1. Besser glücklich als schön.
Frz.: Mieulx vault heur et félicité que beauté. (Leroux, II, 263.)
[1775] 2. Bist du glücklich, wirst du die Leute nicht kennen; bist du unglücklich, kennen sie dich nicht.
3. Der ist glücklich genug, der reich ist und klug.
Frz.: Heureux est celui qui est riche et sage ensemble. (Kritzinger, 375a.)
4. Er ist so glücklich, wie ein Hund, der sich ersäuft.
In sprichwörtlicher Ironie sagten die Griechen von einem Unglücklichen: Er ist glücklicher als die Strobyglosse des Karkinos (Krebs). Dieser war ein Dichter, dessen Söhne alle Strobyglos (Schnecke) hiessen. Der Witz liegt in der Anspielung der Namen.
Frz.: Il est heureux comme un chien qui se noye. (Kritzinger, 375b.)
Lat.: Fortunatior Strobilis Carcini. (Erasm., 459.)
5. Es ist niemand glücklich, bevor er auf dem Kirchhof ist.
Span.: No me llames bien hadada hasta que me veas interrada. (Bohn I, 236.)
6. Es ist niemand glücklicher als der, der es glaubt.
It.: Felice non è chi d'esser non sa. (Bohn I, 98.) – Felice non si può dire chi non crede d' esserlo. (Pazzaglia, 118, 2.)
Lat.: Felix est non qui reliquo videtur, sed qui sibi. (Egeria, 74.)
7. Es ist niemand glücklicher als die, welche in den Windeln liegen.
8. Es will ein jeder glücklich sein, aber nur wenige sind es.
Frz.: Soit eureux qui puist, il ne lest qui veult. (Bovill, III, 100.)
Lat.: Sit foelix qui potest, quisquis vult non est. (Bovill, III, 100.)
9. Glücklich als sittlich. – Eiselein, 244.
10. Glücklich ist der Mann, den fremder Schaden lehren kann.
Dän.: Sæl er den, der kan see ved anden mands skade. (Bohn I, 397.)
11. Glücklich ist, der nicht weiss, was im Speisehaus er isst.
Die Franzosen dagegen: Il n'est pas heureux qui ne le cognoist. (Leroux, II, 236.)
12. Glücklich ist nur in der Welt, wer in der Wiege stirbt.
Auch die Zigeuner sind dieser Ansicht (Reinsberg VII, 25); nicht aber die Italiener, welche nur den glücklich nennen, der weiss, dass er es ist: Felice non è chi d'esser non sa. (Bohn I, 98.) Ich hörte einmal jemand versichern: Glücklich sind in dieser Welt nur diejenigen, welche nicht geboren worden. Nach Pope ist der glücklich, welcher nichts erwartet, denn er wird nie getäuscht werden. Die Alten behaupteten: Glücklich ist nicht der, welcher besitzt, was er wünscht, sondern der, welcher nicht wünscht, was er nicht besitzt. (Demokritos, I, 118.)
13. Glücklich ist nur, wer glücklich macht.
14. Glücklich ist nur, wer zufrieden ist.
Böhm.: Není blaho stříbro ani zlato, ale blaho jest, co komu mílo. (Čelakovský, 241.)
Frz.: Bien heureux est qui se contente de ce que Dieu luy mande pour rente. – Bien heureux est tenu celuy qui n'a de passer l'huys d'autruy. (Leroux, II, 183.) – Est heureux qui sait l'être. (Cahier, 855.) – Il n'est d'heureux que qui croit l'être. (Cahier, 854.)
Lat.: Beatus est qui non cupit quae non habet. (Egeria, 24.)
15. Glücklich ist, wer Brei und Rotz zusammen isst.
16. Glücklich ist, wer durch fremden Schaden klug wird.
Dän.: Sæl er den, der kan see ved anden mands skade. (Bohn I, 397.)
Lat.: Ex vitio alterius sapiens emendat suum. – Feliciter sapit, qui alieno periculo sapit. (Plautus.) (Philippi, I, 152; Gaal, 63.) – Felix alterius cui sunt documenta flagella. (Columb.) (Binder II, 1113.) – Felix quem faciunt aliena pericula cautum. (Philippi, I, 152; Schonheim, F, 6; Seybold, 198.) – Satis exemplorum nobis alienae calamitates praebent. (Fischer, 91, 29.)
17. Glücklich ist, wer im Besitz ist. – Pistor., II, 77; Simrock, 949; Hassl., 27; Eisenhart, 325; Eiselein, 71; Hillebrand, 43, 57; Graf, 93, 142.
Der blosse Besitz, auch ohne alle Rechtstitel, hat die rechtliche Folge, dass der Besitzer in demselben (seiner Gewere) so lange nicht gestört werden darf, so lange ihm seine Sache nicht mit Recht und Urtheil abgewonnen worden ist. Das Recht ist dem Besitzer und Verklagten günstiger als dem Kläger. Wer den Besitz hat, heisst es (vgl. Hettema, Jurisprudentia frisica, XXXIII, 9, 4) ist nicht schuldig sein Eigenthum zu beweisen. (S. ⇒ Selig.)
[1776] 18. Glücklich ist, wer nicht begehrt, was das Schicksal ihm verwehrt.
Lat.: Felicem scivi, non qui, quod vellet, haberet, sed qui, per fatum non data, non cuperet. (Philippi, I, 152.)
19. Glücklich ist, wer nichts schuldig ist.
Was ist demüthigender, als so oft zu erröthen, so oft sich hinter den Ohren kratzen, sich flüchten, sich verbergen, sich verstellen, lügen u.s.w. Dies und vieles andere bringen die Schulden mit sich. Plutarch sagt: »Wer Schulden hat, muss auch lügen.«
Frz.: Heureux est celui qui n'en rien doit à autrui. (Kritzinger, 375a.)
Lat.: Felix qui nihil debet. (Binder II, 1118; Faselius, 87; Wiegand, 288.)
20. Glücklich ist, wer ohne Schuld. – Eiselein, 245.
21. Glücklich ist, wer reich und klug ist.
Dän.: Den er lyksalig, som veed det han skal vide. (Prov. dan., 404.)
22. Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern (oder: was doch nicht zu erlangen) ist. – Müller, 25, 3; Simrock, 3815; Braun, I, 888; Körte, 2285; Lohrengel, I, 325.
Lat.: Feras, non culpes, quod vitari non potest. (Publ. Syr.) (Binder II, 1122.) – Quae non mutari, sunt toleranda, queunt.
23. Glücklich ist, wer wenig bedarf.
Lat.: Felix, qui didicit contentus vivere parco. (Binder II, 2471.)
24. Glücklich kannst du werden, wenn du Schlosser wirst, welcher den Schlüssel zu der Menschen Herzen machen und gebrauchen kann.
25. Glücklich über die Bruck, verlacht man den Sanct-Nepomuk.
26. Glücklich, wer beim Rückweg die Stadt nicht sieht.
Dies Sprichwort bezieht sich auf die Gefangenen Venedigs, welche aus dem Gefängniss über die Seufzerbrücke vor den Richter und wieder zurückgebracht wurden. Die Brücke besteht aus einem breiten Gewölbe, welches von oben nach unten und von vorn nach hinten durch eine Mauer in zwei Gänge geschieden ist, die durch Sandsteingitter an einigen Stellen durchbrochen sind, aus denen man im innern Gange einen Blick auf die Stadt, im äussern über die Lagunen ins Freie hat. Die schweren, zum Tode verurtheilten oder damit bedrohten Verbrecher wurden nun stets auf dem innern Gange zurückgeführt, auf dem sie durch jenes Gitter die Stadt sehen konnten, woraus sich obiges Sprichwort erklärt. (Vgl. Volksgarten, Berlin 1864, Nr. 39, S. 599.)
27. Glücklich wer im Dunkel bleibt. – Simrock, 3814; Eiselein, 245.
Lat.: Beatus ille qui procul negotiis. (Horaz.) (Büchmann, 118.) – Crede mihi, bene qui latuit, bene vixit, et intra fortunam debet quisque manere suam. (Ovid.) (Kruse, 138; Philippi, I, 96; Seybold, 93.) – Nec vixit male, qui natus moriensque fefellit. (Horaz.) (Eiselein, 245.) – Qui latuit vivens.
28. Glücklicher ist, der gern ässe und hat je nichts, als der so's hat und mag's nicht. – Körte, 2286.
29. Man muss niemand glücklich nennen, bis er gestorben ist.
Dän.: Roos ingen for enden. (Prov. dan., 479.)
Span.: No me llames bien hadada, hasta que me veas enterrada. (Cahier, 3501.) – No me digas oliva hasta que me veas cogida. (Bohn I, 236.)
30. Niemand ist immer glücklich.
Kroat.: Nitko nemože ovoga sveta u savčem srĕćan biti.
31. Niemand ist so glücklich, dass ihm nicht etwas fehle. – Parömiakon, 2856.
Lat.: Nihil est ab omni parte beatum. (Egeria, 158.)
32. Um glücklich zu sein, muss man ein Narr sein.
Vgl. Das Glück der Narren im Bresl. Erzähler, 1806, S. 68.
33. Wenn es einem allzu glücklich gehet, so macht's einen zum Narren. – Luther's Tischreden, 442a.
34. Willst du glücklich sein, so trinke Wasser für Wein.
35. Wiu glücklich sinn ik doch, had de Kahlkopp segt, däu har héi en Kamm funnen. (Soest.)
*36. Er ist so glücklich wie ein Hund, der sich ersäuft.
Frz.: Aussi chanceux que Cognefestu, qui se tue faisant rien. (Leroux, II, 31.) – Heureux comme le chien le Brusquet qui alla au bois et le loup le mangea. (Leroux, I, 141.)
*37. Er ist so glücklich wie ein Pilz, der in einer Nacht wächst und bald in silbernen Schüsseln aufgetischt wird.
Frz.: Heureux comme un sot. (Cahier, 857.)
[1777] *38. He is so glücklich als Gott in Frankreich. (Holst.) – Schütze, II, 56.
Sehr glücklich.
Frz.: Heureux comme un roi. (Leroux, II, 73.) – Il est heureux comme un enfant légitime. (Leroux, I, 141.) – Soyez plus heureux que Auguste, meilleur que Trajan. (Leroux, II, 27.)
Lat.: Sis felicior Augusto, melior Traiano. (Bovill, II, 91.)
*39. He is vil gelückiger, dann he wyss is. – Tappius, 214b.
*40. Wenn ich so glücklich wäre, ich dächte, 's hätte mich ein Hasel geleckt.
Frz.: Si ce bonheur m'arrivait, le roi ne serait pas mon cousin. (Lendroy, 53.)
41. Als ich noch glücklich war auf Erden, da wollten alle meine Freunde werden; als ich aber kam in Noth, da waren alle meine Freunde todt.
Lat.: Donec eris felix, multos numerabis amicos, tempora si fuerint nubila, solus eris.
42. Der ist glücklich, der keine Feinde hat, noch glücklicher ist, der keinem andern feind ist. – Zinkgref, IV, 111.
43. Der ist glücklich genug, der keine Zeit hat unglücklich zu sein.
»Zum Unglücklichsein hat jeder Ursach; wohl dem, der keine Zeit dazu hat!« (Blumenthal, Ungezogenheiten, 91.)
44. Dreimal glücklich ist der Mann, der Herrendienst entbehren kann.
45. Glücklich ist, der isst und aussäet.
D.i. der, welcher selber von seinem Gut etwas geniesst und Dürftigen mittheilt. (Pers. Rosenthal, 278.)
46. Glücklich ist, wer das Seine zusammenhält.
Bei Tunnicius (399): Selich is de dat syne wol wârt. (Est nimium felix servans quaesita labore.)
47. Glücklich ist, wer nicht mit fremden Augen sehen darf. – Wirth, II, 189.
48. Glücklich sein und froh zu werden, ist das Beste auf der Erden. – Devisenbuch, 21.
49. Glücklich, wer kein Geschäft hat.
50. Glücklich, wer zufrieden ist, und sein Brot mit Ruh geniesst. – Devisenbuch, 108.
51. Nicht der ist glücklich, der alles hat, was er begehrt, sondern der, welcher nichts begehrt, was er nicht hat.
Lat.: Beatus non est, qui habet, quae cupit; sed qui non cupit, quae non habet. (Philippi, I, 56.)
52. Wan es gehet glücklich, mag man recht wol sein frölich.
Lat.: Cui sors aridet bona, gaudens pectore fidet. (Loci comm., 68.)
*53. Das gehet so glücklich als wenn's vier Räder hätte. – Herberger, I, 166.
Buchempfehlung
Der satirische Roman von Christoph Martin Wieland erscheint 1774 in Fortsetzung in der Zeitschrift »Der Teutsche Merkur«. Wielands Spott zielt auf die kleinbürgerliche Einfalt seiner Zeit. Den Text habe er in einer Stunde des Unmuts geschrieben »wie ich von meinem Mansardenfenster herab die ganze Welt voll Koth und Unrath erblickte und mich an ihr zu rächen entschloß.«
270 Seiten, 9.60 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro