1. An vielem Schwatzen erkennt man den Mann.
Lat.: Qui multum fatur, stultissimus esse probatur. (Binder I, 2783; Schreger, 30.)
2. Die viel schwatzen, lügen viel. – Struve, I, 25; Simrock, 9344.
Dasselbe behaupten auch die Türken. (Weigel.) »Die viel heimlich schwatzen vnd flüstern, pflegen zu lügen mechtig gern.« (Sutor, 208.) »Das sprichwort selten thut betrügen, wer viel schwatzt, der thut viel lügen.« (Luther.) Die Chinesen: Es gibt keinen grössern Lügner als den, der viel von sich spricht. (Cahier, 2194.)
Holl.: Die veel clappen, lieghen veel. (Tunn., 8, 11.)
Lat.: Multa loqui et verum dicere semper difficile est. (Chaos, 1051.) – Respice, multi loquax quod sit saepissime mendax. – Saepe loquens multa loquitur mendacia multa. – Saepe susurrantes mendacia sunt cumulantes. (Loci comm., 76 u. 115.)
3. Es schwätzt einer den andern von der Banck vnd setzt sich (dann) selbst darauff. – Lehmann, 767, 4.
4. Es schwätzt keiner g'scheider ass 'r ist. – Birlinger, 199.
5. Es schwatzt sich einer eher arm und unwerth als reich und angenehm.
Lat.: Verum et falsum in notitiarum conjunctione cernitur. (Sutor, 484.)
6. Im schwetzen sei ein Hetz, im Fressen Bel, der Götz. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 70.
7. Langes Schwatzen trägt nichts ein.
Gegen langes Mäkeln, Handeln, Jüdeln beim Kauf; empfiehlt mässige, feste Preise und kurzen Abschluss.
8. Man kann lange schwatzen, ehe eine Suppe kocht.
Engl.: Chattering will never make the soup boil.
9. Man schwetzt offt einn vom polster vnd setzt sich an sein stadt drauff. – Gruter, I, 58.
10. Mancher schwätzt ein Malter vnd es ist kaum ein handvoll. – Lehmann, 714, 1.
»Ein Plappermaul gleicht einer Mühle, der es an Korn zu Mehl gebricht, sie dient dem Wanderer nur zum Spiele, sie klappert zwar, doch mahlt sie nicht.« (Friedrich, Zeitspiegel, Hft. 6.)
11. Me schwätzt wie eim der Schnabel gewachse isch. – Eiselein, 552.
[428] 12. Schwatzen bringt mehr schaden denn frommen. – Petri, II, 534.
13. Schwätzen, das ist nichts, aber thun, das ist's.
Ich will keine Worte, sondern Thaten.
14. Schwatzen ist keine Kunst, aber Reden.
Lat.: Loqui ignorabit, qui tacere nescit. (Philippi, I, 228.)
15. Schwäz, was de wit, i glaub, was i will. (Aargau.) – Schweiz, II, 184, 2.
16. Sündliches Schwätzen ist Teufels Ergötzen.
17. Trunken geschwatzt, nüchtern vergessen. – Körte, 6074; Braun, I, 4609.
18. Ungesalzenes Schwätzen kann Schwätzer nur ergötzen.
19. Viel geschwätzt und wenig geschmelzt, gibt 'ne mag'r Soppe. (Kinzigthal in Kurhessen.)
20. Viel schwatzen macht unwerth.
Bei Tunnicius (1006): De vele kallen, wêrden unwêrt. (Ille fit ingratus qui garrit multa superbe.)
21. Vil schwatzen und klappern, vil schelfen, wenig nüss. – Alsatia, 1862-67, 407.
22. Vom Schwatzen kommt Schwatzen.
23. Vom Schwatzen wird man nicht satt.
Dän.: Ingen vil mættes med snak, eller betaler med klang. (Prov. dan., 516.)
24. Wei vill schwatzet, mott vill veranferen. (Waldeck.) – Curtze, 347, 410.
25. Wer schwatzt um Kleinigkeiten, ist ein Rennpferd, das um so schneller läuft, je weniger es zu tragen hat. – Witzfunken, Va, 55.
26. Wer schwätzt und alles umetreit, dem wird's Mûl vernäit. – Sutermeister, 128.
27. Wer übel schwatzt, verliert ein gutes Schweigen. – Simrock, 9345; Körte, 5479.
Frz.: Mieux vaut se taire que trop parler.
28. Wer vil schwetzt, der leugt gern (vil). – Franck, II, 116b; Tappius, 181b; Gruter, I, 83; Egenolff, 108b; Eiselein, 438; Sailer, 164; Simrock, 6667; Körte, 5468; Braun, I, 2426.
In einer Handschrift (S. 16) von etwa 1640 (Bibliothek des Herrn Kreisgerichtsdirector Ottow in Landeshut) heisst es: Das Sprichwort selten thut betrügen, wer viel schwäzt, thut viel lügen.
Frz.: Grand parleur, grand menteur. (Bohn I, 19; Cahier, 1267.)
Frz.: Il jase comme une pie borgne. (Lendroy, 192.)
Lat.: Exigua his tribuenda fides, qui multa loquuntur. (Cato.) (Binder II, 1032.) – Garrulitatem sequitur semper mendacium. (Chaos, 487.) – In multiloquio non deerit peccatum. (Binder II, 1452; Steinmeyer, 359.) – Loquacitas raro caret mendacio. (Binder II, 1692.) – Multiloqui mendaces. (Binder II, 1929.) – Respice multiloquax, quod sis saepissime mendax. (Sutor, 474.)
Schwed.: Den mycket snackar (pratar), han mycket liuger. (Grubb, 112.)
29. Wo man viel schwatzt, da gibt es viel Zank.
30. Wovon ma lang schwätzt, dös wird endlich waur. (Ulm.)
*31. Dear schwätzt nus, dass 'ne koin wilde Sau verstatt. (Ulm.)
*32. Der kann viel schwätzen, wenn der Tag lang ist. (Schwaben.)
*33. Der schwätzt âm die Botter vom Brud erunner. (Nassau.) – Kehrein, VI, 30.
*34. Der schwätzt einem ein Loch in den Kopf. (Nürtingen.)
*35. Der schwätzt nicht viel um einen Kreuzer. (Rottenburg.)
Ist maulfaul.
*36. Die schwätzet allweil mit anand wie d' Engel. – Birlinger, 730.
Von zwei jungen Leuten, die nichts Böses im Munde führen, oder spöttisch von solchen, die letzteres thun.
*37. Du schwätzst de Tag über meih als d' Katz wedlet. (Schwaben.)
*38. Er schwatzt, als wenn er einen Sack mit Gänsen trüge.
*39. Er schwätzt, als wenn ihm die Zähne wüchsen. (Eifel.)
Redet ohne Ueberlegung und Verstand.
Holl.: Hij praat, alsof hij eene schapeschaar in zijn' zak had. (Harrebomée, II, 239a.)
*40. Er schwätzt aus dem Bauch. (Stuttgart.)
Redet unüberlegt.
[429] *41. Er schwätzt aus der hohlen Nas', legt ihm den Kopf vor die Füsse. (Nürtingen.)
*42. Er schwätzt bis em d' Ohre gnappet. – Sutermeister, 71.
*43. Er schwätzt dem Teufel ein Ohr ab. – Sutermeister, 71.
*44. Er schwätzt dem Teufel en Ohr weg und no de kleine Zehe. (Ulm.)
*45. Er schwätzt einen ganzen Sack voll. (Nürtingen.)
*46. Er schwatzt, er weiss selbst nicht, was.
Poln.: Gada, ale sam nie wié: co. (Lompa, 11.)
*47. Er schwätzt heraus wie ein Mann ohne Kopf. (Rottenburg.)
*48. Er schwätzt mehr als sieben Weiber und drei Professoren. – B. Auerbach, Dorfgeschichten, II, 232.
*49. Er schwätzt mit Cuntzen und mit Mätzen.
»Die andren tuond schamlich schwätzen mit Cuntzen und mit Mätzen.« (Barack, Satir.-didakt. Gedichte aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh., Stuttgart 1863, V, 8859.)
*50. Er schwätzt sich schicker (jüdisch-deutsch: betrunken). – Tendlau, 115.
Der Redselige berauscht sich in seinen eigenen Worten.
*51. Er schwätzt Vögel öber Dach. – Sutermeister, 71.
Um einen Schwätzer, Zungendrescher u.s.w. zu charakterisiren, ist die Schweiz wieder sehr reich an Ausdrücken und Redeweisen. A.a.O. finden sich folgende: Er redt bis em's Mûl chupferlet. Er hät's Mûl nid im Sack. Er hät es Mûl wie e Bachofe, wie es Ofeloch, wie-n e Relle (Rölle), wie'n e laufedi Schuld, wie's Madläli Bader. Er het es Mûl wie wenn er sibe Tüfel g'frässe hett und der acht au no wett. Er hât e verchrättlets Mûl. Er hänkt's Mûl in alles. Et ist nüt an em as Mûl. S' Mûl goht em, wie anne Wasserstälzli 's F.
*52. Er schwatzt von der Leber weg.
Spricht freimüthig.
*53. Er schwatzt wie das Ufer am Meer.
Von einem Zungendrescher, Schreier, weil das Meer, wenn es mit seinen Wellen ans Gestade schlägt, viel Geräusch macht.
*54. Er schwätzt wie ein Advocat. (Nürtingen.)
*55. Er schwatzt wie ein altes Haus.
Frz.: Il raisonne juste et carré comme une flûte. (Lendroy, 375.)
Holl.: Hij babbelt als een oud wijf, dat graauwe erwten knaauwt. (Harrebomée, II, 459.)
*56. Er schwatzt wie ein altes Weib.
Holl.: Hij praat als een oud wijf. (Harrebomée, II, 460a.)
*57. Er schwatzt wie ein Fass ohne Boden.
Von sinn- und zusammenhanglosem Gerede.
Jüd.-deutsch: Des haasst gachorbent. (Von chorab churban = wüste machen.) (Tendlau, 103.)
*58. Er schwatzt wie ein Rohrsperling.
Lat.: Cicada vocalior. (Erasm., 348; Philippi, I, 82.) – Cornicari. (Erasm., 345; Philippi, I, 94.)
*59. Er schwatzt wie eine Elster (ein Papagai, ein Staar).
Engl.: To prate like a parrol. (Bohn II, 175.)
Frz.: Causer comme un perroquet. (Kritzinger, 113a.)
Holl.: Hij klapt als een ekster (papegaai). (Harrebomée, II, 171b.)
*60. Er schwatzt wie ihm der Schnabel gewachsen ist.
*61. Er schwatzt, wie wenn die Kuh in den Eimer macht.
D.i. an unrechter Stelle.
*62. Er schwatzt Zeug, es mag's kein Hund auflecken.
Poln.: Co ten baja gada, to się ani psu na budę nie zda. (Lompa, 7.)
*63. Er schwetzet eim ein nuss von eim baum. – Franck, I, 160b.
*64. Er schwetzet eim von eim polster vnd sess er drauff. – Franck, I, 160b.
*65. Er schwetzet sich trunken. – Tappius, 46a.
*66. Er weiss allezeit etwas zu schwatzen.
Lat.: Lusciniolae non deest cantus. (Chaos, 489.)
*67. Hä schwatzt Kütze onn Körb vôl. (Henneberg.)
Redet viel unnützes Zeug.
*68. He swatset mer dan seven an den galgen. – (S. ⇒ Sieben.) – Hoefer, Waldis, S. 865.
*69. Schwätz mer kei Loch in Chopf. (Breisgau.) – Frommann, V, 401; für Solothurn: Schild, 92, 391; Sutermeister, 74.
Mache mir nichts weis oder überrede mich nicht zu etwas Thörichtem, Unmöglichem.
[430] *70. Schwätz mer keini Müs, i ha-n e Katz im Ermel. – Sutermeister, 74.
*71. Schwätz net so g'schecket 'raus. (Schwaben.)
*72. Schwatzen wie ein altes Weib.
*73. Schwatzt mit meiner Grossmutter! (S. ⇒ Plapperhans, ⇒ Plappermühle und ⇒ Plappern 2.)
*74. Sie schwutzt wie eine peiler Mastgans1. – Weinhold, 89.
1) Gans aus Peilau.
*75. Was der schwätzt, geht hier hinein und da hinaus. (Schwaben.)
76. Mit Schwatzen bringt man die Garküche nicht zum Kochen. – Merx, 179.
77. Schwätzen ist der Weiber Ruhm, Thun der Männer Eigenthum.
It.: I fatti son maschi, e le parole femmine. (Giani, 631.) (Zugleich Wortspiel. Il fatto ist männlich, la parola weiblich.)
*78. Du schwetzest mer dann ein Turteltaub.
»Man sagt, dass die Turteltauben seer vil schwetzen, dieweyl die nit allein mit dem schnobel, sunder auch mit dem hindern teil redend: darumb man diess sprichwort von schwätzigen leuten braucht.« (Gessner, Vogelbuch, 249a.)
*79. Schwatzen können wie die Schwaben. – Ayrer, I, 55, 7.
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