Hochmuth

1. Der Hochmuth ist des Stolzes Bruder.Kellner, Sätze und Musterstücke.


2. Der Hochmuth ist unter allen Beichtvätern der gefährlichste.


3. Der Hochmuth will überall die Hände mit am Pflug haben, vnd meynt, man könne kein Esel satteln, er müss dabey seyn.Lehmann, 26, 31.


4. Hâchmaud doit nimmer gaud. (Hannover.) – Schambach, I, 141.


5. Hochmut kompt nit von armut.Franck I, 141b; Lehmann, II, 267, 77; Simrock, 4799.


6. Hochmut thet nie kein gut.Franck, I, 127b u. 141b; Lehmann, II, 267, 78; Lalendorf II, 17; Sailer, 71.

»Wie denn das Sprichwort sagen thut, Hochmut der thut nimmer kein gut.« »Hochmut bringt selten gut.« (H. Sachs, V, CXXI, 1, 2 u. 9.)

Holl.: Hoogmoed deed nooit iemand goed. (Harrebomée, I, 330.)


7. Hochmuth bettelt mehr als Armuth.


8. Hochmuth bindet jhr selbs ein ruth.Petri, II, 384; Henisch, 387, 60.


9. Hochmuth führet in Armuth.Henisch, 116, 70.


10. Hochmuth geht voran, Spott und Schaden (Schande) folgen nach.

Böhm.: Kde pýcha, tu i pohanĕní. – Kdež přijde pýcha, tudíž za ní přikluše hanba. – Na pyšneho čeká důlek, a na kvapného kůlek. – Za pýchou palice chodí. (Čelakovsky, 19.)

Dän.: Hofmod gaaer for fald; spot og skade folger dan. (Prov. dan., 195.)

Frz.: L'orgueil marche devant l'ecrasement. – Quand orgueil chemine devant, honte et dommage suivent de bien près. (Cahier, 1206.)

Poln.: Na hardego dołek, a na rączego kołek. (Čelakovsky, 97.)


11. Hochmuth hat immer Schmach hinter sich.


12. Hochmuth in den schönen ist, vnd folget der schön zu aller frist.Petri, II, 384.


13. Hochmuth ist allein klug.

Frz.: Orgueil ne se daigne aviser. (Cahier, 1207.)


14. Hochmuth ist des Teufels Affe.

Die Russen: Hochmuth ist ein Sumpf, der faule Blasen anfwirft. Hochmuth ist eine Pflanze, die im Garten des Reichthums wuchert. (Altmann VI, 444 u. 481.)

Böhm.: Pýcha peklem dýchá. (Čelakovsky, 97.)


15. Hochmuth ist Dummheit, Demuth Weisheit.


16. Hochmuth kommt (geht) vor dem Fall.Hollenberg, I, 62; Beyer, II, 46; Sprichwort, 16, 18; Müller, 31, 1; Neus, 18; Steiger, 320; Siebenkees, 112; Teller, 778; Körte, 2883; Simrock, 4797; Braun, I, 1408; Parömiakon, 979; Schulze, 70; Ramann, II, Pred., II, 245; Ramann, Unterr., I, 32; auch ist dies Sprichwort als Lustspiel frei nach dem Englischen bearbeitet von L. Kühne (Mainz 1835); für Hannover: Schambach, I, 142; für Waldeck: Curtze, 298.

»Hochmuth kommt vorm Fall; doch bei Suschen kam, seit Graf Dorival sie zur Freundin nahm, Hochmuth nach dem Fall.« (Pfeffel.) Ein gelehrten jüdischen Kreisen angehörendes Sprichwort heisst: Achare Dargo – T'wir. (Tendlau, 710.) Dargo und tewir sind die Namen zweier sich folgenden hebräischen Accente, wovon jenes im Chaldäischen Stiege, Stufe, und dieses Bruch bedeutet. Also: Nach (achare) Stiege (kommt) Bruch. (Vgl. Tendlau, 661.)

Mhd.: Unmâsze und hochvart die münzen dicke vallen hart. – Swer hôhe vert zaller zît, wizzet, daz er nider lît. (Welscher Gast.) – Ze hôhe niemen varn sol: de vetieh hât ein man niht die in ze vliegen helfen iht, dâ von muoz er vallen hart nider von sîner hôchvart. (Welscher Gast.) (Zingerle, 69.)

Böhm.: Neved' si pyšno, by na zlé nevyšlo. – Pýcha předcházi pád. – Pýcha před pádem, utíkej před hadem. (Čelakovsky, 19 u. 97.)

[692] Engl.: Pride goes before, and shame follows after. (Gaal, 897.) – Pride goes before the fall. (Körte, 2882.)

Frz.: L'orgueil est l'avant-coureur de la chute. (Starschedel, 408.)

Holl.: Hoogmoed komt vóór den val. (Harrebomée, I, 330.)

Lat.: Ante ruinam exaltatur cor. – Cito ignominia fit superbi gloria. (Philippi, I, 83.) – Sequitur superbos ultor a tergo Deus. (Seneca.) (Binder II, 3085; Philippi, II, 177; Gaal, 897.) – Superbia praecedit casum, et exaltatio ruinam. – Superbi extollentia viri, montis supercilium acuti. (Bovill, I, 31.)

Poln.: Pycha przed upadkiem idzie. (Lompa, 28.)


17. Hochmuth kommt vor dem Falle, nach dem Falle kommen Leiden.Lohrengel, I, 370.


18. Hochmuth liebt Demuth.

Nämlich bei andern. Wesendonk, Mitglied der Deutchen Nationalversammlung zu Frankfurt a.M., schrieb in das Stammbuch des Club »Donnersberg«: »Der Grossen Hochmuth wird sich legen, wenn eure Kriecherei sich legt.« (Westdeutsche Zeitung, 1849, Nr. 67.)


19. Hochmuth macht dumm.

Lat.: Arrogantia facit stultum. (Chrysost.) (Binder II, 239.)


20. Hochmuth ohne Mittel endet im schlechten Kittel.

It.: Superbia senza avere, mala via suole tenere. (Gaal, 899.)


21. Hochmuth Schaden thut.

Mhd.: Unrehter hôchmuot dem manne lîhte schaden tuot. (Erec.) (Zingerle, 70.)


22. Hochmuth schändet alles.Seybold, 248.

Holl.: Hoogmoed, gepaard met vele deugden, verstikt die alle. (Harrebomée, I, 330.)

Lat.: Inquinat egregios adjuncta superbia mores. (Philippi, I, 202; Seybold, 248.)


23. Hochmuth steckt im Sammtrock wie im Kittel.

Dän.: Hofmod findes saa snart under vadmelskofter som fløyelskiertelen. (Prov. dan., 295.)


24. Hochmuth thaurt von der Vesper bis die Hüner auffliegen.Sutor, 920.

Böhrn.: Pýchy nedobrý konec bývá. – Pyšnému chlapu za uchem hvézda vychází, a za patou zapadá. (Čelakovsky, 97 u. 98.)

Frz.: La gloire qui dîne de l'orgueil, fait son souper du mépris. (Cahier, 1208.)

Ill.: Oholu sebru na uhu zvjezda iztječe, a na peti zahodi. (Čelakovsky, 98.)

Lat.: Quicunque stultus est in culpa, erit sapiens in poena. (Sutor, 920.)

Poln.: Pychy niedobry koniec bywa. (Čelakovsky, 97.)


25. Hochmuth thut nie kein gut.Petri, II, 384; Franck, II, 92; Simrock, 4796.

»Es leben Götter, die den Hochmuth rächen.« – »Hochmuth ist's, wodurch die Engel fielen, woran der Höllengeist die Menschen fasst.« (Schiller.)

Mhd.: Den hoffart nie gut hat getan. (Ambras. Lb.) (Zingerle, 70.)

Lat.: Pone supercilium frangit deus omne superbum. (Binder II, 2608; Seybold, 449.) – Superbia nunquam sine noxa. (Gaal, 897.)


26. Hochmuth und Stolz finden auch ihr Prügelholz.

In den dreissiger Jahren fand ich in einer Zeitschrift folgende Zusammenstellung: »Der Hochmuth sass auf dem Thron, der Wankelmuth war sein Rathgeber, Uebermuth sein Meister, Demuth und Wehmuth waren seine Hofschranzen. Freimuth war wegen kühner Rede für Volksrecht aus dem Lande verbannt, Sanftmuth und Edelmuth mussten ihm ins Exil folgen. Mit Anmuth wusste der Adel ungeheuere Summen vom Lande zu erpressen und zu verprassen, wodurch es in Armuth gerieth. Endlich war die Langmuth des Volks erschöpft und hoher Unmuth erfüllte es. Es schüttelte die trübe Schwermuth und den unmännlichen Gleichmuth von sich und eroberte sich, von dem zurückgekehrten Freimuth angeführt, sein Recht und seine Freiheit. Kleinmuth erfüllte die sonst so Hochmüthigen. Aufgelöst in Weichmuth, baten sie um ihr Leben, das Volk übte Grossmuth

Frz.: Bon fait battre l'orgueilleux quand il est seul. (Bovill, I, 221.)

Lat.: Vapulat superbus impune solus. (Bovill, I, 221.)


27. Hochmuth und Stolz wachsen auf einem Holz.Parömiakon, 668.

Böhm.: Hloupost a pýcha na jednom dřevĕ rostou. (Čelakovsky, 97.)

Ung.: Kevélyśeg es esztelenség testvér atyafiak. (Gaal, 898.)


28. Hochmuth und Tand haben keinen Bestand.

It.: Proverbio non falla, misura non cala, superbia non dura. (Gaal, 897.)


29. Hochmuth verlass mich nicht; Bruder, borg' mir 'nen Sechser. (Kupferberg in Schlesien.)

Um die Prahlerei zu verspotten, hinter der sich Bettlerarmuth verbirgt.

Dän.: Arm hovmod at skreppe og svelte, (Prov. dan., 35.)


[693] 30. Hochmuth wirft die Nase auf.

»Hochmuth ist ein still wirkender Branntwein, in welchem sich gemeine Seelen gern heimlich berauschen.« (Welt und Zeit, V, 204, 31.)


31. Huughmud as föör a Fàl. (Amrum.) – Haupt, VIII, 368, 279.

Auf Sylt: Hoogmud kumdt fuar en Fal.


32. In Hochmuth und in Branntewein berauscht sich mancher zum Eselein.


33. Tritt Hochmuth in ein Haus, treibt er das Glück (den Segen) hinaus.

Lat.: Cum bene pugnabis, cum cuncta subacta putabis; quae magis infestat, uincenda superbia restat. (Loci comm., 191.)


34. Wann der hochmut vffgeht, so geht das glück nider.Franck, I, 70a; Egenolff, 331b; Gruter, I, 72; Petri, II, 659; Henisch, 1432, 41; Schottel, 1127a u. 1145b; Lehmann, 383, 18; Winckler, I, 81; Körte, 2884; Simrock, 4798; Braun, I, 1409.

Dän.: Naar hofmod stiger op, gaaer lykken ned. (Prov. dan., 296.)

It.: Quando la superbia galloppa, la vergogna le siede in groppa. (Gaal, 897.)

Lat.: Felix se erigendo felicitatem amittet. (Henisch, 1432, 42; Seybold, 178.) – Superbia oriente occidit felicitas. (Gaal, 897.)


35. Wen Hochmuth aufgebläht, der kommt leicht nach Platzenheim.

Dän.: Lad hofmod ei ophøge dig, og bløhed ei undertrykke dig. (Prov. dan., 295.)


36. Wenn Hochmuth im Galop fährt, setzt sich die Schande hinten aufs Pferd.


37. Wer vor fremdem Hochmuth Ekel hat, der gibt ihm im eigenen Hause keine Herberge.

Dän.: Tag of andres hofmod saadan væmmelse, at du of din egen kand faae en kløgelse. (Prov. dan., 296.)


38. Wo Hochmut zunimpt, da nimpt Glück ab. Petri, II, 805.


*39. Der Hochmuth ist ihr von hintenher gewachsen.Parömiakon, 814.

Sie ist buckelig.


*40. Der Hochmuth sieht ihm aus den Augen.

Frz.: L'orgueil brille de son visage. ( Kritzinger, 94a.)


*41. Einem den Hochmuth benehmen.

Frz.: Il lui faut abattre les cornes. (Kritzinger, 2a.)


*42. Er hat einen Hochmuth, wenn das Bettelsäcklein an der Wand gumpet. (Schweiz.)


*43. Er hat einen Hochmuth wie ein Affe, dem man ein rothes Röcklein angezogen hat. Jer. Gotthelf, Leiden und Freuden (Berlin 1848), I, 91.


*44. Er hat einen Hochmuth wie ein Rathsherr. – Jer. Gotthelf, Käthi, II, 154.


*45. Er hat einen Hochmuth wie ein Wiedehopf.Jer. Gotthelf, Leiden und Freuden, I, 91.


*46. Er möchte vor Hochmuth platzen wie der Frosch in der Fabel.


*47. Man hat sein hochmut gelegt.Franck, I, 160a.


*48. Vor Hochmuth stinken.

Frz.: Il est glorieux comme un pet. (Lendroy, 1196.)


[694]

49. Hochmuth ohne Geld gilt wenig in der Welt.Markolf, 67.


50. Hochmuths Vater ist die Unwissenheit. Schuppius, Schriften, III, 392.


51. Homud is en ambegyn aller sunde.Freybe, Redentiner Spiel, 1937.


52. Meinen Hochmuth lass ich nicht sinken und wenn mich der Hunger an alle Wände anschmeisst. (Schles.)


*53. Er hat Hochmuth, grösser als der murbacher Hund.Ueber Land und Meer, 1874, 775.

»Es ward den Gecken allen kund, die stift Murrbach hat einen schwarzen Hund, der hat irer viel gebissen.« (Lied vom Bauernkriege von Lienhart Ott.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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