Schornstein [1]

[775] Schornstein (Esse, Kamin, Rauchrohr, Schlot), ein aufsteigender, aus Mauerwerk, eisernen oder Tonröhren bestehender Kanal mit kreisrundem oder polygonalem Querschnitt zur Abführung von Verbrennungsgasen einer oder mehrerer Feuerungen und in den meisten Fällen auch zur Erzeugung des für die Verbrennung nötigen Luftzuges.

Diese Aufgabe des Schornsteins ist bei verschiedenen Zuständen der Atmosphäre zu lösen; erfolgt die Lösung für minimale Pressung und maximale Feuchtigkeit bezw. Temperatur der Atmosphäre, so ist sie am vollkommensten. Je nach der Art des auf dem Rost verbrannten Brennstoffes (s.d.) ist die zuzuführende Luftmenge für die Verbrennung unter fast gleichen Umständen verschieden, aber bekannt. Der Abzug der durch den Rost passierten Luft in dem Verbrennungsraum bezw. im Schornstein bis zu dessen oberer Ausmündung in die Atmosphäre beruht darauf, daß die Rauchsäule im Schornstein ein geringeres spezifisches Gewicht hat als die äußere Luft, welch letztere wiederum vor dem Rost eine größere Pressung besitzt als an dem oberen Ende des Schornsteins. Der letztere Druckunterschied ist die Ursache der Bewegung. Wegen der theoretischen Beziehungen, die zwischen den Widerständen des Herdes, des Heizkanals, der pro Zeiteinheit abzuführenden Gasmenge, den Dimensionen des Schornsteins, der Temperatur der in diesen einströmenden Heizgase und der Ausflußgeschwindigkeit an dem oberen Ende des Schornsteins stattfinden, verweisen wir auf [1]. Im allgemeinen ist die in der Zeiteinheit abgeführte Gasmenge gleich dem Produkt aus Schornsteinquerschnitt und Geschwindigkeit. Mithin leistet der Schornstein um so mehr, je größer seine Höhe, die Temperatur in demselben und sein Querschnitt ist. Letzterer darf aber bei geringeren abzuführenden Luftmengen und großer Hitze im Schornstein nicht zu groß werden, weil sonst die abzuführenden Verbrennungsprodukte den Querschnitt nicht ausfüllen, so daß von oben nach unten gerichtete Nebenströmungen der äußeren Luft eintreten. Es wirkt daher nicht leicht ein zu hoher, wohl aber ein zu weiter Schornstein schädlich.

1. Fabrikschornsteine werden in der Regel als frei stehende Bauwerke aus Backsteinen aufgeführt, seltener und dann nur bei kleineren oder provisorischen Anlagen kommen eiserne Kamine in Anwendung, welche auf den Kohlenverbrauch einen weniger günstigen Einfluß haben und meistens stärker rauchen wie steinerne Schornsteine. Die in Amerika zur Ausführung gelangenden Eisenbetonschornsteine vermögen sich in Europa und am wenigsten in Deutschland einzuführen; sie sind kaum billiger wie Steinkamine, erfordern dabei ein sorgfältig arbeitendes und gutgeschultes Personal für die Herstellung, haben ein wenig gefälliges Aussehen und besitzen manche Nachteile. – Der Querschnitt sämtlicher vorgenannter Schornsteine ist rund; bei Steinschornsteinen wird in seltenen Fällen aus architektonischen oder andern Gründen auch der achteckige oder noch seltener der quadratische Querschnitt gewählt. Wenn H die Schornsteinhöhe in Metern über Terrain ist, so nimmt man bei Kesselanlagen: H = 5 bis 6 · ∛(Heizfläche), wobei als Heizfläche die gleichzeitig im Betrieb befindliche Kessel-, Ueberhitzer- und Economiserheizfläche zusammen genommen werden soll. Für größere Kesselanlagen (über ca. 1000 qm Kesselheizfläche) nimmt man 5, für kleinere Anlagen nimmt man 6 und rundet die Höhe nach[775] oben auf volle 5 oder 10 m ab. An Höhe soll man nicht sparen, namentlich nicht, wenn die Rauchgase im Kessel (Wasserrohrkessel) und in den übrigen Apparaten und Kanälen große Wege mit vielen Bewegungsrichtungsänderungen machen müssen. Schornsteine im Tale und in bergiger Gegend sind höher zu nehmen wie im Flachlande, an der Küste, auf dem Bergplateau. – Den oberen Querschnitt nimmt man zu einem Viertel bis zu einem Fünftel der im Betriebe befindlichen Rostfläche an, und zwar ein Viertel bei Braunkohlen bezw. bei kleineren Anlagen, ein Fünftel bei Steinkohlen bezw. bei größeren Anlagen. Wenn der Schornstein nicht für eine Kesselanlage bestimmt ist, so ermittelt man den Kohlenverbrauch und die daraus resultierende durch den oberen Querschnitt abzuleitende Rauchgasmenge pro Sekunde; die Austrittsgasgeschwindigkeit am oberen Querschnitt soll nicht kleiner wie 3–4 m/sec und nicht größer wie 8–10 m/sec sein. Die Höhe nimmt man dann 25–30 mal größer wie die obere Lichtweite. – Pedantische Benutzung der bis jetzt genannten Formeln ist nicht notwendig; größere Höhe bei geringerer oberer Lichtweite ist besser wie das umgekehrte Verhältnis.

Steinerne Schornsteine werden aus Radialsteinen gebaut, deren Radius der radial verlaufenden Stoßfugen wegen dem jeweiligen Kaminradius möglichst genau angepaßt sein soll. Unter 0,50 m obere Lichtweite kann man Schornsteine nicht von innen heraus bauen. Bei größeren Lichtweiten (über 2,0 m) kann man auf Radialsteine verzichten; man kann dann Normalsteine nehmen und diese im Kreuzverband vermauern. Radialsteine ergeben, da sie äußerst seiten von den Ziegeleien als Läufer und Binder hergestellt werden, nur Kopf- oder Blockverband. Der Kreuzverband ist vorzuziehen. Die Steine sollen immer maschinengeformte und im Ringofen möglichst hartgebrannte Steine von höchst erreichbarer Druckfestigkeit und desgleichen Gewicht sein. Vollsteine mit rauher Lagerfläche, an welcher der Mörtel gut anhaften kann, sind besser wie aus gleichem Material hergestellte großdurchlochte Steine, deren Löcher der Kaminbauer namentlich bei übernormaler Steindiele und bei etwas steifem Mörtel doch nicht mit Mörtel füllt, so daß dann die Mörtelzapfentheorie illusorisch wird. Für den Mörtel und dessen Mischungsverhältnis gelten die Vorschriften der verschiedenen Länder; lehmhaltiger oder sonstige Beimischungen enthaltender Sand ist vollständig unbrauchbar, wogegen kristallinisch scharfer Flußsand der beste ist. Gut gewaschener Grubensand kann zur Magerung eines zu scharfen Flußsandes dienen. Wenn Hochofenschlackensand zur Verfügung steht, so nehme man nur den grünfarbigen. Der Kalk muß gipsfrei und gut abgelöscht sein. Portlandzement setze man nicht mehr zu, wie der Druckfestigkeit wegen notwendig oder vorgeschrieben ist. Zement begünstigt das Reißen des warmwerdenden Mauerwerkes. Ueberhaupt soll man nicht zu ängstlich in der absolut genauen Innehaltung der behördlicherseits vorgeschriebenen, meist zu scharfen Mörtelmischungen sein, welche die Eigenarten des Kamines und seine Wärmespannungen nicht berücksichtigen. Die genaue Mörtelmischung sollte abhängig gemacht werden von der Beschaffenheit der von Fall zu Fall zur Verfügung stehenden Mörtelmaterialien, von der Witterung während der Bauzeit und von andern Faktoren, für deren richtige Berücksichtigung die Schornsteinbaufirma (man nehme nur eine Spezialfirma) aufzukommen hat. Die inneren Steigeisen aus 20 mm starkem Rundeisen haben einen gegenseitigen Abstand von 40 cm.

Jeder Schornstein sollte zum besseren Schutz gegen Aufreißen ein besonderes, mit dem eigentlichen Schornsteinmäntel nicht verbundenes Futter haben. Absoluter Schutz gegen Aufreißen wird durch ein Futter nicht gewährleistet. Bis zu 300–400° C. Futter aus den gleichen Radialsteinen, aus denen der Schornstein gebaut wird; für höhere Temperaturen Futter aus radial geformten Schamottesteinen, welche in den Stoßfugen mit Vor- und Rücksprung ineinander greifen sollen. Schornsteine zum Ableiten saurer Gase bedingen besondere Ausführungsarten, ebenso solche für besonders heiße Gase (z.B. bei Martinöfen). Hochtemperierte Schornsteine erhalten außer einem möglichst hoch geführten Schamottefutter (Etagenfutter) auch noch außen mit ca. 1,40 m Abstand beim Aufbau des Schornsteins umgelegte mehrteilige Bänder aus 80/8 bis 100/10 mm Flacheisen. Bänder in das Mauerwerk einzumauern ist unrichtig.

In vielen Fällen (Braunkohle, Hochöfen, Martinöfen u. dergl.) sind Gasexplosionen im Kamin beobachtet worden, so daß dort, wo derartige Explosionen von vornherein vermutet werden, die Anbringung einer nach außen aufschlagenden, während des Betriebs dichten Explosionsklappe zu empfehlen ist.

BlitzableiterErdleitung bis ins Grundwasser zu führen – wenn möglich mit an die Spitze angeschlossener Kontrolleitung und an der Wetterseite zu verlegen ist empfehlenswert. Aeußere Steigeisen, eventuell mit Schutzbügeln, sind ebenfalls empfehlenswert. Eine Abdeckplatte ist im allgemeinen nicht notwendig; bei sauern Gasen dagegen ist eine Bleiabdeckplatte anzubringen. Die Fundierung ist von den Bodenverhältnissen abhängig. Auf aufgeschütteten Boden darf nicht gebaut werden, selbst wenn er noch so lange gelagert hat. Gewachsener Boden, abgelagerter Sand und Kies, Lehm und ähnliche Bodenarten sind als gut zu bezeichnen; Felsen mit horizontaler Schichtung ist der beste Baugrund; bei senkrechter Schichtenlagerung ist Vorsicht am Platze, falls der Schornstein z.B. an den Rand eines Steilabhanges zu stehen kommen soll. Letten und Schwimmsand sind an sich ungeeignet; entweder macht man in solchem Falle das Fundament entsprechend tiefer, oder man verstärkt den schwachen Baugrund durch Holz- oder Eisenbetonpfahlroste und verbreitert gleichzeitig das Fundament (Beton mit Eiseneinlagen) derart, daß die Bodenbelastung minimal wird.

Zu allen Schornsteinbauarbeiten, Neubauten wie Reparaturen, von der ersten Projektierung an sind Schornsteinbaufirmen oder Spezialfachleute heranzuziehen; Unterlassung rächt sich oft schwer. Wenn Betriebsvergrößerungen vorauszusehen, sollten Kamin einschließlich Fundament für spätere Möglichkeit einer ausreichenden Erhöhung möglichst ohne Querschnittsverringerung eingerichtet werden.

Die Kosten steinerner Schornsteine einschließlich Fundament berechnen sich im Durchschnitt zu ungefähr: H · d0 · 125 in Mark, wobei d0 die obere Lichtweite in Metern ist.[776]

In Deutschland bestehen baupolizeiliche Vorschriften in Preußen, Sachsen und Baden; an der Meeresküste benutzt man die preußischen Vorschriften mit der Aenderung, den Winddruck mit 200 kg/qm anzunehmen. Hessen und Elsaß-Lothringen haben keine besonderen Vorschriften, akzeptieren aber die preußischen; Bayern und Württemberg haben ebenfalls keine Vorschriften.

A. Preußen (Ministerialerlaß vom 30. April 1902). Die Ermittlung der Druckbeanspruchungen im Mauerwerk soll mit dem Winddruck p = 125 und 150 kg qm durchgeführt werden. Dieser Wert ist für runde Schornsteine mit 0,667, für achteckige mit 0,71 und für quadratische mit 1,0 zu multiplizieren. Etwaiger Einfluß der Saugwirkung des Windes auf der Leeseite des Schornsteines ist in den vorgenannten Werten enthalten. Der Schutz durch umschließende oder benachbarte Gebäulichkeiten wird nicht berücksichtigt. Als Angriffspunkt des auf den ganzen Schornstein wirkenden Winddruckes W ist der Schwerpunkt S des Schornsteins anzunehmen. Bei den nicht rund ausgeführten Schornsteinen ist der Wind als über Eck wehend anzunehmen und sind demgemäß die Widerstandsmomente zu bestimmen. Als Windfläche F gilt der lotrechte Schnitt durch die Mittellinie des Schornsteines, bei eckigen Schornsteinen rechtwinklig zu zwei gegenüberliegenden Flächen gemessen. Zugspannungen im Mauerwerk und im Mörtel sollen nicht auftreten; im Gegenteil sollen rechnerisch die Lagerfugen auf der Windseite unter Annahme von p = 125 kg/qm sich maximal bis zur Schwerpunktsachse öffnen dürfen. Die Haftfestigkeit des Mörtels am Mauerwerk in den Lagerfugen ist demnach unberücksichtigt, so daß ein späteres horizontales Aufreißen des Schornsteines keinen Nachteil auf die Stabilität desselben ausübt. Die Voraussetzung bezw. Bedingung des rechnerischen »Klaffens« der Lagerfugen ist erfüllt, wenn 0,5 · Ru + 0,25 · ru > E; a, wobei a = (W · S)/G, worin a der Ausschlag der Mittelkraft aus Eigengewicht und Winddruck in Metern vom Schornsteinmittel aus horizontal gemessen, W = F · p · 0,667 bezw. 0,71 bezw. 1,0 in Kilogramm, G = Gewicht des Schornsteines über dem zu berechnenden Querschnitt in Kilogramm, Ru = äußerer Radius/ru = innerer Radius des zu berechnenden Querschnittes in Metern ist.

Das zur Bestimmung von G eingesetzte Einheitsgewicht γ in Kilogramm/Kubikmeter muß mit dem zu ermittelnden Einheitsgewicht des zu verwendenden Mauerwerkes genau übereinstimmen; der Bauunternehmer hat die volle Verantwortung für die Richtigkeit sämtlicher in die Stabilitätsberechnung eingesetzten Werte. Die zugelassenen Beanspruchungen des Mauerwerkes sind: 1. Für gewöhnliches Ziegelmauerwerk in Kalkmörtel (1 Teil Kalk auf 3 Teile Sand) bis zu 7 kg/qcm. 2. Für Mauerwerk aus Hartbrandsteinen in Kalkzementmörtel (1 Teil Zement, 2 Teile Kalk, 6 ÷ 8 Teile Sand) 12 ÷ 15 kg/qcm. Hartbrandsteine sind Ziegel von mindestens 250 kg qcm Druckfestigkeit. Bei festeren Steinen und zementreicherem Mörtel können auf Grund einwandfreier Festigkeitsprüfungen an ganzen Mauerwerkskörpern auch höhere Druckbeanspruchungen zugelassen werden, welche dann aber nur mit 150 kg/qm Winddruck zu ermitteln sind, eine mindestens zehnfache Sicherheit haben sollen und nicht über 25 kg/qcm steigen dürfen. (Bemerkung des Verfassers: In diesem letzten Satze enthält der preußische Ministerialerlaß eine bedauerliche Schwäche, die mit der Materie nicht vertraute Konstrukteure zu nicht einwandfreien Konstruktionen veranlassen kann – wobei letztere als den baupolizeilichen Vorschriften entsprechend genehmigt werden müssen – und die zu Beanstandungen aus vorsichtigen Fachkreisen Veranlassung gegeben hat.) 3. Schüttbeton der Fundamente 6 ÷ 8 kg/qcm Druckfestigkeit, Stampfbeton der Fundamente 10 ÷ 15 kg/qcm Druckfestigkeit. 4. Guter Baugrund bei 125 ÷ 150 kg/qm Winddruck in der Regel bis zu 3 kg/qcm, in Ausnahmefällen bis zu 4 kg/qcm Druckbeanspruchung auf der Leeseite.

Als Druckbeanspruchungen sind immer die aus Gewicht zuzüglich Winddruck berechneten sogenannten Kantenpressungen auf der äußersten Kante der Leeseite anzusehen; von dieser äußersten Kante ab nach der Windseite zu nimmt die Druckbeanspruchung gleichmäßig (angenommen) ab, bis sie im ungünstigsten Falle im Schornsteinmittel, jedenfalls aber im rechnerischen Endpunkte des vorausgesetzten Klaffens gleich Null wird.

B. Königreich Sachsen. Verordnung vom 22. April 1903. Für jeden Schornstein über 12 m Höhe muß der Stabilitätsnachweis erbracht werden, p ist mit 115 + 0,6 · H in Kilogramm-Quadratmetern anzunehmen. Die Druckbeanspruchung σ'' im Mauerwerk in Kilogramm/Quadratzentimetern darf in keinem Querschnitte den Wert: σ'' = k/3 + 1,25 · G/f übersteigen. Dabei ist k für Mauerwerk in Kalkmörtel 8 kg/qcm, für Mauerwerk in verlängertem Zementmörtel 10 kg/qcm, für Mauerwerk in verlängertem Zementmörtel und in hartgebrannten Radialsteinen 12 kg/qcm, für die Fundamentsohle 3 kg/qcm, und f die Querschnittsfläche in Quadratzentimetern. – Höhere Werte bis zu einem Zehntel der Mauerfestigkeit werden nur dann zugelassen, wenn die Mauerfestigkeit an ganzen Mauerwerkskörpern nachgewiesen ist. Im übrigen sind die Bestimmungen ähnlich und sinngemäß wie in Preußen.

C. Baden (Landesbauordnung vom 1. September 1907). Den Gesuchen um Baugenehmigung ist Zeichnung und Standfestigkeitsberechnung in doppelter Ausfertigung beizufügen. Winddruck p = 150 kg/qm; in besonders gefährdeten Lagen und bei Kaminen über 65 m Höhe kann für p ein höherer Wert gefordert werden. Der Nachweis der Stabilität und die Berechnung der Kantenpressungen hat sich auf sämtliche Absatzfugen zu erstrecken. Die größte Beanspruchungsziffer soll unbedingt in der untersten Fuge des untersten Säulenabsatzes liegen, also dort, wo die Säule in den Sockel oder in das Fundament übergeht. Von dieser Fuge aus sollen die Beanspruchungswerte in knickfreier, einzuzeichnender Kurve nach oben hin abnehmen, nach unten allmählich in den zulässigen Bodendruck übergehen. Verschwächungen des Mauerwerkes durch Fuchsöffnungen sind in der Berechnung zu berücksichtigen. Ein Futter wird nicht als tragender, wohl aber als belastender Teil angesetzt. Die Erdauflast auf dem Fundamente[777] darf nicht in die Rechnung eingesetzt werden. Bei windseitig klaffend angenommenen Lagerfugen, bei gleichmäßiger Druckübertragung durch guten Mörtel, sorgfältiger Herstellung und genügender Abbindezeit des Mörtels soll die größte Druckbeanspruchung σ'' in Kilogramm-Quadratzentimetern an der am stärksten belasteten Mauerkante nicht größer sein als: 5 + 0,15 · h, wobei h die Höhe des Kamines über dem berechneten Querschnitt ist. Wird σ'' > 12 kg/qcm, so kann der Nachweis verlangt werden, daß die Steine mindestens 250 kg/qcm Druckfestigkeit haben und daß (bei Anwendung verlängerten Zementmörtels von 1 Teil Zement, 2 Teilen Kalk und 6 ÷ 8 Teilen Sand) nach 28 Tagen Abbindezeit der Mauerwerkskörper eine Druckfestigkeit von mindestens 150 kg/qcm besitzt. Ueber 15 kg/qcm sollen die Druckbeanspruchungen bei 150 kg/qm Winddruck in keinem Falle steigen. Bei fettem Kalkmörtel, 1 Teil Kalk auf 3 Teile Sand, sind höchstens 7 kg/qcm Druckbeanspruchung zulässig. Steine unter 250 kg/qcm Druckfestigkeit sind unzulässig. Für Stampfbeton (Schüttbeton wird nicht gestattet) sind 15 kg/qcm Druckbeanspruchung zulässig, wenn Mischung 1 Teil Zement auf 8 Teile Kies und Sand. Höchst zulässige Kantenpressung des Baugrundes 2,50 kg/qcm, wobei auf der Windseite noch Druckspannung vorhanden sein soll. Bei schlechtem Baugrund sind entsprechend geringere Ziffern vorgeschrieben, eventuell Pfahlrost oder dergl. Vom Kaminkopf bis zu der Lagerfuge direkt über Fundament ist ferner der kritische Winddruck P in Kilogramm/Quadratmetern, das ist der Winddruck, der den Kamin umwerfen kann, zu berechnen und sind dessen für die einzelnen Absatzfugen ermittelten Werte ebenfalls in die Zeichnung in Form einer Kurve einzutragen, welche knickfrei und ferner derart verlaufen soll, daß ihr kleinster Wert in derjenigen Lagerfuge liegt, welche den höchsten Wert von σ'' hat. Für den »kritischen Winddruck« P gilt: P = (G · Ru)/(k · F · S), worin k = 0,667 bezw. 0,71 bezw. 1,0 ist. Selbst für kleinste Kamine soll P > 250 kg/qm sein. Für Erhöhungen vorhandener Kamine sind die gleichen Nachweise wie für Neubauten zu erbringen. Obere Mindestwandstärke 12 cm für eckige und 15 cm für runde Querschnitte; unten Mindestwandstärke = H + 15 in Zentimetern (z.B. Schornsteinhöhe über Terrain H = 50 m, dann untere Wandstärke mindestens 50 + 15 = 65 cm). Im übrigen sinngemäß wie in Preußen.

Oesterreich-Ungarn (Erlaß des K.K. Ministeriums des Innern vom 24. März 1902). Projektzeichnung im Maßstabe 1 : 100 mit sämtlichen irgendwie wissenswerten Maßen ist der rechnerisch oder graphisch durchzuführenden Stabilitätsberechnung beizufügen. Die Stabilitätsberechnung muß sich auf sämtliche Absatzfugen in der Säule, auf die unterste Säulenfuge, auf die unterste Sockelfuge direkt über dem Fundamente und auf die Baugrundsohle erstrecken. Die angenommene Gewichtseinheit der Baumaterialien muß den tatsächlichen Gewichten entsprechen. Beträgt für Mauerwerk aus gewöhnlichen Mauerziegeln dieses angenommene Gewicht mehr als 1600 kg/cbm und für Mauerwerk aus Radialsteinen mehr als 1700 ÷ 1800 kg/cbm, so bleibt es der prüfenden Behörde vorbehalten, den amtlichen Nachweis für die Richtigkeit des Einheitsgewichtes zu verlangen; bei Innehaltung der vorgenannten Gewichte wird in der Regel ein besonderer Nachweis nicht gefordert werden. Bei Mauerwerk aus gewöhnlichen Mauerziegeln sind ein Drittel des gemauerten Kubikmeters als Mörtelgewicht und zwei Drittel als Steingewicht anzunehmen. Das Gewicht des Radialsteinmauerwerkes ist durch Aufbau und spätere Abwägung eines Probemauerwerkskörpers von 1 cbm Inhalt und von normaler Fügung zu ermitteln, wobei das Mörtelwasser genau zu wiegen und von dem Mauerwerksgewichte des frischen Probekörpers in Abzug zu bringen ist. Mörtelgewicht kann mit 1500 ÷ 1600 kg/cbm angesetzt werden. Bei Annahme eines höheren Mörtelgewichtes ist der Bauunternehmer verpflichtet, die Richtigkeit seiner Annahme zu beweisen. Der Winddruck soll in der Regel mit 150 kg/qm angenommen werden. In Gegenden, deren Bauordnungen keinen Winddruck festsetzen, ist ein über 150 kg/qm liegender Winddruck anzunehmen, wenn dieser für die betreffende Gegend mehr als 150 kg/qm erfahrungsgemäß beträgt. Als windgeschützt sind nur diejenigen Teile des Schornsteines zu betrachten, die unterhalb des Dachstuhles, innerhalb der Hauptgebäudemauern liegen oder Teile dieser Hauptmauern bilden. Der kritische Winddruck ist mit mindestens 300 kg/qm anzunehmen, falls die Bauordnungen anderweitige Vorschriften nicht festsetzen. Die Koeffizienten sind wie in Deutschland 0,67, 0,71 und 1,0. Bei Schornsteinen bis zu 30 m Höhe kann im Säulenmauerwerke eine Zugspannung von höchstens 1,20 kg/qcm zugelassen werden, jedoch ist dieselbe für jeden Meter Mehrhöhe um 0,05 kg/qcm zu verringern. Im Baugrund darf keine Zugspannung auftreten. Als Druckspannung ist höchstens ein Zehntel der Fertigkeit der Steine und des Mörtels zuzulassen. Die Kantenpressung soll aber in der Regel unter Einwirkung von Gewicht und Winddruck im Säulenmauerwerk bei Verwendung gewöhnlicher Mauerziegel 8 kg/qcm und bei Radialsteinen 12 kg/qcm nicht übersteigen. Radialsteine müssen immer maschinengepreßte und im Ringofen gebrannte Steine sein. Wenn größere Druckbeanspruchungen gefordert werden, so ist nachzuweisen, daß das zur Verwendung gelangende Material, Ziegel und namentlich Mörtel, diesen Pressungen entspricht. Die zugelassene Materialinanspruchnahme darf in keinem Querschnitte überschritten werden. Die Belastung des Baugrundes darf sein bei: 1. sehr feuchtem Lehm und Tegel sowie bei Sand von mindestens 1 m Mächtigkeit, jedoch gegen Ausweichen geschützt, 1,50 kg/qcm; 2. sandigem, festem Schotter von geringer Mächtigkeit oder wechselnder geneigter Lagerung, jedoch stehendem oder teilweise stehendem und gegen Ausweichen geschütztem Lehm und Tegel 2,50 kg/qcm; 3. festgelagertem, grobkörnigem Schotter, dann bei Plattelschotter von großer Mächtigkeit und bei liegendem, trockenem Lehm und Tegel, 3,50 kg/qcm. – Zum Schornsteinbau soll nur ausgesuchtes – namentlich Ziegel – Material verwendet werden und gibt der österreichische Erlaß für die Qualität der Materialien, über Absatzhöhen, Wandstärken, Futter, Steigeisen, Betonsohle u.s.w., überaus umfangreiche Vorschriften, die am bellen aus der eingangs genannten, Veröffentlichung entnommen werden.[778]

Alle Schornsteine werden im Laufe der Jahre reparaturbedürftig. Reparaturarbeiten an Schornsteinen können ohne Betriebsunterbrechung vorgenommen werden, jedoch soll man zu diesen Arbeiten nur Spezialfirmen heranziehen. Erhöhungen können ebenfalls während des Betriebes erledigt werden, jedoch vergewissere man sich vorher, ob durch die Erhöhung nicht der obere Querschnitt derart verengt wird, daß der Nutzen der Erhöhung wieder illusorisch gemacht wird. Ganz zu beseitigende Schornsteine werden abgetragen oder gesprengt oder durch sogenanntes Abbrennen oder auch von Hand umgeworfen. Das einfache Abtragen ist am teuersten und ergibt wenig noch brauchbares Steinmaterial. Das Sprengen ergibt ebenfalls sehr wenig noch brauchbares Steinmaterial und ist trotz Hinzuziehung im Sprengen geübter Mannschaften erfahrungsgemäß immer gefährlich für die Nachbarschaft. Beim Abbrennen wird der Schornstein unten angebrochen und die entstehende Lücke mit Brennmaterial ausgefüllt; hierbei fällt nach dem Wegbrennen des Brennmateriales der Schornstein in eine vorher bestimmte Richtung, wobei ein großer Posten Steine ganz und zu weniger wichtigen Bauzwecken verwendbar bleibt. Bei dem Abbrennen hat man die gleichmäßige Brenngeschwindigkeit aber nicht in der Gewalt, so daß auch dieses Verfahren nicht vollständig sicher ist. Mit vollständiger Sicherheit kann man einen Schornstein auf einen vorher bestimmten Platz, der unter Umständen nur wenig länger und breiter zu sein braucht, wie der Schornstein hoch und dick ist, nur von Hand hinlegen. Bei diesem Verfahren wird der Schornstein angehauen, ähnlich wie beim Baumfällen; er wird in ein labiles Gleichgewicht mit einziger Fallmöglichkeit in die bestimmte Richtung gebracht und zum Schluß fällt er nach Lösen der letzten Steine, hierbei sehr viele Steine nicht beschädigend, so daß diese wieder verwendet werden können. Dieses Verfahren verdient deshalb wegen der Sicherheit, der geringeren Kosten und des Steinwertes den Vorzug.

Standfestigkeitsberechnung eiserner und Eisenbetonschornsteine ist nach vorstehenden Grundsätzen und Vorschriften unter Anwendung der passenden Formeln vorzunehmen. Für eiserne, immer zu verankernde Schornsteine ist zu beachten: Das Material der den Schornstein umfassenden Verankerungsringe, an welche die Zuganker angreifen, soll nicht über 750 kg/qcm beansprucht werden. Die Verankerung erfolgt in der Regel durch einen, in zwei Dritteln der Höhe und höher gelegten Verankerungsring, von welchem die Zuganker (Ketten, Rundeisen, Drahtseile) schräg nach unten zum Erdboden geführt werden, wo sie in entsprechender Weise verankert werden. Bei größeren Blechkaminen nimmt man zwei in verschiedenen Höhenlagen übereinander liegende Verankerungsringe, von denen der untere vielleicht in zwei Fünfteln und der obere in vier Fünfteln der Höhe (oder beide höher) liegen. Die Hauptwindrichtung soll möglichst zwischen zwei benachbarte Zuganker fallen. Wenn der Zuganker senkrecht zur Längsrichtung eines in die Erde eingerammten Pfahles diesen letzteren beansprucht, so soll des letzteren Querschnitt in Quadratzentimetern mindestens gleich der Zugankerspannung in Kilogramm sein. Wird der Zuganker an einem Mauerwerkskörper, Betonklotz, Steinquader oder dergl. befestigt, so soll deren Gewicht mindestens doppelt so groß wie die Zugankerspannung in Kilogramm sein. Aus mehreren Einzelstücken zusammengehakte Zuganker aus Rundeisen oder dergl. sind zu verwerfen. Bei hohen eisernen Schornsteinen sollten am Kopfe desselben Rollen mit Drähten angebracht sein, damit der Schornstein von außen mittels Hängegerüstes jederzeit leicht untersucht, angestrichen und repariert werden kann. Eiserne Schornsteine mit hohen Gastemperaturen müssen ein feuerfestes Futter erhalten. Lebensdauer eiserner Schornsteine nicht groß, Reparaturkosten hoch.

Alle Schornsteine sind hinsichtlich ihrer Zugstärken abhängig von verschiedenen Faktoren, z.B. Rauchgastemperaturen, Art und Gewicht der Rauchgase, Barometerstand, Windrichtung und Windstärke, Lufttemperatur, Jahreszeit u.s.w. In gleicher Weise sind demnach die an einen Schornstein angeschlossenen Feuerungen von diesen Faktoren abhängig, und so kommt es, daß der Leistung eines Schornsteines bestimmte Grenzen gezogen sind, die auf Grund physikalischer Gesetze einfach nicht überschritten werden können. Anderseits würden aber die an den Schornstein angeschlossenen Feuerungen viel leistungsfähiger sein, wenn diese Grenzen nicht bestünden. Man hat nun seit einigen Jahren ein Mittel zur Verbesserung des natürlichen Zuges eingeführt, und zwar den sogenannten direkten künstlichen Zug und den indirekten künstlichen Zug. Bei dem direkten Verfahren wird ein besonders konstruierter Ventilator zwischen Rauchkanal und Schornstein derart eingebaut, daß die Rauchgase aus dem Rauchkanal heraus und durch den Ventilator hindurch in den genügend hohen und weiten Schornstein geleitet werden. Durch entsprechende Größenbemessung des Ventilators hat man es in der Hand, fast beliebig große Rauchgasmengen zu bewältigen, jedoch findet auch dieses direkte Verfahren einigen physikalischen Gesetzen seine Grenze. Aus diesen Gründen ist das indirekte Verfahren auf alle Fälle vorzuziehen. Dasselbe beruht darauf, daß mittels eines Ventilators normaler Bauart Luft von bestimmter Spannung durch düsenförmige Oeffnungen von durch Versuche und Erfahrung bestimmter Form in das Abzugsrohr geblasen und dadurch ein Unterdruck in der jeweilig nötigen Höhe erzeugt wird. Die Abgase kommen dabei, im Gegensatz zu dem direkten Verfahren, mit dem Ventilator in keinerlei Berührung. Die hierdurch erzielte Zuverlässigkeit des Betriebes, welche alle Notbehelfe der direkten Absaugung, wie wassergekühlte Lager, Steinzeugflügel, Auskleidung der Ventilatoren mit Blei u.s.w., fortfallen läßt, vereint sich mit einer großen Betriebseinfachheit. Man kann z.B. bei Dampfanlagen bei geringem Dampfbedarf mit dem natürlichen Schornsteinzuge arbeiten und bei Forcierung des Betriebes durch einfaches Einschalten des Ventilators ohne weiteres den verstärkten künstlichen Zug in Funktion treten lassen. Die Kessel können bis an die äußerste Grenze ihrer Leistungsfähigkeit ausgenutzt werden und wird in praxi tatsächlich eine Steigerung ihrer Dampfleistung um 100% und mehr gegenüber ihrer Leistung bei natürlichem Zuge und ohne Nachteil für die Oekonomie durch das indirekte Verfahren vielfach erzielt. Zu den geringen Anschaffungskosten der Anlagen tritt ferner der Vorzug eines geringen Kraftbedarfes. Während ein gemauerter Schornstein wie[779] bekannt zur Erzeugung eines Unterdruckes von nur 15–20 mm ebensoviele Prozente und mehr der verfeuerten Kohlenmenge verbraucht, wird diese Schornsteinarbeit durch das genannte Verfahren mit einem Kraftaufwande von nur 1/2–1% der verbrannten Kohlenmenge erzielt, Auch gegenüber der direkten Absaugung der Rauchgase tritt dieser geringe Kraftverbrauch mehr in die Erscheinung. Selbst die denkbar geringwertigsten Brennmaterialien können bei Anwendung des indirekten künstlichen Zuges in vorteilhafterer Weise verfeuert werden. Daß dies eine erhebliche Ersparnis im Betrieb bedeutet, liegt auf der Hand. Es wurden z.B. bei einem amtlichen achtstündigen Versuche durchschnittlich 447 kg/qm Rostfläche und Stunde einer erdigen Braunkohle von nur 2466 W.E. bei einem Kohlensäuregehalt der Rauchgase von 12,42% und einem Sauerstoffgehalt von 7,29% verfeuert, wobei die Verbrennung zeitweise bis auf über 500 kg stieg. Während bei natürlichem Schornsteinzuge besonders im Sommer die häufig notwendig werdende Ausschaltung der Economiser unliebsam empfunden wird, fällt dieser Uebelstand beim künstlichen Zuge fort. Nicht nur können die Economiser unabhängig von jeder Witterung ständig im Betriebe gehalten werden, sondern auch der Wirkungsgrad derselben erhöht sich in auffälliger Weise. Dasselbe ist der Fall bei den Ueberhitzern, welche dabei stets Dampf von höchstzulässiger Temperatur und stets gleichmäßiger Spannung liefern. Die Schwierigkeiten des Anheizens und der durch dasselbe verursachte bedeutende Kohlenverbrauch fallen ebenfalls fort, wie auch durch die innige Vermischung der Rauchgase mit der durch den Ventilator eingeblasenen Saugluft vor ihrem Austritt aus dem Kamin ein leichteres rauchfreies Arbeiten gewährleistet wird. Die Installation des künstlichen Zuges ist sehr einfach. Eine derartige Anlage beansprucht außerdem wenig Platz und kann wegen ihrer Leichtigkeit überall, eventuell direkt auf den Kesseln aufgestellt werden, was besonders dort ins Gewicht fällt, wo der Bodenbeschaffenheit wegen, wie auch in Bergwerksgegenden, der Aufbau gemauerter Kamine bedenklich erscheint. Außer zur Erzeugung bezw. Verstärkung des Feuerungszuges dient das Verfahren auch zur Absaugung säurehaltiger und sonstiger Dämpfe. Es findet hierfür z.B. in Pulver-, Kunstseide-, Schwefelsäure-, Chlorkalk- u.s.w. Fabriken, chemischen Laboratorien, Akkumulatorenräumen, Verzinnereien, Verzinkereien, Blech- und andern Beizereien, Gold- und Silberraffinerien, Salz- und Salpetersäurefabriken u.s.w. ein ausgedehntes Anwendungsgebiet. Da der Ventilator mit den abzusaugenden Rauchgasen nicht in Berührung kommt, sondern lediglich Frischluft befördert, so resultiert hieraus auch für diese Anwendungsform eine unbeschränkte Betriebssicherheit und Haltbarkeit der Apparate sowie ferner eine erhebliche Verdünnung der abzusaugenden Gase, was als hygienisches Moment sowie hinsichtlich der Vermeidung von Entschädigungen für Flurschäden nicht hoch genug veranschlagt werden kann.

C. Gaab.

2. Schornsteine in Wohngebäuden. Für die verschiedenen Heizungsweisen dienen zwei Arten von Schornsteinen: a) weite oder steigbare und b) enge oder russische. Die ersteren waren in Wohngebäuden früher üblich und ca. 45 cm im Geviert weit (s. Fig. 1); sie gestatten dem Schornsteinfeger, durch Anstemmen des Körpers an den Wänden im Innern aufzuzeigen und den Ruß abzukratzen. Zum Einsteigen dient eine am unteren Ende angebrachte, mit Blechtüre verschließbare Oeffnung von 42 : 70 cm Weite, oder aber ein sogenanntes Vorkamin, welches zur Heizung der Zimmeröfen von außen dient, wodurch Asche und Staub vom Wohnraum ferngehalten, aber auch eine durch den Zug des Ofens bewirkte Lufterneuerung verhindert wird. Der weite Querschnitt war geboten durch das allgemein übliche Brennmaterial: das Holz, das besonders in feuchtem Zustande einen sehr starken Rauch erzeugt. Da nun aber bei der immer steigenden Verwendung von Steinkohlen und Brennstoffen (s. Bd. 2, S. 277 ff.), welche weniger Rauch erzeugen, die alten Heizungsweisen neueren rationellen Ofensystemen- gewichen sind, so kommen heute ausschließlich zur Anwendung: die engen oder russischen Schornsteine in Querschnitten von 14 : 14 cm, 18 : 18 cm, 18 : 25 cm bis zu 25 : 25 cm Weite, letzteres bei Küchen, Waschküchen u. dergl. (s. Fig. 25).

Sie sind so anzulegen, daß sie zur Rauchabführung von ein bis drei Oefen je eines Stockwerkes dienen. Dies ist um so nötiger, als bei den neueren Brennstoffen ein Austreten von Heizgasen in die Wohnräume eine hohe Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Bewohner herbeiführen kann, daher das Einführen von Ofenheizungen oberer, in die Schornsteine unterer Stockwerke vermieden werden muß. Es sind demnach bei mehrstöckigen Gebäuden ebenso viele enge Schornsteine nebeneinander anzuordnen als Stockwerke mit heizbaren Räumen vorhanden sind. – Diese Schornsteine werden, soviel tunlich, in die Scheidemauern gelegt und vom Keller an über Dach geführt. Es ist zu vermeiden, sie in die Umfassungsmauern zu verlegen, um die Einwirkung der Außenluft, d.h. eine Abkühlung tunlichst abzuhalten; ebenso aber auch, weil die Aufführung über Dach eine sehr hohe werden müßte, um einen guten Zug zu erhalten. Um letzteren zu fördern sowie um Schneeansammlungen hinter dem Schornstein zu verhüten (Sattel), sollte dieser tunlichst nahe an der Dachfirst austreten und diese etwa um 0,60 m überragen. Um dies bei seitlich liegenden Schornsteinen zu erreichen, sind diese zu schleifen (s. Fig. 6 und 7), d.h. schräg aufzuführen und im freien Dachraum durch[780] Backsteinzungen zu unterfangen oder gegen einander zu stützen Die Schornsteinwände werden aus gewöhnlichen Backsteinen, meist 1/2 Stein stark, aus möglichst ganzen Steinen (Schornsteinverband) in Kalk- oder Lehmmörtel ausgeführt. Die Innenwände sind mit der Kelle glatt gestrichen (auch durch Klotz oder Walze); die Außenwände rauh bestochen. Ueber Dach sind die Mauern in sauberen Backsteinen mit Zement zu mauern und auszufugen, mit einem Steinkranz abzudecken und der Dachanschluß mit Blech einzubinden. – In Scheidemauern von 11/2 Stein und mehr Stärke treten die Schornsteine nicht vor die Mauerflucht. In 1 Stein starken kann dies nicht umgangen werden (s. Fig. 3), außer durch runde Schlote aus Formsteinen erstellt (vgl. Kaminsteine, Bd. 5, S. 311, und Fig. 8 und 9) oder durch im Innern glasierte Tonröhren, die durch gute Reinhaltung und Verminderung der Feuersgefahr sich auszeichnen. – Bei 1/2 Stein starken Wänden (Fachwand) soll der Schornstein für sich und von den Grundmauern aus getrennt von der Wand aufgeführt werden, um die Feuersgefahr, die durch ungleiche Senkung der Riegelwand und dadurch entstehende Risse im Schornstein eintreten kann, zu verhüten (s. Fig. 10). Aus demselben Grunde sollen die nächsten Wandpfosten oder Hölzer 0,60 m entfernt sein und ein 3 cm weiter Zwischenraum zwischen Schornstein und den umgebenden Balken und Wechseln, durch Dachziegel und Lehm ausgefüllt werden. – Die Reinigung der Schornsteine geschieht vom höchsten Punkte aus: entweder von außen, wozu eine Aussteigöffnung in der Nähe der Schornsteine mit Zugang anzuordnen ist, oder durch eine Oeffnung nahe unter der Dacheindeckung. Diese Oeffnung ist mit einer sogenannten Putztüre aus Eisen zu schließen, die aus zwei Flügeln besteht, welche, hintereinander liegend, in die Falze eines eisernen Rahmens sich legen, der in der Wand fest eingemauert ist. Solcher Putztüren muß jeder Schornstein zwei erhalten, eine oben und die andre am unteren Ende, wo der Ruß zu entfernen ist. Diese letztere ist im Keller (etwa 70 cm über Boden) angebracht, wodurch die bewohnten Räume rein erhalten bleiben.


Literatur: [1] Grashof, F., Theoretische Maschinenlehre, Bd. 1, S. 955 ff., Leipzig 1875; Ferrini, R., Technologie der Wärme, Kap. 7, Jena 1878. – [2] Reiche, H. v., Anlage und Betrieb der Dampfkessel, 3. Aufl., Leipzig 1891. – [3] Müller-Breslau, Graphische Statik der Baukonstruktion, 2. Aufl., Leipzig 1887–91; Pinzger, Ueber die Stabilität von Fabrikschornsteinen, Notizblatt des Arch.- u. Ing.-Ver. für Niederrhein-Westfalen, Köln 1877; Pietzsch, Der Fabrikschornstein, Freiberg 1896. – [4] Baukunde des Architekten, Bd. 1, Teil 1, Berlin 1893; vgl. a. die Stichworte Schornstein und Rauch in der Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. – [5] Breymanns Allgem. Baukonstruktionslehre, Bd. 1, Konstruktionen in Stein, 6. Aufl. von O. Warth, Leipzig 1896. – [6] Gottgetreu, R., Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, 1. Teil, Maurer-Steinmetzarbeit, Berlin 1880, S. 70. – [7] Handbuch der Architektur, 3. Teil, Bd. 1, Darmstadt. – [8] Gießerei-Ztg. 1908, S. 563 (Schornsteine aus Eisenbeton).

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 4., Fig. 5.
Fig. 6 und 7.
Fig. 6 und 7.
Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 775-781.
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