1. Aufstehen früh hat Müh'.
2. Beim Aufstehen von der Tafel erkennt man das Fest.
3. De upsteit, de sîn Ste(de) vergeit. (Oldenburg.)
4. De upsteit, verläst sien Stede. (Ostfries.)
5. Dem, der früh aufsteht, hilft Gott und leitet ihm die Hand.
6. Der hat gut spät aufstehen, der in dem Rufe steht, dass er früh aufsteht.
Wer einen guten Ruf hat, verliert ihn nicht so leicht.
Frz.: A beau se lever tard, qui a bruit de se lever matin.
Holl.: Die den naam van vroeg opstaan heeft, mag wel lang slapen (oder: te bed liggen, auch: slaapt zelden te lang). (Harrebomée, I, 34.)
7. Der müsste früh aufstehen, der es allen recht machen (jedermann gefallen) wollte. – Winckler, XII, 85.
It.: Bisogna, che si levi di buon ora, chi vuol piacer a tutti.
Lat.: Non fuit hic natus, nullo nascetur et aevo, omnibus ex aequo qui placuisse sciat.
8. Deu freuh upsteut, vel vertehrt; deu lange schlöppt, den Gott ernehrt. (Lippe.) – Firmenich, I, 269.
9. Es kann niemand aufstehen, er sei denn zuvor gefallen.
10. Es müsste schon früh aufstehen, der auch nur seinen Nachbarn recht thun wollte.
11. Früh aufstehen bringt den Tag nicht desto früher. (Span.)
Lat.: Surgere naturae lucem non promovet ipsam.
12. Früh aufstehen ist nicht gut, früh trinken noch das Beste thut. – Fischart, Gesch.
13. Früh aufstehen macht nicht eher tagen. – Eiselein, 44.
14. Früh aufstehen nützt nichts, wenn man doch nicht Wort hält.
Frz.: C'est peu de se lever matin, mais c'est tout de partir à heure.
15. Früh aufstehen thut's nicht, die Wirthschaft besteht durch Klugheit. – Bertram.
16. Früh aufstehen und früh (jung) freien, soll niemand gereuen.
17. Ick stah ümmer tirig up, ick mütt middags lürren helpen. (Mecklenburg.)
18. Man muss früh aufstehen, wenn man früh fertig werden will. – Simrock, 613.
19. Opgestange, de Pla'tsch vergange. (Aachen.)
Pla'tsch = Platz, Ort, Raum, Stelle. – Wer die einmal eingenommene Stelle verlässt, hat daran keinen Theil mehr, verliert sie.
20. 'S früeh ufstoh einzig isch nit g'nug. (Schweiz.)
21. Sta frisch up, do 't Muul up, hör bald up. (Lübeck.)
22. Steh auf um fünf, iss Mittag um neun, des Abends um fünf und zu Bett um neun, so wirst du ein Mann von neunzig und neun.
Eine frühere Tagesordnung.
Holl.: Veel beter is 't vroeg op te staan, dan 's avonds laat naar bed te gaan. (Harrebomée, I, 35.)
23. Stehe früh auf, leg' dich spät nieder, so bekommst du verlorenen Reichthum wieder.
Frz.: Se coucher de bonne heure et se lever matin, sont les deux meilleurs moyens de conserver sa santé, sa fortune et son jugement.
24. Stehe früh auf und du wirst säen, arbeite und du wirst haben.
25. Wenn man noch so früh aufsteht, es wird nicht eher Tag.
[166] 26. Wer frôh appsteit, fliti löpt un rennt, denn seeg't uns Herrgott im Schlâp. (Rendsburg.)
Wer früh aufsteht, fleissig läuft und rennt, den segnet unser Herrgott im Schlafe.
27. Wer früh aufsteht, dem viel aufgeht, wer lang' liegen bleibt, dem Gott alles geit.
Lat.: Vulpi esurienti somnus obrepit. (Tappius, 134b.)
28. Wer früh aufsteht, der hebt die Körblein, die andern haben das Nachsehen.
Engl.: He that rises early, becomes fortunate. (Proverbs, 26.)
29. Wer früh aufsteht, der isst sich arm, wer lange schläft, dem bleibt das Bett lange warm.
30. Wer früh aufsteht, oft wenig ermäht, wer lange schläft, den Gott beräth.
31. Wer früh aufsteht (besonders im Winter), sein Gut verzehrt, wer lange schläft, den Gott ernährt.
In der Eifel lautet es: Wer früh aufsteht, sein Gut verdeht (verthut), wer lange schläft, den Gott beräth. – Diese Sprichwörter sind aus dem Evangelienbuche eines Faulenzers.
32. Wer früh aufsteht und rührt die Hand, den segnet Gott in jedem Land.
Frz.: A qui se lève matin, Dieu aide et prête la main. (Recueil.)
33. Wer früh aufsteht, viel verzehrt, wer spät aufsteht, den Gott ernährt.
Um das Jahr 1500 findet es sich: Wer froe vpsteyt, der vil verdheyt, wer lange schleeft, den Gott bereeht. (Tappius, 134b.) – Wie das Volkslied, so empfiehlt und lobt auch das Sprichwort humoristisch die Faulheit, und das vorstehende gehört zu dieser Klasse. (Vgl. Riehl, Die deutsche Arbeit, Abschn. 4, Kap. 2.)
34. Wer früh aufsteht, wischt sich den Mund, wer lange schläft, wischt sich die Augen.
35. Wer früh will aufstehen, muss mit den Hühnern zu Bette gehen.
36. Wer langsam aufsteht, trabet den ganzen Tag. – Winckler, XIV, 90.
37. Wer leicht aufstehen will, der muss den Sessel nicht mit Harz bestreichen.
38. Wer nicht aufsteht, wenn er ausgeschlafen hat, wendet dem Teufel den Braten. – Geiler.
39. Wer nicht früh aufsteht, geniesst nicht den hellen Tag.
40. Wer spät aufsteht, isst spät zu Mittag.
Frz.: Qui se lève tard, dîne tard.
41. Wer spät aufsteht, kommt um den ganzen Tag (auch: muss den ganzen Tag traben).
Er fängt seine Geschäfte kaum an, wenn es Nacht ist.
42. Wer spät aufsteht, wird nie fertig.
Frz.: Celui qui se lève tard s'agite tout le jour et commence à peine ses affaires qu'il est déjà nuit.
43. Wer später aufsteht, hört in der Kirche keine Messen und findet auf dem Markte nichts (kein Fleisch) zum Essen.
*44. A hätte missen frîer ûfschtîn, wenn a mîch hätte betrîgen wull'n. (Schles.) – Frommann, III, 242.
*45. A is hoite ärschlich ufgestanden. (Schles.) – Gomolcke, 114; Robinson, 432.
Sehr verdriesslich. – Der Franzose, der den Grund der Verstimmung eines andern nicht kennt, fragt, über welches Kraut er gegangen sei (Sur quelle herbe avez-vous donc marché aujourd'hui?), eine Redensart, die ihren Grund in dem frühern Glauben an gewisse Kräuter, besonders Johanniskräuter hat. (Lendroy, 1351.)
*46. Das steht nicht mehr auf! – Tendlau, 52.
So etwas kommt nicht wieder.
Jüd.: Loo kom!
*47. De steit up as Hinnerk Paus. (Ostfries.)
*48. Der muss früh aufsteh, der den betrügen will.
Frz.: Il faudrait se lever de bon matin pour le surprendre.
*49. Er hätte früher aufstehen müssen. – Grimm, I, 746.
Von einem sich Verspätenden, des Erfolgs Verlustigen.
*50. Er steht auf, ehe der Teufel Schuhe an hat.
*51. Er steht früh auf, damit er das sauere Bier nicht versäumt.
*52. Er steht früh auf, er muss helfen Mittag läuten.
*53. Er steht so früh auf, ehe einer weiss, wo er die Schuhe hat. (Eifel.)
*54. Er stünde nicht drob auf, und wenn er's um einen Batzen verkaufen könnte.
Um zu sagen, dass etwas sehr geringe Sorge macht.
[167] *55. Er wirt schier widder auffstehen. – Agricola, 512.
Holl.: Hij ig dood en ook al begraven; hij zal weldra weder opstaan. (Harrebomée.)
*56. He steit up, eer de Düvel Scho anhett.
Sehr früh.
*57. Ich bin spät aufgestanden, aber die Stiefeln sind fertig.
zu7.
Dän.: Hand skal stad tilig op, som kand gjöre aede til pas. (Prov. dan., 527.)
Hol.: Hij moet vroeg opsteen, die alle man believen wil. (Bohn I, 327.)
zu13.
Lat.: Surgere mature lucem non promovet ipsam. (Binder II, 3255; Buchler, 90.)
zu19.
Holl.: Opgestan, uw plaats vergoon. (Harrebomée, II, 187a.)
zu22.
Frz.: Lever a cinq, diner à neuf, souper à cinq, coucher à neuf, font vivre d'ans nonante-neuf. – Lever a six, manger à dix, souper à six, coucher à dix, font vivre l'homme dix fois dix. (Bohn I, 36.)
zu25.
Port.: Nem par muito madrugar, amanhece mais asinha. (Bohn I, 286.)
zu28.
Port.: Madruga, e verás, trabalha, e terás. (Bohn I, 280.)
Span.: Madruga y verás, trabaja y habrás. (Bohn I, 230.)
zu32.
Wer früh aufsteht, sagen die Masuren, dem gibt Gott, wer spät, geht leer aus: Ktorano wstaje, to mu Pan Bog daje, kto poźno, to proźno. (Frischbier, II, 3035.)
Böhm.: Kdo ráno vstává, Bůh mu požehnává.
Frz.: A qui se lève matin, Dieu aide et prête la main. (Cahier, 1053.)
Poln.: Kto rano wstaje, temu Pan Bóg daje. (Frischbier, 4263.)
Sloven.: Kdor zgodaj vstaja, mu kruha ostaja.
Span.: Quien madruga, Dios le ayuda. (Cahier, 3516.)
zu48.
Jüdisch-deutsch in Warschau: Dü müsst früh aufstehen, mich ubzünarren. Ubnarren = betrügen, zum Narren zu machen.
zu52.
Die Franzosen sagen von einem, der spät aufsteht, er hat der Sonne die Ehre gelassen, die erste zu sein. (Faire honneur au soleil.) (Leroux, I, 83.)
58. De frö upsteit un doch nicks deit, is wert, dat man em mit de Kül dodsleit. (Schleswig.)
59. De fröh opsteit und doch nicks deit, de kumt ok nüg weit. – Diermissen, 55.
60. Der muss bey Zeiten aufstehen, der die Mutter mit den Jungen fangen will. – Winckler, II, 75.
Holl.: Hij moet vroeg opstaan, die alle man beliwen wii. (Harrebomée, II, 60.)
61. Ein freundlich Aufstehen schadet nicht. – Richter, IV, 66, 60.
62. Es ist schlimm, wenn Einer spät aufsteht und zeitig müde wird.
Lat.: Sero piget natum fore mane fasce granatum. (Reuterdahl, 896.)
Schwed.: Thz aer onth wara syrla föddher ok arla moddher. (Reuterdahl, 896.)
63. Es ist nicht am frühen Aufstehen gelegen, man muss auch zur rechten Zeit ankommen.
Dän.: Det er ikke nok at staa tilig op, men at komme i den rette tid. (Prov. dan., 528.)
[841] 64. Es steht mancher wieder auf, der auf dem Boden liegt.
Lat.: Qusndam etiam victis venit in praecordia virtus. (Virgil.) (Binder II, 2907.)
65. Früh auffgestanden, spät zu bet gegangen, jung gefreiht, hat noch niemand gerewt. – Schade, Monatsblätter, VI, 112.
66. Früh aufstehen ist gesund. – Petri, II, 318.
67. Steh früh auf; und kommt der Abend wieder, so leg' dich etwas später nieder. – Schuller, 30.
68. Wer früh aufsteht, bleibt gesund und hat Brot für seinen Mund.
Frz.: Homme matineux, sain, alègre et soigneux. (Bohn I, 20.)
69. Wer früh aufsteht, kann viel erfahren.
Lat.: Linquens mane thorum fit gnarus prodigiorum. (Reuterdahl, 489.)
Schwed.: Hwa arla riis han wardher manga wiis. (Reuterdahl, 489.)
70. Wer früh aufsteht, rührt die Hand und zähmt den Mund, der hat sein Brot und ist gesund.
Frz.: Homme matineux, sain, gai et soigneux. (Cahier, 1055.)
71. Wer früh aufsteht, wird reich. – Merx, 26.
72. Wer früh aufsteht, wird weise.
Dän.: Hvo aarle riis bliver meget viis. (Prov. dan., 478.)
73. Wer mittags aufsteht, verschläft den ganzen Tag. – Simrock, 70, 51.
*74. Da musst du früher aufstehen.
Wenn du das durchsetzen, wenn du mich anführen, wenn du mit dem fortkommen willst; du überschätzest deine Kraft.
*75. Da steht nichts drüber auf. (Wien.)
Das ist nicht zu übertreffen, auch ironisch.
*76. Er hat beim Aufstehen den linken Fuss voranbracht. (Rott-Thal.)
Er ist misgelaunt.
*77. Er steht nicht auf, bis ihm die Sonne in den Arsch scheint.
*78. Hei steit op, wenn de Pracher ût em drödde Derp kömmt. (Dönhoffstädt.) – Frischbier, II, 163.
Von einem Langschläfer.
*79. Sie stehen wieder auf, wie die Nonnen in Robert der Teufel.
»Wie die Nonnen im dritten Akte des Robert der Teufel erhoben sie (die Socialisten im Frack) sich (nachdem Napoleon das Gesetz vom 6. Juni 1868 über die öffentlichen Versammlungen erlassen hatte) aus ihren Gräbern.« (Molinari in seinem Aufsatz über den Socialismus im Jahre 1869, Bd. 14-16 des Journal des Economistes.)
*80. Sta up un ga weg. (Holst.) – Schütze, IV, 179.
So nennt man wegen seiner schnell heilenden Kraft den Ehrenpreis (Veronica). Er wird bei Geschwülsten oder als Räucherkraut angewandt und soll so schnell wirken, dass er kommt und »aufstehen« ruft, worauf der Kranke weggeht.
*81. Wenn er früh aufsteht, kann man zu ihm sagen: Prosit Feierabend. (Köthen.)
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