Jäger [2]

[144] Jäger, 1) Albert, österreich. Geschichtschreiber, geb. 8. Dez. 1801 zu Schwaz in Tirol, gest. 10. Dez. 1891 in Innsbruck, trat nach beendeten Studien in das Benediktinerstift Marienberg bei Glurns, wurde 1845 Professor der Geschichte in Innsbruck und 1851 in Wien, wo er 1854 das Institut für österreichische Geschichtsforschung begründete. Er schrieb: »Der Engedeiner Krieg im Jahre 1499« (Innsbr. 1838); »Tirol und der bayrisch-französische Einfall im Jahre 1703« (das. 1844); »Der Streit des Kardinals Nikolaus von Cusa mit Herzog Sigmund von Österreich« (das. 1861, 2 Bde.); »Kaiser Joseph II. und Leopold II. Reform und Gegenreform« (Wien 1867); »Tirols Rückkehr unter Österreich etc.« (das. 1871) und »Geschichte der landständischen Verfassung Tirols« (bis 1519 reichend, das. 1881–85, 2 Bde. in 3 Tln.); dazu zahlreiche Abhandlungen und Ausgaben von Urkunden und Quellen, namentlich in den Denkschriften und Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie, deren Mitglied J. seit 1847 war, sowie im »Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen«. In einem letzten Aufsatz in der »Österreichisch-Ungarischen Revue« von 1890 besprach J. seine akademische Lehrtätigkeit.

2) Gustav, Maler, geb. 12. Juli 1808 in Leipzig, gest. daselbst 19. April 1871, bildete sich erst in seiner Vaterstadt, dann auf der Akademie in Dresden und ging 1830 nach München, wo er sich an Schnorr v. Carolsfeld anschloß. In Rom, wohin er sich 1836 begab, malte er das Bild des Bileam mit dem Engel. 1837 ward er nach München berufen und beteiligte sich hier an den Freskomalereien im Königsbau. Der Ölmalerei sich wieder zuwendend, schuf er darauf eine Grablegung Christi (1838, im Museum zu Leipzig). 1847 ward er Direktor der Akademie in Leipzig, und zu gleicher Zeit übernahm er die Ausmalung des Herderzimmers im Schlosse zu Weimar (1848 vollendet). Andre Wandgemälde Jägers befinden sich in den Kirchen zu Schönefeld und Klein-Pötzschau bei Leipzig und in der Aula der Teichmannschen Unterrichtsanstalt in Leipzig. Daneben malte er Staffeleigemälde, wie: Magdalena zu Christi Füßen, Moses' Bestattung durch Engel (im Museum zu Leipzig), das Vermächtnis der heil. Katharina (1855, Dresdener Galerie) u. a. Von seinen Zeichnungen sind die Illustrationen zu Cottas Bibel am bekanntesten.

3) Hermann, Gärtner und Gartenschriftsteller, geb. 7. Okt. 1815 in Münchenbernsdorf bei Gera, gest. 5. Jan. 1890 in Eisenach, erlernte die Gärtnerei im Belvedere bei Weimar, bildete sich an verschiedenen Orten weiter aus und wurde 1844 Hofgärtner in Eisenach, 1873 großherzoglicher Garteninspektor. J. schuf mehrere Parkanlagen, war aber hauptsächlich literarisch tätig. Von seinen zahlreichen Schriften über alle Zweige des Gartenbaues erwähnen wir: »Die Ziergehölze der Gärten und Parkanlagen« (2. Aufl mit Beißner, Weim. 1884); »Allgemeines illustriertes Gartenbuch« (4. Aufl., Hannov. 1882); »Der immerblühende Garten« (2. Aufl., Leipz. 1875); »Der Hausgarten« (2. Aufl., Weim. 1880); »Lehrbuch der Gartenkunst« (Berl. 1877); »Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt« (das. 1887); »Katechismus der Ziergärtnerei« (6. Aufl., Leipz. 1901); »Der Gemüsegärtner« (3 Tle.; 4. u. 5. Aufl. von Wesselhöft, mit Biographie, Hann. 1893–97). Auch schrieb er: »Angelroder Dorfgeschichten« (Weim. 1856). Seit 1857 war J. Mitherausgeber von Regels »Gartenflora«.

4) Otto Heinrich, Pädagog u. Turnschriftsteller, Bruder von J. 6), geb. 10. Juni 1828 zu Bürg am Kocher in Württemberg, Sohn des durch seine Geschichte der Stadt Ulm, der Stadt Heilbronn, des Hauses Fugger etc. bekannten Pfarrers Karl J. (1794 bis 1842), studierte in Tübingen und erlangte daselbst einen Preis mit der Schrift: »Die Gymnastik der Hellenen« (Eßling. 1850; neue Bearbeitung, Stuttg. 1881). 1854 wurde er auf Köchlys Ruf Kantonschulturnlehrer in Zürich und später daselbst auch Professor der Philosophie und Pädagogik; 1862–90 war er Vorstand der Turnlehrerbildungsanstalt in Stuttgart. Als solcher vertrat er eine in Württemberg zur Einführung gelangte eigenartige Betriebsweise des Schulturnens, mit der er dieses noch unmittelbarer in den Dienst der Erziehung zur Wehrhaftigkeit zu stellen sucht. Ihre Besonderheit besteht in der Bevorzugung der ohne Gerät oder nur mit dem von J. eingeführten Eisenstab, aber mit größter Straffheit auszuführenden Ordnungs- und Freiübungen sowie der Übungen des Gehens, Laufens, Springens, Ringens, Werfens und Kletterns. Vgl. seine »Turnschule für die deutsche Jugend« (Leipz. 1864) und »Neue Turnschule« (Stuttg. 1876, 3. Aufl. 1891). Auch in seinen übrigen kleinern Schriften, die durch seltsame Sprache immer schwerer verständlich werden, tritt er für eine naturgemäße, abhärtende Erziehung, für »Steharbeit und Gangerholung« ein.

5) Oskar, Geschichtschreiber und Pädagog, geb. 26. Okt. 1830 in Stuttgart als Sohn des als Naturforscher bekannten Professors und Obermedizinalrats Georg Friedrich J. (1785–1867) und einer Schwester des Dichters G. Schwab, studierte Theologie und Philologie in Tübingen, wurde 1855 Gymnasiallehrer in Stuttgart, dann in Ulm, 1859 in Wetzlar, 1862 Rektor des Progymnasiums in Mörs und 1865 Direktor des Friedrich Wilhelms-Gymnasiums in Köln. Seit seiner Pensionierung 1901 wirkt J. als ordentlicher Honorarprofessor der Pädagogik in Bonn und beteiligt sich, zu den Führern der rheinischen Nationalliberalen zählend, wie vorher an allen politisch-nationalen Bestrebungen. Er schrieb: »John Wycliffe und seine Bedeutung für die Reformation« (Halle 1854); »Geschichte der Römer«[144] (Gütersl. 1861, 8. Aufl. 1901); »Geschichte der Griechen« (das. 1866, 7. Aufl. 1900); »Die Punischen Kriege, nach den Quellen erzählt« (Halle 1869–70, 3 Bde.). Auch gab er mit Creizenach, später mit F. Wolff, zusammen die neue Bearbeitung von F. Chr. Schlossers »Weltgeschichte« heraus (5. Ausg., Stuttg. 1904, 14 Bde.), für die er als Fortsetzung die vortreffliche »Geschichte der neuesten Zeit vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart« (Oberhaus. 1874–75, 3 Bde.) schrieb. Ihr folgte eine »Weltgeschichte« in 4 Bänden (Bielef. 1887–89, 6. Aufl. 1904), aus der die »Geschichte des 19. Jahrhunderts« auch in Sonderausgabe erschien. Seine kurze Beschreibung des deutsch-französischen Krieges (für die Schriften des Deutschen Vereins, Bonn 1876) erweckte den Zorn der Ultramontanen, wie seine politische Broschüre »Preußen und Schwaben. Von einem Annektierten« (Köln 1866) früher in Süddeutschland Widerspruch gefunden hatte. Außer einigen Hilfsbüchern für den Geschichtsunterricht und der »Geschichte des 19. Jahrhunderts« (2 Bändchen der »Sammlung Göschen«, Leipz. 1904) schrieb er noch in humanistischem Sinne: »Gymnasium und Realschule erster Ordnung« (Mainz 1871); »Aus der Praxis. Ein pädagogisches Testament« (Wiesb. 1883, 2. Aufl. 1885), dazu als zweiter Teil: »Lehrkunst und Lehrhandwerk« (1897, 2. Aufl. 1901); »Das humanistische Gymnasium« (das. 1889); ferner: »Auswahl wichtiger Aktenstücke zur Geschichte des 19. Jahrhunderts« (mit Moldenhauer, Berl. 1893); »Pro domo. Reden und Aufsätze« (das. 1894) und »Didaktik und Methodik des Geschichtsunterrichts« (Münch. 1895, 2. Aufl. 1904). Mit G. Uhlig gibt er die Zeitschrift »Das humanistische Gymnasium« heraus.

6) Gustav, Zoolog, Bruder von J. 4), geb. 23. Juni 1832 zu Bürg am Kocher in Württemberg, studierte in Tübingen und Wien Medizin und habilitierte sich daselbst 1858 als Dozent der Zoologie. Er erbaute den Tiergarten und leitete ihn bis 1866, ging aber 1867 als Professor der Zoologie an der Akademie in Hohenheim nach Stuttgart und übernahm 1870 auch das Lehramt für Zoologie und Anthropologie am Polytechnikum und 1874 das für Physiologie an der Tierarzneischule. 1884 trat er von seinen Ämtern zurück und lebt seitdem als Arzt in Stuttgart. Als einer der ersten und tätigsten Anhänger Darwins schrieb er: »Zoologische Briefe« (Wien 1864 vis 1876); »Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zu Moral und Religion« (Stuttg. 1868); »In Sachen Darwins, insbesondere contra Wigand« (das. 1874). Auch schrieb er: »Skizzen aus dem Tiergarten« (Hamb. 1866–71), »Das Leben im Wasser« (das. 1868), »Deutschlands Tierwelt nach ihren Standorten eingeteilt« (Stuttg. 1874, 2 Bde.), »Lehrbuch der allgemeinen Zoologie« (Leipz. 1871–77, 2 Bde.), »Wanderungen durch das Tierreich« (Stuttg. 1880), »Die menschliche Arbeitskraft« (Münch. 1878); »Seuchenfestigkeit u. Konstitutionskraft« (Leipz. 1878); »Stoffwirkung in Lebewesen« (Stuttg. 1891), »Ein verkannter Wohltäter« (das. 1891), »Aus Natur- und Menschenleben, gesammelte Aufsätze und Vorträge« (Leipz. 1893); »Wetteransagen und Mondwechsel« (Stuttg. 1893, Nachtrag 1894). Mit seiner Arbeit »Über Geschmacks- und Geruchsstoffe« in der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« eröffnete er ein bis dahin noch unbebautes Forschungsgebiet und gelangte zur »Entdeckung der Seele«. Unter diesem Titel veröffentlichte er (als 3. Teil seines »Lehrbuchs der allgemeinen Zoologie«) eine Schrift (Leipz. 1879; 3. Aufl. 1883–85, 2 Bde.), in der er den Nachweis zu führen sucht, daß die spezifischen Duftstoffe in der Ausdünstung der Tiere die Erzeuger der Affekte, Triebe und Instinkte und wahrscheinlich auch die Träger der Formungskräfte wie der Entwickelung und Vererbung sind. Im Verfolg dieser Studien gelangte er zu einem neuen Bekleidungssystem, das lediglich wollene Stoffe gestattet. Er rief eine lebhafte Agitation für seine »Normalkleidung« ins Leben, hat aber auf dem ganzen Gebiet sehr entschiedenen Widerspruch gefunden. Seit 1881 gibt er ein der Fortbildung seiner Lehre gewidmetes »Monatsblatt« heraus. Vgl. seine Schrift »Mein System« (4. Aufl., Stuttg. 1885).

7) Johannes, Humanist, s. Crotus Rubianus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 144-145.
Lizenz:
Faksimiles:
144 | 145
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Die Mappe meines Urgroßvaters

Die Mappe meines Urgroßvaters

Der Erzähler findet das Tagebuch seines Urgroßvaters, der sich als Arzt im böhmischen Hinterland niedergelassen hatte und nach einem gescheiterten Selbstmordversuch begann, dieses Tagebuch zu schreiben. Stifter arbeitete gut zwei Jahrzehnte an dieser Erzählung, die er sein »Lieblingskind« nannte.

156 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon