Junker

1. Besser ein Stroherner Juncker1, denn zween stelerne Bürger oder vier eiserne Bawren vnd Knechte.Petri, III, 1.

1) Das Wort ist aus junger Herr entstanden, daher man es in älterer Schreibweise Junkher findet. In unserer Zeit bezeichnet man mit dem Namen Junkerthum den niedern Adel eines Landes, aber nicht mit schmeichelhaften Nebenbegriffen. Man nennt Fahnen-, Kammer- und Stalljunker, Dorf-, Putt-, Kraut- und Strohjunker. (Vgl. Wurzbach III, 188.)


2. Bey zeite Juncker vnd Herr, spate Knecht. Latendorf II, 6; Petri, II, 45.

Lat.: Bursa carens aere nequit in taberna sedene. (Neander.)


3. Dar is kên Junker sô krûss1, of he hett noch wohl 'n Lûs. (Ostfries.) – Bueren, 159; Frommann, II, 535, 24; Eichwald, 928; Hauskalender, I; Stürenburg, 126b.

1) Kraus, gelockt. Sprichwörtlich: He mâkt sik ser krûs = er macht sich gross.


4. Du Junker, ich Junker, wer putzt das Pferd?


5. Ein früher Juncker, speter Bettler (Knecht). Henisch, 345, 25; Petri, II, 187; Mathesy, 156a.


6. Ein früher Junkherr, ein später Karpensetzer.Frischbier, 202a; nach Linemann, Deliciae calendariographicae, Königsberg 1854, Bg. Bb3, beim Jahre 1645.


7. Ein junger kofent Juncker vnd Reuter, ein alter Betler.Henisch, 345, 27; Petri, II, 205.


8. Ein Junker liebt unter allen Rechten Vor- und Jagdrecht, unter allen Freiheiten die Steuerfreiheit und unter allen Herrlichkeiten die Gutsherrlichkeit.


9. Ein Junker trägt die Nase höher als ein Fürst.

Daher sagen wol auch die Bauern, das Korn junkere, wenn viel Halme mit leeren Aehron über die anandern hinausragen. Die Russen: Grafenstolz geht über Fürstendünkel. (Altmann VI, 485.)


10. Ein Junker und ein Mönch haben beide den Teufel im Leibe.Klosterspiegel, 46, 11.

Holl.: Gij maakt den jonker, en hebt penning noch duit bij te zetten. (Harrebomée, I, 365b.)


11. Es ist nicht jeder ein Junker, der reiten kann.


12. Je kahler der Junker, je grösser der Prunker.Simrock, 5345a.

Holl.: Het is een jonker Jan in het oog. – Het is een papieren jonker. – Het is een smalle, een stroojonker. – Het is jonker Pover. – Hoe kaler jonker, hoe groeter pronker. – Neemt iemand een' jonker om geld of om goed, die heeft ook een' pronker, dien ze dienen moet. (Harrebomée, I, 365b.)


13. Juncker Klotzmann (s.d.) liebt vnnd pflegt seine Pferdt vnnd Hund besser als seine Vhterthanen.Lehmann, 842, 11.


14. Junger Junker, alter Bettler.Henisch, 365, 26; Petri, II, 187 u. 410.


15. Junker Ehlos ist oft ehrlos.


16. Macht man Junker zu Ministern und Barbiere zu Chirurgen, so muss der Staat (das Volk) erwurgen.


17. So gehts, wan die Junkeren wollen Kaufleute und die Kaufleute Kriegsleute sein.Schottel, 1118a.

18. Was der Junker nur kann erdenken, will auch der Bauer an sich henken.


19. Wenn der Junker die Copie bekommt, will er auch das Original haben.


20. Wenn die Junker den Bettlern im Dorfe höfeln, so helfe Gott den Bauern.


[1078] 21. Wenn die Junker jagen, müssen die Pfaffen die Hunde tragen.

»Einst war es Sitte, daas ein geweihter Priester des Morgens früh die Messe las und nach deren Beendigung seinem gnädigen Junker die Hunde auf die Jagd führte oder die Frau des Hauses bediente, wenn sie sich zu Pferde setzen oder von demselben absteigen wollte. Aehnliches kam noch in diesem Jahrhundert vor.« (Vgl. Wagenseil, Aehrenlese, 29, 52.)


22. Wenn die Junker sich raufen, ist's um der Bauern Haare geschehen.

»Wenn die Junckherrn rauffen, schreien, müssen die Bawrn ihr haar dazu leihen.« (Froschm., Brii.)

Holl.: Als de jonkers malkander plukharen, dan moeten de boeren hun haar leenen. (Harrebomée, I, 365a.)


23. Wer Junkherrn vnd Knechten hat, der hat allzeit zurissen Sattel.Petri, II, 726.


24. Wer sich zwischen Junker und Pfaffen steckt, der klemmt sich.Klosterspiegel, 19, 20.


25. Wo mehr Junker sind als Bauern, müssen sie selbst den Flegel führen.


26. Zu einem Juncker vnd müssiggenger gehört viel.Petri, II, 248.


*27. Dat sünd man Junkers. (Mecklenburg.)

So sagt der Landmann von Aehren, die lang in die Höhe geschossen, aber taub sind oder kein volles, kräftig ausgewachsenes Korn haben.


*28. Er will den Junker spielen und hat keinen Deut auf den Mühlen.


*29. So muss man den Junckern die Sporen angürten.Lehmann, 81, 51.

So sagten Bauern, als sie ihren Junker in der Gewalt hatten und Muthwillen mit ihm trieben. Später als sich das Blatt wieder gewandt hatte und die Junker wieder obenauf waren, wandten sie die Redensart an. (S. Bauer 404.) Das Verhältniss beider zueinander ist nie ein sehr freundliches gewesen. Eine Gemeinde setzte ihrem Gutsherrn zwar einen Leichenstein, aber mit der Inschrift: »Hie leyt usse leybe Junker; as ä starb, da stunk er.« (Breslauer Erzähler, 1800, S. 731.)


[Zusätze und Ergänzungen]

30. Der Junker braucht den Pfaffen, wie der Jäger den Hund.Gartenlaube, 1871, Nr. 1.


31. Es ist kein Junker so schlimm, es gibt einen schlimmern.


32. Es sind Junkherren von der grossen langen Linie.

Von dunkler Herkunft.


*33. Der Junker von Mentiris.Monatsblätter, VII, 16.

Von einem gewaltigen Lügner.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1476.
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