Arm (Subst.).
1. Arm un Bein kann 'n nich an't Für leggen, 't mütt Holt sien. (Mecklenburg.)
2. Besser ist's, den Arm brechen als den Hals. – Simrock, 359.
Frz.: Il vaut mieux perdre le doigt que le main.
It.: È meglio esser ferito, che morto. – È meglio perder il dito, che la mano.
Lat.: Praestat uni malo obnoxium esse, quam duobus. (Aristoph.)
Ung.: Inkább lábod, mint nyakod törjön.
3. Danach der Arm, danach ist seine Kraft.
4. Den Arm regen, heisst den Leib pflegen.
[128] 5. Der Arm der Frau Fortun' kann mehr als hundert Helden thun.
6. Der Arm ist mehr als der Aermel.
7. Der Arm ist schneller gebrochen als geheilt.
8. Der müsste lange Arme haben, der allen Leuten die Mäuler stopfen wollte.
9. Ein schwacher Arm in wildem Streit kommt nicht weit.
Lat.: Non faciunt molles ad fera bella manus. (Ovid.)
10. Es ist besser ein arm dann den hals abgefallen. – Egenolff, 12a.
11. Geht ein Arm nach dem andern ins Meer, wird auch der grösste Fluss leer.
12. Lange Arme schaden oft weniger als kurze.
13. Lieber Arm und Bein als Hitze verloren. – Bücking, 129.
Sprichwort der Schmiede, um zu sagen, er wolle sich lieber durch die umherspringenden Funken verbrennen, als das Eisen aus der Hitze kommen lassen. Hoher Werth der Zeit.
14. Man muss den Arm nicht weiter strecken, als der Aermel reicht.
15. Man muss oft einen Arm brechen, um dem Nachbar den Hals zu retten.
16. Man süt mi wol lank en Aarm, öäwerst nich lank en Daarm. (Strelitz.) – Firmenich, III, 71.
Man sieht mir wol den Arm entlang, wie ich gekleidet bin, aber nicht den Darm entlang, was ich gegessen habe.
17. Mit fremden Armen ist gut Stöcke roden.
Von fremder Kraft hinreichend unterstützt, kann man grosse Thaten thun.
Lat.: Alieno auxilio potentes. (Erasm., 137.)
18. Mit zwei Armen regiert der Mammon die Welt. – Luther, 188.
Mit dem rechten Arm, wenn's wohl geht; – jeder thut dann, wie Luther sagt, was er will; mit dem linken, wenn es übel geht.
19. Ohne Arme nützt auch der Hebel nichts.
20. Strecke die Arme aus und sage: Gott walt's!
21. Wer den Arm zerfallen, muss Gott danken, dass er nicht den Hals gebrochen hat.
It.: Non v' è disgrazia, che non abbia la sua consolazione.
22. Wer die Arme des Knechts kauft, der kaufe auch seine Füsse. (Nishnij-Nowgorod.) – Altmann V.
23. Wer einem andern den Arm unterlegt, den lässt man nicht leicht fallen. – Sailer, 207.
24. Wer silberne Arme hat, soll auch mit silbernen Fäusten streiten.
25. Wer zu viel unter den Arm nimmt, muss es fallen lassen. – Körte, 245.
Wer zu viel auf einmal unternimmt, pflegt alles zu verderben oder unausgeführt zu lassen.
Frz.: Qui trop embrasse, mal étreint.
It.: Chi molte cose incomincia, viene a capo di poche. – Chi troppo abbraccia, nulla stringe.
26. Wie der Arm ist, so muss man ihm die Ader lassen.
Man muss sich nach der Decke strecken. Jeder muss nach seinen Vermögensumständen angesetzt, besteuert werden.
Frz.: Selon le bras, la saignée.
27. Wie die Arme, so die Kraft.
Holl.: Zulke arm, zulke kragt. (Harrebomée, I, 20.)
*28. Die Arme frei haben.
Ganz nach freien Entschlüssen handeln können.
Frz.: Avoir ses coudées franches.
*29. Du hast lang arm, du kanst es wol erreychen. – Tappius, 82a.
*30. Du meenst ok, dat kann 'n (kann man) so ut'n Arm schüddeln. (Strelitz.) – Firmenich, III, 74.
*31. Einem beinahe die Arme ausreissen.
Um zu sagen: Es ist ein Drängen um ihn, als ob er der einzige in der Welt wäre.
Lat.: Versatilis Artemon.
*32. Einem unter die Arme greifen.
Ihm Hülfe und Beistand leisten.
*33. Einen mit offenen Armen aufnehmen (empfangen). – Eiselein, 37.
Einen sehnlich Erwarteten freudig empfangen.
Lat.: Obvius ulnis. (Quint.) (Erasm., 554.)
*34. Er hat lange Arme, er kann's erreichen.
Lat.: Lysistrati divitias habes. (Tappius, 82a.)
*35. Er hat zu kurze Arme.
Holl.: Zijne armen zijn te kort. (Harrebomée, I, 20.)
[129] *36. Er ist sein rechter Arm.
Seine Stütze, sein Vertheidiger.
Frz.: Il est son bras droit.
*37. Etwas mit dem weichen Arme umfassen.
Eine Sache mild behandeln.
Lat.: Molli brachio. (Cicero.) (Erasm., 446.)
*38. Mit dem krummen Arme kommen.
Geschenke tragen.
*39. Mit den Armen höher greifen, als die Hände reichen.
Dinge hoffen, die nicht erfüllt werden können.
*40. Sich jemand in die Arme werfen.
Seine Zuflucht zu jemand nehmen, sich seiner Gewalt freiwillig unterwerfen.
*41. War' er nicht mit krummem Arm gekommen, die Sache hätte ein schlimmeres Ende genommen.
Wenn er nicht durch Geschenke eingewirkt hätte.
zu1.
Um zu sagen: Holz stehlen kann nicht vermieden werden. Für Altmark: Danneil, 59.
zu14.
Engl.: Stretch your arm no further than your sleeve will reach. (Bohn II, 67.)
Nach Schütz, I, 47: Ich weiss am besten, wo mich der Schuh drückt. Wenn man jemand z.B. als reich auspreist.
Dän.: De see alle min hvide arm, men ingen min slunkne tarm. (Prov. dan., 35.)
zu38.
Bei Woeste 181, 9 findet sich die Redensart: »Met 'me krummen Arm kuemen« dahin erklärt: Dem Hochzeiter einen Korb bringen.
42. Arm zu Arm, heisst, Harm zu Harm. – Horn, Spinnstube, 1859, S. 83.
43. Besser etwas auf dem Arm als Alles im Magen.
Dän.: Bedre noget paa Armen end alt i tarmen. (Bohn I, 351.)
44. Der Arm, der für die Gerechtigkeit das Schwert führt, wird nimmer müde. – Opel, 384.
45. Der Arm muss sich schmucken (schmiegen) vnd bucken, achen vnd krachen. – Dietrich, I, 213.
46. Ein Arm gehört der Liebe und der andere der Freundschaft. (Deisslingen.) – Birlinger, 18.
47. Ein Arm ist schneller gebrochen als geheilt. – Altmann V, 122.
48. Er hat lang arm, vnd ist darzu arm. – Franck, II, 69b.
49. Es ist besser ein arm, dann den Hals abgefallen. – Gruter, I, 32; Eyering, II, 508; Schottel, 1143b; Petri, II, 35.
50. Es ist schwerer, den Arm heben als die Zunge. – Altmann VI, 400.
51. Man muss oft den Arm küssen, dessen Hand man lähmen möchte.
Frz.: Souvent il faut baiser le bras dont on voudrait que la main fût coupée. (Cahier, 181.)
52. Mit dem Arm schneidet man den Kopf ab. – Schlechta, 377.
53. Mit dem Arm stercket man das Recht. – Graf, III, 69; Lehmann, II, 412, 68.
54. Nach dem Arme richtet sich der Aderlass.
Frz.: Selon le bras la saignée. (Bohn I, 56.)
55. Schwacher Arm taugt nicht in wilden Streit.
Lat.: Non faciunt molles adfera bella manus. (Ovid.) (Philippi, II, 37.)
56. Träger Arm macht keine Küche warm.
Dän.: Naar armen kröger da gaber munden. (Prov. dan., 35.)
57. Wer den Arm auf nichts richtet, der trifft auch nichts.
Böhm.: Kdo na nic nezamĕří, na nic neudeři. (Čelakovský, 127.)
Poln.: Kto ni nacz niezmierza, w nic nîeuderza. (Čelakovský, 127.)
58. Wer den Arm nicht bewegt, dem fallen keine Späne.
Böhm.: Ruky když nepřičiníš, samo se nedĕlá. (Čelakovský, 127.)
59. Wessen Arm von Silber ist, der darf nicht mit einem stählernen Elbogen ringen. – Pers. Rosenthal, 50.
*60. D'r legt sän faulen Arm bän hungrigen Darm. (Oberharz.)
Der Faule legt seinen faulen Arm bei den hungrigen Darm; er geht hungrig zu Bette.
*61. Der Arm ist zu kurz. – Kirchhofer, 240.
*62. Doss mer Arm und Böne zitterten. – Frommann, III, 243, 51.
*63. Er fahrt obe-n-i Arm d'ry. (Solothurn.) – Schild, 81, 268.
Er handelt rasch und unüberlegt.
*64. Er sieht gern krumme Arme.
Ist bestechlich. »War sehr geitzig vnd wolt allzeit krumme arm sehen vnd die Händ geschmiert haben.« (Zinkgref, 477.)
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