Steinkohle

[904] Steinkohle (Schwarzkohle; hierzu Karte »Verbreitung der wichtigsten Mineralfundstätten auf der Erde« mit Text und Textblatt II), im petrographisch-technischen Sinne die schwarzen, kohlenstoffreichen, an Wasserstoff und Sauerstoff armen Kohlen; im geologischen Sinne die Kohlen der ältern Formationen vom Silur bis einschließlich der Kreideformation, vorzüglich diejenigen der Steinkohlenperiode. Beide Begriffe decken sich meist insofern, als die ältern Kohlen in der Regel auch die kohlen stoffreichern sind; indes tragen eine Reihe jüngerer (tertiärer) Kohlen den petrographischen Charakter der S. an sich, während umgekehrt Kohlen, die nachweisbar der Steinkohlenformation an gehören, Braunkohlen zum Verwechseln ähnlich sehen. Die S. ist dicht oder schieferig, schwarz, undurchsichtig, hat muscheligen bis splitterigen Bruch, Fettglanz und einen schwarzen Strich; Härte 2–2,5, spez. Gew. 1,2–1,5; sie färbt heiße Kalilauge im Gegensatz zur Braunkohle nicht oder unbedeutend; an der offenen Flamme verbrennt sie unter brenzligem Geruch (Unterschied von Anthrazit). Abgesehen von dem Gehalt an Mineralstoffen (die beim Verbrennen der Kohle als Asche zurückbleiben und 1–20 Proz. betragen) besteht S. aus 74–96 Proz. Kohlenstoff, 0,5–5,5 Proz. Wasserstoff, 3–20 Proz. Sauerstoff und Spuren bis 2 Proz. Stickstoff. Verunreinigt ist die S. zuweilen durch Schieferton, Quarz, Kalk, Eisenspat, Eisenkies etc. Von diesen Beimengungen verringert besonders der Eisenkies den Wert der Kohle als Brennmaterial, da er bei der Verbrennung Schweflige Säure liefert. Erhitzt man S. bei Abschluß der Luft, so erhält man je nach der Zusammensetzung der Kohle und der Temperatur in sehr verschiedenen Mengen Kohlenwasserstoffe (besonders Methan und Äthylen), Wasserstoff, Kohlensäure, Kohlenoxyd, Stickstoff, Schwefelwasserstoff, ferner Wasser und Ammoniak und Teer, der wesentlich aus Kohlenwasserstoffen, Phenolen und Basen besteht. Als Rückstand bleibt Koks.

Man unterscheidet folgende Steinkohlenarten: Glanzkohle (Pechkohle), tiefschwarz, mit metallartigem Fettglanz, muscheligem Bruch, spröde, meist aschenärmer als die andern Kohlenarten. Mattkohle, oft in dünnen Lagen mit Glanzkohle wechselnd (Streifkohle), grauschwarz bis bräunlichgrau, mit mattem Fettglanz, unebenem bis muscheligem Bruch, etwas zäh, meist aschenreicher als die vorige, ärmer an Kohlenstoff, reicher an Sauerstoff und Wasserstoff, gibt daher weniger Koks. Kannelkohle, grau- bis samt-, seltener pechschwarz, wenig spröde, mit ebenem bis flachmuscheligem Bruch, wachsglänzend bis schimmernd, bildet schwache Schnüre, aber auch mächtige Bänke in Glanz- oder Streifkohle. Sie enthält wenig Sauerstoff, viel Wasserstoff, ist leicht entzündlich und brennt mit lebhafter Flamme (daher der engl. Name cannel- oder candle-coal, »Kerzenkohle«). Übergänge von Kannelkohle in Glanz- oder Pechkohle bilden der Gagat (Jet) und die Bogheadkohle. Durch zunehmenden Aschengehalt gehen Glanz- und Mattkohle in Brand- oder Kohlenschiefer über. Faserkohle (mineralische Holzkohle, faseriger Anthrazit) zeigt deutliche Pflanzenstruktur und enthält bisweilen Stengelfragmente von Kalamarien etc. Sie bildet meist nur dünne Lagen, ist grau- bis samtschwarz, seidenglänzend und abfärbend. Nach der Absonderung unterscheidet man Schieferkohle und dünnblätterige Blätterkohle, zu unregelmäßigen parallelepipedischen Formen zerfallende Grobkohle und lockere, zerreibliche, stark abfärbende Rußkohle. In der Technik unterscheidet man nach dem Verhalten der Kohle im Feuer: Backkohlen, Sinterkohlen und Sandkohlen, zu welchen Arten noch die Gaskohlen, bald den einen, bald den andern nahestehend, als reichlich Leuchtgas liefernde hinzukommen. Das Pulver der Backkohlen (fette Kohlen) liefert beim Erhitzen eine gleichmäßig zusammengeschmolzene Masse (Koks), die Sinterkohlen eine weniger gleichmäßige und weniger feste, nicht eigentlich geschmolzene, sondern nur »zusammengesinterte« Masse; die Sand kohlen (magere Kohlen) endlich liefern ein Pulver ohne Zusammenhang.

Die der Braunkohle ähnlichen Steinkohlen sind verhältnismäßig hart, zäh, von unebenem Bruch, matt, schwarz und von mehr braunem als schwarzem Strich; sie entzünden sich leicht und brennen mit langer, rußiger Flamme. Dagegen sind die dem Anthrazit sich nähernden Kohlen reinschwarz, spröde, von muscheligem Bruch, hart, unangreifbar durch Kalilauge und nur bei starkem Luftzutritt mit schwacher Flamme und wenig Rauch verbrennbar. Diese Eigenschaften werden indes durch erdige Beimengungen alteriert. Über die nähern chemischen Bestandteile der S. ist so gut wie nichts bekannt, man wird aber in denselben komplizierte Kohlenstoffverbindungen annehmen müssen, von denen manche stickstoffhaltig sind.

Beim Lagern an der Luft verwittert, oxydiert sich die S., indem Sauerstoff teils in die Zusammensetzung der Kohle eintritt, teils Kohlenstoff und Wasserstoff zu Kohlensäure und Wasser verbrennen. Hierbei wird Wärme entwickelt, und die Temperatur der in Haufen lagernden Kohle kann erheblich steigen. Solange sie aber 170–190° nicht übersteigt, findet kein bemerkenswerter Gewichtsverlust der Kohle statt. Feuchtigkeit begünstigt die Verwitterung im allgemeinen nicht. Infolge der Verwitterung sinken der Brennwert der Kohle (6 Proz.), der Verkokungswert, die Backfähigkeit und der Vergasungswert. Die Temperaturerhöhung in Steinkohlenmassen kann sich bei der Verwitterung bis zur Selbstentzündung steigern. Hierbei spielt auch der in der S. enthaltene Schwefelkies insofern eine Rolle, als er durch seine Volumenvergrößerung bei der Oxydation die Kohle auseinander treibt und die absorbierende Fläche derselben vergrößert. Zur Verhütung von Selbstentzündungen gibt man der im Freien lagernden S. eine[904] trockene Unterlage aus Beton und stellt bei Schütthöhen von mehr als 3 m einen Ventilationsschlot von 30×30 cm Querschnitt auf je 36 qm Bodenfläche ein. Bei Schiffsladungen sieht man auf Erhaltung großer Kohlenstücke, läßt die Kohle vor der Verladung mindestens 4 Wochen trocknen, schließt die Kohlenräume zur Verhinderung des Luftaustausches von den übrigen Schiffsräumen ab und ventiliert nur durch ein Luftrohr von 5 cm Durchmesser nach oben. Ausgebrochene Brände löscht man am besten durch Kohlensäure. In den Gruben wird zur Verhinderung von Selbstentzündung auf das möglichst sorgsame Fördern des sogen. Grubenkleins Gewicht gelegt. Kohlenbrände entstehen, da sie die Mitwirkung der Atmosphäre voraussetzen, meist in dem Abbau unterworfenen (verritzten) Flözen, während unverritzte Flöze nur an ihrem Ausgehenden (Kohlenausstreichen) derselben Gefahr ausgesetzt sind. Bei den Kohlenbränden wird die Kohle teils vollkommen verbrannt, teils in Koks umgewandelt; die begleitenden Schiefertone werden gefrittet (Kohlenbrandgesteine, Porzellanjaspis) und eine Reihe von Sublimationsprodukten (Salmiak, Schwefel etc.) gebildet. Die Bekämpfung einmal ausgebrochener Kohlenbrände muß sich auf Isolierung der entzündeten Partien durch Errichtung trennender Mauern und Abbau der benachbarten Flözteile beschränken.

Die Steinkohlen finden sich entweder in Form von technisch wertlosen kleinen Lagern, Nestern, Schmitzchen, einzelnen Stämmen und Stammfragmenten, oder in mächtigern, auf weite Erstreckung anhaltenden, technisch wichtigen Schichten (Flözen) innerhalb der sogen. Kohlenbecken oder -Mulden. Hier wechseln sie häufig mit andern Gesteinen (Schiefertonen und Sandsteinen). In Oberschlesien liegen an einzelnen Stellen über 30, in Westfalen bis zu 70, in Lancashire selbst 120 Flöze übereinander. Die horizontale Ausdehnung der Flöze bewegt sich zwischen sehr weiten Grenzen; sie steigt bei einigen westfälischen Flözen auf 8–10 QMeilen, im Kohlenfeld von Newcastle und Durham auf 30 und am Ohio auf 690 QM. Die Flöze eines Kohlenfeldes sind nach Lage und Mächtigkeit außerordentlich verschieden. Als unterste Grenze der Banwürdigkeit wird gewöhnlich 0,6 m Mächtigkeit angegeben, aber auch hier kann das Auftreten mehrerer Flöze übereinander die Verhältnisse ändern. Es sind bis 30 und mehr Meter mächtige Kohlenflöze bekannt, doch treten die bedeutendern Mächtigkeiten mehr bei lager- oder stockförmigen Einlagerungen als bei eigentlichen Flözen auf. Häufig stören Verwerfungen die ursprüngliche Lage und unterbrechen den Zusammenhang der Flöze (vgl. Steinkohlenformation, Tafel VI, und Profil 1 auf Tafel »Geologische Formationen II«). Solche Faltungen, Knickungen, Überkippungen und Verschiebungen der Flöze bereiten dem Abbau oft große Schwierigkeiten.

Erfahrungsgemäß gehören die meisten und wichtigsten Steinkohlen dem Alter nach der Steinkohlenformation (s. d.) an. Aber auch das Silur und Devon führen mitunter anthrazitische Flöze; im Rotliegenden, namentlich dem untern, tritt bauwürdige Kohle in der Saargegend, in Sachsen etc. auf; in Südafrika, Ostindien (Bengalen), Queensland und Neusüdwales liegen Kohlenflöze in eigentümlichen Ablagerungen (Karrooformation und Gondwanaschichten), deren Bildung zwischen Mittelkarbon und Kreide fällt, in China und Nordamerika gibt es auch triasische Kohlen. Der Liasformation gehören die für Ungarn sehr wichtigen Ablagerungen von Steyerdorf und Fünfkirchen an. Auch Rußland (im Kaukasus und in Transkaukasien) und Persien besitzen jurassische Kohlen. Eine für Norddeutschland sehr wichtige Kohle liegt in den Grenzschichten zwischen Jura und Kreide, in der Wealdenformation, im Teutoburger Wald, Wesergebirge und links der Weser und im Deister. In der noch jüngern Kreideformation sind bauwürdige Kohlen sehr selten. In Deutschland sind nur ein paar dünne Flöze im Senon am Altenberg bei Quedlinburg sowie an einigen Orten (besonders bei Ottendorf) im Regierungsbezirk Liegnitz ab und zu gebaut worden. In Österreich finden sich in den Gosauschichten Kohlenflöze, die in der Mulde der Neuen Welt bei Wiener-Neustadt gebaut werden und jährlich gegen 0,5 Mill. Ztr. ergeben. Auch bei Teruel in Spanien liegen Kohlenflöze in der Kreide. Noch jüngere Kohlen, die nach ihren petrographischen Eigenschaften als Steinkohlen (Pechkohlen) bezeichnet werden müssen, während sie im geologischen Sinne Braunkohlen darstellen, finden sich als lokale Abänderungen typischer Braunkohlen in vielen Tertiärbecken, so in Böhmen und am Nordrand der Bayrischen Alpen. Weiteres über die Verbreitung der S. auf der Erde vgl. das Textblatt II zu beifolgender Karte; vgl. auch die Karte »Nutzbare Mineralien in Deutschland« (im 4. Bd.) mit Textblatt.

Die Steinkohlen stammen ohne Zweifel von pflanzlichen Organismen ab. Den vollgültigsten Beweis hierfür gibt das Mikroskop, indem es an zahlreichen Präparaten von S. nicht nur die pflanzliche Natur der Kohle im allgemeinen, sondern auch die systematische Stellung der kohlebildenden Pflanzen bestimmen läßt. Zuerst hat Scheuchzer (gest. 1733) auf den Zusammenhang zwischen Kohlen und Pflanzen aufmerksam gemacht; bestimmter und den heutigen Ansichten sich vollkommen anschmiegend, betonte dann v. Beroldingen 1778 den Zusammenhang zwischen Torf, Braunkohle und S., Hutton (1785) und Williams (1798) stellten für die englische Kohle gleiche Hypothesen auf. Ein reiches Beweismaterial zur Stütze dieser Ansicht brachte besonders Göppert bei. Ein Vergleich der mittlern chemischen Zusammensetzung der Holzfaser, die bei systematisch weit voneinander entfernten Pflanzenarten erfahrungsgemäß doch annähernd gleiche Zusammensetzung hat, des Torfs, der Braunkohle, der S. und des Anthrazits zeigt, daß diese fünf Körper in der genannten Folge eine Reihe bilden, in der ein an Kohlenstoff relativ armer, an Wasserstoff und Sauerstoff reicher Körper allmählich in andre Substanzen übergeht, die immer reicher an Kohlenstoff und ärmer an Sauerstoff und Wasserstoff sind. Es ist nämlich die mittlere prozentige Zusammensetzung der genannten Körper:

Tabelle

Führt man statt Gewichtsprozente Atome ein und berechnet unter Vernachlässigung des Gehalts an Stickstoff den Wasserstoff- und Sauerstoffgehalt auf je 100 Atome Kohlenstoff, so erhält man:

Tabelle

[905] welche Zahlen die Abnahme des Wasserstoffs und Sauerstoffs noch deutlicher zeigen. Der Verkohlungsprozeß der Holzfaser besteht in einer sehr langsamen Zersetzung der organischen Substanz, und diese vollzieht sich, wenn die verkohlenden Pflanzen, wie es meist der Fall ist, von undurchlässigen oder schwer durchlässigen Gesteinen bedeckt werden, unter nahezu vollständigem Luftabschluß. Es verbinden sich bei diesem Prozesse die Bestandteile der Pflanzen untereinander, indem ein Teil des Kohlenstoffs mit Sauerstoff zu Kohlensäure (CO2), ein andrer mit Wasserstoff zu Sumpfgas (CH4) und ein Teil des Wasserstoffs mit Sauerstoff zu Wasser wird. Hierbei wird weniger Kohlenstoff verbraucht als die Pflanze enthält, und infolgedessen findet nach und nach eine Anreicherung an Kohle statt, während die entstehenden gasförmigen Verbindungen entweichen. Wo, wie in vielen Steinkohlenflözen, der Verkohlungsprozeß noch im Gange ist, sind jene Gase oft unter hohem Drucke noch in der Kohle oder im Nebengestein eingeschlossen und entweichen dann gelegentlich in den Grubenbauen plötzlich als leicht entzündliche Bläser, Schwaden und stickende und Schlagende Wetter. Diese machen den Steinkohlenbergbau so gefährlich, daß im Durchschnitt jährlich 3–4 pro Mille aller Bergleute das Leben einbüßen, und daß auf je 0,5 Mill. Ton. geförderter S. ein Menschenleben geopfert werden muß. Gelegentlich können bei diesem Verkohlungsprozeß, zumal wenn neben den pflanzlichen Resten auch noch tierische sich vorfinden, außer den gasförmigen auch noch flüssige und feste Kohlenwasserstoffe, wie Erdöl und Ozokerit, sich bilden (s. Erdöl). Die Pflanzenmasse wird durch die Verkohlung sehr beträchtlich reduziert, in der S. etwa auf 1/8 des ursprünglichen Volumens und in dem Anthrazit, dem Endprodukte des Prozesses, auf etwa 1/12. Auch wenn man Holz in verschlossenen Röhren erhitzt, so erhält man bei 200–280° eine der Holzkohle, bei 300° eine der S. ähnliche Masse, die bei 400° anthrazitartig wird. Bemerkenswert ist auch, daß das Holz der Grubenzimmerung in mitunter sehr kurzer Zeit in eine der Braunkohle ähnliche Masse umgewandelt wird, daß Baumstämme, die in Torfmoore geraten, sich in Braunkohle verwandeln, und daß die tiefsten Schichten der Moore selbst den an Kohlenstoff reichen Speck- oder Pechtorf, eine an Braunkohle oder noch mehr an S. erinnernde Masse, liefern.

Den Konsequenzen aus der Annahme eines langsamen Verkohlungsprozesses entsprechend, sind die Steinkohlen im allgemeinen ältere Kohlen als die Braunkohlen und werden ihrerseits durch Anthrazit an Alter übertroffen. Abweichungen von dieser Regel lassen sich auf besondere Umstände zurückführen, die bald beschleunigend, bald verlangsamend auf den Verlauf des Prozesses einwirken mußten. So verschafften starke Schichtenstörungen den sich entwickelnden Gasen durch Spaltenbildungen einen Ausweg; ein Gehalt an vitriolisierendem Eisenkies bildet neben Eisenvitriol freie Schwefelsäure, die verkohlend auf die pflanzliche Substanz einwirkt, und in demselben Sinn unterstützt eine Erhöhung der Temperatur, wie sie erumpierendes Gestein hervorbringen kann, den Prozeß. So ist am Meißner und Hirschberg in Hessen Braunkohle durch einen durchsetzenden und bedeckenden Basalt stellenweise in einen stängelig abgesonderten Anthrazit (Stangenkohle) umgewandelt, und ähnliche Erscheinungen sind von Salesl bei Aussig in Böhmen, von Mährisch-Ostrau u. a. O. bekannt. Wurde dagegen der betreffende Schichtenkomplex nicht von jüngern Ablagerungen bedeckt, so fehlte ein Haupterfordernis der Einleitung des Verkohlungsprozesses, der hohe Druck. So kommen in den russischen Gouvernements Tula und Kaluga Kohlen vor, die nach ihren organischen Resten (Lepidodendron, Stigmaria) zweifellos der untern Steinkohlenformation angehören, dabei aber der Braunkohle ähnlich geblieben sind. Auch die die Kohlen begleitenden Gesteine (plastische Tone und lockere, fast lose Sande) befinden sich in einem ähnlichen unreifen Zustande. Anderseits stellen sich die jungkarbonischen Kohlen der Zentralalpen und die permischen Kohlen aus Böhmen (Budweis) und Mähren (Gewitsch) als Anthrazit dar, und während in den stark gefalteten Gebieten Ost-Pennsylvaniens die S. in Anthrazit umgewandelt ist, liegt sie in den flacher geneigten, gleichalterigen Ablagerungen Westpennsylvaniens als echte S. vor.

Über die Gewinnung der S. in den Bergwerken s. Bergbau. Die geförderten Steinkohlen bedürfen einer Aufbereitung, um sie von taubem Gestein zu trennen und nach der Größe der Stücke zu sortieren. Über diese Aufbereitung s. Tafel »Aufbereitungsmaschinen II«. Man benutzt S. hauptsächlich als Brennmaterial, bei der Verhüttung der Erze und bei der Sodafabrikation auch als reduzierendes Mittel, viel Kohle wird verkokt und auf Leuchtgas verarbeitet, wobei man Teer und Ammoniak als Nebenprodukte gewinnt. Der Steinkohlenteer ist das Rohmaterial für sehr viele große Industriezweige, namentlich für die Herstellung von Farbstoffen und verschiedenen Chemikalien. Untergeordnet ist die Verwendung der politurfähigen Kohle zu Schmuckgegenständen (Gagat in England und Württemberg), an Eisenkies und Asche reicher Abarten zur Alaun gewinnung, der Steinkohlenasche als Dünger und als Zusatz zum Mörtel. Über Produktion und Verbrauch der S. s. die Rückseite der Tafel »Steinkohlenformation VI«.

Die voraussichtliche Dauer der Kohlenförderung beträgt nach einer Zusammenstellung von Frech (in der »Lethaea palaeozoica«, Stuttg. 1901) in den Kohlenrevieren von Zentralfrankreich 100 Jahre, in Zentralböhmen, Königreich Sachsen, Provinz Sachsen (die Flöze der letztern sind so gut wie erschöpft), in den nordenglischen Revieren in Durham und Northumberland 100–200 Jahre, in den übrigen englischen Kohlenfeldern 250–350 Jahre, im Waldenburg-Schatzlarer Revier ca. 200–300 Jahre, in Nordfrankreich 350–400 Jahre. In Saarbrücken, Belgien, Aachen und dem mit Aachen zusammenhängenden Westfälischen (Ruhr- etc.) Kohlenfeld dürfte die voraussichtliche Förderungsdauer etwa 800 Jahre und in Oberschlesien 1000–1500 Jahre betragen. Die Kohlenmenge der Vereinigten Staaten von Nordamerika wird auf etwa 673 Milliarden metr. Ton. geschätzt und wird nach Nasses Berechnungen für etwa 640 Jahre ausreichen. Das reichste Kohlenfeld der Welt besitzt China in der Provinz Schansi; es enthält mindestens 630 Milliarden metr. Ton. Anthrazit und mindestens ebensoviel gewöhnliche S. Dagegen soll der Kohlenvorrat in Schautung nur etwa 2,5 Milliarden metr. Ton. betragen.

Die Benutzung der S. reicht bei einigen Völkern weit zurück. So sollen die Chinesen schon frühzeitig ihren Wert erkannt haben, und in einigen englischen Gruben hat man Steinwerkzeuge vorgefunden, so daß die Kenntnis der Kohle älter als die des Eisens sein würde. Die alten Deutschen scheinen neben Holz nur den Torf als Brennmaterial verwendet zu haben; es finden sich auch alte Schlackenhalden an der Ruhr,[906] also in kohlenreicher Gegend, nicht im Tal, sondern offenbar wegen der bequemen Nähe der Wälder auf Bergesrücken. Daß die Römer, als sie als Eroberer England betraten, die Kohlen wenigstens an den Ausstrichen benutzt haben, ist durch Funde auf dem Herd eines römischen Bades bewiesen. In England werden schon im 9. Jahrh. Kohlen als Brennmaterial urkundlich erwähnt; im 12. Jahrh. sind sie bereits ein wichtiger Handelsartikel, der sich nicht mehr vom Markte verdrängen ließ, obgleich mehrere Edikte ihre Benutzung als luftverpestend verboten. In Deutschland datiert die erste Benutzung der S. durch das Kloster Klosterrode in der Gemeinde Kirchrath von 1113. In Belgien sprechen zwei Zeugnisse von 1195 von der S. als von einer ganz neuen Sache, die Kohlenindustrie begann im Lütticher Land und im Tal der Haine im 13. Jahrh. In Frankreich wurde der erste Zechenbetrieb in Forez in der Zeche Roche la Molière eröffnet. Für das Saargebiet findet sich die erste urkundliche Erwähnung 1429. Der älteste Steinkohlenbergbau soll in Sulzbach gewesen sein. Zu Beginn des 18. Jahrh. waren in der Grafschaft Saarbrücken schon 30 Gruben im Betrieb. In Norddeutschland wurde ein regelmäßiger Zechenbetrieb 1500 in die Wege geleitet.

Vgl. Geini tz, Fleck und Hartig, Die Steinkohlen Deutschlands und andrer Länder Europas (Münch. 1865); Hartig, Untersuchung über die Heizkraft der Steinkohlen Sachsens (Leipz. 1860); Bruhns, Die nutzbaren Mineralien und Gebirgsarten im Deutschen Reich (Neubearbeitung des Dechenschen Werkes, Berl. 1906); Hull, The coal-fields of Great Britain (5. Aufl., Lond. 1905); Mac Farlane, The coalregions of the United States (2. Aufl., New York 1879); Mietzsch, Geologie der Kohlenlager (Leipz. 1875); Pechar, Kohle und Eisen in allen Ländern der Erde (2. Aufl., Berl. 1880); Höfer, Die Kohlen- und Eisenerzlagerstätten Nordamerikas (Wien 1878, Ausstellungsbericht); Muck, Chemie der S. (2. Aufl., Leipz. 1891); Toula, Die Steinkohlen (Wien 1888); »Die Mineralkohlen Österreichs« (das. 1903); Potonié, Die Entstehung der S. und verwandter Bildungen (4. Aufl., Berl. 1907); Broja, Steinkohlenbergbau in den Vereinigten Staaten (Leipz. 1894); Nasse, Die Kohlenvorräte der europäischen Staaten (Berl. 1893); Hassel, Der internationale Steinkohlenhandel (Essen 1905); Stillich, Nationalökonomische Forschungen auf dem Gebiete der großindustriellen Unternehmungen, Bd. 2: Steinkohlenindustrie (Leipz. 1906); »Jahrbuch der deutschen Braunkohlen- und Steinkohlenindustrie« (Halle, seit 1903). Weitere Literatur bei den Artikeln »Bergbau, Aufbereitung, Ruhrkohlengebirge, Saarbrücker Steinkohlengebirge« etc.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 904-907.
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