phronima, Tafel II, Fig. 16); von den Schizopoden die Mysideen und Euphausiden (z. B. Nematoscelis, Tafel III, Fig. 16); von den Dekapoden die Sergestiden und einige andre Arten, dafür aber die Jugendformen (Zoëen, Rauplien etc.) der allermeisten Arten (z. B. Larve von Homarus, Tafel III, Fig. 7, von Panulirus, Fig. 1); von Rankenfüßern, die erwachsen meist festsitzen, die Larven (Fig. 12), aber auch manche flottierende Lepadiden. Von Insekten kennt man nur eine Familie der Wasserwanzen, die Halobatiden, als pelagisch. Von den Weichtieren kommen die Kephalopoden pelagisch vor, z. B. Argonauta (Tafel II, Fig. 8), ebenso einige, aber nur wenige Schnecken (Janthina, Glaucus, Phyllirhoë), dagegen spielen von den Bauchfüßern die Kielfüßer (Carinaria, Fig. 6) und die Flossenfüßer (Hyalaea, Fig. 17) eine wichtige Rolle, welch letztere in solchen ungeheuern Mengen vorkommen können, daß sie fast das gesamte Plankton ausmachen und als Hauptnahrung mancher Wale wichtig sind. Auch die Larven der Bauchfüßer und Muscheln leben größtenteils pelagisch. Dies gilt auch für viele Manteltiere, von denen die Appendikularien (Oicopleura. Tafel III, Fig. 15), Salpen (Tafel II, Fig. 5 u. 14) und Feuerwalzen (Pyrosoma, Fig. 12) an der Meeresoberfläche schwimmen. Auch eine Anzahl Wirbeltiere,[536] bez. ihre Jugendformen und Eier, sind zur pelagischen Fauna zu rechnen. Von Säugern gehören hierher die Delphine, der Narwal, die Pottfische und Bartenwale und vielleicht einige Robben, von Vögeln, die man aber in der Regel nicht mitzählt, wie man überhaupt die größern Formen unter den Wirbeltieren unter die pelagische Fauna gewöhnlich nicht einzubegreifen pflegt, von Reptilien nur einige Schildkröten und Schlangen, von Fischen dagegen zahlreiche Familien, meist vorzügliche Schwimmer: so die großen Haifische, die Schwertfische, fliegenden Fische, Makrelen, Thunfische, Mondfische, Heringe, Skopeliden, Trachypteriden, endlich die Eier oder Larven vieler Fische, die erwachsen nicht mehr pelagisch leben, z. B. die jungen Aale, Schollen etc. (Tafel III, Fig. 2–4 Eier, Fig. 5 u. 6 junge Fische). Nur die Wirbeltiere und bestimmte zu Scharen vereinigte Krebse vermögen eine beliebige Richtung beim Schwimmen einzuhalten; die andre Masse der pelagischen Fauna wird als ein Spiel des Windes und der Wellen umhergetrieben und deshalb zusammen mit der ebenfalls pelagisch treibenden Pflanzenfamilie der Diatomeen als »Plankton« (s. d.) bezeichnet. Zu den pelagischen (sogen. holopelagischen) Tieren, die zeitlebens frei schwimmen, gesellen sich zu gewissen Zeiten des Jahres noch die frei schwimmenden Larven festsitzender oder kriechen der Küstenformen, der Schwämme, Korallen, Echinodermen, Muscheln, Schnecken, Moostiere, und die verschiedenartigen Larvenformen höherer Krebse; sie werden als hemi- oder subpelagische Formen oder als temporäres Plankton zusammengefaßt. Die nur einen Teil ihres Lebens pelagisch lebenden Tiere bezeichnet man auch als meropelagische. Die pelagischen Tiere sind aufs beste zum Schwimmen befähigt; sie besitzen häufig ein geringes spezifisches Gewicht. Den pelagischen Mollusken fehlen die schweren Kalkgehäuse ihrer Verwandten, oder sie sind auf ein Minimum reduziert; ebenso ist die Sohle, die den küstenbewohnenden Schnecken als Kriechorgan dient, bei deren pelagischen Verwandten bald zu Flossen, bald zu einem scharfen Kiel umgestaltet. Bei den Krebsen haben die Fühler den Dienst von Ruderorganen übernommen, und auch sonst finden sich mancherlei Einrichtungen, die das Schwimmen an der Oberfläche erleichtern, wie Lufträume, Schaumstruktur des gallertigen Körpers, Ölbehälter u. s. s. (s. Tafel »Meeresfauna II und III«). Ein großer Teil der pelagischen Tierwelt ist durchsichtig und auf diese Weise im Wasser unsichtbar; andre sind, der Gesamtfarbe des Wassers entsprechend, blau, die Fische oben stahlblau, unten silberweiß. Die einzelnen Arten und Gattungen treten in ganz ungeheuern Massen auf, die man erst neuerdings nach Maß und Zahl zu schätzen angefangen hat. Sie bilden schließlich die Urnahrung aller marinen Tierwelt, und ihr massenhaftes Auftreten hat durch die zu Boden sinkenden Schalen abgestorbener Tiere eine geologische Bedeutung. Bei der horizontalen Verteilung der pelagischen Fauna spielt die Hauptrolle die Temperatur, und daher gilt besonders für sie die Unterscheidung der obenerwähnten fünf großen Verbreitungsbezirke. Über die vertikale Verbreitung ist zu sagen, daß sie an der Oberfläche bis zu einigen Metern hinab am reichsten ist; von hier nimmt sie rasch ab und ist bei mehr als 2000 m nur noch wenig dicht, wobei übrigens Temperatur und Belichtung in den verschiedenen Zonen eine Rolle spielen, zumal was die (in den Tropen größere) Verschiedenartigkeit der Formen betrifft. Die pelagische Fauna richtet sich auch nach den Jahreszeiten. Viele Tiere, die im Winter an der Oberfläche pelagisch leben, sinken in den heißen Sommermonaten in die kühlere Tiefe und verbreiten sich bis zum Grund; zu ihnen kommen zahlreiche pelagische Formen, die in ihrem Vorkommen auf größere Tiefen beschränkt sind und nicht an die Oberfläche gelangen. Es ist anzunehmen, daß sich in den größern Meeren neben einer oberflächlichen, supersizial pelagischen Fauna frei schwimmende Tiere finden, die für bestimmte Tiefen charakteristisch sind (zonarpelagische Fauna). Strömungen spielen gewiß sowohl bezüglich der horizontalen als der vertikalen Verteilung der pelagischen Fauna eine Rolle. Vielfach werden die pelagischen Tiere in großen Schwärmen angetroffen, und es ist wahrscheinlich, daß ihre Verteilung eine ziemlich ungleichmäßige und nicht eine gleichmäßige, nur durch Strömung und Windrichtung beeinflußte ist, wie man von einigen Seiten angenommen hat. – Zu ihrer Ernährung sind die pelagischen Tiere auf andre ihresgleichen oder auf pelagische Pflanzen angewiesen sowie auf die flottierenden Reste beider. Von volkswirtschaftlicher Bedeutung ist die pelagische Fauna insofern, als sie die Nahrung für Fische und Wale liefert. Vgl. Hartwig, Leben des Meeres (5. Aufl., Glogau 1862); Haeckel, Das Leben in den größten Meerestiefen (Berl. 1870); Möbius, Das Tierleben am Boden der deutschen Ost- und Nordsee (das. 1871); Marshall, Die Tiefsee und ihr Leben (Leipz. 1888); Keller, Das Leben des Meeres (das. 1895); Hickson, The fauna in the deep sea (Lond. 1894); Ortmann, Grundzüge der maritimen Tiergeographie (Jena 1895); Agassiz, General sketch of the expedition of the Albatross etc. (Cambridge 1892); Brandt, Anpassungserscheinungen und Art der Verbreitung von Hochseetieren (Kiel 1892) und Haeckels Ansichten über die Plankton-Expedition (das. 1891); Chun, Die pelagische Tierwelt in größern Meerestiefen (Kassel 1888) und Die Beziehungen zwischen dem arktischen und antarktischen Plankton (Stuttgart 1897); Giesbrecht, Pelagische Copepoden des Golfes von Neapel (Berl. 1892); Haeckel, Plankton-Studien (Jena 1890); Hensen, zahlreiche Schriften über Plankton, besonders: Reisebeschreibung der Plankton-Expedition (Kiel 1892) und Die Plankton-Expedition und Haeckels Darwinismus (das. 1891); Hickson, Fauna of the deep sea (Lond. 1894); Murray, Summary of the scientific results of H. M. S. Challenger (Edinburg 1895); Seeliger, Tierleben der Tiefsee (Leipz. 1901); Pfeffer, Versuch über die erdgeschichtliche Entwickelung der jetzigen Verbreitungsverhältnisse unsrer Tierwelt (Hamb. 1891); Schütt, Analytische Planktonstudien (Kiel 1892); Chun, Aus den Tiefen des Weltmeeres (2. Aufl., Jena 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 534-537.
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