1. Als Lämmer sind wir gekommen, als Wölfe haben wir gehaust, wie Hunde hat man uns fortgejagt, als Adler werden wir wiederkommen, sagte der Jesuit. – Klosterspiegel, 40, 5.
2. An den Lämmern sieht man, was die Schafe tragen.
In Beziehung auf Kinderzucht.
3. Auch im Lamm ist Zorn. (Ung.)
4. Bald (heute) Lamm, bald (morgen) Wolf.
Dän.: Stundum lam, stundum løve. (Prov. dan., 535.)
5. Das Lamb muss dem Wolff allzeit das Wasser betrübt haben. – Petri, II, 67.
6. Das Lamm darf sich nicht schämen, wenn es vor dem Wolfe (Löwen) flieht.
7. Das Lamm hat nicht mehr Karten als das Schaf.
Der Junge kann so gut sterben wie der Alte.
8. Das Lamm lässt sich blos die Wolle abscheren, aber der Esel auch die Haut umkehren.
9. Das Lamm muss nicht zur Wohnung des Wolfs, der Hahn nicht in das Haus des Falken gehen. (Krim. Bl.)
10. Das Lamm muss so früh dran wie der Hammel.
11. Das letzte Lamm der Heerd' wird vom Wolf zuerst verzehrt.
Dän.: Det lam som er bagest, er helst for ulfen. (Prov. dan., 376.)
12. Dem geschorenen Lamm misst Gott den Wind. – Reinsberg II, 7.
[1758] 13. Der nur ein lamb kan tragen, der lass sich mit keinem Ochsen beladen. – Lehmann, 37, 16.
14. Ein hungrig Lamm saugt an jedem Euter.
Die Russen: Ein hungrig Lamm saugt an allen Schafmüttern. (Altmann VI, 466.)
15. Ein Lamm, das der Wolf gebissen, fürchtet sich auch vor dem Hunde.
»Ein lamb, welches einst (einmal) vom wolff verwundt, förcht sich darnach auch vor eim hundt.« (Waldis, II, 12, 91.)
16. Ein Lamm, das nicht blökt, bekommt nichts. (S. Bettler ⇒ 35, ⇒ 78, ⇒ 79 und ⇒ Hund 345-346.)
Dän.: Hvo giver dumme lam? (Prov. dan., 373.)
17. Ein Lamm flieht, wenn's den Geier sieht.
18. Ein Lamm gibt nicht so viel Wolle wie ein Schaf, aber mehr als ein Schwein.
Frz.: Mieulx vault tondre l'aigneau que de pourceau. (Leroux, I, 87.)
19. Ein Lamm, welches mit Honig gefüttert wird, verhungert.
20. Ein munter (kosend, schmeichelnd) Lamm saugt an jedem Schafe, ein träges (mürrisches) kaum an seiner Mutter.
Span.: El cordero manso mama á su madre, y á cualquiera, el bravo ni á la suya, ni á la ajena. (Bohn II, 216.)
21. Ein schwach Lamm zählt auch in der Heerde.
Span.: La mas ruin oveja se ensucia en la colodra. (Bohn I, 227.)
22. Es sind nicht alle Lämmer Jakob's weiss gewesen.
Ungleichheit ist in der Natur begründet.
23. Es werden so viel Lämmer geschlachtet als Schafe.
Holl.: Zooveel lammeren worden er geslagt als schapen. (Harrebomée, II, 4.)
24. Et is kein Lamm so fruem, me kann eam doch dat Stäuten lehren. (Büren.)
25. Je älter das Lamm wird, desto schlechter wird das Fell.
Frz.: Plus vit li aigniax (agneau) plus empire li piax (la peau). (Leroux, I, 87.)
26. Kluge Lämmer verkaufen ihre Wolle theuer.
27. Lamb, lamb! ist des wolffs vesperglock. – Franck, II, 50a; Gruter, I, 54; Petri, II, 430; Henisch, 1653, 21; Latendorf II, 21; Lange, 302; Rochholz, 28; Schottel, 1134a; Sutor, 32 u. 512; Eiselein, 647; Simrock, 6131; Sailer, 60; Körte, 3657; Braun, I, 2125.
Die Türken: Das Leben des Storchs geht hin damit: Lak, Lak (zu schreien). Die Litauer: Ams, amma, amma, bellen alle Hunde. Die englischen Neger in Surinam: Ich bin der Rabe (Arras); bin ich oben, so ruf' ich: Kwa; komm' ich herunter, so ruf' ich: Kwa. (Reinsberg II, 57.)
Holl.: Lam, lam is des wolfs vesperklok. (Harrebomée, II, 4.)
Lat.: Atticus moriens porrigit manum. (Sutor, 512.)
Schwed.: Lamm, Lamm, är ulfwens både morgon- och aftonsång. (Wensell, 48; Grubb, 446.)
28. Lamb, Lamb, ist dess Wolff gesang. – Lehmann, 250, 14.
29. Lamb, Lamb, schreyt der Wolff. – Fischer, 248, 1.
30. Lämmer, die einen Stempel haben, frisst der Wolf auch.
31. Man kann an den Lämmern sehen, was die Hecke getragen hat.
32. Um ein Lamm zu fangen, bedarf es keiner Stangen.
33. Vom Lamm wird keine Sau geworfen. – Parömiakon, 706.
34. Was das Lamm füllt, davon wird noch kein Löwe satt.
35. Wem das Lamm gehört, dem gehört auch die Haut.
Frz.: D'où vient l'agneau là retourne la peau. (Leroux, I, 87.)
36. Wenn die Lämmer geschoren sind, dann schickt Gott warmen Wind.
Frz.: A brebis tondue Dieu mesure le vent. (Bohn I, 1.)
Holl.: Wanneer het lam geschoren is, dan zorgt God voor eenen zoeten wind. (Harrebomée, II, 4.)
37. Wenn die Lämmer satt sind, schlafen sie oder spielen. – Körte, 3659; Parömiakon, 700.
Holl.: Als de lammeren zat zijn, zoo spelen ze of slapen. (Harrebomée, II, 4a.)
[1759] 38. Wenn die Lämmer widdern, stossen sie.
39. Wenn du der Lämmer nicht achtest, wird die Herde bald zu Grunde gehen. – Körte, 3658; Simrock, 6144; Braun, I, 2126; Reinsberg III, 17.
40. Wenn einmal Lämmer neben Wölfen grasen, scheint eine andere Sonne. – Simrock, 6143.
41. Wenn man das Lamm frist, so wird kein Schaff drauss. – Petri, II, 853.
42. Wer sich zum Lamm macht, den fressen die Wölfe. – Eiselein, 408; Simrock, 6142; Braun, I, 2124.
*43. Das Lamm beim Wolf verpfänden.
*44. Das Lamm den Wölfen befehlen. – Eiselein, 408; Braun, I, 2128.
Lat.: Ovem lupo committere. (Terenz.) (Binder II, 2461.)
*45. Das Lamm hat dem Wolf das Wasser getrübt.
Wenn der Schwache beschuldigt wird, einen Starken beleidigt zu haben.
Böhm.: Zkalil beránek vlka vodu-pod ním stoje. (Čelakovsky, 350.)
Poln.: Baranie, niemąć wodę. – Łacno wilk na barana najdzie przyczynę. (Čelakovsky, 215.)
*46. Das Lamm will mit dem Wolfe streiten.
Von dem ungleichen Kampfe eines Schwachen mit einem in jeder Hinsicht überlegenen Gegner.
Lat.: Ne capra contra leonem. (Binder I, 1068; II, 1990; Erasm., 280; Philippi, II, 8; Seybold, 331.)
*47. Das Lamm will seinen Vater weiden lehren. – Burckhardt, 182.
*48. Die Lämmer für die Hund werffen. – Henisch, 1238, 17.
»D.i. fridsame Leuth den Verleumbderern vnd Lästermäulern vbergeben.«
Lat.: Agnos canibus obiicientes. (Henisch, 1238, 19.)
*49. Eher jagt das Lamm einen Löwen. – Parömiakon, 1828.
*50. Er träumt vom dummen Lamme. (Schles.)
Wenn jemand seltsame, verkehrte Ansichten, Einfälle u.s.w. kundgibt. Dinge erwarten, die sich nie oder sehr schwer ereignen dürften.
*51. Magere Lämmer für fette Hammel verkaufen.
*52. Sie halten sich für Lammer, aber Gott wird sie kaum für Ziegen erkennen.
53. Ein gutes Lamm saugt bei zwei Müttern, ein schlechtes nicht einmal bei der eigenen. – Sanders, 26.
*54. Das moskowitische Lamm.
Darüber berichtet ein alter Schriftsteller: »Es wächst in der kleinen Tatarei zwischen Don und Wolga. Es ist ein merkwürdiges Gewächs, auf einem starken Stengel drei Fuss hoch, auf welchem die Frucht, Boramez genannt, nach Art eines Kürbis oder einer Melone steht, welche von aussen die Gestalt eines Lammes an Füssen, Ohren, Kopfe, Schwanz und ganzem Leibe präsentirt. Wenn es vom Stiel abgelöst wird, gibt es einen Saft, wie roth Blut. Wenn es reif, so bekommt es ein Fell und Wolle wie ein Lamm, so man wider die Kälte gebrauchen könnte. Die Wölfe sollen auch diesem Gewächs ebenso gierig nachstellen als den Lämmern.« (Beiche, 235b.) Es ist nicht bekannt, was für ein Gewächs in unserer Naturgeschichte darunter gemeint sein mag.
*55. Ein Lamm den Hunden preisgeben.
Lat.: Objicere canibus agnos. (Diogenian.) (Philippi, II, 58.)
*56. Einem ein Lamm schicken.
Bei den alten Griechen hiess dies soviel als Krieg mit ihm anfangen wollen. Es war nämlich in Griechenland Sitte, bei Kriegserklärungen einen Herold mit einem Lamm in das feindliche Gebiet zu schicken und es dort laufen zu lassen. Man wollte dadurch symbolisch anzeigen, die feindlichen Wohnungen sollten so zerstört werden, dass Gras an ihrer Stelle wachsen werde und das Vieh dort weiden könne.
*57. Etwas lemmern fürgeben vnd seinen mund voller Wolffszene haben. – Mathesius, Postilla, CCLXa.
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