[212] Legät (lat. Legatum, Vermächtniß), eine letztwillige[212] Verfügung, durch welche Jemandem auf Kosten des Nachlasses des Verstorbenen ein vermögensrechtlicher Vortheil zugewendet wird. Der Bedachte heißt Legatār od. Honorirter (Legatarius, Honoratus), derjenige, welchem das L. zu gewähren auferlegt wird, der Querirte (Oneratus); Mehre, welchen zugleich ein L. ausgesetzt ist, Collegatarien. In einem engeren Sinne bezeichnete im älteren Römischen Recht Legatum nur diejenige Zuwendung, welche einem Erben mit bestimmten, befehlenden Worten zu Gunsten eines Dritten auferlegt wurde. Nach der Art der dabei gebrauchten Formeln unterschied man dabei vier Arten der L-e, das L. per vindicationem, L. per damnationem, L. per praeceptionem u. L. sinendi modo. Daneben bildete sich aber als eine zweite freiere Art der Vermächtnisse seit den letzten Zeiten der Republik das Institut der Fideicommisse (s.d.) aus, formlose Bitten an den Erben od. auch an Legatare, daß diese, einem Wunsche des Erblassers folgend, diese od. jene Zuwendung erfüllen möchten. Unter Justinian wurden beide Institute verschmolzen u. verordnet, daß auf den Gebrauch befehlender od. ersuchender Ausdrucksweise gar Nichts ankommen, sondern jede ihrem Inhalte nach nur sonst zulässige Verfügung in der einen od. anderen Form gleiche Wirkung haben u. gleiche rechtliche Vortheile gewähren sollte. Die Errichtung eines L-s setzt auf Seiten des Erblassers die Fähigkeit, sich einen Erben ernennen zu können, voraus; damit belastet werden kann Jeder, der durch den Tod des Erblassers unmittelbar od. mittelbar Etwas aus dessen Vermögen gewinnt, was der Erblasser ihm letztwillig entziehen könnte, daher nicht allein der ernannte, sondern auch ein Intestaterbe, sowie ein Legatar, selbst auch derjenige, dem nur von Todeswegen Etwas geschenkt wurde. Wenn der Erblasser nicht bes. ausgesprochen hat, welche Personen das Vermächtniß zu entrichten haben, so trifft alle Erben, je nach Verhältniß ihres Erbtheils, die Pflicht zur Gewährung des L-s. Der Wille, ein L. zu errichten, ist von dem Erblasser entweder in einem Testament (s.d.) od. in einem Codicill (s.d.) zu erklären. Selbst durch eine ganz formlose Erklärung kann ein Vermächtniß hinterlassen werden, wenn der Vermächtnißnehmer nach vorher geleistetem Calumnieneid die Thatsache, daß der Erblasser das L. errichtet habe, von dem Eide des angeblich Onerirten abhängig machen will (sogenanntes Oralfideicommiß, s.u. Fideicommiß). Fähig, mit einem L. bedacht zu werden, ist jeder, der auch Erbe werden kann (s.u. Testamenti factio). Es kann selbst einem Erben wieder ein L. hinterlassen werden. Geschieht dies so, daß dabei eine andere bestimmte Person als der Onerirte benannt worden ist, so hat dies nichts Eigenthümliches; ist aber das L. einem von mehren Erben ohne Bestimmung eines Querirten gegeben, so erhält nach den Ansichten der Römer der bedachte Erbe, wenn er zugleich die Erbschaft antritt, das L. (sogenannte Prälegat, Praelegatum, Pracceptio) als L. nur zu dem Theile, den ihm seine Miterben prästiren müssen, dagegen fällt der Theil, welcher auf seine eigene Erbportion zu rechnen wäre, ihm als Erben, nicht als Legatar zu. Gegenstand eines L-s kann Alles sein, was auch Gegenstand einer Obligation sein kann. Das Vermächtniß einer fremden Sache gilt nur, wenn der Testator diese Eigenschaft kannte; unter dieser Voraussetzung aber kann der Bedachte entweder fordern, daß der Onerirte sie ihm erwerbe, od. daß er ihm, wenn dies nicht möglich sein sollte, den Werth zahle. Sollte aber die Sache schon dem Legatar gehören od. sollte sie überhaupt nicht in commercio, d. h. für Privatpersonen erwerbbar sein, so ist das ganze L. ungültig, u. der Bedachte kann auch nicht den Schätzungswerth derselben verlangen. Über Bedingungen gelten bei L-en im Allgemeinen die nämlichen Grundsätze, wie bei Erbeseinsetzungen; nur sind bei L-en selbst Resolutivbedingungen u. die Hinterlassung des L-s auf eine gewisse Zeit möglich, was bei Erbeseinsetzungen nicht zulässig ist. Ungültig werden ferner noch die L-e der Regel nach mit der Ungültigkeit des Testamentes, in welchem sie hinterlassen sind. Doch erleidet dies vielfache Ausnahme, wie z.B. die L-e gültig bleiben bei der Rescission eines Testamentes wegen Ausschließung von Notherben, ebenso wenn der Nachlaß dem Fiscus zufällt, wenn der eingesetzte Erbe die Antretung nur in der Absicht unterläßt, um die Vermächtnißnehmer auszuschließen. Außerdem kann der Testator die Gültigkeit der in einem Testamente angeordneten L-e durch die Codicillarklausel salviren, ch. h. die Anordnung, daß der errichtete letzte Wille auf jede Art erhalten werden solle, was die Folge hat, daß die L-e von den Erben, welche ohne das Testament berufen sind, gewährtwerden müssen Anfänglich gültig errichtete L-e können später wieder hinwegfallen a) durch Aufhebung Seitens des Erblassers (Ademtio legatorum), wozu genügt, daß der Erblasser die Änderung seiner Gesinnung auf irgend eine sichere Weise zu erkennen gegeben habe; damit kann zugleich die Errichtung eines neuen Vermächtnisses verbunden werden (Translatio legatorum); b) durch das Wegfollen des Honorirten von dem Zeitpunkt, wo der Erwerb des L-s für ihn eintritt; c) durch Unwürdigkeit des Legatars (L. ereptorium), welche z.B. angenommen wird, wenn der Legatar das Testament ungegründeter Weise als inofficios od. untergeschoben anfechten sollte; d) durch Untergang der Sache, von welcher das L. gegeben werden sollte, od. auch der legirten Sache selbst. Die Erwerbung des Rechtes auf das L. tritt der Regel nach mit dem Tode des Erblassers von selbst ein; nur bei bedingten L-en wird der Zeitpunkt dieser Erwerbung (Dies legati cedens) noch bis dahin hinausgeschoben, wo auch die Bedingung erfüllt ist. Die Geltendmachung des Rechts aber, welches den Gegenstand des Vermächtnisses bildet (Dies legati veniens) kann durch Zeitbestimmungen noch weiter hinausgeschoben sein. Indessen kann der Legatar das L. auch ausschlagen, u. das so ausgeschlagene L. bleibt dann, wenn es nur Einer Person hinterlassen war, dem Onerirten, insofern nicht der Erb lasser für diesen Fall im Voraus einen Substituten ernannt hat. War aber das Vermächtniß Mehreren zugleich hinterlassen, so daß sie sich in dasselbe theilen sollten, so tritt ein Accrescenzrecht zu Gunsten der Collegatarien ein (s.u. Accrescenzrecht). Um übrigens zu verhüten, daß der Erbedurch ein Übermaß ihm auferlegter L-e veranlaßt werde, lieber die ganze Erbschaft auszuschlagen, wurde das Recht der Quarta Falcidia (s.d.) eingeführt; der belastete Erbe kann danach verlangen, daß ihm wenigstens ein Viertheil seiner Erbportion von L-en frei bleibe; sollten dennoch die L-e mehr betragen, als drei Viertheile des ihm zukommenden Erbtheiles, so steht ihm das Recht zu.[213] die Reduction der L-e je nach Verhältniß zu verlangen, so daß ihr Betrag bis auf drei Viertheile der Erbportion herabsinkt. Die Rechtsmittel, welche dem Legatar zur Erlangung des L-s zu Gebote stehen, sind: eine persönliche Klage auf die Leistung des vermachten Gegenstandes nebst Accessionen (Actio legati, Actio ex testamento); eine hypothekarische Klage, indem das Recht des Vermächtnißnehmers durch eine gesetzliche Hypothek an allen den Gütern gesichert ist, die det Onerirte aus der Verlassenschaft erhalten hat; eine Eigenthumsklage (Rei vindicatio), wenn der Gegenstand des Vermächtnisses eine dem Erblasser selbst gehörige Sache gewesen ist; das Recht auf die Cautio legatorum servandorum causa, eine Sicherstellung, zu welcher der Onerirte bei Vermeidung einer Missio in possessionem verbunden ist, wenn das L. nicht sofort geleistet wird. Der Onerirte hat dagegen das Recht, Ersatz aller Verwendungen zu verlangen, die etwa auf die Sache zu machen gewesen sind.
Unter den besonderen Arten der L-e ist noch bes. der Unterschied zwischen Singular- u. Universalvermächtnissen hervorzuheben, welcher sich darauf gründet, je nachdem entweder die ganze Erbschaft od. doch wenigstens ein aliquoter Theil derselben den Gegenstand des Vermächtnisses bildet, od. nur eine einzelne Sache od. ein einzelner Vermögensvortheil dem Legatar zugedacht ist. Das Universalvermächtniß war dem älteren Römischen Recht sowohl in der Form des L-s im engeren Sinne (als Legatum partitionis, Partitio legata), als in der des Fideicommisses (Fideicommissum hereditatis universale) bekannt. Eigenthümlich ist demselben, daß der Fideicommissar gegen den Erben (Fiduciar) einen rechtlichen Zwang ausüben kann, die Erbschaft anzutreten u. dadurch das Vermächtniß aufrecht zu erhalten. Der Vermächtnißnehmer muß dann aber die ganze Erbschaft übernehmen u. den Fiduciar wegen jedes Nachtheiles, der ihm aus dem Antritt erwächst, schadlos halten. Nach einem Senatuscons. Trebellianum soll der Universalfideicommissar, soweit ihm die Erbschaft dem Willen des Erblassers gemäß restituirt ist, wie ein Erbe behandelt werden. Der Fiduciar hat das Recht, bei der Restitution von dem Universalfideicommissar die Freilassung des vierten Theiles in gleicher Weise zu verlangen, wie dies bei den Einzelvermächtnissen mittelst der Lex Falcidia geordnet ist (sogenannte Quarta Trebelianica). Unter den Singularvermächtnissen zeigen noch zum Theil Besonderheiten: L. alimentōrum (Alimenta legata), das Vermächtniß des Lebensunterhaltes. Sofern das zum Lebensunterhalt des Vermächtnißnehmers Bestimmte in verschiedenen Terminen hergegeben werden muß, wird dasselbe als eine Reihe verschiedener Vermächtnisse betrachtet. L. alternativum, dasjenige L., wodurch Jemandem ein od. ein anderer Gegenstand zugedacht wird; falls der Erblasser dabei darüber Nichts bestimmt hat, wem die Wahl zustehen solle, ist der Legatar als dazu berechtigt anzusehen. L. annuum, das Vermächtniß einer jährlichen Rente; dasselbe löst sich, wie das L. alimentorum, in so viele verschiedene Vermächtnisse, als sich einzelne Termine der Zahlung ergeben; jedes dieser Vermächtnisse hat dann seine eigene Zeit des Anfalles mit dem Eintritt des jedesmaligen besonderen Termins für die Leistung. Ist das L. auf Lebensdauer berechnet, so kann eswegen des Abzugs der Quarta Falcidia nothwendig werden, den Gesammtwerth des L-s durch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung zu ermitteln. L. debĭll, wenn der Erblasser seinem Gläubiger vermacht, was er ihm bereits schuldig ist. In der Regel ist dies L. ohne Inhalt, insofern nicht etwa ein Vortheil darin liegen sollte, daß damit eine Einrede beseitigt od. die Fälligkeit des L-s beschleunigt wird. War der Erblasser dem Legatar in der That gar Nichts schuldig, so kann der Legatar dennoch den Gegenstand od. Betrag fordern, indem die Angabe, daß der Erblasser dem Legatar den Betrag od. Gegenstand schuldig sei, als bloße Falsa demonstratio nicht beachtetwird. L. dotis, das Vermächtniß eines Heirathsgutes, welches verschieden vorkommen kann, entweder so, daß der, welchem die Dos nach Auflösung der Ehe zufallen würde, sie einem Dritten legirt, od. daß er sie demjenigen erläßt, der sie hätte bestellen sollen, od. daß der zur Herausgabe Verpflichtete sie einem Dritten vermacht. L. genĕris, das Vermächtniß einer nicht vertretbaren, dabei aber nur nach der Gattung bestimmten Sache, z.B. eines Pferdes, eines Hauses. Finden sich Sachen der fraglichen Gattung in der Erbschaft vor, so gebührt dem Legatar eine von diesen nach seiner Wahl; ist dies aber nicht der Fall, so hängt die Gültigkeit des L-s davon ab, ob der Gegenstand des Vermächtnisses genügend bestimmt od. bestimmbar ist. Fehlt es an solcher Bestimmtheit, z.B. wenn nur im Allgemeinen ein Grundstück vermacht wäre, so muß dem L. die Gültigkeit abgesprochen werden; sonst aber kann der Onerirte von der Verpflichtung, dem Honorirten eine Sache der Art von mittlerem Werthe zu gewähren, nicht entbunden werden. Bei der Auswahl darf der Legatar nicht unbescheiden unter mehreren Sachen derselben Gattung gerade die beste sich aussuchen, es müßte denn der Erblasser ihm ausdrücklich die Wahl unter den Sachen einer Gattung vermacht haben (Optio legata, L. optiōnis s. electiōnis). L. liberatiōnis, das Vermächtniß, wvdurch der Erblasser seinem Gläubiger eine Schuld erläßt. L. nomĭnis, das Vermächtniß einer Forderung, die dem Erblasser gegen eine dritte Person zustand. L. quantitātis, das Vermächtniß einer Summe od. Quantität vertretbarer Sachen. Ist hierbei die Quantität nicht genauer bestimmt, so fällt unter das L. Alles, was sich von der Art in der Erbschaft vorfindet; ist die Summe bestimmt, so kann der Legatar diese Summe fordern, auch wenn sich Nichts davon in der Erbschaft finden sollte. Vgl. Westphal, Darstellung der Rechte von Vermächtnissen u. Fideicommissen, Lpz. 1791, 2 Bde.; Roßhirt, Die Lehre von den Vermächtnissen nach römischem Rechte, Heidelb. 1835, 2 Thle.; Mayer, Die Lehre von den Legaten u. Fideicommissen, Tüb. 1654, 1. Abthl.
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