Dohna [2]

[219] Dohna, uraltes Grafengeschlecht, welches ehedem die Burggrafschaft D. (s.d.) bei Dresden besaß u. daher den Titel Burggraf führt. Als sein Stammvater wird Aloys von Urbach in Languedoc genannt, welchen Karl der Große 806 zum Burggrafen gemacht haben soll. Gewisser ist, daß Graf Erkenbert 1113 vom böhmischen König Wladislaw mit der Burg Donin belehnt wurde. Außer dem größten Theil des späteren Amtes Pirna gehörten den Burggrafen in der ältesten Zeit die Umgegend von Dresden, der dasige Brückenzoll, die Städte Döbeln in Rabenau, der Dohnaer Schöppenstuhl (s.d.) etc. Nachdem die Burggrafen ihre Stammbesitzung im Jahre 1402 verloren hatten (s. Dohna), wandten sie sich theils ins Voigtland (wo sie 1422–87 Auerbach u. später Werdau besaßen), theils nach Böhmen u. Schlesien, wo sie ebenfalls Güter erwarben. Auch in der Lausitz blühte schon frühzeitig ein Zweig, welcher namentlich die Herrschaften Pförten (1200–1500), Straupitz (1447–1578), Königsbrück (1454–1579) u. Muskau (1597–1644) besaß Endlich wurde ein Zweig 1651 in Schweden an sässig, ist aber jetzt im Mannsstamm erloschen. 1423 fand die neue Belehnung mit der Burggrafenwürde vom Kaiser Sigismund u. 1648 die Anerkennung als Reichsburggrafen u. Grafen vom Kaiser Ferdinand u. Kurfürst von Brandenburg statt. Die noch blühenden Linien stammen von Nikolas, Burggraf von D., der Alten-Guhrau bei Glogau im 1302 besaß u. noch 1307 lebte; Heinrich, sein Urenkel, besaß Hünern u. Kraschen u. erwarb 1492 Groß-Tschirne, dem Wladislaw II. 1515 Stadtrechte gab. Seine Söhne: Christoph, stifteten die schlesische u. Stanislaw die preußische Linie. A) Schlesische Linie: 1) Abraham II., Christophs Urenkel, bereiste in Gesellschaft des Fürsten Radziwill das Gelobte Land, war k. k. Großbotschafter in Polen u. 2mal in Rußland, Rath Rudolfs II., 1611 Kammerpräsident in Böhmen, kaufte Wartenberg u. Goschütz u. machte dies 1606 zum Familienfideicommiß nach Erstgeburtsrecht, wozu er auch die preußische Linie zuzog. Er war einer der bedeutendsten Staatsmänner damaliger Zeit. Er wurde von dem Kaiser 1600 in den Reichsfürstenstand erhoben, was später die Familie nicht benutzte, auch sollte er das Fürstenthum Oppeln erhalten, was sich jedoch zerschlug; er st. 1613. 2) Karl Hannibal I., Sohn des Vor., Kammerpräsident in Schlesien; wie jener eifriger Katholik, versuchte er mehrere harte Religionsverfolgungen gegen die Protestanten in Glogau, Jauer, Schweidnitz u. Münsterberg u. st. 1633 auf der Rückkehr von Polen, wo er neue Völker gegen die Evangelischen angeworben hatte. Der Dichter Opitz war Secretär bei ihm. Während der Minderjährigkeit seines Enkels, 3) Karl Hannibal II. wurde die Standesherrschaft Goschütz wieder von der Standesherrschaft Wartenberg getrennt u. zu Bezahlung von Schulden verwendet. Dagegen wurden die Burggrafen von D., die bisher nur zu den Freiherren gezählt worden waren, zu Burggrafen u. Grafen von D. ernannt. D. st. 1711, u. mitihm starb die Schlesische Linieim Mannsstamm aus. B) Die preußische Linie, von 4) Stanislaus (Stenzel), Christophs jüngerem Bruder, im 16. Jahrh. (obgleich schon früher ein D. 1329 dem Deutschen Orden Unterstützung zugeführt hatte u. sich schon 1453 ein D. in Preußen ansiedelte, der das Gut Deutschendorf bei Mohrungen kaufte), gestiftet, wurde bald protestantisch; sein Enkel 5) Fabian, geb. 1550, studirte, trat in die Dienste des Pfalzgrafen Johann Kasimir, dessen Rath, Abgesandter an mehreren Höfen u. Hofmarschall er wurde; machte dann einen Feldzug in den Niederlanden mit, focht als Freiwilliger unter den Polen, leitete im Kriege für den Kurfürsten Gebhard von Köln wieder Unterhandlungen, führte dann 1587 13,000 Mann dem König Heinrich IV. von Frankreich zu Hülfe gesendeter pfälzischer Hülfstruppen, drang bis an die Loire vor, mußte sich aber endlich, durch seine Truppen gezwungen. nach Deutschland durchschlagen, führte nochmals 1591 unter dem Fürsten von Anhalt 1200 Reiter dem König Heinrich IV. zu Hülfe, ging dann 3 Mal für Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz als Gesandter nach Regensburg zum Reichstag, empfing für denselben vom Kaiser Rudolf II. 1594 die Lehn u. reiste 1604 nach seiner Heimath Tapiau, wo ihn der Administrator, Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg, in seine Dienste nahm u. zum Oberstburggraf ernannte, welche Stelle er 1612 niederlegte u. 1621 unvermählt st. Sein Leben von Vossius, Leyd. 1628, Lond. 1681. 6) Achatius, Bruder des Vor., preußischer Rath u. Amtshauptmann in Tapiau, st. 1619; von 2 Söhnen desselben 7) Fabian II., geb. 1577, st. 1631, u. 8) Christoph, geb. 1583, Geheimerath Friedrichs V. von der Pfalz, als Königs von Böhmen, st. 1637, stammen die noch bestehenden Linien u. zwar: Dohna-Lauck, Dohna-Reichenau u. Dohna-Schlobitten von Fabian, Dohna-Schlodien aber u. Dohna-Carwinden von Christoph, die jedoch das Majorat Wartenberg in Schlesien, welches 1711 an sie gefallen war, schon 1734 an den Fürst Byron verkauft haben. König Friedrich Wilhelm IV. erhob 1840 bei der Erbhuldigung zu Königsberg die Majorate zu Schlobitten, Lauck, Reichertswalde u. Schlodien mit Carwinden zu einer Grafschaft D. u. verlieh den Besitzern eine Collectivstimme im Ritterschaftsstande des Königreichs Preußen. A) Ältere Hauptlinie: a) Linie Dohna-Lauck, jetziger Chef: 9) Reichs-Burggraf u. Graf Friedrich, Sohn des 1828 verstorbenen Grafen Karl Wilh. August, geb. 3. Novbr. 1799, Hauptmann a. D.,[219] Obermarschall im Königreich Preußen, Majoratsherr seit 1834; vermählt in 2. Ehe seit 1843 mit Antonie, geb. Gräfin Henckel v. Donnersmarck (geb. 1818), sein ältester Sohn, Friedrich, ist geb. 1844; b) Linie Dohna-Reichertswalde, jetziger Chef: 10) Reichs-Burggraf u. Graf Otto., Sohn des 1842 verstorbenen Grafen Leopold, geb. 26. April 1802, ist nicht vermählt; sein Bruder Feodor ist geb. 1807. B) Jüngere Hauptlinie: a) Linie Dohna-Schlobitten: 11) Alexander, Burggras u. Graf zu Dohna-Schlobitten, geb. 1661 zu Schloß Copper am Genfersee (damals dieser Familie gehörend); war Amtshauptmann der Ämter Morungen u. Liebstadt in Preußen, dann brandenburgischer Oberst, wurde 1687 Generalmajor u. Geheimer Kriegsrath; bekam 1688 eine Mission nach Warschau, zur Erneuerung der Bromberger Tractaten mit Polen, u. 1690 an den König von Schweden, wegen der sachsen-lauenburgischen Succession, wurde 1691 Staatsminister, 1695 Generallieutenant u. später Oberhofmeister des Kurprinzen (nachmaligen Königs Friedrich Wilhelm I.), er wurde dann 1701 durch die Intriguen des Grafen Kamke verdrängt, erhielt aber später seine Stellen wieder; 1711 fiel ihm die freie Standesherrschaft Wartenberg in Schlesien zu; er wurde 1713 Feldmarschall u. st. 1728 in Preußen. 12) Christoph, Bruder des Vor., geb. 1665 in Coppet, von P. Bayle erzogen, trat 1679 in brandenburgische Dienste, wohnte 1686 dem Feldzuge in Ungarn gegen die Türken bei, focht 1689 als Oberst gegen Ludwig XIV., nahm 1694 den Abschied u. lebte bis 1697 auf seinen Besitzungen in Preußen, wurde jedoch 1698 als Generalmajor u. Gesandter in England wieder angestellt u. wurde 1699 Geheimer Etatsrath. 1700 war er, zurückberufen, bei der Königskrönung in Königsberg zugegen; wieder nach London gesendet, zog er sich 1703 wegen einer Spannung mit dem Günstlinge des Königs, Grafen Kolb von Wartenberg, wieder zurück, wurde dessenungeachtet 1704 Generallieutenant, ging 1711 als Wahlbotschafter zur Wahl u. Krönung Karls VI. nach Frankfurt a. M., wurde 1713 General der Infanterie, nahm 1716 völlig seinen Abschied u. st. auf seinen Gütern in Preußen 1733. Er schr. Mémoires originaux sur le règne et la cour de Frédéric I. roi de Prusse, Berl. 1833. 13) Christoph, Sohn des Vorigen, geb. 1702, trat 1718 in preußische Dienste, wurde 1740 Oberst, 1743 Generalmajor, 1751 Generallieutenant; 1757 commandirte er erst in Preußen gegen die Russen die Avantgarde des Lehwaldschen Corps u. erhielt nachher ein besonderes Commando in Vorpommern gegen die Schweden, die er 1758 lange auf Stralsund beschränkte, rückte hierauf den Russen in der Neumark entgegen u. hielt deren Heer bis zur Ankunft des Königs an der Oder auf, befehligte bei Zorndorf den rechten Flügel des ersten Treffens, trennte sich dann wieder von dem König u. agirte mit seinem Corps gegen die Russen, die er zwang, die Belagerung von Kolberg aufzuheben, u. dann gegen die Österreicher in Sachsen, worauf er die Schweden im Jan. 1759 wieder nach Stralsund zurückdrängte u. die ganzen Marken u. Pommern von den Feinden säuberte. Im Sommer 1759 operirte er gegen die Russen in der Neumark, mußte jedoch dem General v. Wedell das Commando abtreten, ging nach Berlin u. st. hier 1762. 14) Friedrich Ferdinand Alexander, Burggraf zu Dohna-Schlobitten, geb. 1771 zu Schloß Finckenstein in Preußen, wurde 1790 Referendar bei der kurmärkischen Domänenkammer in Berlin, 1794 Kriegs- u. Domänenrath daselbst, 1801 Director der Kammer in Marienwerder u. machte sich 1806 in dieser Stellung um die Verproviantirung von Graudenz u. Danzig verdient; 1807 befand er sich bei einer Deputation, welche Napoleon zur Schonung der Provinz zu gewinnen versuchte; wurde dann Präsident der Domänenkammer zu Marienwerder, nach Steins Austritt 1808 Minister, nahm Theil an den Reformen in der Gesetzgebung u. Verwaltung, schied 1810 bei Hardenbergs Eintritt aus dem Staatsdienst u. zog sich auf seine Güter in Ostpreußen zurück; er ward hier Generalschastsdirector, beförderte 1813 die Bewaffnung der Provinz aufs Eifrigste (fälschlich wird ihm die Idee der Landwehr zugeschrieben) u. wurde Civilgouverneurder Provinz Preußen. Nach dem Frieden von 1814 zog er sich nach Schlobitten zurück, war mehrmals Landtagsabgeordneter u. st. 1831. 15) Karl Friedrich Emil, Burggraf von D., geb. 1784; im Kriege 1806 Secondelieutenant in einem preußischen Cavallerieregiment, kämpfte später in russischen Diensten 1812 gegen Frankreich, war als Obristlieutenant der Russisch-deutschen Legion beim Abschluß der Convention in der Mühle von Poscherau bei Tauroggen am 30. December 1812 thätig, trat Anfangs 1815 in preußische Dienste zurück u. befehligte als Oberst des 8. Uhlanenregiments, wurde 1837 Generallieutenant u. erhielt 1839 das Generalcommando über das 2. Armeecorps in Pommern; er war zuletzt General der Cavallerie u. Commandirender des 1. Armeecorps u. nahm im März 1854 seinen Abschied, wobei er zum Feldmarschall ernannt wurde. Dermaliger Chef: 16) Reichs-Burggraf u. Graf Richard, Neffe des Vorigen, jüngerer Sohn des 1845 verstorbenen Grafen Wilhelm, geb. 6. April 1807, folgte unter Resignation seines älteren Bruders, Alexander, 1845 seinem Vater im Majorat u. ist vermählt seit 1835 mit Mathilde, geb. Gräfin von Waldburg-Truchseß-Capustigall (geb. 1813); sein ältester Sohn Richard ist geb. 1843. b) Linie Dohna-Schlodien: zerfällt in aa) H. aus Schiodien u. Carwinden: jetziger Chef: 17) Reichs-Burggraf u. Graf Karl, Sohn des 1843 verstorbenen Grafen Adolf, geb. 29. Sept. 1814. preußischer Rittmeister a. D., seit 1839 vermählt mit Anna, geb. v. Auerswald (geb. 1820); sein ältester Sohn Adolf ist geb. 1846; bb) Haus Kotzenau, jetziger Chef: 18) Reichs-Burggraf u. Graf Hermann, Sohn des 1837 verstorbenen Grafen Wilhelm August Gottlieb, geb. 11. Novbr. 1809, seit 1835 vermählt mit Marie geb. Gräfin v. Nostitz (geb. 1813), sein älterer Sohn Wilhelm ist 1841 geboren. Dazu gehörte c) Linie Dohna-Carwinden (Schwedische Linie), die im Mannsstamm mit Graf August Magnus Delphicus um 1820 ausstarb. Aus ihr stammte 19) Burggraf Friedrich Ludwig, geb. 1697, trat 1713 in preußischen Kriegsdienst, wohnte 1715 der pommerschen Campagne gegen Schweden bei; wurde 1723 Oberst, 1737 Generalmajor, 1742 Generallieutenant, 1742–44 preußischer Gesandter in Wien, 1745 General der Infanterie, 1747 Feldmarschall u. st. 1749 in Wesel.[220]

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 219-221.
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