Geflügelzucht

[449] Geflügelzucht, die Zucht der Hühner, Enten, Gänse, auch Truthühner, Perlhühner, Pfauen und Fasanen. Die Nutzgeflügelarten liefern Fleisch und Eier als Nahrungsmittel, und ihre Federn finden zu gewerblichen Zwecken wie auch als Schmuckgegenstände mannigfache Verwendung. Die Zähmung der Geflügelarten fällt in vorgeschichtliche Zeit, in Ägypten und China wurde schon mehrere Jahrtausende vor Christi Geburt Geflügelzucht eifrig betrieben. Auch bei den Römern wurde viel Geflügel gezüchtet, und römische Schriftsteller beschreiben verschiedene Schläge des Hausgeflügels oder Rassen sowie deren Züchtung, Haltung, Mästung etc. Im Mittelalter gehörten Eier und Fleisch von Geflügel zu den wichtigsten Nahrungsmitteln; Ritter und Bauern hielten viel Geflügel, das man aber halbwild umherlaufen und sein Futter beliebig suchen ließ. Erst in der neuesten Zeit gab die zunehmende Dichtigkeit der Bevölkerung und der gesteigerte Verbrauch an Geflügelerzeugnissen den Anstoß, der G. mehr Aufmerksamkeit zu widmen, wobei allerdings Deutschland hinter seinen Nachbarländern mit günstigerm Klima weit zurückblieb. Einen kräftigen Antrieb erhielt die G. zuerst in England, dann auch in Deutschland, als in den 40er Jahren des 19. Jahrh. die ersten asiatischen Riesenhühner, die Kotschinchina, und später andre in Europa eingeführt wurden. Damit begann die Liebhaberei für Geflügel und die Rasse- oder Sportgeflügelzucht; es entstanden nach und nach zahlreiche Vereine für G., unter denen der erste in Deutschland von Robert Öttel in Görlitz 1852 gegründet wurde. Jetzt beträgt die Zahl der deutschen Geflügelzuchtvereine weit über 1000. Sie führten immer neue Rassen ein und ließen sich deren Veredlung und Verschönerung in Hinsicht auf äußere Formen und Farben eifrig angelegen sein, welche Bestrebungen in den an Zahl und Mannigfaltigkeit immer zunehmenden Ausstellungen mit Preisverteilungen ihren Ausdruck fanden. Die wirtschaftliche G. hielt damit freilich nicht gleichen Schritt, weil die Vereine, obwohl sie sich auch die Hebung der ländlichen G. zur Aufgabe stellten, doch meist nur aus städtischen Züchtern und Liebhabern bestanden und die Landwirte ihnen fern blieben. In Frankreich und Belgien wandte man sich mehr der Züchtung und Mästung seinen Tafelgeflügels, in Italien, Ungarn, Galizien, Rußland der Massenzucht zum Zwecke der Ausfuhr von Eiern und Schlachtgeflügel zu, und obgleich das Geflügel dieser Länder meist minderwertig ist, wurde doch Deutschland, das seinen eignen Bedarf an Eiern und Geflügelfleisch nicht decken konnte, mehr und mehr Abnehmer ihrer Geflügelerzeugnisse. Die Einfuhr von Eiern für das Deutsche Reich betrug:

Tabelle

In noch nicht 20 Jahren ist daher die Eiereinfuhr auf mehr als das Siebenfache gestiegen. Nicht minder bedeutend ist die Einfuhr an lebendem und geschlachtetem Federvieh, die 1900 einen Wert von 38,3 Mill. Mk. darstellte, sowie von Bett- und Schmuckfedern, die auf 32,5 Mill. Mk. sich belief. 1902 hatte die Gesamteinfuhr von Geflügelerzeugnissen sogar einen Wert von 186 Mill. Mk. erreicht. Für Preußen wurde zum erstenmal 1897 eine Geflügelzählung veranstaltet und für das ganze Deutsche Reich 1900. Nach der letztern wurden gezählt rund 6 Mill. Gänse, 2,5 Mill. Enten, 55 Mill. Hühner, 350,000 Truthühner, 120,000 Perlhühner, insgesamt 64,573,242 Stück Federvieh, eine weit geringere Zahl, als man angenommen hatte. Ungefähr ein Sechstel sämtlicher Gehöfte mit Viehhaltung war ganz ohne Federvieh. Daraus geht hervor, daß es möglich ist, im Deutschen Reiche bedeutend mehr Geflügel zu halten. Außerdem aber läßt sich durch verbesserte Pflege und Züchtung der Ertrag des Geflügels beträchtlich erhöhen. Zur [449] Förderung der G. haben schon seit Jahren die deutschen Regierungen Mittel zur Errichtung von Zuchtstationen und zur Verteilung von guten Bruteiern und Zuchtgeflügel an die ländliche Bevölkerung verwandt. In einigen Provinzen sind auch in den letzten Jahren Mustergeflügelzucht- und Lehranstalten eingerichtet, um den zweckmäßigen Betrieb der G. zu veranschaulichen und durch Ausbildung von Geflügelzüchtern und Wanderlehrern die Belehrung der Landbevölkerung zu fördern. Die erste derartige Anstalt wurde 1898 von dem Klub deutscher Geflügelzüchter (Sitz Berlin) auf Bischofswerder bei Liebenwalde begründet und ist später nach Eberswalde verlegt worden. Der genannte Klub, der 1896 gegründet wurde, hat sich vornehmlich die Aufgabe gestellt, die landwirtschaftliche Nutzgeflügelzucht zu fördern, und zu diesem Zweck seinen Mitgliedern insbes. gesteigerten Absatz und bessere Verwertung der Geflügelerzeugnisse zu verschaffen. Er hat daher in einer beträchtlichen Anzahl von größern deutschen Städten Eierverkaufsstellen eingerichtet, welche für die mit Klubstempel und der Nummer des Mitgliedes versehenen garantiert frischen Eier (sogen. Trinkeier) Preise zahlen, die über den jeweiligen Marktpreis hinausgehen. Diesem Beispiele sind in kleinern Kreisen andre Vereine und Eierverkaufsgenossenschaften gefolgt, überhaupt haben die Vereine in den letzten Jahren neben der Rassezucht auch der Förderung der Nutzgeflügelzucht mit mehr Eifer sich gewidmet. Die Geflügelzuchtanstalt in Mahlsdorf hat die Brandenburgische Landwirtschaftskammer als »Lehranstalt für Nutzgeflügelzucht« übernommen.

Die Rentabilität der G. steht außer Zweifel, wo sie sachgemäß betrieben wird. Unsre Geflügelarten, und vor allem die Hühner, sind empfindlich gegen Winterkälte und nasse Witterung; sie bedürfen Stallungen, die im Winter möglichst warm und zugfrei sind. Wenn keine benutzbaren Räume vorhanden, so ist hierzu ein nicht ganz unbedeutendes Anlagekapital erforderlich. Beträchtlich sind außerdem die Futterkosten, wenn das Geflügel in eingefriedigten Räumen gehalten wird, wo es wenig oder gar keine Nahrung findet. Darum ist es auch weniger lohnend, Geflügel in größern Anstalten massenweise zu halten, als vielmehr auf dem Bauernhofe frei laufend und nur in solcher Zahl, daß es den größten Teil seines Futters sich suchen kann. Die Nahrung des Geflügels besteht bei freiem Lauf in allerlei Insekten, deren Eiern und Larven, Würmern, Schnecken, Fröschen und andern Wassertieren, die des Wassergeflügels auch aus kleinen Fischen, ferner in zartem Gras, Blättern, Blüten, Gemüse, ferner allen Getreidearten und Samen verschiedenster Art. Dies alles suchen sie sich auf Wiesen und Äckern, im Hof, Wald und Garten. Unter solchen Verhältnissen bedürfen sie mit Ausnahme des Winters nur am Abend eine geringe Menge Körnerfutter. Im Winter und in eingefriedigten Räumen füttert man Hühner zweimal, an den langen Sommertagen dreimal. Morgens gibt man ihnen Weichfutter aus Weizenkleie oder Getreideschrot nebst gekochten und zerstampften Kartoffeln und allerhand Haushaltsabfällen mit heißem Wasser oder Milch (Magermilch oder saurer Milch) angemengt, und dem man, wenn Abfälle der Milchwirtschaft nicht vorhanden sind, Fleischabfälle oder Fleischmehl, Fischmehl od. dgl. beimengt. Den Tag über sollte Grünfutter nach Belieben den Tieren zur Verfügung stehen, wie Salat, Gemüseabfälle, Rüben, Kohl u. dgl.; gegen Abend müssen sie satt Körnerfutter erhalten, am besten Gerste, dann aber auch Weizen, Mais, Buchweizen, Hafer. Um namentlich im Winter eingesperrte Hühner zum Scharren anzuregen, wodurch sie sich warm und gesund erhalten, streut man ihnen kleine Körner in das Streumaterial des Stalles oder Scharraumes. Das Weichfutter gibt man ihnen im Winter warm. Außerdem müssen sie Kies und Sand zur Förderung der Verdauung, Kalk zur Bildung der Eischalen nach Bedarf aufnehmen können. Wollte man eingefriedigt gehaltenes Geflügel ausschließlich mit Körnern füttern, so würde die Haltung unrentabel; nur bei teilweiser Verwendung billigerer Futtermittel, wie angegeben, lohnt sich auch die Geflügelhaltung im großen. Im landwirtschaftlichen Betriebe verzinst kein andres Vieh sein Anlagekapital und seine Futterkosten so gut wie das Geflügel. Ein Huhn z. B. bedarf im Jahre auf dem Hofe des Landwirts nur 15–18 kg Getreide im Werte von 2–2,5 Mk., liefert aber bei zweckmäßiger Haltung für 6–8 Mk. Eier, bringt daher einen Überschuß von 3–6 Mk., bei besonders günstigen Absatzverhältnissen noch mehr.

Der Geflügelstall kann sehr einfach hergestellt werden, muß aber das Geflügel genügend gegen Kälte, Nässe und vor allem Zugluft schützen und darf im Sommer nicht zu warm sein. Gemauerte Stallungen sind am besten; doch reichen auch Ställe aus Holz mit doppelten Wänden aus und sind billiger. Um Krankheiten zu verhüten, müssen sie lustig sein und leicht gereinigt werden können. Unsunbere und von Ungeziefer wimmelnde Stallungen sind die Hauptursache von Krankheiten; deshalb sind die Ställe oft mit frischem Streumaterial, am besten Torfstreu, sonst Sand oder Häcksel, zu versehen, und der Dünger ist häufig zu entfernen; auch streicht man die Wände und Sitzstangen, um das Ungeziefer zu vertilgen, mehrmals im Jahre mit Kalkmilch, der man etwas Karbolsäure, Lysol u. dgl. beimischt, und streut ab und zu Kalkstaub oder Insektenpulver aus. Am besten legt man einen kleinen Nachtstall an, nur so groß, daß er dem Geflügel für die Nachtruhe hinreichend Raum gewährt, damit die Tiere im Winter eng aneinander gedrängt sitzen und sich gegenseitig wärmen, und einen größern Scharraum, der nach der Südseite offen sein kann und bei ungünstigem Wetter am Tag einen gegen Niederschläge und Wind geschützten Aufenthalt bietet. Im Nachtstalle bringt man für Hühner Sitzstangen in der Höhe von 50–80 cm an, und zwar alle in gleicher Höhe, abnehmbar, um sie leicht reinigen zu können, 4–7 cm breit und 35–50 cm voneinander entfernt, am besten abgerundete Latten. Außerdem werden Legekörbe oder Legekasten für Wassergeflügel auf dem Boden, für Hühner in einiger Höhe über dem Boden angelegt und mit Heu oder weichem Stroh ausgefüttert. Der Boden des Scharraumes wird mit Sand und Asche, Torfstreu, Häcksel, Laub u. dgl. bedeckt. In einer Ecke stellt man einen Kasten mit Sand und Asche auf, damit die Tiere durch ein Sandbad sich von Ungeziefer befreien können. Der Wärme wegen ist es vorteilhaft, den Geflügelstall mit dem Großviehstall in Verbindung zu bringen. Die Fenster des Stalles sollen womöglich nach Süden liegen. Vgl. Schubert, Die Geflügelställe, ihre bauliche Anlage etc. (2. Aufl., Berl. 1902).

Ein Hauptbestreben bei der Zucht aller Geflügelarten muß es sein, möglichst früh brüten zu lassen; denn Frühbruten werden kräftiger und beginnen früher zu legen, so daß man im Winterhalbjahr Eier hat, wenn sie hoch im Preise stehen. Die beste Brutzeit ist März bis Mai. Zum Brüten, auch von Eiern[450] andrer Geflügelarten, eignen sich besonders die Hennen schwerer Rassen, außerdem Truthennen. Man macht ihnen ein Nest in stiller, halbdunkler Lage, das man mit Heu auslegt, und stellt ihnen Körnerfutter und Wasser in einiger Entfernung vom Nest auf, damit sie zum Fressen genötigt sind, das Nest zu verlassen; denn zum guten Auskommen der Eier ist es notwendig, daß sie täglich eine Weile sich abkühlen. Die Kücken füttert man mit Hafer- oder Buchweizengrütze, Brotkrumen von altbackenem Brot, mit Wasser oder Milch etwas angefeuchtet, hartgekochtem und gehacktem Ei, Gersten-, Buchweizen- oder Maisschrot, dazu Quark, gekochten und feingehackten Fleischabfällen nebst recht viel zartem, feingehacktem Grün etc., später auch Weizenkleie, Kartoffeln u. dgl. Sie müssen in den ersten Monaten sorgsam gegen Nässe und Kälte geschützt werden, aber bei warmem, sonnigem Wetter möglichst viel Auslauf ins Freie haben.

Das Fleisch aller Geflügelarten gewinnt an Zartheit und Wohlgeschmack ungemein durch die Mästung, die nach verschiedenen Methoden betrieben wird. Hauptsache ist Ruhe und gutes Futter; daher wird alles zu mästende Geflügel einige Wochen lang in Einzelkäfige eingesperrt oder doch auf engen Raum beschränkt. Bei der Freimast setzt man ihnen hier so viel Futter vor, als sie fressen wollen, bestehend aus Buchweizen-, Gersten-, Maisschrot u. dgl., am besten mit Milch angemengt; bei der Zwangsmast stopft man die Tiere dreimal täglich mit suppenartigem Brei, aus senen Futtermitteln hergestellt, mit Hilfe eines Trichters oder einer Stopfmaschine (Gavense), oder man stopft ihnen Nudeln aus Teig ein. Junge Hähne werden vielfach, um feineres Fleisch zu erzielen, kastriert. Diese Kapaunen mästen sich sehr leicht. In neuerer Zeit ist man aber mehr und mehr davon abgekommen und trennt nur die jungen Hähne, die man mästen will, zeitig von den Hennen, damit sie nicht durch vorzeitige Begattung sich schwächen. Die jungen Hennen, die im Alter von 4–6 Monaten gemästet werden, nennt man Poularden. Die feinsten Kapaunen und Poularden kommen aus Frankreich und Belgien; jedoch gibt es in neuester Zeit in Deutschland Mastanstalten, die ebenso vorzüglich gemästete Tiere liefern wie jene Länder. Ein besonderer Zweig der Geflügelmast ist die sogen. Hamburger Kückenmast oder Winterkückenzucht, die vorzugsweise in der Umgegend von Hamburg betrieben wird. Die Kücken werden vom Ausschlüpfen an bis zum Alter von etwa 6 Wochen in Käfigen im warmen Zimmer gehalten und mit einem dünnen Brei aus Buchweizen oder Gerstenschrot, mit saurer Milch angemengt, und einer Zugabe von gekochten, feingehackten Fischen oder Fischmehl gefüttert. Sie erreichen ein Gewicht von 400–600 g und werden wegen ihres zarten Fleisches sehr geschätzt und gut bezahlt, namentlich wenn sie bald nach Neujahr auf den Markt kommen.

Der gesteigerte Bedarf an Erzeugnissen der G. bedingt eine Massenaufzucht von Geflügel, die nur durch künstliche Brut möglich ist. Diese wurde schon von den alten Ägyptern betrieben. Sie hatten große Bruthäuser, aus Lehm oder Backsteinen erbaut, die Tausende von Bruteiern faßten. Der Länge nach zog sich ein schmaler Gang hindurch, an dessen beiden Seiten sich die Kammern zum Ausbrüten der Eier befanden. Die Brutkammern hatten oben eine Öffnung, um die durch Verbrennen eines Gemenges von Dünger mit Häcksel erzielte Wärme eindringen zu lassen, zwei seitliche Öffnungen dienten zur Lüftung. Über die Behandlung der Eier während der Brut ist nichts bekannt, da die Kunst des Brütens in den Familien der Brüter als Geheimnis bewahrt wurde. Auch die Chinesen betreiben schon seit Jahrtausenden die künstliche Brut.

In der Neuzeit sind seit fast zwei Jahrhunderten Versuche mit künstlicher Brut zu wissenschaftlichen Zwecken angestellt worden; gewerbliche Ausnutzung zur Massenerzeugung von Geflügel hat indes erst in den 70 er Jahren des 19. Jahrh. begonnen. Man stellt zu diesem Zwecke kleinere transportable Brutöfen her, die höchstens einige hundert Eier fassen und meist durch Petroleumlampen geheizt werden. Man unterscheidet Wasserbrüter und Luftbrüter. In den Wasserbrütern liegt oben ein mit Wasser gefüllter Kessel, der durch die Lampe erwärmt wird und seine Wärme an die darunter befindliche Luftschicht und durch diese wieder an die in einer Schublade ruhenden Eier abgibt, die somit, wie bei der natürlichen Brut, die Wärme von oben erhalten.

Strahlenbrüter »Germania« von Sartorius.
Strahlenbrüter »Germania« von Sartorius.

Bei den Luftbrütern strömt die Luft durch einen die Lampe umhüllenden Zylinder, in dem sie erwärmt wird, und weiter durch ein Rohr in den Brutraum, wird also auch von oben den Eiern zugeführt. Da zum Ausbrüten feuchte Wärme erforderlich ist, so läßt man die Luft über einen Behälter mit Wasser streichen oder stellt im Brutraume selbst Gefäße mit Wasser zum Verdunsten auf. Neben gleichmäßiger Wärme (39–40°) und Feuchtigkeit ist gute Lüftung im Brutraume für das Gelingen der Brut von Wichtigkeit. – Mit der Herstellung von Brutapparaten befassen sich zahlreiche Fabriken in Deutschland, Frankreich, England und besonders Nordamerika. In Deutschland haben die Brutapparate von Sartorius in Göttingen größte Verbreitung erlangt. Sein neuester Apparat, der Strahlenbrüter Germania (s. Abbildung), hat unten die Schublade mit den Eiern, die auf Drahtgaze ruhen, damit die von unten kommende und durch Wasser streichende frische Luft sie von allen Seiten umströmt. An der Seite befindet sich eine Lampe, deren Wärme durch hin und her sich schlängelnde Röhren in einiger Höhe über den Eiern streicht und auf diese herabstrahlt. Über den Eiern befindet sich eine mit Äther gefüllte elastische Kapsel. Durch die Wärme verdampft der Äther, die Kapsel dehnt sich aus und hebt dadurch einen Stift, der durch den Deckel des Apparates geht und einen Wagebalken in Bewegung setzt, an dessen einem Arm der Deckel der Lampe hängt, während ein Laufgewicht am andern[451] Arme zur Herstellung des Gleichgewichtes dient. Durch eine Schraube erfolgt die genaueste Einstellung auf einen bestimmten Grad. Steigt die Temperatur darüber hinaus, so hebt sich der Deckel der Lampe, und die Heizgase entweichen, ohne durch den Apparat zu strömen; sinkt infolgedessen die Temperatur wieder, so verdichtet sich der Äther, die Kapsel zieht sich zusammen, der Übertragungsstift senkt sich und damit auch der Deckel der Lampe.

Die Aufzucht der Kücken geschieht durch sogen. künstliche Glucken oder Kückenheime, die in den verschiedensten Formen und Einrichtungen im Gebrauch sind. Sie enthalten einen Wärmekasten mit verschiedenartiger Heizung, aber so eingerichtet, daß die Kücken unter demselben Ersatz für die mütterliche Wärme finden; ein vergitteter Auslauf gewährt ihnen den erforderlichen Tummelplatz. Für die Aufzucht einer größern Zahl von Kücken erbaut man auch besondere Aufzuchthäuser mit Zentralheizung. Vgl. Baldamus, Illustriertes Handbuch der Federviehzucht (3. Aufl., Dresd. 1896, 2 Bde.); Dürigen, Geflügelzucht (2. Aufl., Berl. 1903); Pfenningstorff, Unser Hausgeflügel (mit Blancke u. a., das. 1903); L. Wright, The new book of Poultry (Lond. 1902). Abbildungen von Hühnern und Großgeflügel mit ganz kurzen Beschreibungen enthält: Kramer, Rassegeflügelzucht (Würzburg 1899). Kleinere Bücher über G. sind: Pribyl, Geflügelzucht (4. Aufl., Berl. 1899); Baldamus, Das Haus- und Nutzgeflügel (3. Aufl., Leipz. 1903); Grünhaldt, Industrielle G. (5. Aufl., das. 1903); Blancke: Landwirtschaftliche G. (3. Aufl., Berl. 1904), Künstliche Brut und Aufzucht (das. 1901) und Die Aufenthaltsräume des Geflügels (das. 1903). Zeitschriften: »Blätter für G.« (Dresd., seit 1867); »Allgemeine deutsche Geflügelzeitung« (Leipz., seit 1874); »Geflügelbörse« (das., seit 1880); »Süddeutsche Tierbörse« (Heilbr., seit 1891); »Der Geflügelhof« (Hannover); »Deutsche Landwirtschaftliche Geflügelzeitung« (Berl., seit 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 449-452.
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449 | 450 | 451 | 452
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