Riechen

1. All wat gôd rükt, kümmt von mî, säd de Aptheker, dôr harr he in de Büx schäten. Hagen, 99, 25; Hoefer, 21; Kern, 262; Schütze, III, 313; Peik, 6.

Auf die, welche sich gern selbst loben und weiss brennen.


2. Da rük an, sä' Hans, da slaug hei Jürgen up de Näse. (Hildesheim.) – Hoefer, 413.


3. Dat ruckt hier nâ Minschen, säd' de Voss, as hei in't Schîthûs raën was. (Lüneburg.) – Hoefer, 357.


4. Doa riuk derân, sïed Büddemann. (Iserlohn.) – Frommann, III, 256, 43.

Wird gesagt, wenn jemand übel angelaufen ist.


5. Du riechst übel, sagte die Kloake zum Sumpfe.

Aehnlich russisch Altmann VI, 406.


6. Einer riecht nach Knoblauch, der andere nach Zwiebeln.


7. Es riecht nach Moschus, sagte die Kinderfrau, und das Kind hatte das Bett voll gemacht.

Holl.: Het riekt naar muskus, zei Anna, en haar kind had har bek .... (Harrebomée, II, 110b.)


8. Es riecht nicht jede Blume süss.

It.: Non ogni flore fa buon odore. (Bohn I, 113.)


9. Es riecht nicht überall (oder: alles) nach Weihrauch.

Böhm.: Ne všecko pížmem a kadidlem voní. (Čelakovsky, 186.)


10. Etwas kann nicht besser riechen, als es gemacht ist.

»Als auff eine Zeit in einer fürnehmen Stadt der Kloakenfeger in einem Hause war und der Karch, den man zu Strassburg verblümter Weise die Schleierlade zu nennen pflegt, vor der Thür stund, eine edle Jungfrau gar säuberlich vorüberging, Mund und Nase zuhielte, sagend: ›Pfuy, Teuffel, wie reucht es so übel‹, antwort ihr des Meisters Weib: ›Warlich, Jungfrau, es ist nicht besser gemacht worden, so kann es nicht wol besser riechen als dasjenige auch, so ihr alle Tag selbst mit euch hrum traget.‹« (Zinkgref, I, 268.)


11. Jedem riechen seine eigenen Winde wohl.

Die eigenen Fehler erscheinen oft als Vorzüge.

12. Jedem rüket suin eigen Dreck séite (süss). (Sauerland.)


13. Man riecht bald, wer Feuer im Busen trägt. Moscherosch, 295.


14. Man riecht die nicht gern, die zu gut riechen.

Lat.: Non bene olet, qui bene semper olet. (Martius.) (Binder I, 1154; II, 2128; Philippi, II, 32.)


15. Mancher will nicht riechen, wie er stinckt. Lehmann, 697, 4.


[1679] 16. Niemand riecht oder schmeckt nach dem, was ein ander hat gethan.Lehmann, 179, 12.


17. Reuch in deinen eigenen Busen.

Lat.: In tuum ipsius sinum inspue. (Seybold, 256.)


18. Was dem einen wohl riecht, das stinkt dem andern.

»Dem einen oftermals gar leflik etwas ruikt, darvör ein ander Minsch de Nese van older Stunk.« (Lauremberg, 2, 46.)


19. Wat gôd rükt, kummt von mi; un wat von mi kummt, rükt gôd, seggt de Aptheker, un schitt in de Büx. (Pommern.)

Wortspiel: mit schütt' in de Büss' (schüttet's in die Büchse).


20. Wer das riecht, der hat den Schnupfen nicht.Eiselein, 554; Simrock, 9159; Körte, 5385.

Tunnicius (205): De dat riekt, de heft de snop nicht. (Haec subolens brancho non languet sine coryza.)


21. Wer immer gut riecht, riecht nicht gut.


22. Wer röckt, dei dröckt. (S. Melden.) (Alt-Pillau.)


23. Wer's zuerst gerochen, aus dem ist's gekrochen.

In Schlesien in Bezug auf merkbar gewordene Blähungen; auch: Wer's zuerst reucht, aus dem kreucht. In der wendischen Lausitz sagt man in ähnlicher Weise; Wer da riecht, der bläst auch.

Frz.: Qui premier le sent, du cû lui décent. (Kritzinger, 195a.)


24. Wier et d' îrscht huot gerûchen, ous diem äs et gekrôchen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 1017.


25. Wie's reucht nach frischer Wäsche, sagte die Frau zu ihrem Manne, und sie hatte nach einem Jahr die Züchen umgedreht. (Schles.)

26. Wie's riecht, so schmeckt's.


27. Wo's riecht, da stinkt's.Einfälle, 478.

Will sagen, dass es unstreitig am besten da riecht, wo's gar nicht riecht.


*28. A roicht a Braten.Gomolcke, 198 u. 505.


*29. Da kannst du dran riechen.Klix, 74.


*30. Das riecht jm in die nass.Granatapffel, 98b, 2.


*31. Das riecht nach Gelde.Klix, 74.


*32. Das riecht nach Ketzerei.

Holl.: Het riekt naar den mutsaard. (Harrebomée, II, 111b.) Harrebomée (I, 9) verweist zur Erklärung auf 1 Mos. 22, 8.


*33. Das riecht nach Kugl. (S. Kuchel 1 und Kugel 8.) – Blass, 8.


*34. Das riecht nach vertrockneten Veilchen.

H. Heine in Bezug auf eine verschwundene Liebe.


*35. Dat rickt hier noach gegêten Brot. (Danzig.) – Frischbier2, 3136.

Es riecht nach gegessenem (verdautem) Brote. Verhüllend für: Es stinkt.


*36. Dat rîkt (stinkt) underm Luder.Frischbier, 221.


*37. Davon rückt 't ok so. (Ukermark.)

Davon riecht es auch so. Wird gebraucht, wenn sich jemand durch Kleidung, Haltung und Geberden hervorthut.


*38. Den lot ich no nitt mol dohen riuken, wo ik hin miegen hewwe. (Sauerland.)


*39. Einen nicht riechen können.

In der Studentensprache: nicht ausstehen können. Ich kann den Kerl nicht riechen.


*40. Er reucht wie a Köhler.


*41. Er reucht wie a Ziegelbrenner. (Ulm.)


*42. Er riecht (merkt, durchschaut) den Betrug.


*43. Er riecht keine Blume lieber als Ehrenpreis.Parömiakon, 3135.


*44. Er riecht nach dem Grabscheit.

Steht am Rande des Grabes.


*45. Er riecht nach der Herberge.Blass, 9.


*46. Er riecht nach der Lampe (Schulweisheit, Studierstube).


*47. Er riecht nach Geld wie ein Bock nach Moschus.

Holl.: Hij rijkt naar het geld als eene koe (een bok) naar muskus (saffraan). (Harrebomée, I, 424a.)


*48. Er riecht nach Tannenholz.

Er ist dem Tode nahe; es geht mit seinem Leben zu Ende. (S. Fuss 235 und Leben, Subst., 286.)


*49. Er riecht nach Tausendgüldenkraut wie die Kuh nach Muskaten.

Holl.: Dat riekt naar muskus, als de duivel naar noten muskaat. (Harrebomée, II, 110b.) – Ze rieken naar duimkruid, als eene koe naar muskaat. (Harrebomée, I, 425b.)


[1680] *50. Er riecht wie alte Botenstrümpfe.

Frz.: Il sent le pié de messager. (Kritzinger, 453b.)


*51. Er riecht wie Knoblauch.Eiselein, 385.

Ist ein Jude.


*52. Er riecht, wo die Katze im Heu liegt. (Riedlingen.)


*53. Es reucht wie 'n alter Ofen. (Bietigheim.)


*54. Es riecht nach David Strauss.

Der Abgeordnete Windhorst (Meppen) in der Sitzung des preussischen Abgeordnetenhauses vom 17. Jan. 1873, um dadurch eine Ansicht, einen Standpunkt u.s.w. als kirchlich ungläubig zu bezeichnen.


*55. Es riecht nach einer Lüge.


*56. Es riecht nach faulen Fischen.


*57. Es riecht nach Handwerksgesellenluft.

Um den Brotneid zu bezeichnen.


*58. Es riecht nach zweimal sieben.Eiselein, 567; Simrock, 9518.

»Immer rochen seine Hosen nach Violen und nach Rosen, nach zweimal sieben aber nie.« (H. Sachs.)


*59. Es riecht wie Balsam.

Köstlich, herrlich.


*60. Es riecht wie ein Dachs (Bock).


*61. Es riecht wie in einer Dreckapotheke.

Dän.: Der lugter som paa et Apothek, hvor de have skarn at sælge. (Prov. dan., 32.)


*62. Hä rüch noa der Schöpp1. (Köln.) – Firmenich, I, 473, 87.

1) D.h. nach der Schaufel des Todtengräbers. – Sein Gesundheitszustand spricht für nahen Tod. (S. Leben 286.)


*63. He rükt den Dreck ehr dat he schêten is. (Pommern.)


*64. He rükt den Dreck im Düstern.Schütze, III, 312.

Ironisch von überklugen Leuten.


*65. He rukt na Müskes (Moschus) as de Drummel (Teufel) na Muskat.Bueren, 691; Frommann, VI, 281, 668; Kern, 1435.


*66. He wêt wol wat he rögt, wenn he de Näs in Drek stikt. (Holst.) – Schütze, III, 300.

Wenn er mitten drinsteckt, dann weiss er, woran er ist.


*67. Hest nich êns wat rükt? (Pommern.)

Hast du nicht einmal was gerochen? Um zu sagen: Daraus wird nichts, du bist auf dem Holzwege. Das möchtest du wol gern wissen? In allen drei Anwendungen häufig, auch da, wo sonst das Participium, von rüken (riechen) durch roaken gebildet wird.


*68. Hier riekt et na ôl Fett. (Ostpreuss.)


*69. Ich glêbe, a hôt's geruchen, doss a groade hârkimt (Schles.) – Frommann, III, 246, 165.


*70. Ich kann's nicht riechen.Klix, 74.

Ueber den Geruchssinn und dessen Schärfe. (Vgl. Frank Leslie's Illustr. Zeitung, Neuyork vom 23. Nov. 1863, Nr. 247.)


*71. Ich riech; ihr riecht.Tendlau, 1047.

Um eine Anklage, Beschuldigung scherzhaft von sich ab- und dem andern zuzuweisen. Ein Polack sagte zu einem andern tadelnd: »Ihr riecht nit gut!« »Was«, erwiderte dieser, dem Wort »riechen« seine neutrale Bedeutung absprechend: »Ich riech? Ihr riecht; ich stinke.«


*72. Ich rieche Menschenfleisch.


*73. Ich rieche, was du bratest.

Dän.: Jeg luckter vel hvad du steger. (Prov. dan., 397.)


*74. Ich röch' wie ein' Vigul (Viole). (Eifel.)

Vorausgeschickt: wenn ich das hätte, gäbe, wäre u.s.w., so würde ich so angenehm duften, so lieb sein wie ein Veilchen.


*75. Man kann es nicht riechen wie Schweinebraten. (Breslau.)


*76. Man riecht es nicht wie eine Teufelspastete. (Breslau.)


*77. (Er) reucht den Braten.Luther's Ms., S. 7; Frischbier2, 3135.

In Pommern: He rückt den Braden. (Dähnert, 389a.) Er merkt, was im Anzuge ist, worum es sich handelt.


*78. (Er) reucht meuse.Luther's Ms., S. 8.


*79. Reuchst du das, dann hast du den Schnupfen nicht.

In Pommern: Rückstu dat, so hestu'n Snuppen nig. (Dähnert, 388b.) Wer das mit vieler Klugheit Geheimgehaltene merkt.

Lat.: Si tibi id subolet, pituita non laboras. (Seybold, 570.)


[1681] *80. Riche ok a senn (in seinen) Busen. (Schles.) – Frommann, III, 247, 223.

Oder bei Gomolcke (868): Roich och a den Busen. Riech in deinen Busen.


*81. Riech' nur, wie's stinkt. (Schles.)

Wenn man jemand scherzhaft zur Wahrnehmung von etwas Unangenehmem auffordert.


*82. Riechen, was einer im Schilde führt.

Seine Absichten von weitem merken oder errathen.

Frz.: Voir venir quelqu'un de loin. (Lendroy, 453.)


*83. Rîk doch ön dine Bossen wie et stinkt. Frischbier2, 3138.


*84. 'S roicht besser as a Fuxdreck.Robinson, 989; Gomolcke, 1009.


*85. 'S roicht 'r aus'm Holse, se hoht a Kupp zu nohnde bem Orsche. (Oberlausitz.)

Von einer sehr kleinen Person.


*86. 'S roicht wî a inner kotôlschen Kerche. (Schles.) – Frommann, III, 412, 473.


*87. Sie riecht nach Stallbalsam.

Ist von niederer Herkunft.


*88. Weder riechen noch stinken.

Poln.: Nie pachnie, nie śmierdzi. (Lompa, 23.)


*89. Wer dz nit reucht, der hat dyn schnuppen oder strauchen.Wicelii Vertedigsrede.


*90. Wo du dat rükst, so hest du kênen Snöve. Richey, 277; Schütze, IV, 152.

Merkst du das, so bist du nicht dumm.

Schwed.: Luchtar han det så har han ingen snufwa. (Grubb, 468.)


91. Was immer riecht, riecht nicht gut.

Lat.: Non bene olet, qui semper olet. (Petronius.)


*92. Dat rukt noah, ass mîn Oars noah de Pöäperdose.Schlingmann, 1098.


*93. Es roch im sauer in die nasen.Schade, Satiren, I, 65, 344.


*94. 'S reucht in der Stube. (Ulm.)

In dem Sinne: es spukt, es ist nicht recht geheuer.


*95. Sie können sich beide einander nicht riechen.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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