1. Alte Besen blühen nicht.
Trotzdem dass Abraham a Sancta Clara in seinem Judas, der Erzschelm einen solchen Fall berichtet, der sich in dem Palaste des Kaisers Valentinian zugetragen haben soll, indem eine Menge alter Besen von freien Stücken zu blühen angefangen, worauf, was schon eher glaublich, viele arme und gemeine Leute zu grossen Ehren erhoben worden sind.
Holl.: Dat eerst een bezem was, woordt daarna en schrobber. (Harrebomée, I, 53.)
[322] 2. Alte Besen kratzen mehr, als sie fegen.
3. Der Besen ist am Mast, um die See zu fegen.
Zeichen des bevorstehenden Kampfes.
4. Die Besen kann man am wohlfeilsten geben, die man fertig stiehlt. – Eiselein, 70; Simrock, 945.
5. Die einen Besen liegen lässt, hebt auch ein Fass nicht auf. – Eiselein, 70.
6. Die neuen Besen wischen wohl, nur gehen sie nicht in die Winkel. – Kirchhofer, 205.
7. Ein alter Besen kennt die Winkel wohl.
8. Ein alter Besen scheut keinen Dreck.
9. Ein Besen, der den Dreck fürchtet (scheut), taugt nicht zum Fegen.
10. Ein Besen, der die Gasse kehrt, säubert keine Stube mehr.
11. Ein Besen findet sich wohl, wenn gefegt werden soll.
12. Ein Besen kommt immer wieder, wenn man danach greift, ist er auch noch so oft weggeworfen worden.
13. Ein Besen wird zur Dame, kommt er in schöne Rahme.
In Bergamo sagt man: Kleide einen Besen (s. ⇒ Rohr), so erscheint er eine schöne Dame.
14. Ein neuer Besen geht über alles.
15. Ein neuer Besen ist bald abgekehrt.
It.: Granata nuova tre dì buona. (Bohn I, 100.)
16. Ein neuer Besen kennt den alten nicht.
17. Ein rechter Besen fegt auch die Esse recht.
18. En verkearden1 Bessmen mot me in Ehren halten. (Westf.)
1) Durch Kehren abgenutzten. – Von alten Dienstboten.
19. Ist der Besen abgebraucht, so muss er auch in Ofen. – Eiselein, 70; Egenolff, 343a; Agricola, II, 163.
20. Man steckt einem Besen oder Maien, je nachdem man einem will.
21. Man stellt den Besen unter (über) sich, von wegen den Hexen. – Kirchhofer, 261.
22. Man weiss nit ehe, warzu der besem gut ist, biss das er verkeeret (oder: stumpff) ist. – Tappius, 121a, 219b; Henisch, 312; Eiselein, 70; Franck, II, 88; Lehmann, II, 405, 64.
Lat.: Rem factam stultus cognoscit. (Tappius, 120b.)
23. Man wird ihm brav Besen stecken. – Kirchhofer, 100; Eiselein, 70.
Wie die Aufrichtung von ⇒ Maien (s.d.) ein Ehrenzeichen war, so gab man in der Schweiz bis auf die neuere Zeit einem abgehenden Beamten die Unzufriedenheit mit seiner Verwaltung dadurch zu erkennen, dass man Besen an dem Wege, den er zu nehmen hatte, aufsteckte.
24. Mancher springt vber ein Besem vnd fält vber ein Hundsdreck. – Lehmann, II, 410, 49.
25. Me mot nit ehr seggen: de Besmen ies gued, bit me ne upkeart heat. (Westf.)
26. Mit dem Besen wiegt (wägt) man nicht die Kraft. – Bertram.
27. 'N afkiärten Bessen mot m' (man) in Ehren hollen. (Münster.) – Frommann, VI, 431, 97.
28. Naigi Pesn kiadn guid. (Steiermark.) – Firmenich, II, 771; für Köln: Firmenich, I, 475, 213; für Eifel: Schmitz, 198; für Lippe: Curtze, 354, 496.
29. Neu Beisseme kehre got, se fêgen effel de Hötten1 met us. (Aachen.) – Firmenich, I, 492, 25.
30. Neue Bâse kêre wôl, werfe alle Ecke vôl. (Henneberg.)
31. Neue Besen kehren wol, aber die alten fegen die Hütten rein. – Simrock, 941.
32. Neue Besen kehren wohl, bis dass sie werden Staubes voll. – Körte, 503.
33. New besem keren wol. – Bücking, 58; Siebenkees, 162; Eiselein, 70; Blum, 342; Pistor., II, 76; Hollenberg, II, 35; Ramann, Unterr., IV, 18; Schleicher, 81; Grimm, I, 1615; Sailer, 170; Simrock, 941; Franck, II, 7a, 85a; Fallersleben, 549; Tunn., 20, 7; Gaal, 188.
[323] Beim Antritt eines Amtes oder Geschäfts ist man gewöhnlich sehr eifrig und pünktlich, lässt aber später an Strenge nach.
Engl.: A new besom (broom) sweeps clean. (Bohn II, 228.)
Frz.: Il n'est rien tel que balai neuf, le valet a fait le balai neuf. (Lendroy, 1069.) – Nouveau balai balaie bien.
Holl.: Nieuwe bezems vegen schoon. (Harrebomée, I, 54.)
It.: Spazzatojo nuovo spazza ben la casa.
Lat.: Discunt nostri: novam scopam bene purgare. (Bebel.) – Fert bene praecipites navis modo facta procellas. (Ovid.) – Fortior in fulva novus est ductator arena. – Scopae recentiores semper meliores.
34. Nie Bessen feget rein. – Eichwald, 125; für Westfalen: Boebel, 144.
35. So lang der bäsen new ist, so keret man damit, so er aber alt würt, so wirfft man jhn ins fewr. – Tappius, 23b; Henisch, 312.
36. Ueber neuen Besen geht nichts.
Frz.: Il fait balai neuf. – Il n'y a rien de tel qu'un balai neuf.
37. Was dem besen entrint, das findt sein grabstett am Galgen. – Henisch, 312.
38. Weel der Bâsen noi is, su kehrt a gutt. – Gomolcke, 1105; Robinson, 63; Frommann, III, 243, 46.
39. Wei en Besen stielt, is kein Deiw. (Westf.)
Wortspiel mit stielt und stiehlt.
40. Wenn der Besen ist verkehrt, rühmen wir ihn ehrenwerth.
41. Wenn der Besen stumpf (verbraucht) ist, wirft man ihn (in den Ofen) weg. – Blum, 709.
Es ist der Menschen gemeine Weise, den nur zu lieben und zu ehren, von dem sie sich Nutzen versprechen.
42. Wenn der Besen verkehrt ist, sieht man erst, wozu er gedient. – Simrock, 942; Körte, 504; Tappius, 219b.
Engl.: The worth of a thing is best known by the want.
Frz.: Bien perdu, bien connu. (Venedey, 55.) – On connaît le bien quand on l'a perdu. – Vache ne sait que vaut sa queue, jusqu'à ce qu'elle l'ait perdue.
It.: L'asino non conosce la coda, se non quando nou l'ha più.
Lat.: Minuit praesentia famam, et vilescunt quotidiana. (Lange, 246.)
43. Wenn man den Besen braucht, wird er aus der Ecke geholt.
44. Wer den Besen kauft, kann auch den Stiel bezahlen.
Wer die grössere Ausgabe zu bestreiten vermag, der wird auch die geringere machen können.
It.: Chi compra la scopa può anche comprar il manico.
45. Wer sich zum Besen macht, muss über Staub nicht klagen.
46. Wo Besen sich regen, muss sich auch der Staub (Dreck) bewegen.
*47. Den Besen auseinander reissen.
Eine Sache aus ihrer Stellung, ihrem Zusammenhange bringen; daher nennt Cicero einen schlechten, unordentlichen Menschen einen zerrissenen Besen.
Lat.: Scopas dissolvere. – Scopae dissolutae. (Cicero.) (Erasm., 843.)
*48. Einen mit Besen und Schemelbein bewirthen.
Ihm die Thür unsanft weisen.
*49. Er kann mit neuen Besen Stuben kehren. – Murner, Schelm.
*50. Er steckt den Besen.
Richtet sich zum Kampfe. Wahrscheinlich von den Wassergeusen, welche als Zeichen zum Kampfe einen Besen am Maste heraussteckten.
*51. Es ist ein alter Besen.
Frz.: Il a long-temps rôti le balai. (Lendroy, 1324.)
*52. Mit dem besten Besen kehren. – Henisch.
Frz.: C'est un balai neuf. (Lendroy, 100.)
*53. Mit fremden Besen kehren.
Fremde Kräfte zum eigenen Vortheil ausbeuten.
*54. Neue Besen machen. (Franz.)
Neues Gesinde, neue Bedienten annehmen.
*55. Nur mit Besen und Kochlöffel umzugehen wissen.
*56. Schöner Besen.
In der Burschensprache = Mädchen.
*57. Sie kehrt dem Besen das Hintere herfür. – Eiselein, 70.
*58. Vör den Besmen keinen Stiel wieten. (Westf.)
Für ein Mädchen keinen Freier.
zu33.
Bei Tunnicius (802): Nije bessem keren wol, nije knechte arbeiden wol. (Verrit humum bene scopa, recens famulusque laborat.)
Dän.: Nye koste feye vel. (Prov. dan., 4616.)
Frz.: De neuf ramon femme maison nettoye et du vieil sa raison. (Bovill III, 31.)
Lat.: Scopat scopa bene nova sine gula cunotaque plena. (Binder II, 3051; Garth, 143.) – Scopa, mulieres noua domum emundant veteri, conscientiam expiant. (Bovill, III, 31.)
Poln.: Nowa miotła dobrze zamiete. (Frischbier, 4244.)
Schwed.: Nya qwastur sopa altid wäl. (Marin, 21.)
zu42.
Der Besennutz ist ungewiss, so lang er nicht verkert ist. (Eyering I, 615 und 656.)
[965] 59. A neues Besem kehrt gut.
Vom Eifer neuer Beamten und Diener.
60. Alte Besen wirft man ins Feuer.
In Schlesien hebt man sie für den Johannisabend auf (s. ⇒ Abgehen 11) und die Osmanen werfen sie aufs Dach. (Schlechta, 35.)
61. As mä thüt a Besem schön, un is er auch schön. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Angenehmes Aeussere ist ein guter Empfehlungsbrief.
62. Aso wie es nit du (da) kein Besen uhn (ohne) Rüther, aso is nit du kein güte Stiefmütter. (Jüd.-deutsch. Warschau.)
63. Ein alter Besen kommt in den Stall. – Schuller, 24.
64. Neu Besa förbid1 wohl, die alta wössid d' Winkel wohl. – Tobler, 201.
1) Förba, fürba = mit dem Besen reinigen, fegen, auskehren. Förbeta = Ab- oder Auskehricht. – Siebenbürg.-sächsisch: Nä Biésem kiern gât. (Schuster, 742.) – In Ostfriesland: Nêe Besems fegen schôn. (Bueren, 892; Hauskalender, II.) – In Nordfriesland: Nei Breshmar fâgi rianst. (Johansen, 151.) – Für Amrum und Sylt: Neue Besen fegen am reinsten. (Haupt VIII, 366, 257.) – Im ungar. Bergland: Naüe Pêsen kéan gut. (Schröer.) – Im französischen Flandern: Niewen Bezmer vaegt wel. (Firmenich III, 697, 2.) – In Hannover: Nîe Besen kêret gaud. (Schambach, I, 270.)
Holl.: Niewe bessemen veghen schoon. (Tunn., 20, 7.)
Lat.: Fiebat scopa bene nova singula cunctaque plena. (Fallersleben, 549.)
65. Wann de Bessem opkiärt es, dann wet me erst, bu guet he wiäst es. (Iserlohn.) – Firmenich, III, 186, 32; Woeste, 66, 37.
66. War über'n Basen steigt, wird mager. – Larisch, 13.
Wer über den Besen steigt, wird mager. So sagt der Volksaberglaube.
67. Was dir gut im Besen ist, ist mir gut im Stiel. (Sauerland.)
68. Wer den Besen liegen lest, der hebt auch nicht ein Fass auf. – Luther's Tischr. 196a.
69. Wer den Besen scheut, versäumt den Sohn. – Gartenlaube, Leipzig 1873, S. 196a.
70. Wer zum Besen geboren ist, passt nicht an die Tafel.
Lat.: Scopis (Scopius) inbutum non pompa cacuminet vllum. (Reuterdahl, 952.)
Schwed.: Thz dugher ey at dragha thaen til disk som burin ae til wisk. (Reuterdahl, 952.)
*71. Das ist ein flotter (strammer) Besen. – Gartenlaube 1873, S. 196a.
Von einem kräftigen, muntern Mädchen.
*72. De bessem sall di ächter der düor stoan. (Iserlohn.) – Woeste, 82, 24.
*73. Einem den Besen zeigen.
Das Werkzeug, mit dem man Jemanden zur Thür hinaustreibt.
*74. Einen unter'm Besen haben. (Oberösterreich.)
*75. Er ist den Besen nicht werth (womit er hinaus gejagt werden sollte).
*76. Es ist ein dürrer Besen.
»O weh mir, welch ein dürrer Besen!« Mephistopheles in Goethe's Faust. Ueber den »Besen« vgl. die Besenbinder in der Gartenlaube 1873, Nr. 12.
*77. He verköft sîn' Bessen wolfeil, he stehlt se glîk bunn'n. (Pommern.)
*78. Sich einen Besen vber seinen eignen Rücken binden. – Fischer, Psalter, 509.
*79. Wenn de e Bessem öm Narsch hädd, dann schlag se alle Lied de Fönster ön. – Frischbier, I, 330.
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