[472] Eis nimmt in mehreren Formen erheblichen Anteil an der Bildung der Erdrinde und ist in diesem Sinne zu den Gesteinen zu rechnen. Man unterscheidet 1) Schneeeis, den losen Schnee, der unter bestimmten meteorologischen Verhältnissen in Firn (s. d.) und endlich in Gletschereis (s. Gletscher) übergeht und auf Hochgebirgen, besonders aber in Polargegenden, in ungeheuern Massen auftritt; 2) Wassereis, das auf Süß- und Salzwasser entsteht und in den Polargegenden Eisfelder von meilenweiter Ausdehnung[472] bildet. Bodeneismassen bilden am Kotzebuesund ganze Hügel, schließen Knochen ausgestorbener Tiere ein und sind mit einer schwachen Lage von Lehm und darüber mit einer fußhohen torfärtigen Dammerdeschicht bedeckt, auf der Moose und Gräser vegetieren. Ähnliche Bodeneismassen finden sich unter der Dammerde Sibiriens. Unter gewöhnlichen Verhältnissen entsteht E. stets an der Oberfläche des Wassers, weil dieses bei etwa +4° seine größte Dichtigkeit erreicht und bei weiterm Erkalten sich wieder ausdehnt. Auf dem Grunde der Gewässer sammelt sich daher das oben bis +4° erkaltete Wasser, und auf diesem schwimmt bei weiterer Abkühlung das kältere Wasser, das unter weiterer Abgabe von Wärme an die Umgebung bei 0° erstarrt. 1 g E. verbraucht zu seiner Schmelzung 79,4mal soviel Wärme, wie erforderlich ist, die Temperatur von 1 g Wasser um 1° zu erhöhen. 1 kg Wasser von +79,4° gibt daher, mit 1 kg E. von 0° gemischt, 2 kg Wasser von 0°. In der Regel dehnen sich die Körper beim Schmelzen aus, verringern also ihr Volumen beim Erstarren; Wasser dehnt sich dagegen beim Erstarren um 0,1 von dem Volumen aus, das es bei 0° einnimmt. Das spezifische Gewicht des Eises bei 0° ist 0,918. Die Volumverminderung des Eises beim Schmelzen hat zur Folge, daß sich unter Druck der Schmelzpunkt erniedrigt: E. von 0° wird durch Zusammenpressen flüssig, und unter einem Druck von 13,000 Atmosphären gefriert Wasser bei -18°. Im luftleeren Raum gefriert Wasser in einem Gefäß, das von schmelzendem E. umgeben ist. Die Kraft, mit der das Wasser sich beim Gefrieren auszudehnen strebt, ist sehr beträchtlich; Huygens sprengte 1667 durch die Kraft des frierenden Wassers eine fingerdicke eiserne Kanone. Diese Ausdehnung des erstarrenden Wassers bewirkt häufig das Springen von Gefäßen, von Wasserleitungsröhren, das Abblättern des noch feuchten Mauerputzes, das Bersten der von Feuchtigkeit durchdrungenen Baumrinde, das Auffrieren des Erdbodens etc. Auch erweitert gefrierendes Wasser Risse und Klüfte in Gesteinen und trägt dadurch zu deren Verwitterung bei. Das einmal gebildete E. verringert bei Temperaturabnahme sein Volumen und vergrößert es bei Temperaturerhöhung und zwar stärker als jeder andre bekannte starre Körper. Ein Eisstab von 100 m Länge wird bei Abkühlung um 1° R. um 6,427 mm kürzer. Wasser kristallisiert beim Erstarren hexagonal und zwar rhomboedrisch in Nadeln und Blättchen; in ruhiger Luft gebildeter Schnee zeigt prachtvolle sechsstrahlige Sternchen (s. Schnee), deren einzelne Strahlen wieder verzweigt sind; auch der Reif bildet oft hexagonale Prismen und Tafeln. Zuweilen lassen gefrorne, an Grasspitzen sitzende Wassertropfen, Eisstalaktiten in Eishöhlen und Hagelkörner rhomboedrische Formen erkennen. Besonders schöne und große Kristalle von E. (fächerartig und trichterförmig gestaltete hexagonale Tafeln) bilden sich in den hochgelegenen, monatelang durch E. verschlossenen Goldgruben in der Tauernkette in Kärnten. Die spitzigen Kristalle, die auf dem Wasser entstehen, sind nicht gut ausgebildet. Tyndall will die Entstehung sechseckiger Sterne auf Landseen beobachtet haben. Die Eisblumen am Fenster entstehen durch schnelle Bildung von Kristallen, und die Kurven, in denen die von unten auf wachsenden Kristallagglomerate auftreten, werden gebildet, indem jeder neuanschießende Kristall auf der vertikalen Fläche zugleich die Neigung besitzt, zu fallen. Er neigt sich, und in demselben Augenblick schießt schon ein andrer Kristall an, der wieder zu fallen strebt. Nicht immer tritt E. kristallinisch auf. Bei großer Kälte in der Luft schwebende (überkältete) Wassertröpfchen erstarren bei Berührung mit einem festen Gegenstand zu kleinen Eisklümpchen ohne kristallinische Struktur. Indem sich solche Eisklümpchen reihenweise aneinandersetzen, entstehen Bildungen, die, oberflächlich betrachtet, den Eindruck von Kristallen hervorbringen. Auch Reif besteht unter gewöhnlichen Verhältnissen aus einzelnen rundlichen Eisklümpchen. Bei Temperaturen, die nur wenig unter dem Gefrierpunkt liegen, bilden sich regelmäßige abgerundete, blattartige Formen, die im ganzen genommen den Eindruck eines Eiskristalls machen.
Reines E. ist farblos, in großen Massen bläulich oder grünlich, durchsichtig, schwach doppelbrechend; Wärmestrahlen aus dunkler Quelle absorbiert es, aber solche aus leuchtender Quelle läßt es hindurch. Man kann daher Brenngläser aus E. herstellen und mit diesen brennbare Stoffe entzünden. In klares E. eingeschlossene dunkle Körper erwärmen sich durch Sonnenstrahlen und schmelzen das in ihrer Umgebung befindliche E.; so sinkt ein Stein allmählich in das E. tiefer ein, und wenn das gebildete Wasser abfließen kann, entsteht eine Höhlung. E. leitet die Wärme sehr schlecht und Elektrizität, solange es trocken ist, gar nicht; durch Reiben wird es elektrisch. Seine Härte ist 1,5. Bei sehr strenger Kälte ist E. bisweilen so hart und fest, daß es beim Daraufschlagen Funken sprüht. In Rußland wurden 1740 aus Eiskanonen Kugeln mit einer Ladung von 125 g Pulver geschossen. Wenn zwei Eisstücke von 0° mit den schmelzenden Oberflächen sich berühren, so frieren sie zusammen (Regelation), und zwar besonders schnell und fest unter starkem Druck. Die Regelation erfolgt auch bei hoher Lufttemperatur, selbst im heißen Wasser; sie ist die Ursache, daß E. unter Druck schmilzt und plastisch erscheint, während es unter der Einwirkung von Zug zerrissen und gespalten wird. Schnee ballt sich durch Regelation, aber nur bei einer dem Taupunkt nahen Temperatur, und aus Eisstückchen kann man unter einer Presse vollkommen zusammenhängende Blöcke herstellen, deren Form sich beliebig verändern läßt. Die Regelation unter Druck erklärt sich leicht aus der Erniedrigung des Schmelzpunktes durch Druck; schmelzendes E. wird durch Druck kälter und bringt mithin das Wasser, das seine Oberfläche bedeckt, zum Gefrieren. Legt man eine Eisstange mit ihren beiden Enden auf zwei Holzstücke, schlingt einen Draht um die Mitte der Eisstange und hängt ein schweres Gewicht an den Draht, so drückt dieser auf die unter ihm befindlichen Eispartikelchen, bringt sie zum Schmelzen und durchschneidet so das E. Das in der entstandenen Fuge gebildete Wasser, vom Druck befreit, friert aber sofort wieder, so daß die Eisstange als Ganzes erhalten bleibt. Die Regelation bei bloßer Berührung hat Helmholtz als eine Folge kapillaren Druckes erklärt; Pfaundler leitet sie ab aus der Verschiedenheit der Kraft, mit der die Moleküle des kristallinischen Eises im Gleichgewicht gehalten werden. Aus schwachen Salzlösungen scheidet sich bei Abkühlung zunächst reines E. aus. Am Weißen Meer und anderwärts gewinnt man Seesalz, indem man Meerwasser in Lachen gefrieren läßt und das E. hinwegräumt. Das ausgeschiedene E. hält eine mindestens gleich große Menge konzentrierter Salzlösung netzartig eingeschlossen, und wenn die Eisbildung nach unten fortschreitet, so scheiden sich bei hinreichend niedriger Temperatur Kristalle eines Kryohydrats des gelösten Salzes aus. In Wasser gelöste Gase scheiden sich beim Gefrieren des Wassers in Form von Bläschen aus.[473]
Im Meerwasser erfolgt Eisbildung in wesentlich andrer Weise als im Flußwasser. Meerwasser erstarrt noch nicht bei 0°, erreicht seine größere Dichtigkeit bei niedrigerer Temperatur und kann unter seinen Gefrierpunkt abgekühlt (überkältet) werden, ohne durch Erschütterungen sofort zu erstarren wie süßes Wasser. Kühlt sich Meerwasser oberflächlich ab, so sinkt das kalte Wasser und macht wärmerm Platz, bis bei anhaltender Kälte die Abkühlung den Gefrierpunkt erreicht hat. Dann erfolgt leicht die Bildung einer Eisdecke, wenn das Wasser stark bewegt wird, wenn Eisstücke darauf umhertreiben, oder wenn Schnee hineinfällt. Andernfalls kann sich eine Schicht überkälteten Wassers bilden, die bei steigender Temperatur von wärmerm Wasser bedeckt wird.
In dem überkälteten Wasser entsteht eine gallertartige Eismasse, ähnlich dem mit Wasser durchtränkten Schnee, oder es bilden sich, meist in einer Tiefe von 0,52,5 m, kleine, dünne, mehr oder minder runde Täfelchen, die in unzähliger Menge zur Oberfläche emporsteigen und bei hinreichender Ruhe zu einer harten Decke zusammenfrieren. An den Küsten, wo die Wassertiefe nicht mehr als 0,52 m beträgt, bildet sich an der Oberfläche eine spiegelglatte Eisfläche wie in Seen. In Norwegen unter 65° nördl. Br. hat man häufig das Meer in mehr als 60 m Tiefe gefrieren und E. auswerfen gesehen. Starker Wind, Brandung und die Beimischung fester Körper verhindern die Überkältung des Wassers, die meist nur fern von den Küsten stattfindet und in der regelmäßigen Wellenbewegung kein Hindernis erfährt, weil bei dieser die Wasserteile gegenseitig fast ein und dieselbe relative Lage behalten.
Eine eigentümliche, scheinbar abnorme Eisbildung ist das Grundeis, das sich häufig am Boden der Flüsse bildet. Man hat über seine Entstehung zahlreiche Theorien aufgestellt; am besten begründet ist folgende: Die Wirbel und Strömungen eines rasch fließenden Wassers bewirken, indem sie die Bildung einer kältern Oberflächenschicht verhindern, eine Abkühlung der ganzen Wassermasse auf oder unter den Gefrierpunkt. Durch Berührung mit festen Körpern, namentlich bei Bewegung, kann aber das überkältete Wasser erstarren, und so setzen sich an den Kieseln und andern Gegenständen im Flußbett Eiskristalle an, die die Anlagerung andrer Kristalle veranlassen und die Kerne für größere Massen Grundeis bilden. Das an die Oberfläche gestiegene Grundeis, das mit der Strömung geht (Drift- oder Treibeis), unterscheidet sich durch bröckelige Beschaffenheit und Gehalt an Steinen etc. leicht von dem an der Oberfläche gebildeten E. In Polargegenden heißt alles in Bewegung befindliche E. Treibeis und, wenn es zu großen Massen zusammengehäuft ist, Packeis (vgl. Polareis). Durch Übereinanderschieben von Eisschollen gebildete Eismassen nennt man im Sibirischen Meer Torossen, sie erreichen eine Höhe von 25 m. Eisberge (Fig. 1) entstehen durch Abbrechen der in das Meer vorgeschobenen Gletscherfüße (der Gletscher kalbt) oder auch durch Auftürmung von Packeis und Eisfeldern; sie sind weiß wie Kreide, auf frischer Bruchfläche glänzend grün oder blau, erreichen eine Höhe von 100 m bei einer Länge und Breite von mehreren Kilometern, zeigen oft sehr bizarre Formen, ragen aber nur mit 1/8-1/9 ihrer Masse aus dem Wasser hervor. Ändert[474] sich durch Abschmelzen der Schwerpunkt dieser gewaltigen Massen, so wenden sie sich oft und können dadurch den Schiffen verderblich werden. Sie treiben weit in den Atlantischen Ozean hinein, schmelzen allmählich, erreichen aber nicht selten 36° nördl. Br. Wo Eisberge häufiger auftreten, wie namentlich im S. und O. der Neufundlandbank in den Monaten April und Mai (in 24 Stunden 350 Eisberge von einem Schiff beobachtet), werden sie, zumal bei häufigem Nebel, der Schiffahrt sehr hinderlich. Über Eisberichte s. d. Literatur s. Wasser und Polareis.
Behufs der Bergung des Eises bearbeitet man die Eisdecke des Flusses oder des Sees nach Hinwegräumung des Schnees zunächst mit dem Eishobel, einem wagenartigen Gestell, das vorn auf einem Schlitten, hinten auf Rädern ruht und in der Mitte des Rahmens ein die ganze Breite desselben einnehmendes, gegen die Langseiten schräg stehendes Hobeleisen besitzt, das die Oberfläche des Eises vollkommen ebnet. (Eishobel werden auch beim Schlittschuhsport benutzt, um das E. zu ebnen und bei Tauwetter die obere, mürbe gewordene Eisschicht zu entfernen.)
Darauf schneidet der Eispflug, der aus einer Anzahl an dem Grindel a (Fig. 2) befestigter Stahlblätter besteht, mit den meißelförmigen Kanten der letztern Furchen in das E. Um den Grindel herum läßt sich nach links und rechts der Markierer b schwingen, der, in der schon gezogenen Furche laufend, das Einhalten von geraden Linien mit dem Pflug sichert. Die Arbeit des Eisschneidens beginnt bei einer Dicke des Eises von 2225 cm. Mit einem leichten Pflug werden zuerst Furchen von 2530 mm Tiefe so eingerissen, daß Tafeln von 60×90 cm entstehen. Dann folgen Eispflüge mit tiefer schneidenden Stahlblättern, welche die Furchen so weit vertiefen, daß gerade genug E. übrigbleibt, um ein Floß von ca. 110 Tafeln zusammenzuhalten. Nun wird ein solches Eisfloß mit Hilfe einer schweren Eisenstange, deren unteres Ende zu einem scharfen Meißel geformt ist (Eismeißel), von der Eisdecke losgetrennt und mit Hilfe von Haken aus Ufer gezogen, wo dann mit dreizinkigen Gabeln die einzelnen Tafeln abgetrennt werden. Ein durch Dampfkraft bewegter Eispflug besteht aus einem zweiräderigen Karren, der durch einen Arbeiter zwischen a a (Fig. 3 u. 4) geführt wird, und dessen Achse ein großes Kreissägeblatt c trägt, das bei der Umdrehung das E. durchschneidet. Die Achse der Säge dreht sich lose in den Naben der Räder b und trägt eine Rolle d, über die sich ein rasch bewegtes Seil f schlingt, das die Säge in Tätigkeit setzt. Um die Reibung des Seiles auf der Rolle zu vergrößern, bringt man über d noch eine zweite Rolle e an und schlingt das Seil so über diese, daß die Richtung des Vorschiebens des Eispflugs mit der Bewegungsrichtung des Seiles zusammenfällt. Das endlose Seil wird von einer Lokomobile aus in Bewegung gesetzt und über vier Leitrollen so geführt, daß es ein Rechteck bildet. Die vier Leitrollen bilden die Eckpunkte des Rechtecks und liegen in Ständern, die sich auf dem Eise leicht verschieben und durch Belasten mit Eisstücken festlegen lassen.
Wird der Pflug an irgend einer Stelle eingeschaltet, so wird er durch das Seil in Tätigkeit gesetzt und nach einer geraden Linie geführt. Durch Verschiebung der Eckpunkte des Rechtecks kann man immer neue Rechtecke bilden, deren Seiten mit den frühern parallel sind, und deren auseinander senkrecht stehende Seiten die Längs- und Querschnitte darstellen, nach der das E. in Platten zerlegt wird. Die Eistafeln werden auf schiefen Ebenen mit Dampfkraft vom Ufer in die Eishäuser transportiert, dort regelmäßig aufgestapelt und, wenn das Lager gefüllt ist, unter hermetisch verschlossenen Türen bis zur Verschiffung aufbewahrt.
Der Eishandel entwickelte sich am großartigsten in Boston und New York, 1799 ging die erste Schiffsladung E. von New York nach Charleston; Tudor in Boston sandte 1805 ein mit E. beladenes Schiff nach Martinique und begann seit 1833, auch nach Ostindien auszuführen. In der Folge erhielt der Eishandel eine große Ausdehnung selbst bis Sizilien und Ägypten. Er erhielt aber eine bedeutende Einschränkung, seitdem die Eis- und Kaltluftmaschinen befriedigend arbeiten (s. unten: Künstliches E.). In Europa versendet Norwegen E. nach England, Frankreich, Hamburg, Holland und Spanien. Triest versendet E. nach Ägypten, Korfu und Zante; die Schweiz von Davos, Wallis und Grindelwald nach Frankreich; von den oberbayrischen Seen kommt bisweilen E. nach Norddeutschland.
Die Räume zur Aufbewahrung des Eises müssen durch schlechte Wärmeleiter von der Umgebung getrennt sein und vollkommene Ableitung des Schmelzwassers gestatten, weil dieses, in das Isolierungsmaterial eindringend, die schlechten Wärmeleiter in gute verwandelt. Gruben und Keller bieten in unserm Klima niemals eine Wintertemperatur und bedürfen daher isolierender Doppelwände. Ihr Bau ist kostspielig, Holzwerk geht schnell in ihnen zu Grunde, das Schmelzwasser ist meist schwierig abzuleiten, und oft dringt Grundwasser ein, das viel E. zum Schmelzen bringt und das Material der Doppelwandungen[475] durchnäßt. Praktischer sind die Eishäuser, die eine nördliche Lage erhalten und durch Pflanzungen beschattet oder mit hellfarbigen Stroh- oder Rohrdächern versehen werden. Man erbaut sie mit doppelten, übereinander greifenden, dicht genagelten Bretterwänden, die ringsum einen 1 m weiten Zwischenraum bilden, den man mit aufgemauerten Torfstücken, deren Fugen durch Sägespäne gedichtet werden, auch mit trockner Gerberlohe, Hobelspänen, Heu, Stroh, Häcksel, Reisschalen etc. ausfüllt. Der Boden erhält eine etwa 0,60,7 m starke Schicht Torf. Der Eingang befindet sich an der Nordseite mit Doppeltür und Strohmatratze. Vorteilhaft führt die erste Tür in einen Vorraum, um den Zutritt warmer Luft möglichst zu verhindern. Die Ableitung des Schmelzwassers darf keine Luft eindringen lassen. Für den Eishandel in größern Städten erbaut man vorteilhaft sehr große Häuser, weil sich das E. in diesen erheblich besser hält als bei der Verteilung auf mehrere kleine Räume. In gut eingerichteten Eishäusern beträgt der jährliche Schmelzverlust wohl nicht mehr als 2025 Proz. In gelinden Wintern kann man statt des Eises auch Schnee aufspeichern, wenn man ihn mit Wasser benetzt und zu etwa kubikfußgroßen Stücken zusammenpreßt. Über das E. in Bierbrauereien s. Tafel »Bierbrauerei«, S. IV. Zum Aufbewahren des Eises im Hause dienen Eisschränke, durchaus doppelwandige Behälter, inwendig mit Zink ausgeschlagen und mit einer besondern Abteilung für das E. versehen. Den Raum zwischen den Doppelwänden füllt man mit Haar, Wolle, Baumwolle, Spreu, Häcksel, Infusorienerde etc. Bei einem Eisschrank mit 2,3 qm innerer Fläche und 0,222 cbm Inhalt, dazu mit einem Eisbehälter, der 16 kg E. faßt, sind die Beziehungen der Lufttemperatur im Innern des Apparats zum täglichen Eisverbrauch folgende:
Nimmt man 22,5° als mittlere Temperatur der sechs warmen Monate an, so würde also ein solcher Eisschrank während dieser Zeit 1300 kg E. verbrauchen. Rechnet man dazu täglich 2,5 kg E. für die abzukühlenden Speisen, das Öffnen der Tür etc., so würde der Gesamtverbrauch 1750 kg betragen. Stellt man dagegen diesen Schrank in einen nur 15° warmen Keller, so reduziert sich der Eisverbrauch auf 1200 kg. Das Schmelzwasser fließt durch ein Rohr ab, ohne den Eintritt von Luft in den Schrank zu gestatten. Will man eine Flasche schnell durch E. kühlen, so darf man sie nicht bloß mit Eisstücken umgeben, sondern muß den Raum zwischen letztern mit Wasser füllen. Zur Kühlung von Bier etc. dient vielfach ein Schlangenrohr in einem mit E. und Wasser gefüllten Kasten, das an einem Ende mit dem auf dem Kasten ruhenden Faß verbunden ist und am andern den Ablaßhahn trägt.
Künstliches E. kann dargestellt werden, indem man durch irgend einen Prozeß schnell eine große Menge Wärme zur Bindung bringt. Hierzu eignet sich 1) die Verflüssigung eines festen Körpers mittels einer Flüssigkeit (Lösung von Salzen) oder mittels eines andern festen Körpers (Kochsalz mit Schnee); 2) die Verdunstung eines sehr flüchtigen Körpers (Äther, flüssiges Ammoniak); 3) die Ausdehnung komprimierter Gase. Vgl. Kältemaschinen.
Vgl. Schlesinger, Der Eiskellerbau in Massiv- u. Holzkonstruktion (Berl. 1864); Menzel, Der Bau des Eiskellers (6. Aufl., Neudamm 1903); Fischer, Chemische Technologie des Wassers (Braunschw. 1880); Röthling, Die Eiskeller etc. (Weim. 1886); Schatteburg, Die Eiskeller, Eishäuser etc. (2. Aufl., Halle 1901).
[Technische Vermendung des Eises.] Eis findet Verwendung in der Bierbrauerei, Mälzerei und Brennerei, bei Darstellung von Margarine, Stearin, Paraffin, Schokolade, Glaubersalz, in Sennereien und Milchwirtschaften, in Konditoreien zur Darstellung von Gefrornem, zum Kühlen von Getränken, zu Kältemischungen, im Haushalt, in Gasthäusern, zur Konservierung von Fleisch und Fleischwaren beim Transport, in Schlachthäusern und Verkaufslokalen, zur Kühlung der Eisenbahnwagen im Sommer und der Wohnungen in den Tropen, zur Konservierung von Leichen in Schauhäusern (Morgues) etc. In neuerer Zeit hat man Eismaschinen benutzt, um im Sommer Eisbahnen für Schlittschuhläufer herzustellen. Bei Benutzung des Eises ist zu beobachten, daß viele Bakterien durch die Kälte nicht getötet werden. In unreinem Wasser gebildetes E. kann also ebenso schädlich sein wie dies Wasser selbst, und man muß bei dem Zusammenbringen von natürlichem E. mit Nahrungsmitteln vorsichtig sein. In der Chirurgie ist E. ein sehr wirksames Mittel bei Blutungen, vorzüglich nach Verletzungen und chirurgischen Operationen, wo es entweder in fester Form oder zunächst zum Abkühlen von Wasser benutzt wird. Im erstern Falle wird es klein geschlagen, in eine Schweinsblase oder in einen Gummibeutel gefüllt und dieser an den leidenden Teil gelegt (vgl. Kühlapparate), oder man bildet, wenn man das E. in Höhlen des Körpers bringen will, daraus glatte Stücke, die zur Größe der Höhlung passen müssen. Auch bei innern Krankheiten wird das E. sehr häufig angewendet, su bei Entzündungen und Blutungen innerer Organe, z. B. bei Gehirnentzündungen, Blutandrang nach dem Kopf, bei Magenblutungen (Verschlucken kleiner Eisstückchen) etc.
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