[302] Baptisten (v. gr., d.i. die Täufer, Kirchengesch.), gemeinsamer Name aller derjenigen christlichen Secten in England, NAmerika u. Deutschland, welche, bei Verwerfung der Kindertaufe, nur Erwachsene von entschiedenem Glauben u. aufrichtiger Sinnesänderung durch die Taufe in ihre Gemeinschaft aufnehmen. A) Die B. in England führen ihren Ursprung auf die Albigenser, Wiklefiten u. Lollharden zurück, stammen aber eigentlich von den Wiedertäufern ab, die im 16. Jahrh. vom Festlande vor den Verfolgungen nach England flohen, aber auch hier unter Heinrich VIII. Elisabeth u. Jakob I. blutig verfolgt wurden. Dennoch vermehrten sie sich zu Anfang des 17. Jahrh., bes. seit 1630 durch die Independenten, u. bildeten eigene Gemeinden. Unter Cromwell hatten sie Ruhe, unter Karl II. wurden sie verfolgt, unter Jakob II. erhielten sie 1687 durch die Declaration of Indulgence Gewissensfreiheit u. unter Wilhelm III. durch einen Parlamentsbeschluß auf ewige Zeiten Religionsfreiheit, weil sie der Obrigkeit gehorsam waren u. Eid u. Kriegsdienste nicht verweigerten. Die Taufe der Erwachsenen geschieht von einem Geistlichen durch dreimaliges Untertauchen der weißgekleideten Täuflinge in Flüssen od. großen Wasserbehältern ohne Beisein von Taufzeugen. Die Namen erhalten die Kinder gleich nach der Geburt. Ihr Gottesdienst stimmt ganz mit dem der Presbyterianer überein; beim Abendmahl reichen Diener während des Hersagens der Einsetzungsworte das in Stücke geschnittene Brod u. den Kelch den in ihren Stühlen bleibenden Gemeindegliedern. Kirchengesang wurde erst im 18. Jahrh. allgemeiner eingeführt. Die Kirchenzucht ist sehr streng, Excommunication die härteste Strafe. Die Geistlichen werden besoldet u. jetzt in eigenen Seminarien zu Bradford, Stepney u.a. gebildet. Die Spaltung, u. der Prädestinationslehre über die allgemeine u. besondere Gnade Gottes (Gratia generalis et particularis) gab Veranlassung, daß sich auch hier 2 Hauptparteien bildeten, die General- u. die Particular-B., die in Folge einer Versammlung zu London 1691 sich ganz trennten u. sich bis jetzt noch nicht vereinigt haben. Die General- (Universal-, Arminian-, Remonstrantischen) B. auch Freewill Baptists (d.i. B. vom freien Willen), weichen von der Calvinischen Prädestinationslehre ab, ohne eigentliche Arminianer zu sein. Ihre Anzahl nimmt ab. Die Particular- (Antinomian-, Calvinistischen) B. nehmen Calvins Prädestinationslehre an u. scheiden sich, indeß nicht kirchlich, in die strengeren u. milderen, in die High u. Low Calvinists; in die Infralapsarier u. Supralapsarier. Ihre Anzahl wächst ungeachtet der strengen Kirchenzucht. Die Geistlichen werden jetzt in Seminarien gebildet, Durch ihre 1792 gestiftete Missionsgesellschaft u. durch die Übersetzung der Bibel in die orientalischen Sprachen haben sie sich um die Verbreitung des Christenthums in OIndien verdient gemacht u. sind überhaupt eine geachtete Secte. Im Ganzen sind jetzt in England über 400 Gemeinden der B. mit mehr als 200,000 Personen. Vgl. Crosby, History of the English Baptists etc., Lond. 17381740, 4 Bde.; Robinson, Hist. of Baptism, ebd. 1740; Irimey, Hist. of the English Baptists, ebd. 1811, 2 Bde. B) Die B. in NAmerika. Schon 1668 wurden die B. aus England nach NAmerika verpflanzt, breiteten sich hier schnell aus, bes. in Virginien, u. spalteten sich, außer in die beiden unter A) genannten Hauptparteien der General- u. Particular-B., namentlich in neuerer Zeit, auch in mehrere kleinere. Am zahlreichsten sind die Particular-B., die 1707 nach NAmerika kamen. Sie theilten sich in die Nichtvereinigten B. (Unassociated Baptists) mit 700 Gemeinden u. 400 Predigern, u. in die Vereinigten B. (Calvinistic od. Associated Baptists), mit an 6000 Gemeinden u. 4000 Predigern. Zweck dieser näheren Vereinigung ist Verbreitung des Evangeliums durch Missionäre, Erziehung junger Leute zum Predigtamte, Unterstützung armer Kirchen, Erhaltung wohlthätiger Anstalten u. religiöse Erweckung. Ihre Verfassung ist congregationalistisch, sobald die Kirchengemeinde zu groß wird, bildet sich aus ihr eine neue. Die General-B. in NAmerika, die aber zum Theil mehr antinomianisch gesinnt sind, haben 650 Gemeinden mit 450 Predigern. Die Sabbatarier (Seventh Day B., Sabbatarians), gestiftet um 1650 in England durch Franz Bampsield, feiern den Sabbath statt des Sonntags u. kamen zuerst unter allen B. 1668 nach NAmerika, wo sie allein gefunden werden. B. der sechs Grundsätze (Six Principle B.), so genannt, weil sie die Auflegung der Hände für eine nothwendige Vorbedingung der Communion halten u. sich dafür auf die Hebr. 6,1. 2 erwähnten 6 Grundsätze berufen. Die Schottischen B. (weil sie in Schottland entstanden), auch Sandmannianische B. (da sie mit den Sandmannianern neben der Verwerfung der Kindertaufe das Lehramt gering schätzen u. an dessen Stelle gegenseitige Ermahnung setzen), halten die Taufe der Erwachsenen für durchaus nothwendig zur Seligkeit, forschen fleißig in der Schrift u. schließen vom Abendmahl Alle aus, die nicht die strenge Kirchenzucht der Sandmannianer theilen. Sie wurden bes. durch die Brüder Robert u. James Galchen verbreitet, die früher zu der Schottischen Nationalkirche, dann zu den Independenten gehörten. Verwandt mit ihnen sind die Campbelliter (Reformed B.), genannt nach ihrem Stifter, Alexander Campbell, einem Geistlichen in Kentucky, der bes. gegen die laxe Ansicht von der Taufe, gegen den Antinomismus u. die schwärmerischen Ansichten von der Thätigkeit des Heiligen Geistes eiferte. Verfassung u. Dogma sind noch unorganisirt, sie weicher sonst noch in einigen Stücken ab u. ihre Prediger sind wenig unterrichtet. Sie finden sich namentlich zahlreich in Kentucky, Tennessee. u. Virginien u. vermehren sich sehr, Die Dunker Dunkers [302] First Day, German B.), 1708 in Deutschland durch Alex. Mack in Schwartzenau mit 77 Anderen gestiftet, wollten nur das annehmen, was sie bei sorgfältiger Forschung wirklich in der Bibel fänden. Verfolgt flohen sie nach Krefeld, dann nach Holland, 1719 nach Amerika u. hatten 1723 in Germantown die erste Kirche. Sie halten es für unerlaubt, zu schwören, Processe zu führen, Zinsen zu nehmen u. Waffen zu tragen. Die frühere mönchische Tracht, weiße Kutten u. Kaputzen, sowie die Ehelosigkeit sind jetzt abgeschafft; die Geschlechter wohnen abgesondert u. haben abgesonderten Gottesdienst. Ihr Wandel ist rein, ihre Lebensart einfach u. hart, essen nur Wurzeln u. Vegetabilien, Fleisch ist verboten. Sie glauben, daß die Seligkeit nur durch Büßungen u. Entsagungen erworben werden könne, nehmen Opera supererogationis an u. verwerfen die Ewigkeit der Höllenstrafen. Ihre Liturgie ist sehr einfach, ihre religiöse Versammlung geschieht am Sabbath, Jeder darf laut beten, die besten Sprecher halten Vorträge. Das Abendmahl feiern sie des Nachts mit Liebesmahl, Bruderkuß, Fußwaschen u. Handschlag. Bei regem Gewerbfleiß sind sie sehr wohlhabend u. bilden 50 Gemeinden mit 40 Predigern; sie sollen sich jetzt den Mennoniten nähern. Die Samen- (Seed-) od. Schlangen- (Snake-) B. steigern den Calvinismus bis zum Manichäischen Fatalismus. Sie theilen die Menschen in 2 Klassen, in den Samen des Weibes u. in den Samen der Schlange; die ersten werden nothwendig gerettet, die letzten gehen nothwendig verloren; sie halten eine besondere religiöse Erziehung der Kinder für ein gottloses Eingreifen in das Werk des Heiligen Geistes u. verwerfen Alles, was in der Gestalt eines Mittels erscheint, so die Missions- u. Bibelgesellschaften. Sie sind bes. in den westlichen Staaten verbreitet. Die Christier (Christians), nennen sich selbst so nach Apostelgesch. 11,26 (1. Petr. 4,16) u. halten an der bestehenden orthodoxen Lehre fest, ohne sich auf etwaige Controversen einzulassen. Die Mormoniten haben nur das Untertauchen mit den B. gemein (s. Mormonen). Die Emancipirenden B. heißen deshalb so, weil sie es als eine Religionspflicht ansehen, dem Sklavenhandel entgegen zu wirken. Die B. sind jetzt in NAmerika die zahlreichste kirchliche Secte, indem sie über 41/2 Mill. Mitglieder mit 10,000 Kirchen zählen. Ihre Thätigkeit für praktisches Christenthum u. Missionswesen hat ihnen viel Einfluß verschafft. Während sie früher einer tüchtigen Bildung ihrer Geistlichen abgeneigt waren, haben sie jetzt dafür die Brownsche Universität zu Providence in Rhode-Island, die Seminare zu Hamilton im Staate New-York u. zu Newton in Massachussets, ja es bildeten sich 1834 dafür 2 besondere Gesellschaften, die Northern Baptist Education Society in Massachussets u. die Western Bapt. Educat. Society, die ein Erziehungshaus zu Kentucky bei Cincinnati am Ohio gründete. Vgl, Backus, History of the English American Baptists, Boston 177784; F. A. Cox u. J. Hoby, The Baptists in America, Lond. 1837, 3. Aufl. C) Die B. in Deutschland. Durch den englischen Missionär Oncken wurden seit 1834 B-gemeinden in Deutschland gegründet u. fanden hier Unterstützung durch einen Theil der pietistischen u. methodistischen Richtung. In Preußen, wo sie durch Cabinetsordre vom 17. März 1844 unter besonderen Umständen vom Staate anerkannt wurden, gab es bes. in Pommern u. der Provinz Preußen so zahlreiche Gemeinden, daß 1848 die Repräsentanten in Berlin zu einer Hauptversammlung zusammentraten. Obschon hier die Selbständigkeit der einzelnen Gemeinden anerkannt u. für jeden Beschluß die Genehmigung derselben vorbehalten wurde, traten sie doch zu einer Körperschaft unter dem Namen: Die vereinigten Gemeindengetaufter Christen in Preußen, zusammen, bildeten einen Ausschuß als Vollziehungsrath, nahmen das Glaubensbekenntniß von Oncken als das ihrige an u. veranlaßten die nicht vertretenen Gemeinden in Schlesien, Hinterpommern u. Ostpreußen zum Beitritt. Die Ehen sollten außer der kirchlichen Einsegnung innerhalb der Gemeinde durch das Königl. Patent vom 30. März 1847 legalisirt werden. 1852 gab es trotz aller Ausbreitungsversuche in Preußen nur 16 organisirte Gemeinden mit 1600 Mitgliedern u. in ganz Deutschland 52 Gemeinden mit 38 ordinirten Predigern u. 3000 Mitgliedern. Doch ist in den letzten Jahren diese Zahl etwas gewachsen. In Lehre u. Cultus unterscheiden sie sich von anderen christlichen Parteien dadurch, daß sie nur Erwachsene taufen, wobei der Täufer in der Kleidung Johannis des Täufers den in einen Bach gestiegenen Täufling unter Hersagen der Taufformel dreimal unter das Wasser taucht, u. daß sie das praktische Christenthum zu pflegen suchen. Ihre Versammlungen werden nicht blos von besonderen Geistlichen, sondern auch von innerlich geeigneten Personen durch Gebete, Reden u. Bibelerklärung geleitet; die Gemeindeglieder können ihre Herzensstimmung durch Gebete u. Seufzer kund geben vorzugsweise werden die paränetischen Stellen der Schrift, welche Schrecken erregende Schilderungen für Abfällige enthalten, erklärt. In den preußischen Gemeinden gibt es esoterische Zusammenkünfte für die Eingeweihten, wobei die specifischen Unterscheidungslehren der B. vorgetragen werden. Die Secte der B. erfuhr Anfangs fast überall Duldung. Da aber bei einzelnen Gemeinden Ungehörigkeiten vorgekommen waren, so wurde in den letzten Jahren in manchen Orten ziemlich streng gegen die B. verfahren. So wurde z.B. in Mecklenburg Schwerin festgesetzt, daß auswärtige B-commissäre auszuweisen sind, daß Andachtsübungen nur im Hause, nicht aber in gemietheten Localen u. nicht öffentlich gehalten werden dürfen, u. daß überhaupt den Nichtmitgliedern der Zutritt verschlossen ist. Im Lippeschen, wo zwei Apostel der B. aus Bremen u. Rinteln erschienen, wurde 1852 den Baptistischen Missionären der Aufenthalt untersagt u. das Abhalten religiöser Zusammenkünfte der bereits Übergetretenen, wie die Vornahme priesterlicher Handlungen, mit Gefängnißstrafe bedroht. Ähnliche Verordnungen ergingen 1850 in Oldenburg u. 1852 in Württemberg. In Baden wurde ihnen 1847 die Abschaffung der Kindertaufe untersagt. Auch in den benachbarten Ländern Deutschlands suchte man die Verbreitung der B. zu hindern. So erschwerte man ihnen D) in Dänemark durch Androhen von Strafen die Niederlassung, konnte aber die Constituirung einer Gemeinde in Friedericia 1842 nicht hindern. Dagegen wurde E) in Schweden der B-prediger F. Nielsson auf Anregung des Lutherischen Consistoriums u. des Bischofs aus dem Lande getrieben. Auch F) in Frankreich schützte der Artikel 5 der vormaligen Charte nicht vor Verurtheilungen[303] u. Bestrafungen der V., indem der Staat Abtrennungen von der Protestantischen Kirche nicht als zu Recht bestehend anerkennen wollte.
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