Norddeutsches Tiefland

[753] Norddeutsches Tiefland (hierzu Karte »Die Urströme Norddeutschlands etc.«), das flachwellige Hügelland, das den nördlichen Teil Deutschlands einnimmt, sich von den Niederlanden bis zur russischen Grenze erstreckt und nach O. unmerklich in das große russische Tiefland übergeht. Seine nördliche Grenze ist durch die Ost- und Nordsee, seine südliche durch den Verlauf des Nordrandes der deutschen Mittelgebirge gegeben. Über den orographischen Charakter dieses sich allmählich, aber keineswegs gleichförmig nach dem Meere zu abdachenden Flachlandes s. Deutschland, S. 763 f.

Die Oberfläche des norddeutschen Tieflandes wird durchweg von diluvialen und alluvialen Bildungen eingenommen. Ältere Ablagerungen ragen nur an ganz vereinzelten Stellen inselartig aus dem umgebenden Quartär hervor. Das Tertiär nimmt unter diesen die erste Stelle ein. Miocäne, dunkle Glimmersande, kommen im nordwestlichen Westfalen (Dingden und in der Gegend der Vechte, Ems und Hase), dann an der untern Elbe (Glückstadt) und auf Sylt vor; besonders aber ist das Miocän in der Mark Brandenburg und in der Provinz Posen verbreitet, wo es allenthalben abbauwürdige Braunkohle einschließt (märkische Braunkohlenformation). Oberoligocäner Mergel und konglomeratartige Sande bilden das Liegende der märkischen Braunkohlenformation und finden sich auch bei Parchim und Sternberg in Mecklenburg (Sternberger Kuchen) sowie bei Bünde und Astrup in der Nähe von Osnabrück. Mitteloligocäne Sande (Stettiner Sand) und Tone (Septarientone, Rupeltone), letztere vielfach zur Ziegelfabrikation ausgebeutet, sind bei Stettin, Frankfurt a. O. und um Berlin sehr verbreitet und reichen über Magdeburg hinaus bis in das Hügelland. Bei Aschersleben (Egeln, Latdorf etc.) und Helmstedt sind auch unteroligocäne Sande und Tone bekannt; auch die Bernstein führende »blaue Erde« und die hangenden gleukonitischen Sande und Tone des Samlandes gehören zum Unteroligocän. Kreide liegt namentlich auf Wollin und Rügen (Schreibkreide mit Feuersteinen), sodann an einzelnen Orten in Vorpommern, in der Ukermark, in Mecklenburg, bei Lüneburg, in Schleswig-Holstein (bei Heide, Hemmingstedt, Lägerdorf-Schinkel, Heiligenhafen etc.) zutage und ist auch in West- und Ostpreußen durch Tiefbohrungen auf weite Erstreckung nachgewiesen. Jura kennt man in Pommern (an der Odermündung bei Kammin, Fritzow etc., bei Kolberg, im Eisenbahneinschnitt bei Grimmen), in Mecklenburg (bei Dobbertin[753] etc.), ferner in Posen (bei Inowrazlaw) und aus dem Bohrloch von Purmallen in Ostpreußen. Von der Trias ist besonders der Muschelkalk bei Rüdersdorf unweit Berlin in bedeutenden Steinbrüchen aufgeschlossen; er findet sich auch bei Altmirsleben unweit Kalbe an der Milde und mit Keuper zusammen bei Lüneburg. Erbohrt wurden Triasschichten vielfach unter dem Quartär, unter anderm auch bei Purmallen. Zechstein (mit Gips und Steinsalz) geht zutage bei Segeberg in Holstein und Lübtheen in Mecklenburg, bei Lüneburg, bei Sperenberg, südlich von Berlin, bei Inowrazlaw und bei Wapno in Posen. Auch wurde durch Bohrungen Zechstein bei Rüdersdorf, östlich von Berlin, unter Muschelkalk und Buntsandstein gefunden, ebenso in Purmallen bei Memel, wo man selbst noch De von unter dem Zechstein erreichte.

Die wesentlichsten und eigenartigsten Ablagerungen des norddeutschen Tieflandes sind die Quartärbildungen, die wie ein dichter Mantel den ältern Flözgebirgsuntergrund verhüllen. Bis 1875 wurde zur Erklärung der diluvialen Bildungen, die hauptsächlich aus fremdem, aus Skandinavien und Finnland stammendem Material bestehen, die Lyellsche Drifttheorie (s. Eiszeit) allgemein angenommen; aber seit Ausstellung der Torellschen Inlandeistheorie wird es als feststehend betrachtet, daß ein von Skandinavien und Finnland ausgehendes Inlandeis das ganze norddeutsche Tiefland bis an den Rand der deutschen Mittelgebirge bedeckte. Während zuerst die Vereisung als eine einheitliche Periode angesehen wurde, hat sich durch spätere Untersuchungen die Annahme Bahn gebrochen, das in Norddeutschland eine wahrscheinlich dreimalige Vergletscherung stattfand und zwei Interglazialperioden mit milderm Klima dazwischen eingeschaltet waren.

Die sogen. erratischen oder Glazialbildungen sind teils echte Moränen, teils durch Wasser umgelagerte Moränen, sogen. fluvio-glaziale Bildungen. Da dem norddeutschen Inlandeis, in entsprechender Weise wie heutzutage in Grönland, die Obermoränen fehlten, so fand der Transport des Schuttmaterials nur unter dem Inlandeis und in seinen untern Partien statt und gelangte in Gestalt von Grund- und Endmoränen zum Absatz (s. Eiszeit). Die erstern treten in der Form von Geschiebemergel (Blocklehm) auf, der ein wirres Gemenge von Blöcken aller Art und Größe in einer tonig-sandigen Grundmasse darstellt. Die in dieser Ablagerung enthaltenen Geschiebe sind zum Teil kantengerundet, gekritzt und geschrammt, wie dies auch bei den heutigen Gletschern der Fall ist, und durchweg von nordischer Herkunft. Wo der Geschiebemergel die oberste Decke bildet, ist er durch spätere Entkalkung und Ausschlämmung an der Oberfläche in fruchtbaren Lehm und lehmigen Sand umgewandelt worden.

Ein wichtiges Merkmal der frühern Vereisung bilden die Schliffflächen und Rundhöcker, besonders aber die Glazialschrammen, die an vereinzelten Punkten auf dem anstehenden Gestein in Norddeutschland, am häufigsten jedoch in seinen Randgebieten beobachtet werden. Von diesen seien erwähnt der Piesberg bei Osnabrück, der Rhätsandstein von Velpke, die Sandsteine bei Gommern, die Quarzporphyre bei Halle und Landsberg, der Muschelkalk bei Rüdersdorf, der weiße Jura bei Bartschin in Posen. Vielfach hat das fortschreitende Inlandeis das anstehende Gestein, namentlich die weichen Kreide- und Tertiärbildungen, abgetragen und gestört. Die Störungen erscheinen als Faltungen, Faltenüberschiebungen und Abtrennungen einzelner Partien, die hin und wieder, wo sie mit der Grundmoräne verarbeitet sind, Ablagerungen bilden, die als Lokalmoräne bezeichnet werden. – An dem Rande des skandinavischen Inlandeises entstanden bei einer Unterbrechung seines Rückzugs, in der sogen. Stillstandsperiode, Endmoränen. Diese bestehen entweder aus Blockanhäufungen (Geschiebewälle) oder aus Aufpressungen der darunter liegenden Schichten (Staumoränen, auch als Wallberge oder Durchragungszüge bezeichnet) und stellen zum Teil orographisch scharf hervortretende Rücken dar, die sich als konvex nach dem Vorland zu gerichtete Bogenstücke aneinander anschließen. Ost stellen mit Blöcken überschüttete flachere Gebiete den Zusammenhang zwischen den deutlich ausgeprägten Rücken her. Nach Ansicht der norddeutschen Geologen bezeichnen die Endmoränenzüge nicht die Grenze der größten Ausdehnung des Inlandeises, sondern sind als Rückzugsmoränen der letzten Vereisung aufzufassen, die sich dort bildeten, wo der Eisrand stationär wurde, d.h. seine Vorwärtsbewegung und sein Abschmelzen sich ungefähr die Wage hielten. Die am besten erhaltenen und am deutlichsten ausgeprägten Endmoränenzüge sind diejenigen des baltischen Höhenrückens (s. Karte), die von der Nordgrenze Schleswig-Holsteins bis nach Westpreußen in einem fast ununterbrochnen Gürtel in einer Länge von etwa 1000 km, zum Teil in zwei oder drei einander parallel verlaufende Ketten gegliedert, verfolgt worden sind, und von denen man einige Teilstücke auch bereits in Ostpreußen nachgewiesen hat. Weitere, in nicht so deutlichem Zusammenhange stehende Endmoränenzüge sind in der Provinz Posen (bei Gnesen etc.) und im südlichen Teile der Neumark bekannt geworden. Hier zieht sich der südlichste Endmoränenzug von Drossen über Schwiebus durch das südliche Posen (Lissa, Pleschen) bis nach Rußland hinein. Gewöhnlich kann man auf dem baltischen Höhenrücken sehr scharf zwischen dem Vorland und Hinterland der Endmoräne unterscheiden. Ersteres, das vor dem Eisrande lag, ist durch die von ihm ausgehenden Schmelzwasser mit Geröllen, Granden und Sanden überschüttet worden, deren Korngröße mit der Entfernung vom Eisrand abnimmt. In Analogie mit dem sandigen Vorlande der isländischen Gletscher wird ein solches Gebiet als Sandr bezeichnet. Das Hinterland ist in der Regel mit Geschiebemergel bedeckt und zeigt sehr unregelmäßige, durch viele kleinere Einsenkungen und Emporragungen ausgezeichnete Oberflächenformen, den Typus einer Grundmoränenlandschaft; sie enthält zahllose Grundmoränenseen und ist daher auch als Seenplatte bezeichnet worden. Im weitern Abstand von den Endmoränen schließt sich an die Grundmoränenlandschaft gewöhnlich das flache Grundmoränengebiet an, das auch in der Mittelzone des norddeutschen Tieflandes große Verbreitung besitzt. Eigentümliche, mit ihrer Längsachse in der Bewegungsrichtung des Eises liegende Hügel aus Geschiebemergel werden Drumlins (s. d.) genannt. Sie finden sich in großer Anzahl in dem Gebiete des sogen. alten Odergletschers in Pommern.

Der Geschiebemergel bildet das Ursprungsgebilde für alle übrigen in Norddeutschland vorkommenden Glazialbildungen. Durch Aufbereitung und Ausschlämmung desselben durch die Schmelzwasser des Inlandeises bildeten sich die sogen. fluvio-glazialen Ablagerungen. Hierzu gehören die Geröll-, [754] Grand- und Sandschichten, die aus dem zerkleinerten Material des nordischen Geschiebe- und Schuttmaterials und der vielfach beigemengten Tertiärbildungen bestehen. Sie zeichnen sich, wie überhaupt alle nordischen Glazialablagerungen, dort, wo sie nicht nachträglich ausgelaugt worden sind, durch ihren Kalkgehalt sowie durch Führung von Feuersteinfragmenten und nordischen Feldspaten aus. Die feinern toni gen oder feinsandigen Ausschlämmungsprodukte setzten sich in ruhigen Wasserbecken wieder ab und treten uns in den wohlgeschichteten Ton- und Mergelsandbänken entgegen. Sind letztere nachträglich entkalkt, so bezeichnet man sie gewöhnlich als Schlepp. Vereinzelt finden sich im norddeutschen Tiefland auch die sogen. Åsar (s. d. und Eiszeit). Bei der geologischen Kartierung des norddeutschen Tieflandes von seiten der preußischen geologischen Landesanstalt sind vom rein stratigraphischen Gesichtspunkt nur zwei Abteilungen des Diluviums, nämlich das obere und untere Diluvium, unterschieden worden. Zu ersterm werden der obere Geschiebemergel und das sandige Äquivalent desselben, der obere Sand, gerechnet. Dazu wurden später noch die Sande der großen Täler, der sogen. Talsand, gestellt. Als Unterdiluvium faßte man sämtliche Diluvialbildungen auf, die unter dem obern Geschiebemergel sich befinden.

Wie bereits erwähnt, wird für Norddeutschland eine dreimalige Vereisung angenommen. Es sprechen dafür die fossilienführenden Schichten, die zwischen den eiszeitlichen Grundmoränen an vielen Stellen aufgefunden worden sind (s. Eiszeit). Diese interglazialen Schichten werden gebildet von Süßwasserbildungen und marinen Ablagerungen. Bei Bohrungen in der Berliner Gegend fanden sich Sande und Tone mit Paludina diluviana (Paludinenbänke), die von nordischen Sanden, sowie in einem Bohrloch bei Seebad Rüdersdorf solche, die von Geschiebemergel unterlagert wurden. Die gleiche Lagerung besitzen Ablagerungen mit marinen Schalresten, die bei Bohrungen in Hamburg erhalten wurden. Diese Fundorte werden als sichere Beweise der ersten Interglazialzeit angeführt. Demselben Niveau gehören vielleicht die konchylienführenden Sande und Diatomeenerden von Rathenow, die Süßwasserkalke von Belzig sowie der Lüneburger Heide (Westerweyhe, Honerdingen), die Diatomeenerde von Oberohe, die Torflager und Süßwasserkalke von Klinge bei Kottbus sowie verschiedene marine Ablagerungen bei Lauenburg a. E., in Schleswig-Holstein und Westpreußen (Yoldiaton von Elbing) an.

Auch die zwischen der zweiten und dritten Vereisung zur Ablagerung gelangten Schichten der zweiten Interglazialzeit sind als marine oder als Süßwasserbildungen entwickelt. Besonders bemerkenswert sind die Schichten mit Knochenresten großer diluvialer Säugetiere, unter denen Mammut und Rhinozeros die häufigsten sind. Hauptfundorte bietet die Umgegend von Berlin (Rixdorf etc.), Posen und Königsberg. Gleichen Alters scheinen die diluvialen Torflager von Lauenburg a. E. und in Holstein zu sein, während marine Bildungen desselben Alters sich ebenfalls in Schleswig-Holstein sowie in Ost- und Westpreußen (marine Nordseefauna Jentzsch') haben nachweisen lassen.

Seine Oberflächenformen verdankt Norddeutschland im wesentlichen den Aufschüttungen der letzten Vereisung und den großen, am Schlusse dieses Zeitraums sich ausbildenden Urströmen (s. Karte). Bereits Leopold v. Buch und Friedrich Hoffmann, dann Girard zeigten, daß die Flüsse des norddeutschen Tieflandes ursprünglich von SO. nach NW. flossen, und daß die Ablenkung aus dieser Richtung, die sie teilweise erfahren haben, eine sekundäre sei; durch die Untersuchungen der preußischen geologischen Landesanstalt hat sich dies bestätigt. Man kann, wenn man von dem südlichsten der norddeutschen Urstromtäler, dem diluvialen Elbtal, absieht, dessen oberer und mittlerer Lauf sich etwa von der Breslauer bis in die Magdeburger Gegend erstreckt, nach Berendt drei große Täler unterscheiden, das Glogau-Baruther, das Warschau-Berliner und das Thorn-Eberswalder Haupttal. Alle drei Täler vereinigen sich in der weiten Moorniederung des Havelluchs und bilden vereint das breite untere Elbtal, d.h. den eigentlichen Urstrom Norddeutschlands, in dem sowohl Oder als Weichsel zur Nordsee abflossen. Allein die in jenen Tälern fließenden gewaltigen Ströme bestanden nicht zu gleicher Zeit gleichwertig nebeneinander, sondern lösten sich nacheinander ab, und zwar derart, daß, entsprechend dem allmählichen Abschmelzen des am Ende der Diluvialzeit über Norddeutschland verbreiteten Inlandeises von S. nach Norden hin, das Baruther Tal das älteste und das Eberswalder das jüngste Tal darstellt. Die Täler bildeten nach Berendt beim Rückzug des Eises für die naturgemäß nach S. abfließenden Schmelzwasser die großen Sammelrinnen, die quer vor dem Eis entstanden und mit ihm sich sukzessive nach Norden verlegten. Während anfänglich die Schmelzwasser sich im Baruther Tal sammelten und längs des Nordrandes des Fläming von Peitz, Baruth über Genthin teils durch das jetzige untere Haveltal über Rathenow, teils durch das Elbtal zwischen Genthin und Havelberg in das untere Elbtal zur Nordsee abflossen, wurde später das mittlere, das Berliner Haupttal, das Sammelbecken für die abfließenden Schmelzwasser. Es flossen damals die aus der Gegend der obern Oder kommenden Wassermassen über Berlin zur Nordsee ab, weshalb das Berliner Haupttal früher auch als altes Odertal bezeichnet wurde. In einem weitern Stadium des Rückschreitens des Inlandeises wurde endlich das nördlichste der erwähnten Täler, das Eberswalder, der Hauptabzugskanal für die zuströmenden Wasser, und die Weichselfluten ergossen sich, nachdem sie das Netze-, Warthe- und Oderbruch durchströmt hatten, über Eberswalde und Fehrbellin durch das untere Elbtal in die Nordsee. Dadurch, daß dann später die Hauptströme unter Benutzung toter nordsüdlicher Schmelzwasserrinnen nach dem parallelen nördlich gelegenen Haupttale durchbrachen, erhielten die zwischen den großen Längstälern liegenden Diluvialhochflächen eine weitere sehr komplizierte Gliederung, wie die Gegend zwischen Baruth und Köpenick und bei Brandenburg auf das deutlichste zeigt.

Unsre gegenwärtigen Flußläufe setzen sich streckenweise aus primären Richtungen innerhalb der Haupttäler und aus sekundären innerhalb der Durchbrüche und nordsüdlichen Gletscherbachfurchen zusammen. So fließt die heutige Weichsel bis Fordon in einem Haupttal, von Fordon bis Danzig in einer nordsüdlichen Rinne. Für die Oder gehören die Abschnitte zwischen Fürstenberg und Küstrin sowie zwischen Oderberg und Stettin solchen sekundären Furchen an. Neuerdings hat Keilhack ein neues großes Haupttal in Pommern nachgewiesen und Pommersches Urstromtal genannt. Dasselbe beginnt nördlich von Karthaus in Westpreußen in 150 m Meereshöhe und senkt sich bis zur Oder bis auf 25–30 m über[755] dem Meeresspiegel herab, indessen nicht gleichförmig. Es treten vielmehr innerhalb dieses Tallaufes horizontale Terrassen auf, die das Vorhandensein alter Stauseen andeuten, und zwar eines Stausees bei Rummelsburg in 120 m Meereshöhe, eines Persante-Stausees in 60 m Meereshöhe und eines Stausees am Stettiner Haff in 25 m Meereshöhe. Je nach den verschiedenen Eisrandlagen, die das Eis bei seinem Rückzug einnahm, wurden dem Wasser verschiedene Abzüge eröffnet und die Spiegel dieser Seen bis zu einem bestimmten Niveau gesenkt, wie dies durch das Vorhandensein verschiedener Terrassen angedeutet ist. Die alten Urstromtäler hatten eine beträchtliche Breite, die selten unter eine Meile hinabging. Wo ihnen heute durch die nördlichen Flußablenkungen streckenweise jeder größere Wasserstrom entzogen ist, da bieten die unbedeutenden Wasseradern der Nebenflüsse einen merkwürdigen Kontrast zu den ausgedehnten breiten Talebenen. – Die jüngsten, postglazialen Bildungen werden größtenteils zum Alluvium gestellt. Sie sind zum Teil in den großen Niederungen der breiten diluvialen Flußtäler oder in den Einsenkungen, Rinnen und Seebecken der diluvialen Hochflächen zum Absatz gelangt. Die an der Nordseeküste sich absetzenden alluvialen, tonigen Sedimente werden als Marschbildungen bezeichnet, während man die identischen Ablagerungen in den großen Flußtälern und Hassen Schlick oder Klei nennt. Zu den Alluvialbildungen gehören ferner der Wiesenkalk, Moormergel sowie die Moore oder Torfbildungen, die aus Pflanzenresten entstanden und entweder als Hoch- oder Niederungsmoore entwickelt sind. Vgl. Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes (2. Aufl., Stuttg. 1901), welchem Werk die beifolgende Karte entnommen ist.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 753-756.
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