Salzburg [2]

[821] Salzburg, 1) Herzogthum, ein österreichisches Kronland, welches im Norden von Oberösterreich u. Baiern, im Westen von Baiern u. Tyrol, im Süden von Tyrol u. Kärnten, im Osten von Steyermark u. Oberösterreich begrenzt wird, 130,18 geogr. QM. mit 148,000 Ew. (1857); das Land ist durch die Norischen Alpen gebirgig, welche auf der Südgrenze stehen u. sich nach Norden verzweigen; im Hauptgebirgszug stehen der Großglockner, das Winsbachhorn, der Hohenarr, Obersulzbacher-Venediger, Hochhorn, an der tyroler Grenze die Reichenspitz u. das Breithorn, an der baierischen Grenze das Steinerne Meer, der Göll u. Untersberg, in der südlichen Kette die Tauern, der Ankogel, die Radstädter Tauern u. die Seekarspitz. Thäler sind das Lungau mit der Quelle der Mur, das Pongau mit der Quelle der Enns, das Salzathal, Pinzgau mit der Quelle der Saale u. dem Zellsee. Flüsse: Salza, Saale, Mur u. Enns. Das Klimaist kalt, doch gesund. Producte: Rindvieh, Pferde, Wild, Fische, Getreide, Obst, Holz u. viele Mineralien (Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nickel, Kobalt, Arsenik, Salz etc.). Die Einwohner, welche sich mit Ausnahme weniger Evangelischen sämmtlich zur Römisch-Katholischen Confession bekennen u. in dieser Beziehung dem Erzbischof von Salzburg unterstehen, wohnen in 3 Städten, 21 Marktflecken u. 734 Dörfern u. beschäftigen sich mit Viehzucht (Alpenwirthschaft), Bergbau, Verarbeitung der Bergwerkserzeugnisse, Verfertigung von allerhand Metallwaaren, baumwollner u. wollener Gewebe, Pulver, Glas etc. Das Kronland bildet einen Ergänzungsbezirk u. wird in 20 Bezirke eingetheilt; für die Ausübung der Civil- u. Straf-, wie auch Handels- u. Berggerichtsbarkeit besteht als Gerichtshof erster Instanz das Landesgericht zu Salzburg;[821] vgl. F. Storch, Skizzen einer naturhistorischen Topographie des Herzogthums S., Salzb. 1858; 2) befestigte Hauptstadt darin, an der Wien-Linz-S.-Münchner Eisenbahn (Elisabeth-Westbahn), an beiden Ufern der Salza (über welche eine 370 Fuß lange Brücke führt u. welche hier den in vielen Kanälen durch die Stadt geleiteten u. die Springbrunnen der Stadt speisenden Almbach aufnimmt), zwischen dem steilen Schloß- u. Mönchsberge u. dem Kapuzinerberge; beide Berge sind zum Theil steil abgeböscht u. in sie Häuser (Gstädlen genannt) eingebaut. S. ist Sitz der Landesregierung, eines Fürst-Erzbischofs (Primas von Deutschland), des Domcapitels, des erzbischöflichen Consistoriums, des Landesgerichts, der Bezirksbehörden, der Steuerbehörden, der Berg-, Salinen- u. Forstdirection, der Handels- u. Gewerbekammer, eines Post- u. Telegraphenamtes, des Festungscommandos etc. Die Festung Hohensalzburg (Hohensalza) auf dem dort nach 3 Seiten jäh abfallenden, 600 Fuß über der Salza liegenden Nonnenberg, dem letzten Punkt des schmalen Mönchsbergs, bildet die Citadelle, ist 1088 aus den Trümmern eines römischen Castells entstanden u. zu verschiedenen Zeiten ausgebaut, dient aber mehr zu Kaserne u. Gefängniß als zur wirklichen Vertheidigung, doch hat sie gegen die vierte schmale Bergseite zu mehr gute Außenwerke; von ihr herab hat man eine herrliche Aussicht auf das Land; in ihr sind das Zeughaus, der obere u. untere Trompeterthurm, das Schlangenrondel, der Giftthurm, die Tortur, das heimliche Gericht, die Georgskapelle, der Feuerthurm, das Orgelwerk (Hornwerk) mit 200 Pfeifen etc. merkwürdig. Der Hauptwall der Stadt ist schlecht unterhalten, dagegen sind einige Lünetten auf allen Seiten gegen das Land hin vorgeschoben, auch der bewaldete Kapuzinerberg auf dem linken Salzaufer ist durch eine Mauer befestigt. Auf dem linken Ufer der Salza liegen die Vorstädte Nonnthal (südlich) u. Müllen (nördlich), auf dem rechten außer dem kleinern Stadttheil, der Kapuzinerberg u. die Vorstadt Stein. Thore gibt es 20; das merkwürdigste ist das 1765–67 vom Erzbischof Sigismund III. erbaute Neuthor (Sigmundthor), welches 425 Fuß lang, 22 F. breit, 39 F. hoch durch den Felsen des Mönchsbergs als Tunnel gebrochen ist; vor demselben außerhalb der Stadt liegt die Kreuzbrücke in der Riethenburg, wo 2 Brücken sich kreuzend über einander geführt sind. S. ist im Ganzen schön gebaut, stattliche Häuser zieren die Stadt; sie haben meist flache Dächer u. sie, sowie die zahlreichen Brunnen u. Denkmäler, erinnern an Italien u. haben der Stadt den Beinamen des deutschen Rom erworben. Unter den 17 öffentlichen Plätzen sind bes. ausgezeichnet: der Residenzplatz, 410 Fuß lang, 250 Fuß breit, geziert mit dem 45 Fuß hohen Springbrunnen (dem Hofbrunnen) aus weißem Marmor 1664 erbaut; der Domplatz, durch eine Säule der unbefleckten Empfängniß der Maria zu Ehren aus Bleiguß von 1771; an dem Michaelsplatze steht das Denkmal des in S. 1756 geborenen Mozart, von Schwanthaler aus Erz, 1842 errichtet. Unter den 24 Kirchen u. Kapellen S-s zeichnet sich der Dom mit 2 Thürmen, von Santino Solari 1614–1628 im Style des Vatikan erbaut, aus; St. Peter mit dem Grabe des St. Rupertus u. Haydn's Monumente u. mit Kloster, in dessen Hofe ein schöner Marmorbrunnen; ferner die Margarethenkirche mit Kirchhof, die Katharinenkirche mit Grab des St. Vitalis, die alte Kreuzeskapelle dicht an dem Mönchsberg, in welchem die kleine Ägidiuskapelle eingehauen ist, dabei steigt man in die Felseneinsiedelei des St. Maximus, hoch oben im Mönchsberge eingehauen, empor; noch andere Kirchen sind: die Franciscaner-, ehemalige Universitäts-, Cajetaner-, Benedictinerinnen-, St. Erhards-Spitalkirche, die Lyceumskirche im griechischen Styl, die Dreifaltigkeitskirche, die St. Sebastianskirche, mit Friedhof, auf welchem das Grabmal des Theophrastus Paracelsus, dessen Wohnhaus noch hier gezeigt wird. Außerdem gibt es 7 Klöster. Schlösser: das Residenzschloß an dem Residenzplatze, 1592 aufgeführt; ihm gegenüber liegt der Neubau (jetzt für die Kreisbehörden eingerichtet), dabei die Hauptwache; das Schloß Mirabell, Residenz des Erzbischofs, am rechten Ufer der Salza, von Wolf Dietrich u. Marcus Sittich zum Sommeraufenthalte gebaut, 1818 (mit 74 anderen Gebäuden, worunter Klöster, Kirchen, eine Kaserne) abgebrannt, aber für den kaiserlichen Hof wieder hergerichtet. Andere Gebäude sind: der Marstall, jetzt Cavalleriekaserne, durch welchen der Reinigung wegen der Almbach durchgeleitet ist, die Reitschule u. Sommerreitschule, letztere 1693 erbaut, im Freien; die am Felsen gelegene Seite besteht aus einem Amphitheater mit 3 Reihen Arcaden über einander, für die Zuschauer, in den Felsen gehauen; der gräflich Küenburgische Palast, Theater u. das Stadtbrunnenhaus mit einem großartigen hydraulischen Werke. Unterrichts- u. wissenschaftliche Anstalten. S. hatte sonst eine Universität, 1620 gestiftet, 1625 vom Papste bestätigt, 1804 erweitert, später aufgehoben, jetzt eine theologische Facultät, Medicinisch-chirurgische Lehranstalt, Obergymnasium, Unterrealschule, Normalhauptschule, Mädchenhauptschule der Ursulinerinnen, fürsterzbischöfliches Priesterseminar, Schullehrerseminar, Collegium Borromaeum (erzbischöfliche Privaterziehungsanstalt), gräflich Lodronsches Collegium Marianum (gest. 1645) u. Rupertinum (gest. 1653), Mädchenerziehungsanstalten der Ursulinerinnen, das adelige Benedictinerstift Nonnberg; Bibliotheken: die öffentliche Studienbibliothek 1000 Incunabeln u. 300 Manuscripte aus dem 8. u. 9. Jahrh., die Bibliothek des Landesmuseums u. die Bibliothek des Benedictinerstifts zu St. Peter, das Museum Carolino-Augusteum, Sammlung von archäologischen, historischen, Kunstgegenständen u. Naturalien, Medicinisch-chirurgischer Leseverein, Kunstverein, Dommusikverein, Mozarteum, Liedertafel etc. Wohlthätigkeitsanstalten: k. k. Militärhospital, 3 Civilspitäler, Leprosenhaus für Unheilbare, Irrenhaus, Taubstummenanstalt, Stadtbrüderhaus, Gebäranstalt, Kinderbewahranstalt, Waisenhaus, Soolbadanstalt. Die ziemlich lebhafte Industrie der Bürger erzeugt Papiertapeten, Claviere u. Orgeln, Bleistifte, Spiegel, Baumwollenwaaren, Leder, Eisenwaaren; außerdem bestehen eine lithographische Kunstanstalt, eine Kupferdruckerei, Schriftgießerei, 3 Buchhandlungen etc. Der Handel, bes. der Speditionshandel ist bedeutend. S. hat auch 2 Jahrmärkte (Dulte); es bestehen eine Filialleihanstalt der Nationalbank, eine Sparkasse, ein Leihhaus, eine Brandassecuranzanstalt, Gewerbeverein, Forstverein u. landwirthschaftliche Gesellschaft. Vergnügungen: S. hat ein Theater, eine Museumgesellschaft für den Winter u. schöne Spaziergänge in die nächste Umgebung, nach dem[822] Burgelstein, dem Kapuziner- u. Mönchsberg, dem Franciscischlößl, Schloß u. Park Aigen, Gaisberg etc. mit reizenden Aussichten auf die Salzburger Alpen etc.; 17,240 Ew., darunter 1600 Mann Besatzung. Etwas entfernter liegen die kaiserlichen Luftschlösser Hellbrunn, 1614 durch Erzbischof Marcus Sittich gegründet, mit Park mit Wasserkünsten u. Steinböcken, so wie in den Felsen gehauenem Theater; Kleßheim, Luftschloß an der Salza, mit prachtvoller Marmortreppe, Fasangarten, Park etc., Sommerresidenz des Erzbischofs. Von Privatlustschlössern zeichnet sich nächst Aigen bes. Leopoldskron aus, sonst gräflich Firmiansches Lustschloß, jetzt dem König Ludwig von Baiern gehörig, 1/4 Stunde von S., an einem großen Teiche, welcher im Winter zu Schlittschuhfahrten benutzt wird; es enthielt einst kostbare Kunstschätze, welche König Ludwig von hier wegbringen ließ. Obgleich S. nach Salz benannt ist, finden sich doch in seiner unmittelbaren Nähe nur Spuren von Salz, erst 2–3 Stunden entfernt gibt es ungeheuere Salzlager, u. diese Salzwerke werden von hier aus besucht, nämlich Hallein auf österreichischem u. Berchtesgaden auf baierischem Gebiet; von hier aus besucht man auch den romantischen Königssee (s.d.). – S., im Alterthum (nicht Juvavia, sondern) Juvavo u. Juvavum, war eine alte Stadt in Noricum, wurde vom Kaiser Hadrian zur Colonie erhoben u. war die Residenz des römischen Statthalters von Noricum; man hat hier viele römische Alterthümer u. Kunstwerke gefunden. Im 5. Jahrh. von den Herulern zerstört, wurde sie bereits in der zweiten Hälfte des 7. Jahrh. wieder hergestellt u. im Anfang des 8. Jahrh. hier Kloster u. Kirche von St. Rupert gegründet u. die Stadt wurde hierauf Sitz eines Bischofs u. dann Erzbischofs (s. Salzburg, Erzbisth.). 16. Juli 1669 stürzte auf die Johannisvorstadt der nahe Sandberg herab u. zertrümmerte die Häuser, wobei 500 Menschen umkamen. Am 15. Sept. 1859 brannte die Kuppel des Doms ab. Vgl. Die Stadt S. u. ihre Umgebung, Salzb. 1854; S. u. seine Umgegend, ebd. 1854; Fremdenführer durch S. u. Umgebung, ebd. 1856; Straß, S. u. Umgebungen, Berl. 1851, 4. A. 1860; Straß, Fremdenführer durch die Stadt S. u. ihre Umgebung, Salzb. 1861; Koch-Sternfeld, S. u. Berchtesgaden in historischen, statistischen, geographischen etc. Beiträgen, ebd. 1810, 2 Bde.; Juvavia, Salzb. 1784, Fol.; Übersicht der Alterthümer, welche in dem Roseneggerschen Garten ausgegraben wurden, ebd. 1822; J. B. Pfeiffer, Karte zur Reise durch S., Salzb. 1859.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 821-823.
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