[156] Lauenburg (Gesch.). Das Land wurde früher von den Polaben bewohnt, kam dann an die Herzöge von Sachsen Welfischen Stammes, von denen Heinrich der Löwe um 1182 das Schloß L. erbaute; nach dessen Tode hatte das Land verschiedene Besitzer u. kam zwischen 1227 u. 1230 sehr verkleinert u. fast auf das Lauenburgische Gebiet beschränkt an Herzog Albrecht I. von Sachsen aus Askanischem Stamme, welcher den Titel als Herr von Nordalbingen annahm, wiewohl unter Widerspruch des Hauses Braunschweig. In der von Albrechts beiden Söhnen getroffnen Ländertheilung 1260 kam L. nebst den Besitzungen Nieder-Sachsen an den älteren Johann I, welcher der Stifter des Herzogthums L. wurde, welches wegen der Agnatschaft mit Sachsen u. der Abstammung der Fürsten von alten sächsischaskanischen Herzögen halber Sachsen-Lauenburg hieß. Sein jüngerer Bruder Albrecht erhielt Wittenberg u. stiftete die Linie Sachsen-Wittenberg. Johann I. st. 1285 (n. And. 1310), von seinen drei Söhnen folgte ihm Johann II. u. st. 1315 (n. And. 1310 od. 1322). Obgleich sein zweiter Bruder Albrecht mehre Söhne hatte, so folgte doch auf Johann sein jüngster Bruder (n. And. sein Sohn) Erich I.; er kämpfte mit Waldemar, Kurfürst von Brandenburg, gegen den Dänenkönig Erich VII., wurde aber in Stralsund gefangen u. st. 1360. Erich II., welcher nach Palästina gewallfahrt u. in eine Fehde mit Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg. verwickelt war (n. And. war dies erst Erich III.), welche unglücklich für ihn endigte, st. 1376; Erich III. hatte Fehden mit Hamburg u. Lübeck u. st. 1411 od. 1419; Erich IV., sein Sohn, folgte ihm. Das Haus Sachsen-Lauenburg hatte das Recht auf die Kurwürde Sachsens,[156] welche jetzt Sachsen-Wittenberg besaß, stets für sich in Anspruch genommen u. behauptet, daß diese ihm zukomme, weil Johann I. ihr Stifter, der ältere, aber Albrecht, der Stifter der Linie Sachsen-Wittenberg, der jüngere Sproß des gemeinsamen Stammes gewesen sei. Die Kaiser hatten sich nach den politischen Verhältnissen mehr od. minder günstig vernehmen lassen; bei fast jeder neuen Wahl waren die Lauenburger aber auf den Wahltagen gewesen u. hatten ihre Stimme abzugeben versucht, indeß war nie auf diese von den Kurfürsten Rücksicht genommen worden. Karl IV. überging in der Goldnen Bulle 1356 die ganze Streitfrage, aber schon 1357 sprach er sich gegen die Lauenburger aus, 1376 wiederholte dies Wenzel u. Sigismund 1413 u. 1420. Das Haus L. faßte aber neue Hoffnung, als das Haus Sachsen-Wittenberg mit Albrecht III. 1422 ausstarb, u. Erich IV. protestirte lebhaft gegen die Verleihung der sächsischen Kur u. des wittenberger Landes an den Markgrasen Friedrich den Streitbaren von Meißen u. nahm selbst Titel u. Wappen eines Kurfürsten an, aber dennoch ertheilte Kaiser Sigismund seinem Gegner 1423 die volle Belehnung mit der Kur. Selbst die Verwendung des Papstes für L. half nichts; s.u. Sachsen (Gesch.). Erich IV. st. 1435 kinderlos; sein Bruder Bernhard folgte ihm u. machte neue Ansprüche nicht nur auf die Kur, sondern auch auf die Grafschaft Brehna u. die Pfalz Sachsen; er st. 1463. Sein Sohn Johann IV. führte wie sein Vater, alle Verbote u. Drohungen des Kaisers nicht achtend, den Titel als Kurfürst u. das Wappen fort u. wollte sogar vom Kaiser die Lehn über L. nicht annehmen, wenn sie nicht zugleich Kursachsen mit umfaßte. Er st. 1507. Sein Sohn Magnus führte zwar den Titel Kurfürst nicht mehr, empfing aber doch den Lehnbrief über sein Land nur mit dem Vorbehalt, daß ihm dies nicht präjudicire. Auch führte er die Kurschwerter, nur umgekehrt, im Wappen. Zugleich erhielten der Kurfürst Friedrich der Weise u. sein Bruder Johann der Beständige für sich u. ihre männlichen Leibeserben, u. wo diese nicht wären, die Repräsentanten der Albertinischen Linie, die Herzöge Georg der Bärtige u. Heinrich der Fromme, für sich u. ihre Nachkommen, vom Kaiser Maximilian I. die Eventualbelehnung mit Sachsen-Lauenburg. Magnus gerieth mit dem Erzbischof von Bremen u. mit Ratzeburg in Streit, kam dadurch 1517 in päpstlichen Bann, wurde aber davon 1519 wieder durch Vermittlung des Bischofs von Lübeck befreit, nahm die Reformation an u. st. 1543. Sein Sohn Franz I. ließ seinen zweiten Sohn Franz, an der Stelle seines ältern Magnus (s.d.), welcher eine schwedische Prinzessin geheirathet hatte u. nach Schweden gegangen war, Alters halber an der Regierung Theil nehmen, was Magnus aber nicht dulden wollte u. wodurch ein solcher Zwiespalt zwischen den Brüdern entstand, daß Franz I. flüchten mußte; er starb 1581 im Exil. Sein Sohn u. Nachfolger Franz II. war in fortdauerndem Zwist mit seinem ältern Bruder, welchen er jedoch gefangen nahm u. hielt, bis derselbe 1603 in Hast starb. Franz II. st. 1619; von seinen 19 Kindern wurde Franz Karl katholisch u. Franz Albrecht (s. Franz 49) kam in den Verdacht, Gustav Adolf bei Lützen erschossen zu haben. August, sein Sohn, war sein Nachfolger; unter ihm war der Dreißigjährige Krieg; er st. 1656. Julius Heinrich, sein Bruder u. Nachfolger, war Anfangs schwedischer dann kaiserlicher General u. 1620 Gesandter am dänischen Hofe. Im Dreißigjährigen Kriege hatte er sich ausgezeichnet, war aber katholisch geworden u. st. 1665 in Prag. Dessen Sohn, Julius Franz, schloß mit dem Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen einen Vergleich, nach welchem Lauenburg die Kurschwerter, mit der Spitze nach unten gekehrt, führen sollte u. zugleich eine Erbverbrüderung wegen L.; da aber hierüber das Haus Anhalt Beschwerde führte, so verweigerte der Kaiser die Bestätigung. Daher schloß der Herzog 1678 eine neue Erbverbrüderung mit Anhalt, u. st. 19. Sept. 1689 als der letzte seines Stammes.
Nun erhoben Ansprüche auf L.: Kur-Sachsen, welches dieselben, außer der 1671 aufgerichteten Erbverbrüderung, bes. auf eine Exspectanzverschreibung von 1507 durch Maximilian I. (s. oben), bestätigt von den Kaisern Karl V. u. Leopold I., gründete. Johann Georg III. ließ daher sowohl zu Ratzeburg, als auch zu Otterndorf im Lande Hadeln von L. Besitz ergreifen. Da aber die sächsische Armee damals gerade gegen Frankreich stritt, so benutzte Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Celle diese Gelegenheit, als kreisausschreibender Fürst u. Oberster des Niedersächsischen Kreises, Kur-Sachsen wieder aus dem Besitz zu verdrängen, angeblich um zu verhüten, daß nicht unter den Competenten ein Krieg in dem Kreise entstände; berief sich aber zugleich auf eine Erbverbrüderung Braunschweigs mit L. vom Jahre 1369. Die Ernestinische Linie von Sachsen glaubte darum noch gegründetere Ansprüche zu haben, weil sie in der genannten Exspectanzverschreibung der Albertinischen Linie vorgesetzt worden sei. Dagegen behauptete Anhalt, daß bereits Herzog Bernhard I. von Askanien nach dem Sturze Heinrichs des Löwen vom Kaiser Friedrich I. mit dem Herzogthum Sachsen, zu dem auch L. gehöre, belehnt worden u. daß dessen Sohn Heinrich der Stammvater der Anhaltischen Linie wäre, wozu noch käme, daß 1678 zwischen Anhalt u. L. eine besondere Erbverbrüderung aufgerichtet worden wäre. Der Herzog von Holstein u. Sonderburg, Christian Adolf, welcher eine Tochter des Herzogs von L., Eleonore Charlotte, zur Gemahlin hatte, suchte zu erweisen, daß L. nie ein Mannlehn des Römischen Reichs gewesen, sondern stets durch Erbrecht auch an die weibliche Linie gekommen sei u. also ihm gebühre. Holstein-Gottorp verlangte 8 lauenburgische Dörfer, weil diese als Zubehör des Amtes Rheinbeck u. als vermannte, heimfällige Lehen anzusehen wären. Schweden behauptete, daß das Land Hadeln ein Pertinenzstück des Stifts Bremen gewesen wäre; u. endlich ergriff auch der kaiserliche Hof selbst, wegen der hinterlassenen beiden Töchter des letzten Herzogs, Besitz von Hadeln u. ließ es für dieselben sequestriren. Unter allen diesen Mitbewerbern behaupteten Kur-Sachsen u. Braunschweig-Celle entschieden das Übergewicht. Beide verglichen sich schon 1697 dahin, daß der Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen dem Herzog von Braunschweig-Celle u. Kurfürsten von Hannover L. überließ, sich aber von diesem die Summe von 1,100,000 Gulden auszahlen u. die Succession in L. nach dem Abgange des gesammten Hauses Braunschweig-Lüneburg, so wie den Titel eines Herzogs von Engern u. Westfalen, den auch die Ernestinische Linie annahm, zuerkennen ließ. Aber die kaiserliche Belehnung über L., nebst Sitz u. Stimm dafür auf[157] den Reichstagen, erhielt Kurfürst Georg I. von Braunschweig-Lüneburg (Hannover) erst 1716, nachdem alle Ansprüche der übrigen Bewerber beseitigt worden waren; die Aufhebung der kaiserlichen Sequestration von Hadeln aber verzog sich noch bis 1731.
Im Jahre 1803 kam L. mit den übrigen hannöverischen Staaten unter französische Herrschaft, welche bis 1813 dauerte, worauf es an Hannover zurückfiel; durch Patent vom 16. Juli 1816 wurde es, mit Ausschluß des Landes Hadeln am Ausflusse der Elbe, des schmalen Landstrichs am linken Elbufer u. des auf dem rechten Ufer dieses Stromes abgesondert liegenden Amtes Neuhaus (welches bei Hannover blieb), an Preußen u. von diesem wieder in Austausch für das, als Äquivalent für das abgetretene Norwegen in dessen Besitz befindliche Schwedisch-Pommern an Dänemark abgetreten u. erhielt eine eigne Verwaltung; an der Spitze derselben standen ein Gouverneur u. ein Landdrost, die wiederum der in Kopenhagen befindlichen Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Kanzlei untergeordnet waren. Beim Ausbruch des Krieges gegen Dänemark im Frühjahr 1848 wurde dagegen, auf Antrag der Nationalversammlung, von Seiten des Deutschen Bundes eine interimistische Administration in L. eingesetzt u. der Abgeordnete Welcker dahin abgesandt, dieselbe zu organisiren. Sie wurde, bestehend aus dem Grafen von Kielmansegge als Präsident u. den Justizräthen Walther u. Hochstädt als Administrationsräthen, am 10. Juli 1848 durch Welcker eingeführt u. im Namen des Deutschen Bundes vereidigt, am 15. Nov. 1848 durch den Reichscommissär Stedmann u. den dänischen Bevollmächtigten Plessen bestätigt u. verwaltete ihr Amt bis Ende 1851, worauf durch königliche Proclamation vom 28. Januar 1852 Holstein u. L. zusammen unter einen, dem König von Dänemark allein verantwortlichen Minister gestellt wurden, welcher jedoch, was L. anbelangt, seit der Verfassung vom 11. Juni 1854 auch den lauenburgischen Ständen verantwortlich ist. Schon nach Erlaß des Offenen Briefes vom König Christian VIII. von Dänemark vom 8. Juli 1846, welcher die männliche Succession von L. aufhob (s.u. Dänemärk [Gesch.] IV. B) wahrten die Häuser der Sachsen-Ernestinischen Linie durch Einreichung eines Protestes ihre Rechte auf L., u. bei den darauf folgenden Verhandlungen der Successionsfrage in Dänemark reichten diese Fürstenhäuser 1852 eine Verwahrung ihrer Successionsrechte an das Herzogthum L., unter Berufung auf jenen Protest, bei dem Deutschen Bundestage ein, worauf das Königshaus Sachsen als Repräsentant der Albertinischen Linie ein Gleiches that u. sich den Vorzug der Successionsansprüche vor dem Ernestinischen Hause beilegte; auch das Haus Anhalt ließ damals in einer Denkschrift aus dem oben angegebenen Grunde sein Successionsrecht in L. nachweisen. Vgl. P. von Kobbe, Geschichte des Herzogthums L., Gött. 1821; Duve, Mittheilungen zur Kunde der Staatsgeschichte etc. des Herzogthums L., Ratzeb. 1857.
Buchempfehlung
Als »Komischer Anhang« 1801 seinem Roman »Titan« beigegeben, beschreibt Jean Paul die vierzehn Fahrten seines Luftschiffers Giannozzos, die er mit folgenden Worten einleitet: »Trefft ihr einen Schwarzkopf in grünem Mantel einmal auf der Erde, und zwar so, daß er den Hals gebrochen: so tragt ihn in eure Kirchenbücher unter dem Namen Giannozzo ein; und gebt dieses Luft-Schiffs-Journal von ihm unter dem Titel ›Almanach für Matrosen, wie sie sein sollten‹ heraus.«
72 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro