Stolz (Subst.).
1. Auff den Stoltz gehört Schand. – Petri, II, 23.
2. Den Stolz hat man umsonst, das Brot muss man kaufen. (Wend. Lausitz.)
Lat.: Melius est labi pedipus, quam oculis. (Chaos, 399.)
3. Der leere Stolz und darbend Hochmuth verschachern Ehre, Leute und Gut. – Eiselein, 580.
Böhm.: Pýcha a žadodt panováni jest velini skodlivá osobám i obcítto. (Rybička, 235.)
4. Der stoltz bleibt doch das Haupt seines Huts. – Lehmann, 394, 32; Simrock, 9924.
5. Der Stoltz breitet sich auss wie ein Pfaw oder Welscher Han. – Lehmann, 394, 43.
6. Der stoltz meint, er sey allein das liecht der Statt. – Lehmann, 394, 34.
7. Der Stoltz wird arm, sobald er Haar umb die Zähn bekombt.
Lat.: Qui minimum curat cultus, fit pauper adultus. (Sutor, 946.)
8. Der Stolz betrügt sich und andere.
Frz.: Parleur orgueil pareilles gens sont défraudez le plus souvent. (Leroux, II, 278.)
9. Der Stolz frühstückt mit dem Ueberfluss, speist zu Mittag mit der Armuth und isst zu Abend mit der Schande. – Simrock, 9923.
Frz.: Quand orgueil chevauche ou va le galoppe daim (dommage) et honte le suit en croppe. (Leroux, II, 287.)
10. Der Stolz isst zu Mittag mit der Pracht und zu Abend mit der Verachtung. – Frischbier2, 3647.
Lat.: Cito ignominia fit superbi gloria. (Seybold, 76.)
11. Der Stolz ist des Untergangs (des Falls) Vorreiter.
Die Russen: Der Stolz ist eine Axt, die den Baum unsers Glücks leicht fällen kann. (Altmann VI, 471.)
Böhm.: Kdež přijde pýcha, tudiž zaní přikluše hanba. (Rybička, 240.)
Dän.: Hovmod gaaer for fald. (Bohn I, 375.)
Frz.: L'orgueil est l'avant coureur de la chûte. (Gaal, 897.)
12. Der Stolz meint, das Pflaster müsse vor ihm aufstehen.
13. Der Stolz meint, sein Ei habe allezeit zwei Dotter. – Sailer, 175.
14. Der Stolz meint, seine Würfel würfen allzeit achtzehn. – Simrock, 9927.
15. Der Stolz meint, was er denke, das schlage an alle Glocken an.
16. Der Stolz reitet zu Pferde aus und kommt zu Fuss nach Haus.
Böhm.: Za pýchou palice kráčí. (Rybička, 204.)
17. Dess Stolz Narrheit ist bekannt, denn Stultus ist vom Stolz genannt.
»Bey dem stoltz man Narren kennt, denn stolz von stultus wirdt genennt, die Teutschen hant verstanden wol, wie man der Hoffart nennen sol.« (Theatrum Diabolorum, 369a.)
Frz.: Orgueilleux semblance montre fol cuidance. (Leroux, II, 276.)
[876] 18. Edler Stolz krümmt sich nicht vor Holz.
»Stolz ist das Gefühl seines bestimmten Werthes und durchaus lobenswürdig. Besässen alle dieses edle Selbstbewusstsein, es würde in der Welt in vielen Dingen besser stehen.«
19. Ist das ein Stolz, viel Küchen und kein Holz!
Dän.: Han har mange hunde og intet brød. (Prov. dan., 35.)
20. Mit Stoltz vnd vbermuth richtet man wenig auss. – Petri, II, 480.
21. Offt der stoltz ist auff der gassen, hat kein Heller in seiner Taschen. – Zinkgref, IV, 373.
22. Stoltz brennt in der Helle. – Petri, II, 542.
Böhm.: Z hrdosti čertu radosti. (Čelakovský, 97.)
23. Stoltz kompt vom Teuffel. – Petri, II, 542.
24. Stoltz macht sich selber zu Schand. – Petri, II, 542.
25. Stoltz vnd Hoffart machen ein Schart. – Petri, II, 542.
Böhm.: Hrdý se pyšnĕmu rovná. (Čelakovský, 97.)
26. Stoltz vnd Vbermuth hat nie kein gut gethan. – Petri, II, 542.
Die Russen: Steigt der Stolz, fällt das Glück. (Altmann VI, 400.)
27. Stolz – die Bettlad' is von Holz! – Tendlau, 265.
Als Entgegnung, wenn von jemand gesagt wird, dass er stolz sei. Man will damit ironisch sagen, er hat Grund stolz zu sein, da er eine hölzerne Bettlade besitzt.
28. Stolz geht lieber aus dem Wege als hintennach.
29. Stolz geht voran und Schande hintennach. – Müller, 31, 3; Simrock, 9921; Lohrengel, I, 627.
Die Franzosen lassen Aerger und Verdruss dem Stolze folgen: A orgueil ne manque de corre dueil. (Leroux, II, 165.)
Engl.: Pride goes before and shame follows after. (Bohn II, 126.)
30. Stolz gleicht dem faulen Holz, so nur in der Finsterniss scheinet. – Sutor, 930.
31. Stolz ist ein Schlagbaum gegen Freundschaft.
32. Stolz kommt vorm Fall, wie man erfährt überall. – Tscherlow, 205; Parömiakon, 2308.
33. Stolz schneuzt die Nase nach oben.
34. Stolz und Neid steht beim neuen Kleid. – Parömiakon, 2084.
35. Stolz und Reichthum sind gern beisammen.
Die Russen: Stolz ist des Reichthums Grenznachbar. (Altmann VI, 477.)
36. Stolz, Zorn und Neid rauben mir mich und Freunde allezeit.
37. Wenn Stolz und Eitelkeit sich zur Ehe nehmen, gibts närrische Kinder.
Aehnlich russisch Altmann VI, 454.
38. Wer Stolz und Hochmuth nicht kann meiden, den kann der Herr nicht leiden.
Lat.: Hoc retine verbum: frangit Deus omne superbum. (Seybold, 218.)
39. Wo Stolz, da Schmach. – Petri, II, 816; Körte, 5749; Simrock, 9921.
*40. A schtrotzt fir Schtolze wî a g'derrt'r Frôsch. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 447.
Er weiss sich vor Stolz nicht zu regen.
*41. Der hat'n Stolz wie a Kirchathurn. – Birlinger, 874.
*42. Er weiss vor Stolz nicht, wie er den Kopf halten soll.
Jüd.-deutsch: Der waass schon vor Gnées nit, wie er den Kopf halte soll. (Tendlau, 263.)
43. Der Stolz sieht aufwärts zu den Grössern, um sich höher zu schwingen; der Kummer abwärts zu den Geringern, um sich zu trösten.
Lat.: Majores superbus, minores moestus spectat. (Sailer, Sprüche, 105, 46.)
44. Macht der Stolz sich breit, fehlt ihm nicht Herzeleid.
It.: Ad orgoglio non manca mai cordoglio. (Giani, 1204.)
45. Stolz geht ab im Ritt und kommt zurück im Schritt.
It.: La superbia andò a cavallo, e tornò a piedi. (Giani, 1598.)
46. Stolz kommt vor dem Verderben, und Hochmuth vor dem Fall.
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