Spass

1. Aus dem Spass wird Ernst, wie in jenem Kloster, wo sie einen Hochwürdigen mit einer Frau zusammenbanden.Klosterspiegel, 53, 11.


[662] 2. Aus Spass wird oft Ernst.Simrock, 9656.

In Bedburg: Us Spass kann líet Aens wärden.

Frz.: Jeux de main, jeux de vilain. (Lendroy, 891.)

Lat.: Ludi quoque semina praebent nequititiae. (Ovid.) (Binder I, 898; II, 1703.) – Saepe leves pariunt bella cruenta joce. (Gaal, 1426.)


3. Bann (wenn) me sich ken Spâss macht, so hat me ken'. (Meiningen.) – Frommann, II, 411, 142.


4. Dâi Spass mutt Schaptähn hebben, kein Hunn'ntähn. (Mecklenburg.) – Raabe, 82.

Der Spass muss Schafs-, er darf keine Hundszähne haben.


5. Das sind Spässe, sagte der Prior, als er mit den Buben sündigen wollte.Klosterspiegel, 65, 13.

6. Dat es, min Sail, nîen (kein) Spass, sach de Nachtwächter, wan baî int Hoarn schit. (Hemer in der Grafschaft Mark.) – Frommann, III, 259, 15.


7. Dat is kên Spâss; säd' de Nachtwächter, wenn man mî in 't Horrn schitt. (Holst.) – Schütze, IV, 45; Hagen, 99, 27; Hoefer, 779.

Bezieht sich auf eine Anekdote, da einem Nachtwächter dies Unheil widerfuhr, und wird auf ähnliche Fälle angewandt.


8. Dat 's Spass, segt Mâss. (Mecklenburg.) – Hoefer, 678; Schlingmann, 973.

Holl.: Dat is waar ook, zei Fokke. (Harrebomée, I, 194.)


9. Dat wir ok man min Spass, sär dei Voss, da harr hei 'n Bêrblatt (Birnbaumblatt) vör 'ne Bêr (Birne) ansên. (S. Birne 6, 7 u. 53, Fuchs 100 und Kommen 153.) (Mecklenburg.) – Raabe, 184; für die Grafschaft Mark: Woeste, 64, 45; Peik, 110; Hoefer, 347.


10. Der Spâs gewänt e Lôch. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 325, 241.

11. Der Spass ist gut, wenn jeder lacht.

Böhm.: Časem zablázniti neškodí. (Čelakovsky, 83.)

It.: Sa buglia est bona quando totus rient.


12. Ein Spass in Ehr'n hat Gott gern. (Oberösterreich.)


13. Ein Spass ist ein Spass, aber kein Loch in Kopf.Mayer, II, 111.


14. Et öss kein Spass, wenn de Oss ön de Wêg liggt. (Königsberg.)


15. Im Spass gesagt, im Ernst gemeint.Simrock, 9657; Braun, I, 4155.

Frz.: On dit souvent la vérité en riant. – En se moquant dit-on bien vrai.

Lat.: Ridendo dicimus verum. (Masson, 316.) – Ridentem dicere verum quid vetat? (Horaz.) (Philippi, II, 158.)

Poln.: Nie zawsze żart tylko żartem, znajdziesz w nim połowę prawdy. – Od żartów do prawdy. – Żart podezasza prawdę stoi. (Masson, 316.)


16. Im Schpâss gesât, im Arnst gemänt.Lohrengel, II, 347.


17. Im Spass seit mes und im Ernst moint mes. (Ulm.)


18. Jeder Spass findet seine Lacher.


19. Man muss keinen Spass zu Tode hetzen.


20. Mit dem Spass muss man aufhören, wenn er am meisten Spass macht.


21. Muss a Spass a geb'n, sagt der Bettelmann, hat seim Weib den Fuss 'rausg'rissen. (Rott-Thal.)


22. Nicht jeder Spass gefällt.

Frz.: Bourdes vrayes ne plaisent jamais. (Bohn I, 9.)


23. Spass beiseite, Ernst komm du her.Klix, 84.


24. Spass en Ihrn kann nimmes wiehrn. (Bedburg.)


25. Spass is Spass, äwwer Füür in der Büsse is ken Spass. (Waldeck.) – Curtze, 357, 547.


26. Spass ist nicht Ernst.Eiselein, 572; Simrock, 9655.


27. Spass macht Vergnügen.Frischbier2, 3549.


28. Spass möt drêwen (getrieben) war'n, säd' dat Mäten, un is 't ôk man in'n Berr.Hoefer, 698; Schlingmann, 296.


29. Spass mot gedrewe ware, on wenn undre Todeck.Frischbier2, 3552.


30. Spass mot sien, sä de Ulenspiegel, da priekele siene Grossmoder met de Messgawel. Lohrengel, I, 619.


31. Spâss mot sîn, sê' de Düwel, un renne sîner Grossmutter de Grêpe (Mistgabel) in't Lîw. (Göttingen.) – Hoefer, 1057; Schambach. II, 287.

Spoass mött sin, söä' de Düwel un rennte sin Grossmuo'r de Messfork in'n Oars. (Schlingmann, 396.)


[663] 32. Spass mot sön, säd Liedtke, als em sess Backtähne öngeschlage wurde.Frischbier2, 3553.


33. Spass muss getrieben sein, sagte der Mann, und kitzelte seine Frau mit der Mistgabel.Schaltjahr, III, 157.


34. Spass muss nicht blos sein, sondern auch sind. (Ulm.)


35. Spass muss sein, sagte der Bauer, als er die Hochzeitgäste umgeworfen hatte und über den Rand kollern sah. (Oberlausitz.)


36. Spass muss sein, sagte der Kater, und nahm die Eichkatz vor.Frischbier2, 3550.


37. Spass muss sein, sagte die Katze zur Maus.


38. Spass muss sein, sagte Hans, und kitzelte Greten mit der Mistgabel.Simrock, 9659; Hoefer, 417; Schlingmann, 599.

Im Plattdeutschen: Spass mut sîn, sä Hans, do kettelte he Gretjen mit de Mesfork. (Peik, 139.)


39. Spass muss sein, sagte Hans, und schlug seinen Nachbar unter den Tisch.


40. Spass muss sein, sagte jener, und schlug dem andern die Augen aus.Hoefer, 478.

Spoass mött sin, söä jenner, un schlag'n annern de O'n ut. (Schlingmann, 706.)


41. Spass muss sein, sagte Neumann, da kitzelte er seine Frau todt. (Breslau.) – Hoefer, 788.


42. Spass muss sind, sagt der Berliner.


43. Spass muss zur Kirmes sein, sagten die Bauern, da hatten ein paar Löcher im Kopfe. (Oberlausitz.)

44. Spâss mut sîn, un solle de Hêrsche up der Swêrschen rîen.Schambach, II, 286; Lohrengel, II, 620.

Spass muss sein, und sollte der Kuhhirte auf der Schweinehirtin reiten.


45. Spässe kosten Geld.

Span.: La burla dineros cuesta. (Bohn I, 225.)


46. Spuoss muss sin, un solten bir uns mit Higobeln kitzeln. (Trachenberg in Schlesien.)


47. Ueber dem Spass wäre mir das Feuer bald ausgegangen, sagte der Dieb, als er, begnadigt, von der Leiter herunterkam und sofort nach seiner Pfeife griff.

Ein Dieb, der gehängt werden sollte, hatte sich die Gnade ausgebeten, vorher eine Pfeife Taback rauchen zu dürfen. Da er sehr langsam rauchte, wurde endlich befohlen, die Pfeife wegzulegen und sich zur Hinrichtung anzuschicken. Bedächtig stellte er die Pfeife an den Galgen und stieg die Leiter ruhig hinan. Als er oben war, ertönte der Ruf: Gnade. Als er heruntergestiegen, griff er zuerst nach seiner Pfeife und brach in obige Worte aus. (Witzfunken, VIIa; 69.)


48. Wenn der Spass am besten ist, so höre auf.


49. Wer nicht kann Spass verstehen, muss nicht unter die Leute gehen.Eiselein, 572; Simrock, 9658; Braun, I, 4156.


50. Wer zum Spass stiehlt, wird im Ernst gehängt.Altmann VI, 402.


51. Wun der Schpâss um biesten äs, sâal em afhîren. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 953.


*52. Aus Spass Ernst machen.

Lat.: Res in seria versa est. (Curtius.) (Philippi, II, 156.)


*53. Da hört der Spass auf.


*54. Das ist kein Spass.Eiselein, 572.


*55. Das sind trockene Spässe.Mayer, II, 212.


*56. Das war ein dummer (übel abgelaufener) Spass.

Lat.: Jocularium malum. (Binder I, 823; II, 1586; Seybold, 259.)


*57. Das war ein grober Spass.

Frz.: Cette raillerie passe jeu. (Lendroy, 1285.)


*58. Der Spass hat ein Ende.

Frz.: Tirer le rideau.

*59. Er hackt seine Spässe mit der Holzaxt zu.

Lat.: Aries cornibus lascivicus. (Philippi, I, 133.)


*60. Er versteht (k)einen Spass.Mayer, II, 111; Braun, I, 4154.

Frz.: Il n'entend point raillerie. (Kritzinger, 580b.)


*61. Es ist ein lerchenfelder Spass.Idiot. Austr., 92.

Bezeichnung für einen kecken, unsittlichen Scherz. So nennt man auch einen schlechten Wein lerchenfelder Ausbruch.


[664] *62. Es war ein hanbüchner Spass.

Frz.: La galanterie est un peu forte. ( Kritzinger, 388b; Lendroy, 800.)


*63. Im Spass gesagt, im Ernst gemeint.


*64. Mit solchen Spässen komm mir nicht mehr.Mayer, II, 111.


*65. Per Spass.Grimmelshausen, Springinsfeld.


*66. Spass beiseite.Mayer, II, 111; Klix, 80.


*67. Spass fer de Welt.Frischbier2, 3551.


*68. Spass hin, Spass her.Mayer, II, 111.


[Zusätze und Ergänzungen]

69. Für so einen Spass würd' ich auch danken, sagte Peter, als Hans versicherte, der Schlag hinter die Ohren sei sein völliger Ernst gewesen.


70. Ohne Spass, sagte der Theaterbesucher, da hatte er eine neue Posse gesehen.


71. Zu weit getriebener Spass führt oft zu bitterm Hass.Devisenbuch, 67.


*72. Es geht über allen Spass.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon