1. An einer Nessel ist weder Blatt noch Blüte schön. – Altmann V, 76.
Die Nessel brennt auch den Weisen. (Altmann VI, 409.)
2. Auch die Nessel ist eine Pflanze, aber man wählt sie nicht zum Tanze.
Die Russen: Auch die Nessel hat recht, wenn sie sagt, dass sie zu den Pflanzen gehöre. (Altmann VI, 389.)
3. Auch unter Nesseln wächst zuweilen ein Veilchen.
[997] 4. Bat 'ne guede Nietel wären well, dä brient frö. (Iserlohn.) – Woeste, 74, 218.
5. Den Nesseln schadet der Winter nicht.
Böhm.: By nebyl mráz na kopřivy, byl by ten neplech vĕčnĕ živý. (Čelakovský, 34.)
Poln.: By nie mróz na złe pokrzywy, był by ten chwast wiecznie žiwy. (Čelakovský, 34.)
6. Die Nessel im kaiserlichen Park brennt auch. – Altmann V, 87.
7. Die Nessel ist ein sauber Kraut, sagte der Teufel, es wischt sich niemand den Arsch daran.
Holl.: Brandnetels is zuiver kruid, zei de drommel, want daar veegt niemand zijn gat aan. (Harrebomée, II, 122b.)
8. Die schlimmste Nessel will auch einmal blühen im Jahr.
Die Russen: Auch die Nessel treibt Blüten, man merkt es ihnen aber an, von welchem Strauch sie kommen. – Auch die Nessel spricht gern von ihren Blüten. (Altmann VI, 404 u. 490.)
9. Je fester man eine Nessel anfasst, desto weniger brennt sie.
Frz.: Ortie poignante foul celui qui la plante. (Leroux, I, 54.)
10. Nessel brennt, wer sie angreifft. – Petri, II, 492.
11. Nesseln brennen Freunde und Feinde. – Simrock, 7502; Blum, 269; Körte, 4525; Braun, I, 3015.
Der Bösewicht schont weder den Guten noch den Schlechten, ihm ist es einerlei, ob er Freunde oder Feinde beleidigt, wenn er damit nur seinen Neigungen ein Genüge leistet. Im Plattdeutschen: Nöäteln brennen Find und Fründ. (Schlingmann, 1082.) Und sie brennen wo sie auch stehen, daher sagen die Russen: Die Nessel brennt auch des Zaren Hand, der Dorn sticht auch in des Zaren Fuss. (Altmann VI, 455.)
Dän.: Nelde brænder saa snart ven som uven. (Prov. dan., 428.)
Schwed.: Nätzlan bränner bäde wän och owän. (Grubb, 598.)
12. Nesseln geben böse Salsen. – Winckler, VIII, 28.
13. Nesseln und Rosen wachsen nicht aus Einem Stock.
Die Russen: Wo die Nessel gedeiht, kann die Rose nicht wachsen. (Altmann VI, 420.)
14. Nesseln wachsen ohne Saaten, ohne Pflug und Spaten.
Die Russen: Es gibt mehr Nesseln als Rosen. (Altmann VI, 402.)
Schwed.: Nätzlan wäxer och af rägn och solskeen. (Grubb, 498.)
15. Nesseln wachsen ungesäet und Weizen nicht, auch wenn man ihn säet. (Lit.)
16. Unter Nesseln wächst gern die Erdbeere.
17. Verdorrte Nesseln brennen nicht.
Die Russen: Auch eine Nessel verwelkt zuletzt. (Altmann VI, 493.)
18. Was ein nessel soll werden, das brenndt zeitlich. – Nas, 35a u. 83a.
In der Neumark: Wat inne Neätel wert, breänt bi Tiden. (Engelien, 221.)
19. Was hilft es, dass die Nessel brennt, man kann doch kein Ei dabei sieden.
20. Was schlahe in der Nesslen Geschlecht, da thue bi ziten brennen. – Birlinger, 405; Altes St. Meinradsspiel.
21. Was zur Nessel werden will, brennt jung (zeitig). – Henisch, 502, 14; Petri, II, 612; Lehmann, 541, 66; Lehmann, II, 836, 182; Blum, 265; Gaal, 1212; Eiselein, 492; Lange, 593; Simplic., 624; Meinau, 226; Müller, 24, 3; Siebenkees, 59; Körte, 4526; Körte2, 5686; Simrock, 7190; Struve, II, 17; Braun, I, 3014; Masson, 229; Mayer, II, 9; für Waldeck: Curtze, 318, 53.
Wer einst eine Geissel für andere werden wird, zeigt seine menschenfeindliche Denkart und Handlungsweise schon in der Jugend. »Es brennt beizeiten und in der Still', was eine Nessel werden will.« Was dagegen eine Aprikose werden will, sagen die Bulgaren, das neigt zur Weiche. (Altmann IV.) – »Ja, ja, woas anne Nessel werden wil, doas brennt bey Zeiten.« (Keller, 165a.) »Daran man scharpe Nettel kendt, so baldt in der göget (Jugend) brendt.« (Gryse, Fr. 9.) Dr. Schiller verweist bei diesem Sprichwort auf Leoprechting, Aus dem Lechrain.
Mhd.: Sun, si jehent alle ez brenne fruo daz zeîner nezzeln werden sol. (Winsbeke.) (Mone, Anzeiger, III, 23, 5; Zingerle, 109.)
Böhm.: Co má býti kopřivou, záhy pálí. – Co se kopřivou býti strojí, hned z zemĕ lezouc pálí. (Čelakovský, 306.)
Frz.: On cognoist tost l'ortie qui ortier doit. (Leroux, I, 54.)
[998] Holl.: Dat eene netel zal worden, brandt haast. (Harrebomée, II, 122b.)
Krain.: Zgodej zač ne žgati, kar kopriva ima ostati. (Čelakovský, 307.)
Kroat.: Zagot začme žgati, kaj kopriva ima ostati. (Čelakovský, 307.)
Lat.: Urit mature, quod vult urtica manere. (Binder I, 1801; II, 3426; Egeria, 309; Fischer, 245, 113; Gaal, 1212; Loci comm., 142; Neander, 319; Philippi, II, 234; Chaos, 1060; Schonheim, V, 28; Seybold, 654.)
Slow.: Zgodai začne žgati, kar če kopriva ostati.
22. Wen die Nessel nicht brennen soll, der muss sie derb anfassen.
Die Russen: Wer die Nessel fest angreift, der brennt sich nicht. (Altmann VI, 444.)
23. Wenn man die Nessel auch nicht sieht, man fühlt sie wol.
Mhd.: Diu nezzel schiere wirt erkant, swer man sie nimt in blôze hant. (Freidank.)
24. Wer die Nesseln nicht mit der Wurzel fasst, jätet umsonst.
Die Russen: Man muss die Nesseln nicht blos abmähen, sondern ausreuten. (Altmann VI, 503.)
25. Wer die Nesseln über des Nachbars Zaun wirft, dem wachsen sie wieder in den eigenen Garten hinein.
Auch russisch Altmann VI, 491.
26. Wer Nesseln pflanzt, kann keine Lilien finden.
Holl.: Brandnetels kunnen geene lilien voortbrengen. (Harrebomée, II, 122b.)
27. Wer nicht eine Nessel ausreissen kann, muss nicht an einer Eiche rütteln.
Die Russen: Der ist ein Narr, wer nicht ein Wachholdersträuchlein aus der Erde heben kann und sich doch vermisset, eine Tanne aus dem Boden zu ziehen. (Altmann VI, 457.)
28. Wer sich in Nesseln schlafen legt, steht mit Blasen auf.
Die Russen: Wer Nesseln rauft, kann sich leicht brennen. (Altmann VI, 500.)
*29. Auf Nesseln sitzen. – Eiselein, 492; Braun, I, 3016.
Sehr unruhig. »Sie mag nicht ob der Kunkel bleiben; es ist ihr, als sässe sie auf lauter Nesseln und Ameisen.« (Geiler.)
*30. Die Nesseln im Hofgarten brennen auch.
Die Russen: Wüchse die Nessel auch im Paradiese, man würde sie doch nicht loben. (Altmann VI, 502.)
*31. Einem eine Nessel in den Garten pflanzen.
*32. Er hat sich an derselben Nessel verbrannt.
Die Russen: Sich zum siebenten mal an derselben Nessel verbrennen. (Altmann VI, 517.)
*33. Etwas in die Nesseln werfen.
*34. Hei hat in de Nitteln kacket. (Sauerland.)
*35. I d' Nessle lege. (Luzern.)
*36. Nesseln bringt er nach Haus und nach Myrten ging er aus.
*37. Sich in die Nesseln verkriechen.
»Für scham in die nesseln verkroch.« (Waldis, III, 67, 6.)
Lat.: Mire per urticas monachus exercet amicas. (Eiselein, 492.)
*38. Sie hat auf eine Nessel geschissen. (Rheinhessen.)
*39. Sich in Nesseln setzen.
Sich in eine unangenehme, widerwärtige Lage bringen. »Sie haben sich mit ihrem Eintritt in die bairischen Dienste in die Nesseln gesetzt.«
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