Hohenlohe [2]

[445] Hohenlohe, 1) Friedrich Ludwig, Fürst von H.-Ingelfingen, preuß. General, geb. 31. Jan. 1746, gest. 15. Febr. 1818 in Slawentzitz, kämpfte im Siebenjährigen Krieg in der Reichsarmee, trat 1768 in preußische Dienste, ward 1778 Oberst beim Regiment Tauentzien und befehligte seit 1792 eine Division, mit der er sich bei Oppenheim, Pirmasens, Hornbach, bei der Wegnahme der Weißenburger Linien und besonders 20. Sept. 1794 bei Kaiserslautern auszeichnete. Als Generalleutnant erhielt er 1796 das Kommando des Neutralitätskordons an der Ems, folgte 1796 seinem Vater als Fürst von H.-Ingelfingen in der Regierung, wurde 1798 General der Infanterie, 1804 Gouverneur der fränkischen Fürstentümer, dann Kommandant von Breslau, führte 1805 ein preußisches Korps zwischen der Saale und dem Thüringer Wald und im Kriege von 1806 das Heer, das am 14. Okt. bei Jena besiegt wurde. Nach der tödlichen Verwundung des Herzogs von Braunschweig bei Auerstedt erhielt er den Oberbefehl, führte die Trümmer des preußischen Heeres der Oder zu, kapitulierte aber, durch Massenbachs, seines Generalquartiermeisters, Bericht irregeleitet, bei Prenzlau 28. Okt. mit 17,000 Mann. Aus der Armee entlassen, zog er sich, da er schon im August 1806 die Regierung seines (mediatisierten) Fürstentums seinem Sohn August übergeben hatte, auf sein Gut Slawentzitz in Schlesien zurück[445]

2) Ludwig Aloysius, Fürst von H.-Waldenburg-Bartenstein, Marschall von Frankreich, geb. 18. Aug. 1765, gest. 30. Mai 1829 in Lunéville, trat 1792 als Oberst in die französische Emigrantenarmee und warb für diese ein Regiment, mit dem er sich besonders beim Sturm auf die Weißenburger Linien auszeichnete. Er trat darauf in holländische Dienste und führte mit seinem Regiment, fast umzingelt, 1794 einen meisterhaften Rückzug von der Insel Bommel hinter die Waal aus und machte dann in österreichischen Diensten die Feldzüge von 1794–1799 mit. 1806 wurde er Feldmarschalleutnant und 1807 Statthalter von Galizien. Nach der Wiedereinsetzung der Bourbonen (1814) trat er in französische Kriegsdienste und wurde Generalleutnant und Kommandant eines von ihm geworbenen und nach ihm benannten Regiments, mit dem er 1823 dem Feldzug gegen Spanien beiwohnte. Er wurde hierauf nationalisiert, Marschall und Pair. Seine Besitzungen hatte er schon im November 1806 an seinen Sohn Karl August Theodor abgetreten.

3) Alexander Leopold Franz Emmerich, Prinz von H.-Waldenburg-Schillingsfürst, geb. 17. Aug. 1794 in Kupferzell bei Waldenburg, gest. 14. Nov. 1849 in Vöslau bei Wien, das 18. Kind aus der Ehe des gemütskranken Erbprinzen Karl Albrecht mit der Tochter eines ungarischen Edelmanns, Judith, Freiin von Reviczky, für die geistliche Laufbahn bestimmt und erzogen, erhielt 1815 die Priesterweihe und ward 1817 Priester in München. Hier und in Bamberg, wo er Geistlicher Rat bei dem Generalvikariat geworden war, beschuldigte man ihn des Jesuitismus und Obskurantismus, während das Volk ihn wegen seiner Wunderkuren verehrte, die er gemeinschaftlich mit dem Bauer Martin Michel durchführte. Als diese später aber mißlangen und die bayrischen Behörden, aber auch Papst Pius VII. ihm Schwierigkeiten machten, begab sich H. 1822 nach Wien und dann nach Ungarn, wo er Domherr in Großwardein, 1829 Großpropst und 1844 Titularbischof wurde. H. hat zahlreiche geistliche Schriften veröffentlicht. Vgl. Scharold, Lebensgeschichte Alexanders von H. (Würzb. 1834); Pachtler, Biographische Notizen über den Prinzen Alexander zu H. (Augsb. 1850); »Aus dem Nachlasse des Fürsten Alexander von H.« (hrsg. von S. Brunner, Regensb. 1851).

4) Adolf, Prinz von H.-Ingelfingen, geb. 29. Jan. 1797, gest. 24. April 1873, Sohn von H. 1), nahm am Kriege von 1815 teil, widmete sich dem preußischen Staatsdienst als Landrat und Landwehroffizier und tat sich namentlich bei der Grenzbewachung gegen Polen 1831 hervor. Politisch zuerst als Marschall des schlesischen Provinziallandtags und auf dem Vereinigten Landtag von 1847 tätig, gehörte er 1850 dem Erfurter Parlament und der preußischen Ersten Kammer an, ging ins Herrenhaus über, wurde 1856 und vom 11. März bis 23. Sept. 1862 als Vorgänger Bismarcks Ministerpräsident.

5) Friedrich Karl Joseph, Fürst zu H.-Waldenburg-Schillingsfürst, Sphragistiker und Heraldiker, geb. 5. März 1814 in Stuttgart, war Generalleutnant und Generaladjutant des Kaisers von Rußland und starb als Senior der fürstlich Hohenlohe-Waldenburgschen Hauptlinie 26. Dez. 1884 zu Kupferzell in Württemberg. Seine Werke, die meist nicht in den Handel gekommen, sind: »Das Hohenlohische Wappen« (im »Archiv für Hohenlohische Geschichte«, 1859, Bd. 1); »Sphragistisches Album. Mittelalterliche Siegel der gegenwärtig noch blühenden Geschlechter des hohen deutschen Adels« (Stuttg. u. Frankf. 1859–66, 4 Hefte); »Mittelalterliche Frauensiegel«; »Zur Geschichte des Fürstenbergischen Wappens« (1860); »Der sächsische Rautenkranz« (Stuttg. 1863); »Das heraldische Pelzwerk« (1867; 2. Aufl., das. 1876); »Über den Gebrauch der heraldischen Helmzierden im Mittelalter« (das. 1868); »Dreihundert mittelalterliche Siegel« (Heilbr. 1882).

6) Chlodwig Karl Viktor, Fürst zu H.-Schillingsfürst, Prinz von Ratibor und Korvei, deutscher Reichskanzler, geb. 31. März 1819 in Rotenburg a. F., gest. 6. Juli 1901 in Ragaz, studierte in Göttingen, Heidelberg und Bonn die Rechte, trat 1842 in den preußischen Staatsdienst, wurde Referendar in Potsdam und Assessor in Breslau. Da jedoch sein älterer Bruder, Viktor, 1845 die Herrschaften Ratibor und Korvei als Herzog von Ratibor bekam (s. oben, S. 445), übernahm er 1846 die Verwaltung der Herrschaft Schillingsfürst und trat nun als Standesherr in den bayrischen Reichsrat ein, wo er eine nationale, aber preußenfeindliche Richtung verfolgte. 1849 Reichsgesandter in London, schloß er sich nach dem Kriege von 1866 an Preußen an, ward 31. Dez. 1866 bayrischer Ministerpräsident und vertrat, wie er 19. Jan. und 8. Okt. 1867 der Kammer erklärte, weder den im Prager Frieden vorbehaltenen und von den süddeutschen Partikularisten verlangten Südbund noch den deutschen Einheitsstaat, sondern eine föderative Einigung der süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bunde. Weniger die Abgeordneten als vielmehr die Reichsräte wollten anfangs den Zollverein und das Zollparlament ohne das liberum veto Bayerns genehmigen, gaben jedoch im Oktober 1867 nach, und dennoch war die nationale Par tei im Zollparlament, dessen Vizepräsident H. war, in der Minderheit, so daß die Beratung unfruchtbar blieb. H., einträchtig mit dem Norddeutschen Bunde zusammengehend, erfüllte die durch das Schutz- und Trutzbündnis mit Preußen von 1866 Bayern auferlegten Pflichten und gestaltete vor allem durch das Gesetz vom 30. Jan. 1869 das bayrische Heer nach dem Vorbilde des preußischen um. Als er aber durch ein neues Schulgesetz, das am Widerspruch der Reichsräte scheiterte, die Schule von der Kirche trennen wollte und nach der Berufung des vatikanischen Konzils durch ein Rundschreiben vom 9. April 1869 die europäischen Kabinette zu einem gemeinsamen Auftreten gegen die römischen Pläne aufforderte, zog er sich den unversöhnlichen Haß der Ultramontanen zu. Als diese nach den Neuwahlen im November 1869: 6 Stimmen Mehrheit erhielten, forderte H. seine Entlassung, blieb aber auf Veranlassung des Königs, bis im Januar 1870 erst die Reichsratskammer und nach einer langen. stürmischen Adreßdebatte auch das Abgeordnetenhaus dem Ministerium H. ein ausdrückliches Mißtrauensvotum erteilte. Nun nahm der König 7. März Hohenlohes Entlassung an. Als Reichsrat wirkte H. im Juli 1870 für die Teilnahme Bayerns am Krieg, im Winter 1870/71 für die Annahme der Reichsverfassung, ward zu Forchheim in den ersten deutschen Reichstag gewählt und wurde dessen erster Vizepräsident. Nach Arnims Entlassung im Mai 1874 auf den deutschen Botschafterposten in Paris berufen, stellte er ein befriedigendes Verhältnis zu der französischen Regierung her, wohnte dem Berliner Kongreß 1878 als dritter deutscher Bevollmächtigter bei, wurde im Juli 1885 als Nachfolger Manteuffels Statthalter von Elsaß-Lothringen und verstand es auch hier, durch Umsicht und Takt die Bevölkerung mit der deutschen[446] Herrschaft zu versöhnen. Ende Oktober 1894 zum Reichskanzler und Präsidenten des preußischen Staatsministeriums ernannt, erwarb er sich durch seine auswärtige Politik das Vertrauen der nationalgesinnten Deutschen in wesentlich höherm Grad als sein Vorgänger Caprivi: die Besetzung von Kiautschau 1897, die Erwerbung Samoas 1898, der Kauf der Karolinen-, Palau- und Marianneninseln von Spanien 1899 vollzogen sich unter seiner Kanzlerschaft. Auf dringendes Bitten 17. Okt. 1900 seiner Ämter enthoben und durch den Schwarzen Adlerorden in Brillanten ausgezeichnet, zog er sich ins Privatleben zurück. Seine und seiner Gemahlin, der Prinzessin Marie von Sayn-Wittgenstein-Berleburg, geb. 16. Febr. 1829, gest. 21. Dez. 1897 in Berlin, Söhne sind: Fürst Philipp Ernst, geb. 5. Juni 1853; Prinz Moritz, geb. 6. Aug. 1862, königlich preußischer Rittmeister, und Prinz Alexander, geb. 6. Aug. 1862, Bezirkspräsident des Oberelsaß u. 1893–1903 (wildes) Mitglied des Reichstags. Vgl. »Chlodwig Karl Viktor, Fürst von H.-Schillingsfürst, biographische Skizze« (Metz 1885); Ruft, Reichskanzler Fürst Chlodwig zu H. und seine Brüder (Düsseld. 1897); v. Völderndorff, Vom Reichskanzler Fürsten von H., Erinnerungen (Münch. 1902).

7) Gustav Adolf, Fürst zu H.-Schillingsfürst, geb. 26. Febr. 1823 in Rotenburg a. F., gest. 30. Okt. 1896 in Rom, Bruder des vorigen, Kardinalpriester in Rom seit 22. Juni 1866, verließ als Gegner der in Rom herrschenden Jesuiten nach Beendigung des vatikanischen Konzils die Residenz des Papstes und ging nach Schillingsfürst, opponierte aber den Konzilsbeschlüssen nicht. Als Bismarck im April 1872 seine Ernennung zum Gesandten des Deutschen Reiches bei Papst Pius IX. vorschlug, ward er schroff abgewiesen. Erst im Februar 1876 kehrte H. nach Rom zurück, erlangte bei Leo XIII. wieder Einfluß, wurde 1879 zum Bischof von Albano ernannt, verzichtete aber 1884 wegen der damit verknüpften Kosten auf dieses Amt und blieb nur Erzpriester bei Santa Maria Maggiore.

8) Prinz Kraft von H.-Ingelfingen, preuß. General, geb. 2. Jan. 1827 in Koschentin bei Lublinitz, gest. 16. Jan. 1892 in Dresden, Sohn von H. 4), trat 1845 als Leutnant in die Gardeartillerie, ward 1854 Hauptmann im Generalstab und Militärattaché in Wien, 1856 königlicher Flügeladjutant, 1858 Major u. Kommandeur der Leibgendarmerie, 1864 Kommandeur des Gardefeldartillerieregiments, befehligte 1866 in Böhmen und 1870/71 im französischen Kriege die Garde-Artilleriebrigade, zeichnete sich besonders bei St.-Privat und Sedan aus und erhielt im Dezember 1870 die obere Leitung des Artillerieangriffs auf Paris. Seit 1868 Generalmajor, ward er 1871 Inspekteur der 2. Artillerie-Inspektion, 1873 Kommandeur der 12. Division, 1875 Generaladjutant des Kaisers und nach seiner Verabschiedung (1879) General der Infanterie (1883) und General der Artillerie (1889). H. war einer der bedeutendsten Militärschriftsteller, und seine »Militärischen Briefe« über Kavallerie (2. Aufl., Berl. 1886), Infanterie (3. Aufl., das. 1890), Feldartillerie (2. Aufl., das. 1887), die »Strategischen Briefe« (das. 1887, 2 Bde.) und die »Gespräche über Reiterei« (das. 1887) erregten berechtigtes Aufsehen. Nach seinem Tod erschien »Aus meinem Leben« (1. Bd., 1848–56, Berl. 1897).

9) Hermann, Fürst zu H.-Langenburg, Graf von Gleichen, geb. 31. Aug. 1832 zu Langenburg in Württemberg, studierte die Rechte, trat erst m württembergische, 1854 in österreichische Militärdienste, machte 1859 den italienischen Feldzug gegen Frankreich mit, übernahm 1860 nach dem Tode seines Vaters, des Fürsten Ernst, die Verwaltung der Fideikommißherrschaften, ward 1862 badischer General und war als solcher während des Feldzugs gegen Frankreich 1870/71 Korpsdelegierter beim 14. Korps. Seit 1860 erbliches Mitglied der württembergischen Ersten Kammer und 1871–79 Mitglied des deutschen Reichstags, der ihn auch 1878 zu seinem zweiten Vizepräsidenten erwählte, ward er Ende Oktober 1894 Statthalter von Elsaß-Lothringen. Auch war er 1887 bis 1894 erster Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft und ist jetzt noch deren Ehrenpräsident. H. war seit 1862 mit der badischen Prinzessin Leopoldine (geb. 22. Febr. 1837, gest. 23. Dez. 1903) vermählt. Sein ältester Sohn, Erbprinz Ernst, geb. 13. Sept. 1863, ist seit 1900 Regierungsverweser in Sachsen-Koburg-Gotha während der Minderjährigkeit des Herzogs Karl Eduard.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 445-447.
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