[389] Prostitution (lat.), die von einem Weib öffentlich gewerbsmäßig betriebene Preisgebung des eignen Körpers gegen Entgelt an jeden Beliebigen. Zwischen dieser Form des geschlechtlichen Verkehrs und dem in einer aus Liebe geschlossenen Ehe liegen sehr viele andre, die je nach dem Standpunkte des Beurteilenden auch zur P. gerechnet werden oder nicht. Jedenfalls hat man zu unterscheiden zwischen der öffentlichen P. und einer geheimen, die sich unter irgend einem Deckmantel verbirgt. Die P. findet sich schon im Altertum und bei sehr vielen Naturvölkern. Oft war und ist die P. mit dem religiösen Kultus verbunden. In Babylon zwang das Gesetz jede Frau, sich einmal in ihrem Leben im Tempel der Venus (Istar-Beltis, Mylitta) einem Fremden gegen eine Geldspende preiszugeben. Ähnliches findet sich im Kultus der westasiatischen Astarte, der altpersischen Anaitis und der kyprischen Aphrodite. Auch Ägypten hatte seine heilige P. Der Venustempel in Korinth beherbergte mehr als tausend der Göttin geweihte Mädchen, und allgemein war es Sitte, der Göttin eine Anzahl Mädchen zu weihen, wenn man sie anflehte oder ihr dankte. Solon, der die reichen Einnahmen der Tempel dem Staate zuwenden wollte, gründete das Dikterion, das er mit Sklavinnen bevölkerte. Während aber die Dikteriaden den erotischen Bedürfnissen des niedern Volkes dienten und die Aleutriden als Flötenspielerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen bei Gastmählern erschienen, waren die Hetären durch Schönheit, seine Erziehung und Bildung hervorragende Mädchen, die dem ästhetischen Enthusiasmus der Griechen entgegenkamen und vielfach für die Kunst, die Literatur und die Geschichte des Landes bedeutungsvoll wurden. Die Patriarchen und Propheten des Alten Testaments bezeugen, daß zu ihrer Zeit schon P. bestand (1. Mos. 34,31; 38,15); doch war die P. den Töchtern Israels untersagt. Viel verbreitet war im Altertum und ist bei manchen Völkern noch jetzt die gastliche P., bei der die Frau des Wirtes oder irgend ein andres Weib dem Gaste zur Verfügung gestellt wird. Die Römer hatten öffentliche staatliche und private Freudenhäuser (lupanaria und fornices) sowie selbständige Lustdirnen (meretrices und prostibulae), und in ihren Bädern pflegten sich feile Frauen einzufinden. Der keusche Sinn, die Sittsamkeit und Ehrbarkeit, die den Frauen und Mädchen der alten Germanen in hohem Grad eigen war, ging zu einem größern Teil mit dem Eindringen römischer Kultur und in der Berührung mit andern Völkern verloren. Zwar suchten die christlichen Gesetzgeber und Regenten dem Übel zu steuern (so gab Karl d. Gr. in seinen Kapitularien das erste Beispiel einer übertriebenen Strenge), allein trotz der harten Strafen (Brandmarken und Abschneiden der Nase), mit der 1158 auch Friedrich I. Barbarossa die Unzucht verfolgte, war doch nichts häufiger als liederliche Frauen und Frauenhäuser. Hierzu trugen die Kreuzzüge wesentlich bei, und das europäische Mittelalter kannte neben der zarten Minne auch die P. in ihrer widerwärtigsten Gestalt. Man sah im Mittelalter die P. als einen notwendigen Teil des staatlichen Organismus an und strebte in den Städten dahin, das Verhältnis zwischen P. und Stadtregiment[389] auf Grund eines gegenseitigen Vertrags zu ordnen. Die Obrigkeit kontrollierte an manchen Orten die Frauenhäuser (Jungfernhöfe, Bordelle, vom angelsächsischen borda, »Haus«) und nahm die Wirte (Rufsiane), die Bedienstete des Rats waren, in Pflicht und Eid, daß sie die nötige Anzahl von Frauen (törichte Dirnen, fahrende Frauen) vollständig hielten; anderwärts gab man den Prostituierten eine Zunftordnung, erhob aber von ihnen Gefälle und stellte sie unter Aussicht des Stockmeisters oder Henkers. Überall aber bediente man sich der öffentlichen Buhlerinnen ohne Scham und Scheu. Das Konzil zu Konstanz (1414) lockte nicht weniger als 1500 feile Frauen herbei. Noch im Dreißigjährigen Kriege folgten den Heeren große Scharen von Dirnen. Viele Städte duldeten in den Bordellen nur heimische, andre nur fremde Mädchen. Es bestand ein schwunghafter Mädchenhandel (s. Kuppelei und Mädchenschutz) auch nach auswärts, besonders nach Venedig, London, Bergen; am begehrtesten waren schwäbische und sächsische Mädchen. Dieser Mädchenhandel hat sich bis in die Gegenwart erhalten und betrifft jetzt namentlich auch Böhminnen, Galizierinnen, Ungarinnen etc. Zu seiner Unterdrückung werden vielfach nur heimische Mädchen polizeilich geduldet. In Indien ist die P. überall, wo noch alte wahre Frömmigkeit herrscht, religiös geregelt. Die Mädchen geben sich einem Gotte hin, der sich durch seinen Priester vertreten läßt, und dann dürfen sie dieselbe Gunst allen Leuten ihrer Kaste erweisen. Die höchsten Ehren genießen die Tempelmädchen der beiden obern Kasten, die eigentlichen Bajaderen (s. d.), während die Nautsch- oder Tanzmädchen aus den untern Klassen stammen und sich einem größern Kreise von Männern widmen können, da nur der Umgang mit einem niedern, nicht mit einem höhern Kastner schändet. Die Almehs in Ägypten sind wie die Puzen auf Java und die Sives in Polynesien Vertreterinnen der gemeinen P. In schlimmster Weise treiben das Geschäft der P. die Blumenmädchen in China, die teils in Blumenbooten auf dem Wasser, teils in blauen Häusern auf dem Lande Gäste empfangen; dort werden gestohlene oder von ihren Eltern verkaufte Kinder lediglich zur P. herangebildet. Auch in Japan verkaufen unbemittelte Leute ihre Töchter in die Teehäuser, die unter dem Schutze der Regierung stehen; Sinagawa, eine Vorstadt Tokios, wird nur von Freudenmädchen bewohnt; allein kein Schimpf ist mit dem Gewerbe verknüpft, die Dirnen sind sogar sehr gesucht als Frauen und leben später in der Ehe unbescholten.
Die P. entspringt zweifellos der Nachfrage seitens des Mannes, dessen geschlechtliches Bedürfnis sich lebhafter äußert als das des Weibes und dessen Natur von Haus aus etwas polygam ist. Neben dieser physiologischen Wurzel hat die P. aber eine nicht minder starke soziale. Unsre Verhältnisse gestatten sehr vielen Männern nicht, im frühen Mannesalter eine Ehe zu schließen, und viele Ehen sind nicht derart, daß sie den Mann vom außerehelichen geschlechtlichen Verkehr ab halten. Die Mädchen geraten fast immer, wenigstens in den meisten Fällen, durch die Not des Lebens, durch äußere Verhältnisse auf die schiefe Ebene. In den untern Ständen leben vielfach beide Geschlechter zusammen, ohne sich um die Regeln zu kümmern, an die sich die obern Stände zu binden pflegen. Von P. kann hierbei keine Rede sein, die Verhältnisse sind meist monogamisch und die Mädchen werden zum großen Teil gute Mütter, brauchbare Hausfrauen und meist treue Gattinnen. Wird aber das Mädchen, nachdem es Mutter geworden ist, von dem Manne verlassen, dann gerät es meist in bittere Not. Ein sehr großer Teil der industriellen weiblichen Arbeit (Konfektionsbrauche, Hausindustrie, Kellnerinnen etc.) wird so schlecht bezahlt, daß bei angestrengtester Tätigkeit der Verdienst alleinstehender Mädchen nicht ausreicht, den dürftigsten Lebensunterhalt zu bestreiten. Nur kräftige Naturen werden in solchen Fällen der sich reichlich bietenden Verlockung widerstehen. Kommen aber Leichtfertigkeit, Putzsucht, Genußsucht hinzu, dann verfallen solche Mädchen sehr schnell der P. Nun gibt es auch viele geistig anormale, moralisch minderwertige, zu jeder Arbeit unbrauchbare (degenerierte) Mädchen, und diese ergeben sich ohne weiteres und sehr früh der P. in ihrer abschreckendsten Form. Es wäre aber ganz falsch, wenn man alle prostituierten Mädchen als Degenerierte bezeichnen wollte. Oft genug geraten Mädchen von guter Erziehung und guter Herkunft als Opfer raffinierter Verführung unter die Prostituierten, und zur geheimen P. bis hinauf zu den eleganten Vertreterinnen der großstädtischen Halbwelt gehören Frauen von hoher Intelligenz ohne jede Spur eines geistigen Defekts.
Die P. wird in verschiedener Weise betrieben. Die Mädchen wohnen allein, auch wohl zu zweien oder dreien bei einer Kupplerin, dienen in Kneipen oder sind durch polizeiliche Maßregeln zusammengedrängt. Wenn sie als Schlafgängerinnen unter beschränktesten Verhältnissen in Familien mit Kindern wohnen, so werden diese in hohem Grade moralisch gefährdet, auch das Treiben der Mädchen auf den Straßen wirkt verführerisch auf jugendliche Personen. Die größte Gefahr der P. liegt aber in der Verbreitung der Geschlechtskrankheiten (Tripper, Syphilis; s. Geschlechtskrankheiten), und man hat sich deshalb seit den frühesten Zeiten bemüht, die P. zu unterdrücken oder einzudämmen. Völlige Unterdrückung erscheint ausgeschlossen, alle derartigen Versuche sind mißlungen. Das Hervortreten der P. schwankt auf und ab, es hat Zeiten gegeben, in denen sie in erschreckender Weise herrschte, und andre, in denen sie sich wenig bemerkbar machte. Man schätzt heute die Zahl der Prostituierten in Berlin auf 40,000, in London auf 60,000, doch sind diese und ähnliche Zahlen ganz unzuverlässig. Gegenwärtig bewegt sich die öffentliche Sittlichkeit bei uns in aufsteigender Richtung und man hat gegenüber frühern Zeiten kein Recht, über zunehmende Verwilderung zu klagen. Vollkommen berechtigt sind aber die Bemühungen zur Einschränkung der P. Freilich hat sich gezeigt, daß die heimliche P. ganz allgemein in umgekehrtem Verhältnis zur öffentlichen P. steht und dort am zügellosesten herrscht, wo die öffentliche P. unterdrückt wird. Sie steckt dann alle Gesellschaftsklassen und selbst das Familienleben an. Man hat deshalb gewissermaßen mit der P. paktiert, sie unter gewissen Kautelen als unvermeidlich anerkannt. Nach der aus Frankreich stammenden Reglementierung werden Frauenzimmer, die freiwillig erklären, daß sie P. ausüben wollen, oder die derselben überführt worden sind, in eine Liste eingetragen, »ein geschrieben« (eventuell nach vorheriger Verwarnung und Mitteilung dieser Verwarnung an Eltern und Vormünder); sie müssen sich dann zu einer regelmäßigen körperlichen Untersuchung, einer »Kontrolle«, einstellen, und sie werden, falls sie hierbei als krank sich erweisen, zur Behandlung und Heilung einem Krankenhaus überwiesen. Daneben bestehen sitten polizeiliche Vorschriften, die sich auf die Wohnungen der Dirnen, auf die Art ihres Verkehrs in der Öffentlichkeit, Besuch von Konzerten, Theatern, Lokalen,[390] Betreten gewisser Straßen etc. beziehen. Nach dem Bordellsystem müssen die Dirnen in Häusern (Bordelle, Toleranzhäuser) wohnen, die von Wirten unter polizeilicher Kontrolle unterhalten werden, und in denen sie regelmäßig ärztlich untersucht werden. Statt in Bordelle, die gesetzlich verboten, aber polizeilich geduldet werden, hat man auch die Prostituierten in Kontrollstraßen verwiesen, in denen sie ihre Freiheit und Selbständigkeit bewahren, beliebig die Wohnung wechseln können und unabhängig von einem Bordellwirt bleiben. Die Ansichten über den Wert dieser Einrichtungen, die von internationalen Kongressen wiederholt empfohlen worden sind, gehen trotzdem sehr weit auseinander. Gewisse Vorteile sind unverkennbar, aber es lassen sich auch sehr große Mängel gar nicht übersehen und vielfach wird jeder Nutzen bestritten. Statistische Zahlen werden für und wider jene Einrichtungen angeführt. Tatsache ist, daß die Zahl der Bordelle überall abnimmt, und daß die Anzahl der reglementierten Frauenzimmer immer nur einen kleinen Teil der gesamten P. bildet (in Berlin etwa ein Zehntel). Obigen Bestrebungen gegenüber steht der Abolitionismus, der die besondern Zwangs- und Strafbestimmungen verwirft und der P. volle Freiheit geben will, solange sie nicht gegen die allgemeinen Gesetze verstößt. Er hat im Lauf der letzten Jahre in vielen europäischen Ländern, wie in England, Belgien, Holland, der Schweiz, Schweden und Norwegen, Eingang gefunden. Er verwirft die P., will sie aber mit mildern und liberalen Mitteln bekämpfen. Allgemein wird anerkannt, daß zur Bekämpfung der P. wesentlich gehören die Besserung der Wohnungsverhältnisse der unbemittelten Klassen und des Schlafstellenwesens, die Bekämpfung des Alkoholismus, der zum großen Teil die Degeneration der Nachkommenschaft verschuldet, und die Steigerung der Löhne für Frauenarbeit. Preußen bietet durch sein Fürsorgegesetz vom 1. Juli 1900 die Möglichkeit, für jugendliche Mädchen einzutreten, sie vor Verführung zu bewahren. Notwendig sind Einrichtungen, daß alle Geschlechtskranke Gelegenheit finden, sich diskret, sachgemäß und unentgeltlich behandeln zu lassen, sehr wirksam würde auch die strafrechtliche Verfolgung von Männern und Frauen wegen Übertragung von Geschlechtskrankheiten sein. In weitern Kreisen verspricht man sich auch große Erfolge von ethischen Bestrebungen unter der Jugend. Segensreich wirken Asyle für Prostituierte, die ins bürgerliche Leben zurücktreten wollen (Magdalenenstifter, s. d.). Über die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten s. »Geschlechtskrankheiten«.
Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich bedroht im § 361 mit Hast Weibspersonen, die wegen gewerbsmäßiger Unzucht polizeilicher Aussicht unterstellt sind, wenn sie den in dieser Hinsicht erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln, oder die, ohne solcher Aussicht unterstellt zu sein, gewerbsmäßig Unzucht treiben. Der § 180 des Strafgesetzbuches verbietet das Halten von Bordellwirtschaften, das nach Entscheidung des Reichsgerichts vom 29. Jan. 1883 selbst bei polizeilicher Erlaubnis strafbar ist. In Österreich fordert das Strafgesetz vom 24. Mai 1885 die Bestrafung von Weibspersonen, die mit ihrem Körper unzüchtiges Gewerbe treiben, durch die Polizei. Letztere wird jedoch ermächtigt, die P. unter Umständen und bei Befolgung gewisser Vorschriften zu dulden. Gerichtlich bestraft wird nur qualifizierte P.
Vgl. Paul Lacroix (s. d. 2), Histoire de la p. (Par. 185154, 6 Bde.; deutsch, Berl. 190102, 6 Bde.); Parent-Duchâtelet, De la p. dans la ville de Paris (3. Aufl., Par. 1857, 2 Bde.; deutsch, Freiburg 1903); Hügel, Zur Geschichte, Statistik und Regelung der P. (Wien 1865); Jeannel, Die P. in den großen Städten im 19. Jahrhundert etc. (deutsch, Erlang. 1869); Lecour, La p. à Paris et à Londres 17891871 (3. Aufl., Par. 1877); Desprès, La p.en France (das. 1883); Dupouy, La p. dans l'antiquité (5. Aufl., das. 1906); Kühn, Die P. im 19. Jahrhundert etc. (4. Aufl. von Reich, Leipz. 1892); Duboc, Die Behandlung der P. im Reich (3. Aufl., Magdeb. 1879); Sailer, Die Magdalenensache in der Geschichte (das. 1880); Schrank, Die P. in Wien (Wien 1886, 2 Bde.) und Die amtlichen Vorschriften betreffend die P. in Wien (das. 1899); Stursberg. Die P. in Deutschland (Düsseld. 1887); Tarnowsky, P. und Abolitionismus (Hamb. 1890); Lombroso und Ferrero, Das Weib als Verbrecherin und Prostituierte (deutsch, das. 1894); Schmölder, Die gewerbsmäßige Unzucht und die zwangsweise Eintragung in die Dirnenlisten (Berl. 1894); Ströhmberg, Die P. (Stuttg. 1899) und Die Bekämpfung der ansteckenden Geschlechtskrankheiten im Deutschen Reich (das. 1903); Blaschko, Hygiene der P. und der venerischen Krankheiten (Jena 1901); Fiaux. La p. cloitrée (Brüssel 1902); »Geschlechtskrankheiten und P. in Frankfurt a. M.« (Frankf. 1903); Fischer, Die P., ihre Geschichte und ihre Beziehungen zum Verbrechen (Stuttg. 1903); Bettmann, Die ärztliche Überwachung der Prostituierten (Jena 1905); v. Düring, P. und Geschlechtskrankheiten (Leipz. 1905). Der 2. Band der dem Internationalen Brüsseler Kongreß von 1899 vorgelegten Druckschriften enthält das Ergebnis der Erhebungen über den Stand der P. in den Kulturländern.
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